Netzneutralität
IPv6 - nur Chance und Nutzen oder auch Gefahr - und was davon ist bereits Realität?

DIE CHANCEN UND NUTZEN

Dieses "Osterstatement" nimmt Bezug auf den Vortrag der letzten Lehrveranstaltungseinheit zum Thema IPv6. Besonders in den letzten Jahren hat sich der Computermarkt immer schneller entwickelt, neue Geräteklassen entstanden (beispielsweise Tablett-Computer), neue und alte Gerätetypen mit Internetanbindung verkaufen sich verstärkt und zudem ist eine Konvergenz zu beobachten (rascher Anstieg der Verkaufszahlen von Smartphones). Beeinflusst durch die gesteigerten Verkaufszahlen sinken die Preise für beispielsweise Einsteiger-Smartphones stetig, was deren Verbreitung weiter verstärkt. All diese Geräte bieten mittels WLan-Adapter oder SIM-Karte die Möglichkeit, im Internet Inhalte aufzurufen. Doch nicht nur mobile Geräte verkaufen sich vermehrt, auch im Bereich der herkömmlichen Computer und Notebooks sind Absatzsteigerungen zu erkennen; doch ist auch hier der Trend zu Mobilität zu beobachten (sinkende Verkaufszahlen für Stand-/Desktop-Computer vs. steigende Verkaufszahlen für Notebooks & Netbooks). Durch die gesteigerten Möglichkeiten von Smartphones, wie neue Bedienkonzepte (Stichwort Usability und HCI), sinkende Preise bei gleichzeitig gesteigerter Leistungsfähigkeit, nehmen mobile Endgeräte aller Art zunehmend den Platz von Stand-Geräten ein. Egal ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs, meistens ist die Möglichkeit gegeben, sofort ins Internet zu gehen, dort Informationen zu erfragen oder mit anderen Nutzern zu interagieren. Diese Vorteile führen neben der gesteigerten Verbreitung der Endgeräte natürlich auch zu einer gesteigerten Nutzung der Inhalte - eine Art "Teufelskreis".

DIE TECHNIK

Wie bereits der Vortrag deutlich machte, war das alte System - IPv4 - diesem zunehmenden Andrang neuer Endgeräte nicht mehr gewachsen; die IP-Adressen gingen schlichtweg zusehend aus. Das IPv4-System sah gut 4,3 Milliarden Adressen vor, dieser Pool ist nun erschöpft und bedarf eines Nachfolgers, dem Protokoll IPv6, das 340 Sextillionen (3,4x10^38) Adressen zur Verfügung stellt. Eine gute Erläuterung und Einführung in das Thema IPv4 vs. IPv6 sowie einen kurzen Überblick über die Möglichkeiten bietet das VIDEO . Um die Notwendigkeit dieses neuen Standards zu verdeutlichen, wurde im Beitrag von ZDF heute das anschauliche Beispiel der Wiedervereinigung in Deutschland und der damit notwendig gewordenen Neuverteilung der Postleitzahlen gebracht. Dies lässt sich so auch einfach auf das Internet bzw. die gesteigerten Nutzer und Geräte ummünzen. Einen guten Überblick über die Technik, die Probleme bei der Migration und Integration von IPv6 bietet die Präsentation  von Dr. Harald Sack.

DIE GEFAHREN

Doch bietet IPv6 somit nur allen Nutzern der Welt mit all ihren Geräten die Möglichkeit online zu gehen, ihre Daten zu tauschen und zu agieren - kurz: generiert es nur Nutzen, oder aber tauchen durch diesen neuen Standard auch neue Gefahren auf? Die Vorstellung eines "gläsernen Nutzers" ist vermutlich jedem Menschen unbehaglich; eine Transparenz und Nachvollziehbarkeit sämtlicher Aktionen und auch Transaktionen im virtuellen Raum ermöglicht ein in Teilen präzises Bild der jeweiligen Lebenswirklichkeit. Die Gefahr, die diesbezüglich durch IPv6 drohen kann wurde im ZEIT-Artikel  gut erfasst. Durch die Masse an verfügbaren IP-Adressen wird es unnötig, diese immer wieder neu zuzuweisen; ein Gerät würde für die Dauer seiner Funktion die selbe IP-Adresse behalten und somit eine einfach Nachvollziehbarkeit dessen Aktivitäten (bzw. der seines Benutzers) ermöglichen. Da dies, wie im obigen Artikel beschrieben, zu massiven Problemen in Sachen Datenschutz führen kann, hat diese Thematik zu einer heftigen Datenschutzdiskussion geführt, deren Ende bis dato noch nicht klar absehbar ist. Klar hingegen ist, dass durch die permanente Zuweisung und somit langfristige Nachvollziehbarkeit die Vorstellung eines "digitalen Fingerabdrucks" erneut bekräftigt wird. Daher sind effektive und sicher Schutzmaßnahmen der Geräte UND IP-Adressen notwendig. Diese umzusetzen gelang und gelingt  jedoch bisher nicht immer. Wie im Spiegel-Artikel mitte der vergangenen Woche veröffentlicht, planen die deutschen Anbieter Vodaphone und Deutsche Telekom jedoch auch zukünftig, ihren DSL-Kunden dynamische (also wechselnde) IP-Adressen zuzuweisen. Dies bedeutet zwar eine Mehrlast für deren Netzwerke, jedoch ist dies gegenüber der drohenden Überwachung für die Anbieter wohl das geringere Übel (Mehrlast vs. negative PR).

