Aufgaben Droht das Ende der Tageszeitungen?

eva-maria.schober.uni-linz, 18. Juni 2014, 09:44

Bei Betrachtung der Tageszeitungen in Österreich wird man mit vielen negativen Aspekten konfrontiert. Die Kärntner Tageszeitung existiert nicht mehr, Presse und WirtschaftsBlatt legen ihre Redaktionen zusammen und der Standard avisiert Kündigungen. Der ÖJC (Österreichische Journalistenclub) spricht sogar von der größten Strukturkrise welche die Printmedienbranche je erfasst hat. Entgegen dieser Aussagen aber existiert auch die Meinung, dass die momentane Situation der Tageszeitungen mehr als ein Wandel zu betrachten ist. Immerhin hat das Internet nicht nur Auswirkungen auf die Printmedien, sondern auch auf andere Branchen, wie etwa der Musikindustrie und des Einzelhandels. [Q1]

Auch „Spiegel Online“ hat sich mit dem Thema Krise der Tageszeitungen befasst. Ich habe mich im nachfolgenden Blogbeitrag mit den Inhalten von #3Burmester_Meckel und #9Jarvis auseinandergesetzt, meine eigene Meinung miteingebracht und die ausgewählten Artikel aufeinander bezogen.

 

Die Friedhofsverwalter (Silke Burmester)

Für die freie Journalistin Silke Burmester hat das Internet als Medium eindeutig mehr Attraktivität als die Printausgabe einer Zeitung. Im Web wird Aktuelles unmittelbar berichtet, während man bei Tageszeitungen am Morgen die Nachrichten von gestern präsentiert bekommt (Anachronismus). Für Burmester sind Zeitungen „ein selbstzufriedenes, genügsames Monster“, die keine Aufmerksamkeit mehr auf sich lenken, sich nicht mehr anstrengen etwas Besonderes zu sein und somit bewirken, dass man das Gefühl hat, auch ohne sie auskommen zu können. „Warum schaffen sie es nicht, eine Wundertüte zu sein, die nicht in den Händen zu halten, ein Verlust ist?“ Wesentliche Schuld daran tragen ihrer Meinung nach die Redaktionen, die ihren Job nicht als kreativen Beruf sehen, wo es darum geht Lebendigkeit auszustrahlen und einen Überraschungseffekt zu erzielen, um gegen das Internet anzukommen. Hingegen dominieren Langeweile und gestalterische Defizite die Zeitungen, obwohl es sprichwörtlich um das Überleben geht. Wird sich in naher Zukunft also nichts ändern, so sieht die Journalistin bereits das Ende weiterer Zeitungen. [Q2]

Meiner Meinung nach ein sehr interessanter Einblick in die Zeitungsdebatte und dem Thema nach der tatsächlichen Brauchbarkeit von Tageszeitungen aktuell und in Zukunft. Ich kann mich bei vielen Aspekten Silke Burmester nur anschließen. Der Drang und die Freude darauf unbedingt die Printausgabe einer Tageszeitung zu lesen schwindet immer mehr. Aktuelle Themen, welche unmittelbar Online zur Verfügung stehen, gewinnen immer mehr an Bedeutung, was für die Printmedien zu einer wachsenden Herausforderung wird. Dass häufig die Langeweile in Tageszeitungen dominiert, kann ich ebenso nur bestätigen. Schön öfter hatte ich das Gefühl, dass ein Thema nahezu ident von unterschiedlichen Zeitungen aufbereitet wurde. Und gerade hierbei muss gearbeitet werden, um sich vom Mitbewerb abzuheben, den Leser zu überraschen und neue Wege zu gehen. Ein guter Ansatzpunkt ist bestimmt mit unerwarteten Inhalten und differenzierten Sichtweisen zu überraschen. Dennoch ist es meiner Meinung nach schwierig allein mittels Kreativität mehr Schwung in die Ausgabe von Tageszeitungen zu bringen und somit Leser wieder zu motivieren, auf eine Printversion zurückzugreifen und gegen das Web anzukommen. Ich denke, dass vor allem eine sinnvolle Kombination von Print und Online Nutzen stiftet. Immerhin bestehen einige Möglichkeiten Tageszeitungen mithilfe des Internets einen Mehrwert zu verschaffen. Beispielsweise könnten Printausgaben mit QR-Code angereichert werden und so eine Verbindung zwischen Offline- und Online-Welt schaffen. Ein Hinweis in der gedruckten Zeitung darauf, dass man durch Scannen des QR-Codes zB auf Leserbriefe zu einem bestimmten Thema verwiesen wird, könnte die Attraktivität und Modernität einer Tageszeitung steigern.
Auch ich muss zugeben, dass ich eher das Web nutze, als auf eine Printzeitung zurückzugreifen, da die Ubiquität und der unmittelbare Zugriff auf aktuelle Informationen klar im Vorteil liegt. Jedoch besuche ich dann häufig zB derstandard.at und informiere mich so gezielt über Themenbereiche die mich interessieren und ich die Quelle auch als zuverlässig empfinde.

