Weblog von Rainer
Montag, 24. Januar 2005
RFID in der Medizin - Eine Versichertenkarte, die unter die Haut geht
DELRAY BEACH/FLORIDA. Allen Krankenversicherungen, die sich derzeit Sorgen um den Missbrauch von Versichertenkarten machen, hätten Vertreter einer US-Firma eine Patentlösung anzubieten. Sie schlagen vor, die Versichertenkarten den Patienten durch einen kleinen Eingriff unter die Haut zu transplantieren. Das ist in den USA seit wenigen Tagen erlaubt. Dort erhielt die Firma „Applied Digital Solutions” aus Delray Beach/Floria von der FDA die Erlaubnis, ihr Produkt „VeriChip” im Gesundheitsbereich zu vermarkten.

Es handele sich um den ersten implantierbaren RFID-Mikrochip, heißt es in der Presseerklärung. Das Prinzip ist aber seit einigen Jahren bekannt. RFID steht für “radio frequency identification” und beschreibt eine Technologie, bei der Informationen drahtlos per Radiowellen von einem nur reiskorngroßen transdermalen Chip an einen Scanner übertragen werden, der auch die Energieversorgung für die Informationsübertragung übernimmt.

Die Firma liefert ein Set bestehend aus dem RFID-Mikrotransponder, einem Gerät zur intradermalen Implantation, einem Scanner und der Software zur sicheren Verschlüsselung der Daten. Die Firma schlägt eine Implantation im Oberarm im Bereich des Trizeps vor. Die Implantation, von der Firma als “chipping” bezeichnet, könne unter Lokalanästhesie in wenigen Minuten bewerkstelligt werden. Danach sendet der Chip jedes Mal, wenn er seinem Scanner genähert wird, eine 16-stellige Zahl. Es ist also nicht möglich, medizinische Befunde zu speichern. Die Zahl identifiziert den Träger jedoch eindeutig, und der Arzt könne dann auf einem Computer die Daten des Patienten abrufen.

WEITERE ANWENDUNGSMÖGLICHKEITEN

Außerhalb der Medizin sind RFID-Mikrotransponder längst Realität. Sie werden Tieren implantiert, um Viehzüchtern einen Überblick über ihre Bestände zu verschaffen, und von Bibliotheken (zum Beispiel Wiener Hauptbücherei) werden sie in Buchrücken eingebaut, um die Buchung zu erleichtern. Im Juni forderten die Grünen in München die Einführung einer City-Maut auf Basis der RFID-Technologie. Es ließen sich auch die Bewegungen von Menschen durch die RFID-Mikrotransponder überwachen. Datenschützer warnen bereits vor dem „Bürger mit Barcode”.

AUSBLICK

Tatsächlich verspricht die Implantation der RFID-Mikrotransponder eine neue Dimension, was auch der Hersteller weiß, der sich gerade vom Einsatz in der Medizin einen Durchbruch in der Akzeptanz verspricht. Nach Umfragen der Firma sollen (in den USA) 14 bis 22 Prozent der Bevölkerung bereit sein, sich einen RFID-Mikrotransponder implantieren zu lassen. Sogar mehr als 80 Prozent stimmten zu, wenn sie dadurch etwa im Notfall schneller eine medizinische Behandlung erhalten würden. Deshalb bemühte sich die Firma auch um die Zulassung bei der FDA. Die Verkaufsideen des Herstellers kreisen dabei um Diabetiker, die häufig unterschiedliche Ärzte aufsuchen, oder Alzheimer-Patienten, die sich dank der Chips nicht mehr ausweisen müssten. Überzeugt hat die Firma bisher (neben der FDA von der Sicherheit) zunächst einmal die Börse. Der Aktienkurs an der New Yorker Börse stieg kräftig an.

Über begeisterte Anhänger wurde in der Presse bereits berichtet. Zu ihnen gehört der oberste Staatsanwalt Mexikos, der einen Raum mit Beweismaterialien in Sachen Drogenkriminalität durch die RFID-Technologie abgesichert hat. Betreten dürfen den Raum noch nur er und andere Personen mit implantierten RFID-Mikrotranspondern der US-Firma. Nach Auskunft des mexikanischen Distributeurs sollen dort außerdem tausend Patienten RFID-markiert worden sein.

Der Baja Beach Club in Barcelona bietet seinen VIP-Kunden den Chip als speziellen Service an. In Großbritannien, so ist zu lesen, werde überlegt, die Technologie als Zugangskontrolle für Regierungsbehörden zu nutzen. Noch überwiegt aber, vor allem im datenschutzbewussten Deutschland., die Abneigung.

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