Statement 4 Ist Privatsphäre überhaupt noch zeitgemäß?
Elisabeth.Guentner.Uni-Sbg, 24. Mai 2011, 10:08
In meinem Statement möchte ich mich näher mit dem Thema
„Datenschutzbestimmungen aktueller Web 2.0-Plattformen“ beschäftigen und mich
insbesondere mit dem sozialen Netzwerk Facebook und seinen Ansichten zum Datenschutz
auseinandersetzen.
Das Zeitalter des Datenschutzes ist vorbei. Die Ära der Post Privacy hat begonnen.
Niemand interessiert sich mehr für Privatheit. Durch die Datenschutzbestimmungen
bei Facebook & Co. wird die Privatsphäre zum untrendigen, vom Zeitgeist überholten
Relikt erklärt. Facebook hat das gesellschaftliche Miteinander verändert und ein neues
Kommunikationserlebnis geschaffen. Der Datenschutz bleibt dabei allerdings auf der
Strecke.
Willkommen bei Facebook
Zur Einstimmung: Alexander Lehmann setzt sich in seinem Kurzfilm „Willkommen bei
Facebook“ auf eine humorvolle Art und Weise mit der Datenschutzregelung bei
Facebook auseinander.
Video 1: Willkommen bei Facebook (Quelle)
Facebook in Zahlen
Mehr als 600 Millionen Mitglieder sind bei Facebook registriert, was immerhin jedem
11. Menschen auf der Welt und 2,5 Millionen Nutzer in Österreich entspricht. Pro
Minute werden 230.000 Nachrichten, 95.000 Status-Updates, 80.000 Pinnwand-
Einträge, 50.000 geteilte Links und 500.000 Kommentare gezählt.
Der durchschnittliche User verbringt monatlich 6 Stunden, 2 Minuten und 59
Sekunden auf der Seite. Facebook wird somit zum Portal mit der längsten
Verweildauer. In dieser Zeit sind wir unzähligen Werbeanzeigen ausgesetzt. Damit
diese Werbung auch den passenden Rezipienten findet, braucht Facebook allerdings
viele Informationen über uns, die wir der Plattform bereitwillig anbieten.
Abb.1: Das Geschäftsmodell von Facebook (Quelle)
Das Resultat dieser Datensammlung kommt in den hohen Werbeeinnahmen zum
Ausdruck: 2010 soll Facebook Werbeeinnahmen von rund 1,86 Milliarden Dollar
generiert haben. 2011 sollen diese auf rund 4 Milliarden Dollar ansteigen. Facebook
forciert somit zum mächtigen Netz hinter dem Netz (vgl. Quelle).
Facebook & Datenschutz
Facebook als unsere zweite, digitale Welt in der wir Profile erstellen, Freunde treffen,
Fotos und Videos hochladen, Nachrichten verschicken und Spiele spielen. In
dieser Welt ist alles möglich und auch für jeden sichtbar. Aber auch Facebook birgt
Gefahren, die uns ganz real bedrohen. Neben Hackerangriffe, Gewaltverherrlichung
und Cyber-Mobbing wird in letzter Zeit das Thema Datenmissbrauch heiß diskutiert.
Facebook sorgt mit Apps und dem Like-Button für negative Schlagzeilen und jede
menge Zündstoff in der Datenschutzdiskussion.
Datenleck bei Facebook
Vom jüngsten Datenschutzskandal im Internet ist nun auch Facebook betroffen. Das
IT-Sicherheitsunternehmen Symantec fand heraus, dass Werbekunden seit vier Jahren
verbotenerweise auf persönliche Nutzerdaten (Profile, Onlinekonversationen, Fotos,
Adressen und Telefonnummern) zugreifen konnten. Außerdem war es Dritten
möglich, über die Konten der Nutzer persönliche Nachrichten an die jeweiligen
Freundeskreise zu versenden.
Abb.2: Datenleck bei Facebook (Quelle)
Möglich wurde dies durch sogenannte Applikationen (Apps), mit denen Nutzer direkt
im Netzwerk kleine Programme aufrufen können. Täglich werden 20 Millionen Apps
installiert und mehr als 100.000 saugten in den letzten vier Jahren
persönliche Daten aus Facebook ab. Nach ersten Schätzungen dürfte die Anzahl der
Geschädigten gigantisch sein. Facebook hat offenbar damit begonnen, das Problem
zu lösen und das Leck zu kitten. Die dafür nötigen Schnittstellen zwischen den
Profilen und Programmen wie Spiele oder Quizfragen sollen jedoch erst im Herbst
vollständig erneuert sein (vgl. Quelle).
Der Like-Button: gefällt mir oder auch nicht
Eine Studie des Wall Street Journals nahm die sogenannten Widgets von Facebook
genauer unter die Lupe. Unter Widgets versteht man Mini-Anwendungen, die
beispielsweise von Facebook auf anderen Seiten platziert werden, wie z.B. der Like-
Button.
Abb.3: Like-Button (Quelle)
Die Ergebnisse der Untersuchung ließen aufhorchen: Demnach zeichnen die Widgets
auch dann die Surf-Historie des Anwenders auf, wenn sie nicht anklickt werden. Es
genügt also völlig, die Seite mit entsprechendem Widget zu besuchen. Nach der
Studie sammelt Facebook mithilfe des Like-Buttons bis zu einem Monat lang Daten
über unser Surfverhalten und kann uns dadurch mit nutzergerechten Werbung
bombardieren (vgl. Quelle).