Eine sehr ähnliche Sichtweise zur Zeitungsdebatte vertritt auch Miriam Meckel.

 

Plädoyer für den radikalen Anachronismus (Miriam Meckel)

Miriam Meckel spricht den Zeitungen auch im Zeitalter des Internets gute Überlebenschancen zu, sofern sie subjektiv, liberal und überraschend agieren. Die Zeitungen können sich im Gegensatz zum Massenmedium Web als Individualmedium präsentieren und subjektiv gute Geschichten erzählen und experimentellen Mut beweisen. Denn Objektivität wird mit dem Internet erreicht – dadurch dass sämtliche Trends berechenbar sind. Meckel spricht hinsichtlich der Tageszeitungen auch von „medialer Schutzzone der intellektuellen Privatsphäre“ und „Medium der informationellen Selbstbestimmung“. Als letzten wesentlichen Faktor erwähnt die Professorin für Kommunikationsmanagement noch die Zeitung als subversives Medium, durch Überraschungseffekte etwa mittels langen Beiträgen, subjektiven und erzählerischen Perspektiven und Hintergrundinformationen. [Q3]

Wie Burmester hebt auch Meckel den Handlungsbedarf hinsichtlich Kreativität und „anders sein“ deutlich hervor. Dennoch denke ich, dass dies in diesem Artikel etwas einfacher klingt, als es in der Realität umsetzbar ist, denn fraglich ist meiner Meinung nach, ob man mit einem radikalen Kontrastprogramm tatsächlich noch eine breite Leserschaft erreichen kann.

Während sich Burmester und Meckel inhaltlich eher gezielt auf Journalismus in Tageszeitungen konzentrieren, bezieht Jarvis in seiner Betrachtung auch die Leserschaft und vor allem das Internet als große Chance aktiv mit ein.

 

Journalisten sind Dienstleister, keine Monopolisten (Jeff Jarvis)

Waren es früher die Journalisten die entschieden welche Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangen, sind es heutzutage alle Menschen, die das Internet nutzen und somit selbst mitteilen können, was sie erlebt und beobachtet haben.
„… sollten wir nicht vielmehr dazu übergehen, Nachrichten als Dienstleistung zu verstehen, deren Ergebnis nicht Produkte auf Papier oder auf dem Bildschirm sind, sondern gut informierte Menschen und Gesellschaftsgruppen?“
Das Internet bietet beachtliche Chancen wie etwa neue Erscheinungsformen von Beiträgen oder auch Geschäftsmodelle für neue Formen der Finanzierung. Die Rolle der Journalisten wird von Jarvis sogar heute als noch wichtiger eingeschätzt als früher. Die Aufgaben bestehen nun darin, Informationen einen Mehrwert zu geben, indem sowohl Fakten überprüft, Gerüchte und Zusammenhänge aufgedeckt werden, als auch Fragen gestellt und darauf Antworten gefunden werden. Zudem sollen Menschen als Individuen und nicht als eine Masse angesprochen werden. Als Beispiel hierfür nennt Jarvis Google, denn dieses Unternehmen weiß genau, wonach jeder Einzelne sucht, sich aufhält und was jemand will. Demnach besteht die Aufgabe von Medien auch darin, neue Werte zu erzeugen, indem Daten über Interessen und Bedürfnisse als Basis verwendet und neue Verbindungen erzeugt werden. „Was zählt, sind nicht Zeitungen. Was zählt, sind Nachrichten und der Journalismus.“ [Q4]

Eine der wesentlichen Aussagen von Jarvis, dass im Prinzip nicht das Medium Zeitung ausschlaggebend ist, sondern der Inhalt, kann ich nur unterstützen. Essentiell ist doch, welche Nachrichten konsumiert werden und nicht unbedingt worüber. Gleichermaßen hat dies auch mein Kollege Alex Forstner in seinem Beitrag erwähnt.
In einer weiteren Publikation von Meckel et al. konnte ich eine nahezu idente Aussage zu jener in Jarvis‘ Artikel finden. Bezogen auf die Teilnahme der Nachrichtenerstellung der Leserschaft im Web äußern sich Meckel et al. in ihrem Paper folgendermaßen: „Doch erst in der Zusammenarbeit mit den Journalisten und deren qualifizierter Interpretationsleistung kann ein tatsächlicher Mehrwert generiert werden.“ [Q5] Auch Jarvis erwähnt in seinem Artikel „Journalisten müssen diesem Informationsfluss einen Mehrwert geben, sie müssen Fakten überprüfen, Gerüchte entlarven, Quellen aufstöbern, […]. [Q6] Hier zeigt sich klar, dass der Journalismus trotz der aktiven Beteiligung der Leserschaft an der Nachrichtenerstellung und –verbreitung eine essentielle Rolle einnimmt, da dieser Mehrwerte schafft, die nicht durch andere ersetzt werden können. Denn ich denke, die Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Informationen wird aufgrund der Maße an unstrukturierten und teils unwahren Inhalten im Web, besonders in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen.

