Media? Social!

Partizipatives Lernen in und mit Social Media

Aktualisiert: 2012.01.31, 14:19 |  login | 
Montag, 16. Mai 2011

Peter Kruse spricht vor der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages von einer dramatischen bereits erfolgten und auch zukünftigen Machtverschiebung vom Staat zum Bürger, respektive vom Anbieter zum Kunden oder vom Consumer zum User. Die Macht der Bürger, Kunden und User soll demnach stark steigen.

(Quelle: Enquete Kommission des Deutschen Bundestages)

In Bezug auf den Aspekt der Information trifft dies sicherlich zu, es ist aktuell so leicht wie nie zuvor Informationen über ein Produkt oder eine Dienstleistung zu erhalten oder auch selbst Informationen, wie beispielsweise einen Erfahrungsbericht, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Auch der Vernetzung mit Gleichgesinnten und Interessierten bieten sich neue Möglichkeiten. Als aktuelles Beispiel werden diesbezüglich oft die Revolutionen im Arabischen Raum und speziell in Ägypten angeführt. Jedoch ist auch hier umstritten, ob es sich um eine Internetrevolution handelt und es wird ebenfalls häufig die Tatsache außer Acht gelassen, dass es sich um einen sehr großen geographischen Raum handelt, der sich nicht homogen präsentiert sondern sich durch seine Heterogenität auszeichnet: Teheran ist nicht Tunis ist nicht Kairo. Während bei der Revolution in Tunesien unter anderem Twitter eine bedeutende Rolle für die Kommunikation spielte, waren die Demonstranten in Ägypten auch ohne Facebook, Twitter und Co sehr gut vernetzt. Social Web Angebote waren hilfreich aber nicht unersetzlich. Die "Twitterrevolution" nach der Präsidentschaftswahl in Iran 2009 kostete zahlreiche Todesopfer und verlief nach einem Machtwort des geistigen Führers und Staatschefs Ayatollah Ali Chamene´i im Sande, der entschied, dass die Präsidentschaftswahlen korrekt abgelaufen sind. Aktuell gibt es Anzeichen, dass die Protestbewegung in Iran wieder erwacht, der Beitrag von Sharam Najafi, der in der taz erschienen ist zeigt aber, dass sich diese auf das Social Web stützt, ebenso wie auf Mund-zu-Mund-Propaganda, Notizen auf Geldscheinen, SMS-Ketten und vieles mehr, denn die großen Massen verfügen gar nicht über einen Internetanschluss. Evgeni Morozov betont zudem, dass durch die Abhängigkeit vom Internet auch die Kontrollmöglichkeiten von Diktaturen zunehmen, wenn diese zusätzlich zu den klassischen Kommunikationswegen auch das Internet kontrollieren können. Auch darf der Aspekt nicht außer Acht gelassen werden, dass sich auch Diktatoren, Tyrannen und autokratische Regime der Möglichkeiten bewusst sind, die die neuen Medien und Kommunikationswege ihnen bieten, zur Machtkonsolidierung und Propaganda ebenso wie zur Kontrolle sowie zur Fehlinformation und Infiltrierung. Die Gegenüberstellung von Nutzen und Risiko ist dabei jedoch höchst umstritten, wie auch die Antwort Gero von Randows auf Thesen von Morozov belegt.

Übersichtskarte: Die Arabische Revolution

(Quelle: Tagesanzeiger)

Nach Kruse gab es bisher zwei Entwicklungsstufen des Internets (Stufe 1: Das Internet als Zugang zu Information und Stufe 2: Das Internet, um mich selbst darzustellen und eine Spur zu hinterlassen). Momentan befinden wir uns auf Stufe 3: Das Internet, um Machtverhältnisse zu verändern und sich zu Bewegungen zusammenzuschließen. Kruse lässt dabei meiner Ansicht nach jedoch ebenfalls außer Acht, dass auch im Web bereits eine sehr starke Machtkonzentration zu konstatieren ist. Es sind also nicht alle User gleich mächtig oder frei in ihren Entscheidungen. Konzerne, Gruppierungen und Organisationen verfügen über finanzielle und personelle Ressourcen und können auf eine ganz andere Infrastruktur zurückgreifen als jeder Einzelne oder auch kleinere Interessensgruppen. Auch der Staat ist in der Lage auf andere Ressourcen und Mechanismen zurück zu greifen als seine Bürger. Wie und wann ein Thema es doch schafft auf die Tagesordnung auch etablierter Medien oder der Gesellschaft zu kommen lässt sich schwer vorhersagen, wie dies auch Kruse betont. Die Unterhaltung von Datenbanken und Analysemöglichkeiten erforden große Ressourcen und beides ist jedem Einzelnen nur sehr eingeschränkt möglich.

