Samstag, 17. Jänner 2004
Die Theorie der langen Wellen nach Kondratieff
1. Einleitung
2. Die Theorie von Kondratieff
3. Was bringt die Zukunft?

Einleitung

Wie ein Blick in die Wirtschaftsgeschichte der letzten 200 Jahre zeigt, hat es in der Realität kein ständiges Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Vollbeschäftigung gegeben, das wirtschaftliche Wachstum lief vielmehr in Form von Ungleichgewichten und zyklischen Schwankungen ab.

Nikolai Dmitrievich Kondratieff (1892 - 1931)

fand in langjährigen Untersuchungen während der zwanziger Jahre heraus (1926), daß es neben den bis dahin bekannten kurzen und mittleren wirtschaftlichen Zyklen auch Zyklen von etwa 50 Jahren Dauer gibt. Neben dem empirischen Nachweis der Existenz langer Wellen bei den wichtigsten volkswirtschaftlichen Aggregaten (Produktion, Löhne, Preise und Zinsen) stellte sich Kondratieff die Frage nach dem Auslöser dieser zyklischen Bewegung. Dabei stellte er unter anderem fest:
Während des Absinkens der langen Wellen werden besonders viele wichtige Entdeckungen und Erfindungen in der Produktions- und Verkehrstechnik gemacht, die jedoch gewöhnlich erst beim Beginn des neuen langen Anstiegs im großen auf die wirtschaftliche Praxis angewandt zu werden pflegen.

Die Theorie von Kondratieff

Kondratieffzyklen sind erst seit der Entstehung der Marktwirtschaft im 18. Jahrhundert zuverlässig beobachtet worden. Auslöser dieser Langzeitzyklen sind ganz bestimmte technisch-wirtschaftliche Innovationen, die Basisinnovationen genannt werden.



  • Der erste Kondratieffzyklus begann Mitte des 18. Jahrhunderts und lief Mitte den 19. Jahrhunderts aus (Höhepunkt ca. 1800 bis ca. 1850). Er markierte den Übergang von der Agrargesellschaft in die Industriegesellschaft. Ausgelöst und getragen wurde er durch die Erfindung der Dampfmaschine, der Fabrik und grundlegenden Neuerungen in der Textilindustrie (Handwebstuhl und Spinnmaschinen). Durch diese Innovation wurde es möglich, die Produktion von Garnen, Tüchern, Stickereien und Bekleidung vom Handwerk, Heimarbeit und Manufaktur zur wesentlich produktiveren Fabrikarbeit zu verlagern und nach und nach zur industriellen Massenproduktion überzugehen. Eine neue soziale Klasse entstand, der Arbeiter. In ihrem Gefolge kam es zur Konzentration der Arbeit in Fabriken und zum Wachstum der Städte und der städtischen Infrastruktur.
  • Der zweite Kondratieffzyklus war die große Zeit des Stahls (Höhepunkt ca. 1850 bis ca. 1900). Die entstandenen Fabriken konnten ihre Produktion nur ausweiten mit der Erfindung der Eisenbahn und des Stahlschiffes. Außer Lokomotiven, Gleisen und Bahnhöfen konnten nun auch Schiffe, Brücken, Häuser und große Mengen verschiedenster Maschinen, Werkzeuge, Waffen und Verbrauchsgüter aus Stahl hergestellt werden.
  • Im dritten Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1900 bis ca. 1950) reorganisierte sich die Gesellschaft, um das Potential der elektrischen und chemischen Energie in unzähligen neuen Produkten zu nutzen. Elektrizität und Chemie wurden zu den Trägern des Wandels. Dieser Zyklus war von wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängig. Genauere Kenntnisse über den Aufbau der Materie und der Elektrodynamik wurden notwendig. Ein Massenkonsum mit elektrischen und chemischen Erzeugnissen von bislang ungeahnten Ausmaßen setzte ein, die Produktionstechnik wurde fast vollständig auf elektrische Energie umgestellt. Deutschland und die USA wurden durch die führende Stellung in Elektrotechnik und Chemie zu Großmächten.
  • Der vierte Kondratieffzyklus (Höhepunkt ca. 1950 bis ca. 1990) erschloss der Gesellschaft den individuellen Massenverkehr. Dieser Zyklus begann in den führenden USA und in Deutschland nach der Weltwirtschaftskrise, in anderen Ländern aber erst nach dem zweiten Weltkrieg. Er wurde im wesentlichen durch billige petrochemische Energie und ihre diversen Anwendungen, vor allem im Automobil, in der chemischen Industrie und in der Elektrizitätserzeugung getragen. Er wurde überlagert durch den Wiederaufbau der im zweiten Weltkrieg zerstörten Industrien.
    Mineralölwirtschaft und Automobilhersteller bilden den industriellen Kern des vierten Zyklus. Um sie herum entsteht und erwächst ein riesigeres Netz von Zulieferern, Kunden und Anwendern, die dem Zyklus das erforderliche Gewicht verschaffen: Stahl- und Reifenhersteller, Brücken- und Straßenbaufirmen, Speditionen, Raffinerien und Pipelinehersteller sowie Tausende von kleinen und mittleren Zubehörlieferanten arbeiten beiden Branchen kräftig zu. Aber nicht nur das produzierende Gewerbe, auch der Dienstleistungssektor ist umfassend beteiligt: Banken stellen Kredite für den Kauf von Kraftfahrzeugen zur Verfügung, Versicherungen decken die Risiken ab, Reparaturwerkstätten sorgen für stetige Einsatzbereitschaft, der Handel beteiligt sich am Teilverkauf, Tankstellen liefern den Treibstoff, Transportunternehmen gehören zu den besten gewerblichen Abnehmern, Fahrschulen bilden den Nachwuchs aus, der Tourismus profitiert ganz erheblich von der Reiselust und Mobilität des Autobesitzers.
  • Der fünfte Kondratieffzyklus ist nicht mehr primär von der Verwertung von Bodenschätzen, Stoffumwandlungsprozessen und Energien getragen, sondern von der Verwertung einer immateriellen Größe: Der Information! Sein Erfolgsmuster ist der produktive und kreative Umfang mit Information. Das wissenschaftliche Fundament des fünften Kondratieffs wird hauptsächlich von der Informatik bereit gestellt. Als Basisinnovation fungiert die Informationstechnik. Jedermann kann beobachten wie die Informationstechnik überdurchschnittliche Wachstumsraten erreicht. Keine andere Technologie konnte in 1980er und 1990er Jahren eine annähernd vergleichbare wirtschaftliche Dynamik und Breitenwirkung vorweisen. Mit ständig zunehmender Geschwindigkeit und Breitenwirkung durchdrang sie alle Bereiche der Gesellschaft. Mehr als jede andere Technologie beherrscht sie den wirtschaftlichen Innovationsprozess, prägt den sozialen, institutionellen und kulturellen Wandel; mehr als jede andere Technologie löst sie übergreifende Impulse aus und hat tiefgreifende Auswirkungen auf die weltweite politische Ordnung.
    Entscheidend für den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt ist der produktive und kreative Umgang mit Information geworden. Auf Eigenschaften wie Lernbereitschaft, Denken in Systemen, Kommunikations- und Beziehungsfähigkeit kommt es jetzt in erster Linie an. Zusätzlich zur materiellen Nachfrage treten geistige, psychische und ökologische Bedürfnisse nach vorne. Da der Mensch der wichtigste Erzeuger, Träger, Vermittler, Benutzer und Konsument von Informationen ist, rückt er erstmalig in der Geschichte in den Mittelpunkt des Strukturwandels.