Obgleich in den Beiträgen unterschiedliche Betrachtungsweisen vorherrschen, so liegt eine konforme Aussage aller Artikel in der Notwendigkeit, dass sich Zeitungen bzw. der Journalismus neu erfinden und an der Attraktivität für die Leserschaft gearbeitet werden muss. Nach Burmester und Meckel müssen explizit Tageszeitungen modernisiert werden und versuchen sich wieder einen wichtigen Platz im täglichen Nachrichtenkonsum zu erkämpfen. Immerhin können Tageszeitungen mit neuen Erscheinungsformen und Beiträgen überraschen und auch experimentieren. Jarvis sieht hierbei deutlich die veränderte Wahrnehmung und Umsetzung der journalistischen Tätigkeit.
Diese Aussage von Jarvis, dass Journalisten heute Dienstleister sind und keine Monopolisten mehr, kann meiner Meinung nach gut mit der Kritik von Burmester an die mangelnde Kreativität der Journalisten verbunden werden. Mit anderen Worten haben Journalisten ihr Monopol verloren alleine zu entscheiden, welche Nachrichten veröffentlicht werden. Somit müssen sie sich in eine neue Rolle einfinden und als Dienstleister fungieren.
Weiters liegt die Betonung bei Jarvis und Meckel auf Zeitungen als Individualmedium - also auf der individuellen Ansprache der Leser.

 

Persönliches Fazit

Mit Sicherheit bringt das Internet und die daraus resultierende unmittelbare Aktualität von Nachrichten jede Menge Herausforderungen, vor allem für die Printmedienbranche, mit sich. Zudem ist es immer schwieriger Leser dazu zu bewegen, Geld für Nachrichten auszugeben, zumal aktuelle Artikel zu jeder Zeit und kostenlos über das Web zugänglich sind. Dennoch bin ich der Meinung, dass man noch nicht von einem drohenden Untergang der Tageszeitungen sprechen kann. Vielmehr steckt der Printjournalismus in einer Krise, nicht aber verallgemeinernd die Tageszeitungen.
Die Herausforderung besteht nun darin, die Geschäftsmodelle so zu modifizieren, dass auch mit Online-Ausgaben Profit erzielt werden kann und ebenso Social Media gewinnbringend zu nutzen. [Q7]


Quellen

[Q1] Vgl. Extradienst, 2.4.2014, Seite 48

[Q2] Vgl. http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/silke-burmester-zur-zeitungsdebatte-a-915733.html

[Q3] Vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/miriam-meckel-zur-zeitungsdebatte-die-luecke-des-teufels-a-916134.html

[Q4] Vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/jeff-jarvis-journalisten-sind-dienstleister-keine-monopolisten-a-914915.html

[Q5] Vgl. Meckel, Miriam; Fieseler, Christian; Grubenmann, Stephanie: Social Media – Herausforderungen für den Journalismus. In: HMD 287, 2012, S. 28

[Q6] Vgl. http://www.spiegel.de/netzwelt/web/jeff-jarvis-journalisten-sind-dienstleister-keine-monopolisten-a-914915.html

[Q7] Vgl. Meckel, Miriam; Fieseler, Christian; Grubenmann, Stephanie: Social Media – Herausforderungen für den Journalismus. In: HMD 287, 2012, S. 26


 

1 comment :: Kommentieren

Ergänzung

christa.leitner.uni-linz, 30. Juni 2014, 21:48

Bezüglich deines Fazits: "Die Herausforderung besteht nun darin, die Geschäftsmodelle so zu modifizieren, dass auch mit Online-Ausgaben Profit erzielt werden kann und ebenso Social Media gewinnbringend zu nutzen."

Die Online Medien gewinnbringend zu gestalten, wird eine enorme Hürde. Einnahmen über Werbung zu erzielen ist ja noch "einfach", solange man seine Website nicht zukleistern möchte. Sonstige Einnahmequellen wie bspw. Online-Abos sehe ich sehr kritisch, da der verwöhnte Internetuser nicht daran gewöhnt ist für Informationen zu bezahlen.

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