Transparenz & Virtuelle Identitaet Das Transparente Unternehmen - Freiwillige Transparenz führt zum Erfolg
carolin barbara andrea.angermayr.uni-linz, 12. November 2014, 18:21
"Warum müssen Unternehmen transparent sein?" wollte das auf Digitalisierung und Transparenz spezialisierten Beratungsunternehmens Klenk & Hoursch wissen. Die meist genannte Antwort mit 89% der Antworten war: "Um Vertrauen zu gewinnen oder zu erhalten" [Q1].
Dass Unternehmen transparent sein müssen, steht für die beiden Autoren des nachfolgend behandelten Artikels außer Frage. Der Artikel erschien 2014 in dem Sammelwerk "CSR und Social Media. Unternehmerische Verantwortung in sozialen Medien wirkungsvoll vermitteln", Springer Gabler Verlag [vgl. Q2].
"Digitalisierung und Transparenz sind die derzeit wichtigsten Strategietreiber in der Unternehmenskommunikation [...] und zwingen [..] zum Umgang mit neuen Tools und Kanälen, neuen Kommunikationsgewohnheiten und -ansprüchen sowie neuen Dimensionen der Vernetzung. [...] Ausgelöst durch den Erfolg von Social Media und Web 2.0.-Anwendungen sehen sich Unternehmen in den letzten 15 Jahren mit einem wachsenden Transparenzdruck konfrontiert. Die Digitalisierung beschleunigt und demokratisiert Kommunikation, Informationen sind schnell und überall verfügbar. Jeder kann heute Publizist und Medium sein: Als so genannter Prosument in Blogs, Wikis [...]" [S. 99 f., Q2] etc.
Transparenz als Voraussetzung für Erfolg?
Insbesondere in Branchen, die sich an Endkunden richten ist Transparenz zu einer Grundvoraussetzung für erfolgreiches Handeln geworden. Dazu zählen v.a. Unternehmen im Bereich Geld, Gesundheit und Nahrungsmittelindustrie, also Banken und Versicherungen, Pharma- und Lebensmittelhersteller [Q2, S. 105]. Der Konsument gibt sich nicht mehr mit Werbefloskeln zufrieden, sondern möchte wissen, wofür er sein Geld ausgibt und kommuniziert auch ohne Mühe und Scheu seine Meinung, die wiederum andere in Ihrer Kaufentscheidung beeinflussen. Durch das Internet wurden Unternehmen freiwillig oder unfreiwillig ins Glashaus der Öffentlichkeit gerückt [Q2, S. 101]. Eine Studie Klenk & Hoursch's ergab, dass "Transparent wahrgenommene Unternehmen [.] in den Augen von Verbrauchern nachhaltiger, umweltschonender, sozialer und innovationsfähiger [wahrgenommen werden (Anm.d.Autorin)] als intransparent wirkende Unternehmen. Transparente Unternehmen sind aus Sicht der Bürger gleichzusetzen mit guten Unternehmen."
Transparenz wird also Mittel zum Erfolg. Vertrauen ist die Voraussetzung für positive Kaufentscheidungen. Bei fehlenden Vertrauen erfolgt kein Kauf.
Im Bewusstsein von Unternehmen?
Dass diese Erkenntnis bei den meisten Unternehmen zwar angekommen, aber selbst bei den meisten börsennotierten Unternehmen noch lange nicht ausreichend in deren Strategie umgesetzt wurde, haben die Autoren bei einer Untersuchung festgestellt. Sie skizzieren 3 Gruppen von Unternehmen in Bezug auf deren Umsetzung von Transparenzstrategien: Verweigerer, Mitläufer und Überzeugte. Die meisten kategorisieren sie als Mitläufer, die Transparenz zwar als wichtig erachten aber lediglich in Teilbereichen umsetzen [Q2, S. 103].
Wie wichtig es ist, seine Geschäftsprozesse transparent zu gestalten, untermauern sie mit dem Beispiel des Handelsunternehmens Lidl, das in den letzten Jahren immer wieder in die Schlagzeilen geriet, weil es Mitarbeiter überwachen ließ. Der Discounter ignorierte die Vorwürfe, sodass sich die Empörungen von Gewerkschaften (Schwarz-Buch Lidl), Politik und Öffentlichkeit hochschaukelten und der Absatz spürbar zurückging [Q2, S. 104].
Transparenzstrategie - 4 Schritte
Um nicht erst negative Aufmerksamkeit und deren Folgen zu schaffen sondern klare Ziele souverän verfolgen zu können, empfehlen die Autoren die Umsetzung einer Transparenzstrategie in 4 Schritten:
- Wettbewerbsanalyse: nur Sichtung - keine Handlungsabsichten verfassen. Was ist der Status Quo? Was macht der Wettbewerb? Gibt es Studien und Umfragen zum Thema?