IST-ZUSTAND

Wie eingangs erwähnt, steigt die Zahl der mobilen Endgeräte (besonders der Smartphones) stetig und massiv. Dies bedeutet im Zusammenhang mit IPv6 jedoch, dass durch Versäumnisse der Hersteller und Softwareproduzenten neue Gefahrenpotentiale auftreten. Eines dieser Probleme wird im Spiegel-Artikel  beschrieben. Unnötigerweise übertragen viele der Smartphones ihre MAC-Adresse (diese ist eindeutig identifizierbar und einmalig) mit ins Netz - ein gefundenes Fresse für alle Datensammler und -Händler. Besonders Smartphones, die als alltäglicher Begleiter einzelner Personen quasi eindeutig zuzuordnen sind, können dadurch das Verhalten, die Gewohnheiten und Vorlieben des jeweiligen Benutzers erkennen lassen. Auch die beiden Marktführer Google und Apple (mit ihren Betriebssystemen Android und iOS) haben laut dem Spiegel-Artikel vom 15.01.2011 nicht ihr Möglichstes getan; alle Geräte mit deren Betriebssystemen übertragen im Hintergrund die MAC-Adressen - ein erhebliches Problem. Diese Programmierung und Entscheidung von Apple und Google sind nicht nachvollziehbar. Das Protokoll IPv6 selbst bietet so genannte "Privacy Extensions"  mit denen eine eindeutige Zuordnung der Geräte erschwert bzw. behindert werden kann. Apple (Produzent von iOS) und Google (Android) haben sich jedoch entschieden, diese Möglichkeit nicht zu nutzen (weder als Option die aktiviert werden könnte, geschweige denn standardmäßig). Dass diese Möglichkeit den Unternehmen nicht bekannt ist, ist auszuschließen; nicht zuletzt, da Apple bei seinen Betriebssystemen die Möglichkeit anbietet, diese Kennung zu deaktivieren. Ein Paradebeispiel der Nutzung der in IPv6 includierten Datenschutzmöglichkeiten stellt hingegen Microsoft mit seinem aktuellen Betriebssystem Windows7 dar; dort ist die Übermittlung standardmäßig deaktiviert. Jedoch sei angemerkt, dass auch diese Umsetzung nicht der gleichen Schutz bzw. die selbe Anonymität bietet, die IPv4 schaffen konnte.

FAZIT

Die Umstellung von IPv4 auf IPv6 ist unausweichlich, sollen weitere Geräte an das Internet angeschlossen werden. Zwar gibt es bis dato noch einige Probleme bei der Integration des neuen Standards (siehe Slides von Dr. Sack), jedoch stellt dies wohl (der Realität geschuldet) nur ein Übergangsproblem dar und wird in absehbarer Zeit überstanden sein. Der neue Standard stößt viele neue Türen auf, jedoch werden auch Probleme und Risiken geschaffen. Um den Datenschutz auch in Zeiten von IPv6 zugewährleisten zu können bzw. den Benutzern zumindest die theoretische Möglichkeit zu bieten, sich zu schützen, sind die Marktführer, doch auch die Produzenten bzw. Anbieter im Allgemeinen in die Verantwortung zu nehmen, die Wünsche, Bedürfnisse und Ansprüche der Benutzer und Kunden zu realisieren und möglichst effektiv und vollständig umzusetzen. Zudem sollten gesetzliche Vorgaben geschaffen werden, die die Einhaltung eines gewissen Mindestdatenschutzes in Zeiten von IPv6 gewährleisten können. Anderen Falls sind Datensammlern und Überwachung Tür und Tor geöffnet.

QUELLEN (Abrufdatum jeweils 08.05.11)

http://collabor.idv.edu/0721459/stories/33134/
http://www.elektronik-kompendium.de/sites/net/1601271.htm
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,739701,00.html
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,760274,00.html
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-01/ipv6-vorratsdaten?page=all
http://www.zeit.de/digital/datenschutz/2011-01/ipv6-vorratsdaten?page=all
http://www.slideshare.net/lysander07/ipv6-jetzt-bmwi-workshop-08-feb-2011
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1250100/Neuer-Standard-fuer-IP-Adressen#/beitrag/video/1250100/Neuer-Standard-fuer-IP-Adressen
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,515644,00.html
http://www.heise.de/resale/meldung/Smartphones-auch-privat-auf-dem-Vormarsch-1006077.html

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philip.sinner.Uni-Sbg, Montag, 16. Mai 2011, 10:31

Wie in meinem Beitrag zum Thema kommentiert befassen sich unsere Statements mit ähnlichen Themen und ergänzen sich dadurch, so dass die Lektüre beider Texte ein abgerundetes und informatives Bild bietet.

Stichworte: Goodbye, Farewell auf Wiedersehen Privatsphäre, IPv6, Mobile Web, Apple, Tracking, Web Conference.