Statement "Richtung 2000" und die Frage der Vereinsamung

Florian.Kreibe.Uni-Sbg, 10. März 2011, 14:51

Als einen besonders wichtigen Punkt in dem Filmchen Richtung 2000 habe ich die Thematik der Vereinsamung erlebt. Auch in der folgenden Analyse wird dieser Punkt hervorgehoben. Nachdem aber, wie bereits festgestellt, die im Film als Zukunftstechnologien vorgestellten Einrichtung weiterhin keine Vernetzung bedeuten, wird die Vereinsamung insbesondere auf das Fernsehen zurückgeführt, sowie auf die Tatsache der zur Verfügung stehenden Videotelefonie und des Einkaufes über den Fernseher. Auch in der heutigen Zeit steht die These im Raum, dass die vermehrte Nutzung des Fernsehens und anderer Medien zu Vereinsamung führen kann. Es lohnt also ein Blick auf das Thema der Vereinsamung durch Mediennutzung.

So schreibt Opaschowski (2008: 218): „Vor dem Fernseher sind die Menschen oft am einsamsten. Immer dann, wenn sie in den eigenen vier Wänden mit sich und dem Fernseher allein sind, wächst die Einsamkeit“. Hiervon sind laut Opaschowski auch vor allem die Ein-Personen-Haushalte betroffen, die auch im Film als eine verbreitete Wohnform dargestellt wurde und deren Zahl seit den 70ern auch in der Tat bis heute stark zugenommen hat (vgl. Peuckert 2008: 50). Allerdings ist davon auszugehen, dass das Fernsehen zwar soziale Vereinsamung mehr widerspiegelt, als sie wirklich zu verursachen, aber auch problemlösendes Nachdenken über die Einsamkeit verhindert (vgl. Opaschowski: 219).

Die im Film vorgestellte Möglichkeit der Fernsehtelefonie, lässt in der heutigen Zeit auch an soziale Netzwerke wie Facebook, Messengerdienste oder Videotelefonie denken, die eine bequeme und multimediale Kommunikation mit Bekannten von zu Hause aus noch viel komfortabler ermöglichen, als die Vision des Fernsehtelefons aus den 70er Jahren. Tragen diese Möglichkeiten also wirklich zur Vereinsamung bei? Die Ergebnisse einer Studie zum sozialen Netzwerk Facebook weisen sogar in die entgegengesetzte Richtung. Auch wenn wir nur Nutzer selbst befragt wurden, so ergab die Studie, dass die große Mehrheit keine Auswirkung auf die Zahl persönlicher Treffen sieht und diese Treffen sogar zugenommen haben, sondern auch, dass durch Facebook ihre Beziehung zu losen Bekannten sogar gestärkt wurde, während es keinen Einfluss auf die Beziehung zu engen Freunden gibt (vgl. Kneidinger 2010: 111ff.). Ähnliche Ergebnisse erbrachte Presseberichten zufolge auch eine Studie aus den USA (http://www.chip.de/news/Neue-Studie-Facebook-macht-nicht-einsam_45910915.html). Auf das Internet im Allgemeinen bezogen kommt das ifo-Institut in einer Studie, welche den Zusammenhang zwischen dem Zugang zum Internet und dem Sozialkapital untersuchte, zum Schluss: „Es lässt sich somit feststellen, dass […] diejenigen Individuen, die über einen DSL-Anschluss im Haushalt verfügen, im Durchschnitt ein höheres Sozialkapital aufweisen als diejenigen, die keinen DSL-Anschluss besitzen.“ (Bauernschuster/Falck/Wößmann 2010: 14)

Eine zunehmende Vereinsamung – soweit sie überhaupt existiert – dürfte also den gerade genannten Quellen zufolge weder auf das Fernsehen, noch auf die heute wichtigen sozialen Netzwerke, noch auf das Internet an sich zurückzuführen sein. Und das obwohl die heutigen Möglichkeiten der Kommunikation von zu Hause aus noch meilenweit über jene aus Richtung 2000 hinausgehen. Noch weniger als heute, würde also das Vorhandensein der Visionen aus Richtung 2000 – das Satellitenfernsehen, die Fernsehtelefonie, das Homeshopping – die Vereinsamung fördern.

 

 

Quellen:
Bauernschuster, Stefan/Falck, Oliver/Wößmann, Ludger (2010): Schadet Internetnutzung dem Sozialkapital? In: ifo Schnelldienst, 63. Jg, Nr. 21, S. 11-17.

Kneidinger, Bernadette (2010): Facebook und Co. Eine soziologische Analyse von Interaktionsformen in Online Social Networks. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Opaschowski, Horst W. (2008): Einführung in die Freizeitwissenschaft. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Peuckert, Rüdiger (2008): Familienformen im sozialen Wandel. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

2 comments :: Kommentieren

Interessantes Statement!

Carla.Stenitzer.Uni-Sbg, 18. März 2011, 12:19

Ich finde deine Auseinandersetzung mit dem Thema der Vereinsamung sehr interessant. Auch ich habe mich in meinem Blog mit Aspekten der Isolation auseinander gesetzt. Da du sehr kritisch an diese Sache herangehst und Gegenthesen aufzeigst würde ich in meinem Beitrag gerne auf deinen verweisen. Sozusagen als Ergänzung bzw. Gegenthese.

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Statement zu "Richtung 2000"

teresa.vieth.uni-sbg, 18. März 2011, 20:46

Auch meine Ausführungen passen thematisch hierher.

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