Aufgabe 5: Recht im Web
ilda.avdic.uni-linz, 29. Oktober 2012, 00:11
Aufgabenstellung: Beziehen Sie zur aktuellen Diskussion um das Thema "Acta" Stellung und versuchen Sie die beteiligten Rechtsgüter (z.B. Schutz geistigen Eigentums, Schutz der Privatsphäre, Schutz demokratischer Prinzipien normierender Prozesse, ggfs. weitere) ausfindig zu machen und bewerten Sie deren Relevanz für das Thema.
Was ist überhaupt ACTA?
Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) ist ein geplantes multilaterales Handelsabkommen auf völkerrechtlicher Ebene. Der Grundgedanke ist die Bekämpfung von Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen länderübergreifend rechtsverbindlich zu regeln. Ein Standard für eine globalisierte Gesellschaft und Wirtschaft soll internationale Kooperationen vereinfachen. So ließen sich einfacher neue Gesetze zur Verwertung geistigen Eigentums verabschieden. Die Strafverfolgung, auch über Ländergrenzen hinaus, könnte so vereinfacht oder überhaupt erst möglich gemacht werden.
Die folgende Abbildung zeigt, welche Länder an der ACTA Verhandlung teilgenommen haben:
Amnesty International geht davon aus, „dass das Abkommen wegen seines Inhalts, der dort verankerten Verfahren und Institutionen negative Auswirkungen auf mehrere Grundrechte hat, insbesondere das Recht auf ein angemessenes Verfahren, das Recht auf Achtung des Privatlebens, die Informationsfreiheit, Meinungsfreiheit und das Recht auf Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten.
Was ist ein Grundrecht?
Grundrechte sind verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte, die dem Einzelnen ein subjektives Recht einräumen, bei Verletzung von Grundrechten eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu erheben.
Die Rechtsordnung kennt 2 Grundrechtskataloge:
- Staatsgrundgesetz (StGG 1867): gilt nur für Staatsbürger - "Staatsbürgerrechte"
- Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK): gilt für alle Menschen - "Jedermannsrechte"
Grundrechte schützen gegen Eingriffe des Staates in die individuelle Freiheit und darüber hinaus verpflichten sie den Staat zu einem positiven Handeln.
Wann liegt nun ein Eingriff in ein Grundrecht vor bzw. eine Grundrechtsverletzung?
Eingriff ist jeder staatliche Akt, der eine grundrechtlich geschützte Spähre eines Grundrechtsträgers in belastender od. beschränkender Weise berührt. ABER nicht jeder Eingriff ist per se eine Verletzung des Grundrechts!
Beispiel:
Eine verhängte Geldstrafe greift in das Grundrecht auf Eigentum ein. Ob sie dieses auch verletzt, hängt davon ab, ob die Kriterien der jeweiligen "Grundrechtsformel" erfüllt sind oder nicht.
Der VfGH entwickelte den Verhältnismäßigkeitsgrudnsatz als Schranke des einfachen Gesetzgebers. Wenn der Grundrechtseingriff verhältnismäßig ist, dann liegt keine Verletzung vor.
Verhältnismäßigkeitsprüfung:
- Liegt das Ziel der Regelung im öffentlichen Interesse?
- Ist die Regelung zur Zielerreichung geeignet?
- Ist die Regelung erforderlich? (in dem Sinn, dass sie ein möglichst schonendes Mittel zur Zielerreichung bildet)
- Besteht zwischen dem öffentlichen Interesse und der durch den Eingriff verkürzten Grundrechtsposition eine angemessene Relation? (Adäquanzzusammenhang)
Das geplante ACTA-Abkommen hätte in mehrere Grundrechte eingegriffen bzw. diese verletzt. Betroffen wäre die Meinungsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privatlebens, das Recht auf Datenschutz sowie das Recht auf ein faires Verfahren.
Das Abkommen beinhaltete eine Überwachung des Internetverkehrs zur Informationsbeschaffung.
Das Recht auf Achtung des Privatlebens umfasst einen umfassenden Schutz der unmittelbaren Persönlichkeitssphäre. Art. 8 EMRK schützt gegen unnötige Kenntnisnahme durch den Staat, so dass eine Registrierung von Vorgängen des Privatlebens für Zwecke der öffentlichen Verwaltung in dieses Recht eingreift.
VfGH (VfSlg 12.689/1991): "In einer von der Achtung auf Freiheit geprägten Gesellschaft ... braucht der Bürger ohne trifftigen Grund niemanden Einblick zu gewähren, welchem Zeitvertreib er nachgeht ..."
Gesetzliche Regelungen, die zu Überwachungsmaßnahmen ermächtigen, müssen in besonderem Maß präzise und verständlich sein. (EGMR, Taylor-Sabori, NL 2002/5,221)
Die Verhandlungen über das ACTA-Abkommen wurden einseitig geführt und die Öffentlichkeit wurde hierüber nicht ausreichend informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt. Weiterer Kritikpunkt ist, dass die Formulierungen bzw. Klauseln, so unklar sind, dass man aus vermeintlich harmlosen Klauseln später im Gesetzestext der jeweiligen Länder sehr internetfeindliche Gesetze erstellen kann.
Meiner Meinung nach ist eine internationale Regelung zum Schutz von geistigem Eigentum sicherlich eine gute Sache. Denn viele Verfahren um das Urheberrecht lassen sich oft nicht rechtsgültig verfolgen, da sie schnell an Grenzen aufgrund der unterschiedlichen Gesetzeslagen in den Staaten stoßen.
Es ist aber klar, dass das Urheberrecht im digitalen Zeitalter - zumindest bezogen auf Privatpersonen – gelockert werden muss. In der heutigen Gesellschaft, wo fast jeder bei sozialen Netzwerken angemeldet ist, besteht ein großer Bedarf daran, beispielsweise Musikvideos, Witze oder Fotos von Prominenten auch auf Facebook posten zu dürfen. Personen die sich durch das Internet bewegen, begehen somit täglich / stündlich Urheberrechtsverstöße. Es besteht hier auf jeden Fall Handlungsbedarf, ich finde sogar weltweit, um hier Legalität herzustellen. Eine Vergütung für Rechteinhaber kann schon vorgesehen werden, aber das passende Vergütungsmodell ist wohl der Grund dafür, warum diesbezüglich noch keine kreativen Ideen auf dem Tisch liegen.
Die Art und Weise, in der ACTA ausgehandelt wurde, hat es seiner demokratischen Glaubwürdigkeit und Rechtsklarheit beraubt.
In verschiedenen Ländern wurden Anti-ACTA-Massenproteste und Ratifizierungsstopps durchgeführt. Es wurde auch eine Website http://www.stopp-acta.info/ eingerichtet, auf der man alles rund um das Thema ACTA findet.
Im Juli 2012 entschied ein Plenum des Parlaments gegen die Teilnahme am ACTA-Abkommen!
©iStockphoto.com/Rolf Fischer
Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Anti-Counterfeiting_Trade_Agreement, 25.10.2012
Theo Öhlinger, Verfassungsrecht, 7. Aufl. (2007), S. 293 ff.
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