Was bringt die Zukunft?

Unter Berufung auf diese Theorie prognostiziert der Ökonom und Informationstheoretiker Leo Nefiodow als Antriebsenergie des nächsten Zyklus dieser Art das Streben nach einer ganzheitlich verstandenen Gesundheit.

Buchtipp: Der sechste Kondratieff
von Leo A. Nefiodow - 274 Seiten - Rhein-Sieg Verlag
Während die vorausgegangenen Zyklen von Basisinnovationen wie Stahl und Eisenbahn, Elektrotechnik und Chemie, Petrochemie und Automobil oder aktuell von der Informationstechnik bestimmt waren, werde dieser insgesamt 6. Kontradieff-Zyklus seit dem Beginn der neuzeitlichen Ökonomie unter dem Zeichen eines innovativen Umgangs mit Information, mit Wissen und allen damit verbundenen ökonomischen Strukturveränderungen stehen. Die eigentlichen Neuerungen dieses Zyklus liegen für Nefiodow jedoch in den dazu erforderlichen sozialen, psychologischen und philosophisch-ethischen Rahmenbedingungen.

Erstmals in der Geschichte, so die Prognose Nefiodows, werden Wachstum und Strukturwandel nicht mehr primär von Rohstoffen, Maschinen und ihren Anwendungen, sondern von Fortschritten im Menschlichen abhängig sein. Die künftige Basisinnovation bestehe in der Erschließung psychosozialer und geistiger Kompetenzen, also spezifisch menschlicher Potentiale. Denn die Schlüsselqualifikation wirtschaftlichen Erfolgs im 6. Kontradieff heißt "Kooperation" und alles, was diese Fähigkeit voraussetzt.
Im sechsten Kondratieff-Zyklus (ein erster Höhepunkt wird um 2010 erwartet) sollen Fachleuten zufolge Innovationen in den Bereichen Medizin, High Tech und neuer Psychotechniken für Vollbeschäftigung, einen lang anhaltenden Aufschwung von Körper, Geist und Seele, sowie für eine tief greifende Reorganisation der Gesellschaft sorgen.

Link: Blog von Michael Baumgartner: Multimedia - Gesellschaftlicher Wandel

Quellen: VL Informatik und Gesellschaft
Die Kondratieff Zyklen
diverse Fachzeitschriften und Internetseiten

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Hallo Michael, du hast...
Hallo Michael, du hast sicher recht, dass sich seit...
by tobias.sporer.salzburg (2004.01.29, 16:40)
Hy Tobias!
Habe deinen Link auf meinem Blog schon länger...
by michael.baumgaertner.salzburg (2004.01.24, 12:54)
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1. Einleitung 2. Die Theorie von Kondratieff 3. Was...
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