- Stakeholder-Analyse: Analyse der Anspruchsgruppen, Anforderungsanalyse an Kommunikationswege und Erreichbarkeit der Zielgruppen über welche Kanäle?
- Chance- und Potentialanalyse: Welche Wettbewerbsvorteile können dadurch generiert werden? Was muss ich veröffentlichen, um welche Ziele damit zu erreichen? Frühzeitige Einbindung von Führungskräften und Mitarbeitern.
- Risikoszenarien: "welche Risiken bestehen, wenn man sich dem wachsenden Druck durch Politik, NGO's, Verbraucher oder Mitarbeiter nicht öffnet" [Q2, S. 107]
Abb: Vier Schritte zu einer Transparenzstrategie [Q2, S. 107]
Nachhaltigkeitskommunikation
Selbst wenn das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Transparenz bei vielen Unternehmen bereits vorhanden ist, hapert es oft noch an einer nachhaltigen Umsetzung der Kommunikation. "Die Kommunikation muss Nachhaltigkeitsprozesse früher (bei der Implementierung), dauerhaft (keine Beschränkung auf den Report) und wirkungsvoller unterstützen." [Q2, S. 108]
Dabei umfasst eine nachhaltige Kommunikation nicht nur die Kommunikation nach außen. Eine transparente Kommunikation beginnt mit der Transparenz nach innen. Mitarbeiter und Führungskräfte müssen von deren Notwendigkeit überzeugt sein, um den Weg mittragen und dann in weiterer Folge auch nach Außen vertreten zu können. Dass dieser Prozess nicht von heute auf morgen funktioniert, beschreibt das Stufenmodell der Autoren.
Abb: Stufenmodell von Klenk & Hoursch [Q2, S. 109]
- Tell you: das Unternehmen stellt seinen Stakeholdern zunehmend mehr Information zur Verfügung, auch zu kritischen Fragestellungen.
- Ask you: Beteiligung der Anspruchsgruppen am Transparenzprozess, um Vertrauen zu schaffen, Reputation zu steigern und letztlich Erfolg bringen soll
- Show you: Anbieten von Möglichkeiten für Stakeholder, sich von der Realität zu überzeugen, um die Aussagen des Unternehmens überprüfbar zu machen (vor Ort oder medial)
Um eine durchgängige, klare Transparenz nach aussen umsetzen möchte, benötigt ausserdem eine gut ausgearbeitete Kommunikationsrichtlinie, die das unternehmensweite Vorgehen zu Transparenzfragen niederschreibt und klar nachvollziehbar für alle Beteiligten auf allen Ebenen regelt. Denn wer "nicht systematisch und nachvollziehbar an der Lösung seiner Probleme arbeitet, der hangelt sich von Vertrauenskrise zu Vertrauenskrise" [Q2, S. 109] "Wer hingegen Schwäche offenbart, Kritik aufnimmt und glaubwürdig aufzeigt, dass er bereitwillig an der Beseitigung von Schwachpunkten arbeitet, der baut Vertrauen auf." [Q2, S. 110]
Anforderungen an eine transparente Nachhaltigkeitskommunikation
Wenn sich ein Unternehmen zu einer nachhaltigen Kommunikation entschließt, gilt es die Regeln der sozialen Medien zu verstehen und für seine Zwecke zu beherrschen. Dazu führen die Autoren 3 Anforderungen an:
- Offenheit gegenüber externen Anregungen und Ideen, nicht nur in Bezug auf Zahlen und Fakten. Es bedeutet insbesondere das "Zuhören, Diskutieren und im besten Fall Annehmen", also regelmäßiger, kontinuierlicher Austausch mit den relevanten Stakeholdern.
- Interaktion mit den Stakeholdern, pflegen eines kontinuierlichen Dialogs, gezieltes Moderieren und Reagieren auf Kommentare in sozialen Medien
- Individualisierung als "Kommunikation auf Augenhöhe" [Q2, S 111], echter Dialog, Reagieren auf Fragen und Anregungen Einzelner als Kommunikationskanal für viele; denn wenige Schreiben, aber viele lesen mit.
Ähnliche Argumente beschreibt auch Kollegin Claudia Scheba in ihrem Beitrag unter dem Stichwort Dynamic Transparency nach Madsen, P. 2009.
