Partizipatives Lernen Digitales Kuratieren

Fabian.Prochazka.Uni-Sbg, 18. Dezember 2011, 22:46

Das Problem beim Lernen ist nicht, an die richtigen Inhalte zu kommen. Inhalt ist in Büchern und in noch größerer Menge im Web zu genüge vorhanden. Problematischer ist schon, den wichtigen und richtigen Inhalt herauszufiltern. Schwierig wird es aber, wenn über eine riesige Fülle an Informationen, an Texten, Bildern und Videos zu einem Thema der Überblick behalten werden soll. Eine solche Fülle an Inhalten bietet das Internet - doch wie kann man sich orientieren in der Masse an Informationen?

Eine mögliche Antwort steckt in der Praxis der sog. "Curation" - dem Kuratieren. 

 

Kuratieren

Unter dem Begriff "kuratieren" (engl.: "curation") wird allgemein das Selektieren, Zusammenstellen, Archivieren und ggf. Verbreiten von Inhalten verstanden (vgl. von Guten 2010). Im Web als "digital curation" formuliert, ist dabei die Rolle des Menschen zentral. Curation ist ein Prozess der Filterung und Zusammenstellung, die durch eine Person vorgenommen wird. Hier liegt der wesentliche Unterschied zum Aggregieren, das von Algorithmen bzw. Computerprogrammen vorgenommen wird (etwa Newsaggregatoren wie Google News oder Social Media-Aggregatoren wie Rivva) (vgl. ebd.). Beim digitalen Kuratieren werden also Inhalte im Web von Usern sinnvoll zusammengefügt, etwa Texte, Links und Videos - man könnte Curation als eine Art "Stoffsammlung" bezeichnen.

Als Curation können somit schon sehr einfache Dinge wie Bookmarks bzw. Linklisten zu bestimmten Themen verstanden werden. Interessant wird Curation jedoch bei komplexeren Anwendungen, die kollaborative, partizipative Curation erlauben, die auch mit anderen geteilt werden kann:

 

 

Solche Tools sind etwa GimmeBar oder Storify, das auf diesem Blog noch in einem eigenen Beitrag vorgestellt wird. Mit diesen Tools können beliebige Inhalte gespeichert, zusammengeführt und mit anderen geteilt werden, z.B. Texte, Bilder und Videos zu einem bestimmten Thema.

Curation kann somit helfen, den Informations-Überfluss im Web überschaubar zu machen und ist eine sinnvolle Ergänzung für das Lernen, da Informationen aus allen möglichen Quellen an einem zentralen Ort zusammengeführt werden können.

Curation wird derzeit als einer der Top-Trends im Web angesehen (vgl. Rosenbaum 2010a, 2010b), der die Zukunft der Inhalte wesentlich mitbestimmen wird. In der unüberschaubaren Fülle an Blogs, Webseiten, YouTube-Videos, Facebook-Kontakten, Flickr-Fotos usw. gehen die individuell interessanten Dinge schnell unter. Curation hilft, sich hier zurechtzufinden und bietet anderen eine Art "sozialen Filter" für Inhalte des Web. So gesehen kann etwa auch das Social Bookmarking, das Carla Stenitzer in ihrem Blog vorstellt, als eine Art der Curation gesehen werden, insbesondere seit Einführung der "Stacks", mit denen Links zu einem bestimmten Thema geteilt werden können.

 

Problem Urheberrecht

Wie bei fast allen neuen Entwicklungen im Web, sehen sich Curation-Tools dem Problem gegenüber, dass durch das Einbinden und Publizieren fremder Inhalte streng genommen Urheberrechtsverletzungen vorliegen (vgl. Krieg 2011, Weigert 2011).1 Der Medienanwalt Henning Krieg hat sich mit der Problematik auseinandergesetzt:

 

Grundsätzlich gilt: Dienste wie Storify oder auch paper.li sind aus urheberrechtlicher Sicht nicht ganz unproblematisch. Denn sobald ein bestimmter “Content” urheberrechtlich geschützt ist, benötigt man entweder die Einwilligung des Autoren oder eine gesetzliche Erlaubnis, um diesen Content vervielfältigen, verbreiten oder zugänglich machen zu dürfen. Da man mit Storify, paper.li & Co. in aller Regel genau solche Handlungen vornimmt, kann man also relativ schnell zum Urheberrechtsverletzer werden. (Krieg 2011)

 

Eine Lösung gibt es für dieses Problem derzeit noch nicht - längere Textausschnitte sowie Bilder, Videos usw. sind nicht durch das Zitaterecht gedeckt und dieses kann auch nur greifen, wenn sich ein neuer Text mit den Zitaten auseinandersetzt - was beim reinen Kuratieren von Inhalten nicht geschieht (vgl. Krieg 2011). Bis die rechtliche Situation geklärt ist, bewegt man sich bei vielen Curation-Tools derzeit also noch in einer rechtlichen Grauzone, bei der bisher noch keine Abmahnungen o.ä. durchgeführt wurden. Trotzdem zeigt auch dieser Fall, dass das derzeit geltende Urheberrecht dem digitalen Zeitalter nicht mehr angemessen ist.

 

Notieren

Bei Notiz-Tools bestehen gewisse Überschneidungen zur Curation. So können auch hier immer öfter nicht nur Text-Notizen gemacht werden, sondern wie etwa bei Evernote (das hier genauer vorgestellt wird), auch direkt Schnappschüsse mit der Handy-Kamera, Links, Screenshots etc. eingefügt werden. Hinzu kommt die Möglichkeit, Notizen mit anderen zu teilen, etwa über Twitter, per eMail oder als öffentlicher Link. Curation geht jedoch noch einen Schritt weiter und betont auch den Charakter des Publizierens und der Kollaboration.

 

Präsentation

Meine morgige Präsentation zum Thema digitales Kuratieren kann hier eingesehen werden:

Anmerkungen/Literatur:

Meinen Delicious-Stack zum Thema Curation und Storify finden Sie hier: http://delicious.com/stacks/view/FGMqlH

1Zur Problematik des Urheberrechts im digitalen Zeitalter siehe diesen Blogeintrag.

Krieg, Henning (2011): Storify: Einbetten in der Grauzone. Online: http://www.onlinejournalismus.de/2011/10/05/storify-rechtliche-lage-urheberrecht/ (16.12.2011)

Rosenbaum, Steve (2010a): Why Content Curation Is Here to Stay. Online: http://mashable.com/2010/05/03/content-curation-creation/ (16.12.2011)

Rosenbaum, Steve (2010b): Content is no longer King, Curation is King. Online: http://www.businessinsider.com/content-is-no-longer-king-curation-is-king-2010-6 (16.12.2011)

von Guten, Andreas (2010): Curation & Zensur - Der kleine aber wichtige Unterschied. Online:  http://www.andreasvongunten.com/blog/2010/5/18/curation-zensur-der-kleine-aber-wichtige-unterschied.html (16.12.2011)

Weigert, Martin (2011): Kuratieren, Modularisieren und Remixen des Webs: Neuer Brandherd der Urheberrechtsdebatte. Online: http://netzwertig.com/2011/11/28/kuratieren-modularisieren-und-remixen-des-webs-neuer-brandherd-der-urheberrechtsdebatte/ (16.12.2011)

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