Auch der Blogger Daniel Kilian setzt sich mit den Thesen Kruses auseinander und greift die Argumentation auf, wonach es durch das Internet zu einer massiven Machtverschiebung von den Anbietern (Produzenten, Händler) hin zu den Kunden kommt. Als praktisches Beispiel für die These Kruses führt er das Beispiel des Nike-Konzerns an, der Kunden unter der Marke NIKEiD das Angebot macht, Produkte im Internet vorab zu konfigurieren (beispielsweise Farbkombinationen), welche dann produziert und geliefert werden.Header NIKEiD

(Quelle: NIKE)

Tatsächlich ist dies ein Angebot, das Nike seinen Kunden erst seit kurzer Zeit macht und das von den Mitbewerbern größtenteils nicht angeboten wird. Jedoch ist nicht schlüssig, inwiefern sich hierdurch die Macht der Kunden vergrößert. Er kann lediglich aus einer Vielzahl an Kombinationen wählen, die Nike ihm anbietet. Lediglich die Möglichkeit Namen, Nummern oder Ähnliches sticken zu lassen ist wirklich individuelle. NIKEiD individuell gestalten

(Quelle: NIKE)

Auf Grund für Nike kostengünstiger Kommunikationsstrukturen (Internet) und der Auslagerung der Produktion in Billigstlohnländer ist NIke in der Lage dieses Geschäftsmodell wirtschaftlich anbieten zu können. Die Beratung und Auswahl wäre jedoch auch in einem Ladenlokal möglich und ist nicht zwangsläufig an das Internet gebunden. Auch das Konzept individualisierter Bekleidung ist keinesfalls neu sondern stellte früher den Normalfall dar. Schneider und Schuhmacher bieten diesen Service noch immer an und versuchen sich unter anderem durch ihre Qualität am Markt zu behaupten. Unter der Bezeichnung bespoke sind die Schneider der Savile Road in London aber auch andere Unternehmen weltweit dafür bekannt.

Dieses Statement soll nicht dazu dienen Fortschritt und Weiterentwicklung zu verneinen. Beides ist sicherlich zu konstatieren. Eine rein positivistische Sicht wie von Kruse oder Kilian vertreten, sollte jedoch in jedem Einzelfall kritisch hinterfragt werden.

Weitere Beiträge zum Thema Information Revolution finden sich im Connector Collector. Besonders lesenswert ist der Beitrag zum Web der Zukunft südlich der Sahara, ein Raum der bisher zu selten in den Fokus gerückt wird.

 

Alle Links wurden am 16. Mai 2011 überprüft; der Autor übernimmt keine Verantwortung für die verlinkten Inhalte.

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Connector Collector

Im Sinne unseres partizipativen Arbeitens hier der Backlink zum Connector Collector, damit es leichter ist, Verbindungen zu den anderen Blogeinträgen, die sich ebenfalls mit dem Connector Informationsrevolution beschäftigen, zu erkennen.

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Veränderte Machtverhältnisse

..beschäftigt sich auch mit den Machtverhältnissen im Netz.

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Die Machtverschiebung im Internet und das neue Phänomen "shitstorm"

In meinem Posting gehe ich ebenfalls auf die von Prof. Dr. Peter Kruse erläuterten gesellschaftlichen Veränderungen durch das Internet ein. Kruse spricht von einer Machtverschiebung vom Anbieter zum Kunden.
In diesem Zusammenhang behandel ich das neue Phänomen „shitstorm“.

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