Neue Zielgruppen
Schließlich gilt es, Augenmerk auf neue Zielgruppen zu legen. Die heranwachsende Generation der Konsumenten, insbesondere jene der unter 30 Jährigen, bewegt sich mehrheitlich (66%) in sozialen Netzwerken, wie Facebook, Google+, YouTube und Twitter. Dort findet reger Meinungsaustausch über Produkte, Marken und Unternehmen statt. Laut einer internationalen Studie der Medianetwork Initiative 2010 zum Konsum- und Medienverhalten der jungen Generation [Stichwort Digital Natives] in 15 Ländern fand man heraus, dass junge Verbraucher zwar nach wie vor großen Wert auf Marken legen, sich aber vermehrt über die Produkte austauschen und Auskunft darüber von den Unternehmen erwarten. "Verbraucher suchen ehrliche Marken, sie wollen transparente Produkte, hergestellt von transparenten Unternehmen." [Q2, S. 112]
Exkurs
Dass aber auch diese Plattformen des unabhängigen Meinungsaustausches nicht vor Manipulation gefeit ist, beschreibt ein Artikel in "Die Presse" vom 6.11.14. "Unternehmen von überregionalen Ruf" ließen "die veröffentlichte Meinung im Netz möglichst glaubwürdig zum eigenen Vorteil" [Q3] beeinflussen obwohl die Branche weiß: " Erfahren die Konsumenten von solchen Aktivitäten, ist das Ansehen erst recht ruiniert." [Q3] Vgl. auch ORF-ZIB 2 Bericht vom 5.11.14.
Herausforderungen von Transparenz und Digitalisierung in der Praxis
Der Artikel beschreibt in weiterer Folge am Beispiel Mc'Donald's wie die Herausforderungen von Transparenz und Digitalisierung in der Praxis angenommen werden können. Als Reaktion auf Kampagnen und Kritik aus der Öffentlichkeit gegen Mc'Donald's reagierte der Konzern mit zahlreichen Offensiven, die man auch stets öffentlich kommunizierte. Diese Maßnahmen reichen von der unabhägigen Überprüfung der verarbeiteten Lebensmittel durch unabhängige Institute über Kommunikation von Transparenz der Lieferketten bis zu Werbekampagnen und gezielten Einsatz der sozialen Medien.
Fazit
Das Internet und damit die Möglichkeit, unkompliziert Informationen über alle Grenzen hinweg austauschen zu können führte dazu, dass sich Menschen nicht mehr mit vordergründigen, strategisch wohlformulierten Informationen zufrieden geben - wohlwissend, dass die präsentierte nicht die ganze Wahrheit war. Mitarbeiter und Verbraucher wollen hinter die Kulissen von Prozessen und Entscheidungen blicken, die sie durch das Engagement ihrer Arbeitsleistung und ihre Kaufentscheidung unterstützen. Unternehmen sind mehr als zuvor gefordert, glaubwürdige Anstrengungen zu unternehmen, um durch Transparenz Vertrauen zu schaffen. Nur über vertrauenswürdiges Verhalten führt der Weg zum langfristigen Erfolg. Diese Strategien und Maßnahmen zur nachhaltigen Umsetzung transparenten unternehmerischen Handelns beginnt ganz oben in der Führung des Unternehmens und muss sowohl nach innen wie nach außen glaubhaft und langfristig kommuniziert werden.
Quellenverzeichnis
Q1: Statista: Warum müssen Unternehmen transparent sein? abgerufen am 06.11.14
Q2: Greven, Kathrin; Lahme, Georg (2014): Freiwillige Transparenz führt zum Erfolg.
In: Riccardo Wagner, Georg Lahme und Tim Breitbarth (Hg.): CSR und Social Media.
Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg (Management-Reihe Corporate Social Responsibility), S. 99–116.
Q3: Die Presse vom 6.11.14 Gekaufte Postings: PR-Agentur manipulierte für Firmen und Politik, abgerufen am 8.11.14
Q4: ORF PR-Trickserei mit Internet-Postings (3:35 Min) ZIB 2 vom 05.11.2014 um 22.00 Uhr oder auf Youtube; abgerufen im Nov. 2014
Transparenz muss auch im Unternehmen integriert werden
birgit maria.kohl.uni-linz, 17. November 2014, 12:54
Meiner Meinung nach reicht es nicht, dass ein Unternehmen Transparenz nach außen transportiert, es müssen auch innerhalb des Unternehmens für die Mitarbeiter Anreize geschaffen werden, dass Vorgänge und Arbeitsschritte transparent sind. In meinem Beitrag habe ich Bezug auf die Wahrnehmung von Transparenz für Mitarbeiter genommen, welcher ein wichtiger Bestandteil ist, damit Transparenz auch nach Außenhin funktionieren kann.