Abb.4: Prinzip des Like-Buttons (Quelle)
Kritik am Datenschutz
Auch Mark Zuckerberg, Gründer von Facebook steht dem Schutz der Privatsphäre eher kritisch gegenüber eher kritisch gegenüber. In einem Interview bezeichnet er Privatsphäre als eine "alte Konvention" und meint, dass sich Facebook schlicht an die heutigen gesellschaftlichen Normen angepasst habe (vgl. Quelle). Nach der anhaltenden Kritik an seiner Datenschutzpolitik will Facebook den Nutzern wieder mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten geben.
Video 2: Datenschutz bei Facebook (Quelle)
Um seine Daten wieder in den Griff zu bekommen muss allerdings jeder einzelne
Nutzer selbst die Initiative ergreifen, denn die Grundeinstellungen setzen praktisch
alle Informationen eines Nutzers auf öffentlich und sind somit frei zugänglich. Erst in
den Profileinstellungen können Mitglieder ihre Privatsphäreeinstellungen ändern.
Durch die komplizierten und undurchsichtigen Privatsphäreeinstellungen ist es für
Kinder und Jugendliche nicht leicht den Überblick zu behalten. Ihre Daten bleiben
deshalb auch meistens für jeden sichtbar. Ein kalifornisches Gesetz greift nun ein...
Kalifornien will Facebook bändigen
Kalifornien hat den Kampf gegen Facebook aufgenommen. Durch das Gesetz
„SB242“ soll Facebook wieder privater werden. Der Gesetzesentwurf (der allerdings
nur für den US-Bundesstaat Kalifornien gilt) besagt, dass Eltern einen Zugang zu
den Profilen ihrer Kinder erhalten sollen. Nach diesem Gesetz, können sich Eltern von
Kindern und Jugendlichen Zutritt auf das Konto ihres Nachwuchses verschaffen, um
dort beispielsweise sensible Informationen zu löschen.
Zu diskutieren bleibt hierbei allerdings, inwieweit dadurch die Privatsphäre der Kinder
respektiert wird. Das Gesetz fordert weiters, dass die Privatsphäreeinstellungen
bereits bei der Anmeldung geklärt werden müssen (vgl. Quelle):
„Wenn ein soziales Netzwerk Informationen über einen Nutzer öffentlich zugänglich
macht, die über Namen und Wohnort hinausgehen, muss es diese nach dem
entsprechenden Hinweis innerhalb von 48 Stunden löschen. Ansonsten droht eine
Geldstrafe von 10.000 Dollar.“ (vgl. Quelle)
Wie kann ich meine sensiblen Daten schützen?
Unter folgendem Link findet ihr das Facebook Privatsphären-Einmaleins. Das Video zeigt, wie man auf Facebook seine Privatsphäre so gut wie möglich schützen kann.
Fazit
Ist das Zeitalter des Datenschutzes also vorbei? Betrachtet man die Entwicklungen
von Facebook, scheint sich niemand mehr für Privatheit zu interessieren. Die Flucht
ins Zeitalter der "Post Privacy" erscheint sehr fortschrittlich und verlockend. Manche
wollen jedem auf der Welt berichten, mit wem sie befreundet oder in einer Beziehung
sind, wie sie zur Atomkraft stehen, was sie sonst so für Interessen haben und sogar
die letzten Partyfotos mit ihrem Chef teilen. Andere wiederum, wollen ihre sensiblen
Daten schützen und wissen nicht wie. Ich denke, dass die Lösung ganz bestimmt
nicht im uneingeschränkte Zugang der Eltern, auf den Account ihrer Kinder liegt. Fakt
ist allerdings, dass es jedem Menschen auch in Zukunft möglich sein sollte, selbst
über die Einstellung zur Privatheit zu entscheiden.
Quellen
oe24.at (2011): Facebook: größte Panne aller Zeiten. Online unter: http://www.oe24.at/digital/Facebook-Groesste-Panne-aller-%20%20Zeiten/27465262 (22.05.2011).
Süddeutsche.de (o.J.): Facebook in Zahlen. Online unter: http://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-in-zahlen-ein-netzwerk-%20%20dominiert-die-internet-welt-1.1090576 (21.05.2011).
Süddeutsche.de (2011): Kalifornien will Facebook bändigen. Online unter: http://www.sueddeutsche.de/digital/strenge-datenschutz-auflagen-kalifornien-will-facebook-baendigen-1.1098656 (21.05.2011).
taz.de (2010): Privatsphäre ist "überholt". Online unter: http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/facebook-boss-sagt-tschuess-zur-privatsphaere/
The Wall Street Journal.com (2011): 'Like' Button Follows Web Users. Online unter: http://online.wsj.com/article/SB10001424052748704281504576329441432995616.html?mod=WSJ_Tech_Europe_INTL_LSMODULE#printMode (22.05.2011).
Backlink zum Connector
Carla.Stenitzer.Uni-Sbg, 30. Mai 2011, 11:14
Vielen Dank für die Verlinkung deines Beitrags zum Connector. Der Vollständigkeit wegen hier auch der Backlink zum Connector "Datenschutzrecht", damit Interessierte auch andere Beiträge mit einem ähnlichen Themeninhalt einafch und schnell finden können.