Transboundary Knowledge
Wenn Autoren und ihre Werke Kollaborateure werden – was ändert sich dann?

Dr. Reiner Kuhlen setzt sich in diesem Beitrag mit zwei Themenfeldern auseinander: einerseits beschäftigt er sich mit dem „kollaborativen Erstellen von Wissen“ (Kuhlen 2004), andererseits mit der Einbeziehung eines Rechts auf Kommunikation

Der Autor unterteilt in folgende Bereiche:

2. Kollaboration & Kommunikation – nicht in kulturkritischer, sondern in politischer Absicht
3. Kollaboratives Arbeiten & einige Konsequenzen
4. Herausforderungen der Kollaboration
4.1 Kollaboration – eine Herausforderung für Simulation in der künstlichen Intelligenz
4.2 Kollaboration in der Wissenschaft
4.3 Kollaboration im Wissensmanagement
4.4 Kollaboratives Lernen
5. Die globale Dimension des kommunikativen Paradigmas
6. Quellen
2. Kollaboration & Kommunikation – nicht in kulturkritischer, sondern in politischer Absicht

Kuhlen wirft die Frage auf, was sich denn ändern würde, wenn traditionelle Autoren zu Kollaborateuren würden und ungehindert kommunizieren würden. Er vergleicht den westlichen Rechtsschutz gegenüber individuellen Erzeugnissen und den daraus resultierenden Schutz für den Autor mit Landows Aussagen über Hypertextwelten in denen durch kollaboratives Verhalten der Autoren aus deren Texten/ Werken Hypertexte entstehen.

Der Autor bemängelt das Leseverhalten der „User“, die vor lauter Vernetzungen nicht mehr in der Lage sind eigenständige Gedanken zu entwickeln. Kuhlen verfolgt die
"These, dass etablierte Strukturen, die unter früheren technischen und medialen Bedingungen entstanden sind, Probleme haben weiterzubestehen bzw. erfolgreich zu sein, wenn sie nicht in der Lage sind, sich radikal veränderten „Umgebungen“ (hier technisch-medialer Art) anzupassen." (Kuhlen 2004)
Mit dieser Aussage widerspricht er allerdings klar dem Riepl’schen Gesetz (Alte, einfache Medien können einem von neuen, höher entwickelten Medien "niemals wieder gänzlich und dauernd verdrängt und außer Gebrauch gesetzt werden [...], sondern sich neben diesen erhalten, nur dass sie genötigt werden, andere Aufgaben und Verwertungsgebiete aufzusuchen)


3. Kollaboratives Arbeiten & einige Konsequenzen

Kollaborative Arbeiten sind meist entwicklungsoffen und nicht abgeschlossen, sind weder individuell zurechenbar noch bedürfen sie individueller Anerkennung. Folglich sollten sie als öffentliches Gut gelten und frei zugänglich sein.
Die heute gebräuchlichen Rechtsvorschriften das Copyright betreffend sind laut Kuhlen in vollkommen anderen medialen Umgebungen entstanden und gründen ihren Ursprung in Wertvorstellungen.
Der Autor stellt Projekte wie die „General Public License“ vor, dessen Ziel es ist Rechte der Zurechenbarkeit beim Autor zu belassen und zugleich Verbesserungen und Unterstützung für die Bevölkerung.
Ein weiteres Beispiel, die Creative Commons Lizenzierung legt sämtliche Entscheidungen über die Form der Öffentlichmachung in die Hände der Urheber.
Weiters werden Formen des Wiki Prinzips angeführt, wonach jeder am Prozess beteiligte das Recht hat, Umformulierungen und Ergänzungen am bestehenden Text vorzunehmen.


4. Herausforderungen der Kollaboration

4.1 Kollaboration – eine Herausforderung für Simulation in der künstlichen Intelligenz

Kollaboration ist Kommunikation. Durch mangelnde Kollaboration werden schneller Fehler fabriziert, die durch vernetztes Kommunizieren nicht entstanden wären.

4.2 Kollaboration in der Wissenschaft

Bedeutend ist in der Wissenschaft das neue Publikationsverständnis, wonach nicht mehr der Vorgang des Publizierens, sondern individuelle Nutzungsanspruch am wichtigsten ist. Die Rechte des Autoren am Werk bleiben bestehen, „die vollständige Kontrolle über das Publikwerden und Verwerten der Resultate seiner Forschung zu haben.“ (Kuhlen 2004)

4.3 Kollaboration im Wissensmanagement

Wissensmanagement ist das Wissen einer/ der Organisation zu wissen, was man weiß und nicht weiß – und dieses Wissen on time verfügbar zu machen. Kuhlen verweist auf einen Paradigmenwechsel vom statischen hin zum kollaborativen Paradigma des Wissensmanagement (dieser betont den Entstehungsprozess von Wissen in Kommunikationsprozessen). Wesentliche Instrumente sind asynchrone Kommunikationsforen deren Erfolg von guter Moderation abhängt.

