Statement: Webtechnologien
eva.ecker.uni-linz, 17. April 2016, 21:13
Video: "Netzneutralität in 2 Minuten erklärt" (V1)
Die Grundaussage des Begriffs „Netzneutralität“ ist, dass Daten wertneutral behandelt werden, unabhängig davon wer der/ die SenderIn ist. Dazu ein Zitat von Tim Wu: „The idea is that a maximally useful public information network aspires to treat all content, sites, and platforms equally. This allows the network to carry every form of information and support every kind of application. The principle suggests that information networks are often more valuable when they are less specialized – when they are a platform for multiple uses, present and future." (Q1)
Das bedeutet, dass keine Gewichtung vorgenommen wird, welche Inhalte wichtiger sind und somit schneller durch die Leitungen geschickt werden und andere Daten eventuell gar nicht übertragen werden.
Letzten Oktober war die eventuelle Abschaffung der Netzneutralität stark umstritten. Tim Berners-Lee, der in den 80ern am europäischen Forschungszentrum CERN das World Wide Web entwickelte, sprach sich eindeutig gegen eine Abschaffung aus: "Wenn die vorliegenden Regelungen so übernommen werden, dann werden sie die Innovation, die Meinungsfreiheit und Privatsphäre bedrohen", so Berners-Lee. Weiters bezeichnete er die vorgeschlagene EU-Verordnung als "schwach und verwirrend". (Q2)
Bis letzten Oktober existierten diesbezüglich keine EU-weiten Gesetze, die einzelnen Länder hatten nur Vorschriften einzuhalten. Da im Laufe der letzten Jahre die Anzahl der zu transportierenden Datenpakete stetig zunahm, steigt das Risiko von Staus in den Datenleitungen. Aus diesem Grund wurde überlegt, ob in Ausnahmesituationen bestimmte SenderInnen bevorzugt werden sollten. Zudem wurde gefordert, dass Musikstreaming-Dienste ausgenommen werden, um diese bevorzugt behandeln zu können. (Q2)
Ende Oktober hat das EU-Parlament dennoch die Verordnung zur Netzneutralität entschieden. KritikerInnen sehen damit die Netzneutralität, die als Grundprinzip des Internets gilt, in Gefahr und gehen davon aus, dass Daten künftig nicht mehr gleich behandelt werden. Sie sind der Meinung, dass SenderInnen, die über die notwenigen finanziellen Mittel verfügen, sich eine „Überholspur" erkaufen würden und ihre Daten schneller versenden können, somit würden die restlichen Datenpakete in einen Stau geraten.
Kritisiert wurden außerdem die schwammigen Formulierungen der Verordnung. Internet-Anbieter können sogenannte „Spezialdienste" auswählen, bei denen die Geschwindigkeit der Übertragung erhöht ist.
Video: Günther Oettinger: "Niemand darf benachteiligt werden" (V2)
Günther Oettinger, der Digitalkommissar der EU-Kommission wies diese Vorwürfe ab und bezeichnet die Verordnung als "Kompromiss zwischen Interessen der Wirtschaft und Gesellschaft". Unter den beschriebenen Spezialdiensten verstehe er nur Gesundheits-, Notruf- und Mobilitätsdienste. Eine exakte Definition hat das EU-Parlament jedoch nicht festgelegt. (Q3)
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom Timotheus Höttges verteidigt die neue Verordnung. Ihm zufolge haben manche Dienste – wie zum Beispiel Videokonferenzen oder Online-Spiele – höhere Qualitätsanforderungen und sollen somit dem Internet-Surfen oder dem Versenden von E-Mails bevorzugt werden, da es ausreichend ist wenn eine Mail ein paar Millisekunden später empfangen wird. Ein Skype-Gespräch darf seiner Meinung nach auch in Stoßzeiten nicht wegen einer zu schlechten Verbindung unterbrochen werden. Laut Höttges ist die Qualitätsdifferenzierung im Internet längst Gang und Gebe und eine Folge der Weiterentwicklung des Webs, da UserInnen schon längere Zeit für Extra-Service, wie zum Beispiel mehr Speicherplatz im Mailprovider oder in der Cloud, bezahlen. Künftig wird es den Internet NutzerInnen zur Auswahl stehen, ob sie einen Aufpreis bezahlen möchten, um ihre gewünschten Dienste in besserer Qualität zu erhalten. (Q4)
Ein negativer Punkt an der Verordnung ist, dass sich die großen Player der Telekommunikationsbranche Vorteile erkaufen und das Mitziehen für die kleineren Anbieter schwierig ist. Start-up Unternehmen oder kleinere Firmen können sich diese Spezialdienste in der Regel nicht leisten. Wenn sie neue Innovationen auf den Markt bringen möchten, müssen die herrschenden Qualitätsansprüche erfüllt werden, was ohne Spezialdienste nicht möglich ist. Außerdem steht dafür in den ersten Monaten oder Jahren einer Firmengründung meist wenig Budget zur Verfügung. Jedoch kann diese Verordnung auch eine Chance für die Weiterentwicklung des Webs sein, da mit den Einnahmen Investitionen getätigt werden können und die Möglichkeiten des Internets ausgebaut werden können.
Quellen:
Q1: http://www.timwu.org/network_neutrality.html (abgerufen am 15.4.2016)
Q2: http://derstandard.at/2000024553706/Erfinder-des-WWW-warnt-vor-Abschaffung-der-Netzneutralitaet (abgerufen am 16.4.2016)
Q3: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/netzneutralitaet-europaparlament-beschliesst-gesetz-a-1059768.html (abgerufen am 16.4.2016)
Q4: https://www.telekom.com/medien/managementzursache/291708 (abgerufen am 16.4.2016)
Videos:
V1: https://www.youtube.com/watch?v=t4XH19GRwfA
V2: https://www.youtube.com/watch?v=x-PirAtW85s
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