Ein typisches kollaboratives Instrument ist der ::collabor:: Weblog der Universitäten Berlin, Linz und Salzburg.
Er erfüllt alle Voraussetzungen der Kollaboration: Professoren, Lehrende, Studenten und andere Mitarbeiter dieser Institute beteilig(t)en sich aktiv an diesem Weblog – von der Kreation bis zur Umsetzung und der Weiterführung respektive Moderation. Unterschiedliche Zuständigkeitsbereiche vereinen sich zu einem kollaborativen Gebilde: Informatiker, Statistiker, Publizisten, Kommunikationswissenschafter, Medienwissenschafter uvm. bilden mit ihren Beiträgen den Rahmen für kollaboratives arbeiten und lernen. Würde ein Teil aus dieser Kette fehlen, würde der Erfolg nicht mehr gewährleistet sein! Diskurs und Vernetztheit würden sich reduzieren und an einem Punkt angelangen, an dem es kein Weiterkommen mehr gäbe.

4.4 Kollaboratives Lernen

Wissen soll als sich im Diskurs ständig weiter entwickelnder und durch externe Ressourcen vernetzter Prozess gesehen werden.
Jedoch wage ich es zu bezweifeln ob diese Form des Unterrichts oder Lernens zielführend ist!
Die Vorlesung "Schlüsseltechnologien der Informationsgesellschaft" ist meiner Meinung nach eher als Praktika, oder Proseminar zu sehen, sprich Mitarbeit hat in Form von selbst verfassten Texten zu geschehen - da stellt sich für mich die Frage warum jedes Jahr aufs neue eben diese Vorlesung mit jede Menge Übungscharakter als "Vorlesung" bezeichnet wird. In meinen Augen unverständlich.
Zielführend ist diese VO. sicherlich, wenn es darum geht, einem Grundkenntnisse in HTML zu vermitteln! Wer ordentlich mitarbeitet, der lernt auf jeden Fall den Umgang damit.
Wer allerdings schon (genug) Kenntnisse in diesem Bereich besitzt, naja - ich drücke es mal so aus, "schaut durch die Finger"! Man kann zwar seinen Weblog aufwendiger gestalten, ihn umprogrammieren, und mit tollen Effekten spicken, ob sich der Zeitaufwand lohnt und der Lerneffekt für diese Personen gegeben ist, das ist eine andere Frage.
Lernerfolg ist nur gegeben, wenn eine weniger bewandte Gruppe auf Ausführungen einer mehr bewandten Gruppe stößt - jedoch muss für die bewandtere Gruppe auch ein Anreiz geschaffen werden, um ihr Wissen den Lernenden zu vermitteln. Verlinkungen zwischen Informatikern, Informationstechnikern und Publizisten wären wesentlich zielführender als unterschiedliche Arbeiten von Publizisten zu vernetzen? Hier sehe ich keinen Lerneffekt, außer über andere Ansichten/ Fähigkeiten/ usw. meiner Mitstudenten. Die oben beschriebene Form der Kollaboration zwischen unterschiedlichen Fachrichtungen und auf kombinierbare Aufgabenbereiche ausgelegte Arbeiten würden meines Erachtens hohen Lernerfolg garantieren! Ob Professoren, Tutoren, Studenten allerdings gewillt sind, dies als 2 stündige Vorlesung zu gestalten, ist absolut fraglich - ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Veranstaltung dieser Art in einem solch geringen Rahmen ablaufen kann (man bedenke den enormen Zeitaufwand des Moderators [Prof. Mittendorfer])!

5. Die globale Dimension des kommunikativen Paradigmas

Jeder Mensch hat ein „Right to communicate“ (r2c), oder mit den Worten Watzlawicks: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“
So selbstverständlich dieses Recht ist, so problematisch kann es sich (global gesehen) gestalten. Kommunikationsfreiheit ist ein individuelles Recht, kann aber nicht absolut reklamiert werden, da es mit kollektiven Interessen in Widerspruch geraten kann. Allerdings ist Kommunikationsfreiheit eines der menschlichen Grundrechte und somit die Grundlage für Redefreiheit und Pressefreiheit.
Kuhn definiert Kommunikationsfreiheit als
„Recht eines Jeden, in einen freien Austausch von Wissen und Information eintreten und sich kollaborativ, teilend, unbeschränkt durch Autoritäten oder technische Restriktionen an der Produktion von neuem Wissen und neuer Information beteiligen zu können.“(Kuhlen 2004)

Kommunikationsfreiheit im Internet

Im aktuellen Diskurs geht es weniger um Grundrechte im eigentlichen Sinn, als um ökonomische Interessen: Besitzverhältnis, Steuerungsrechte und Kontrollrechte an Kommunikationsinfrastruktur und Kommunikationsprozesse – dies sind die Hauptstreitpunkte.
Alleine all die kontroversen Ansichten und teils vehementen Proteste über einen Beitrag der Industrienationen, dem Digital Solidarity Fund, zur Entwicklung der Informations-/ Kommunikationsstrukturen in weniger hoch technologisierten Ländern zeigt, welches Machtpotential in dieser Thematik steckt!
Für diese Technologienationen geht es um die Sicherstellung von politischer Herrschaft, Organisationen und Institutionen und vor allem, um die Dominanz an (in) globalen Medienmärkten.

Diese Punkte werden vom „r2c“ aufgegriffen, hinterfragt und kritisiert – kein Wunder also, dass es ein kein manifestes mediales Right to Communicate gibt, denn welche Politik wünscht eine schlecht kontrollierbare, politisch relevante Öffentlichkeit, die nicht über das professionelle mediale System vermittelt ist?!


6. Quellen

Kuhlen, Rainer (2004). Wenn Autoren und ihre Werke Kollaborateure werden – was ändert sich dann? Oder: wenn Kommunikation ein Recht, gar ein Menschenrecht wird – was ändert sich dann? In: Leggewie, Claus (Hg.). (2004) Interaktivität – ein transdisziplinärer Schlüsselbegriff. Frankfurt: Campus – Verlag

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Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, Dienstag, 16. November 2004, 21:00
Lerntagebücher
Sie haben vermutlich recht, dass die Last der Arbeit nicht auf alle Teilnehmer an ::collabor:: gleich verteilt ist und damit der Lernerfolg u.U. "schief verteilt" sein könnte. Dies trifft vor allem auf publikationstechnische Fragen, insbesondere HTML-Grundkenntnisse zu. Ihre Vermutung haben Auswertungen der Kommunikationsströme auf ::collabor:: in der interdisziplinären, gleichnamigen Vorlesung vor einem Jahr dahingehend bestätigt, dass der Kommunikationsfluss von Informatikern zu Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaftern größer war, als in umgekehrter Richtung.

Diese Tatsache belegt jedoch nur, dass die Kenntnisse technicher Grundlagen bei Kommunikations- und Wirtschaftswissenschaftern noch Aufholungsbedarfe haben, oder dass das Medium in seiner vorleigenden Ausformung doch noch nicht den Untertitel Volksmedium verdienen. Von HTML-Kenntnissen in diesem Zusammenhang zu sprechen ist übrigens etwas vermessen. Einige, brauchbare Auszeichnungen, vom Link" zu Hervorhebungen von Textteilen sind eher Gegenstand des Nachhilfeunterrichts. Damit ist HTML aber bei weitem nicht erschöpfend behandelt.

HTML aber, ist weder in der vorliegenden Vorlesung Schlüsseltechnologien (die sich inhaltlich doch erheblich von ::collabor:: unterscheidet) Gegenstand, noch war es Gegenstand in ::collabor::. Es ist mehr Mittel zum Zweck des kollaborativen Publizierens.

Das Führen von Weblogs dient der Erstellung vernetzter Lerntagebücher. Das Aussetzen eines Teiles davon sollte nicht, wie Sie darstellen, zum Ende des Projektes führen, sondern aufgrund von Mehrfachvernetzung und unvermeidlicher Redundanz (die Monopolisierung von Themen ist unzulässig) eigentlich nicht auffallen.

Unterstreichen kann ich den übermäßig hohen Aufwand für eine VO, da neben der Moderation des Weblogs, auch noch klassische Vorbereitungen für den Vortrag im Hörsaal notwendig sind.

H. Mittendorfer

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christian2.pichler.uni-sbg, Montag, 28. Februar 2005, 17:30
...
es hätte mich ja auch gewundert, wenn die letztliche Bewertung der studentischen Leistungen am Weblogg dem eigentlichen Aufwand der jeweiligen Vorlesungsteilnehmer entsprochen hätte.
Ich wüsste nicht, was ich noch hätte machen sollen. Da bleibt einem ehrgeizigen Student unter dieser Betrachtung wohl nichts anderes übrig, als die aktive Teilnahme, sowie die anfangs ausdrücklich erwünschte Anwesenheit einfach bleiben zu lassen und sich am letzten Termin durch eine Prüfung ein Sehr gut zu sichern.
Einerseits wird man als "ausgezeichnet" gelobt - effektiv wird man dann wieder in ein "Gut" zurückgestuft.
Jedem engagierten Studenten gegenüber ist das eigentlich ein Schlag ins Gesicht!!!
Aber ich schätze, dass das am Charakter der VORLESUNG liegt...und diese ja bekanntlich den von Prof. Stockinger so oft erwähnten "Regeln" entsprechen muss...

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