Das Web der Dinge?

Janina.Skibba.Uni-Sbg, 8. Mai 2011, 14:37

…und die Zukunft des User Interface Designs

Die Zahl der Smartphone-Besitzer steigt kontinuierlich, schon bald werden Smartphones herkömmliche Mobilfunkgeräte in den USA überholt haben (vgl. Nielsen 2010: o.S.). Durch den Siegeszug der smarten Phones wird auch der mobile, jederzeit verfügbare Zugang zum Internet zur Selbstverständlichkeit werden. Hochsensible Touchscreens und Multi-Touch-Screens ermöglichen in diesem Zusammenhang die Etablierung innovativer Navigationskonzepte, die das Internet greifbarer erscheinen lassen. Sie bereiten den Weg in Richtung eines Webs der Dinge.

 

Das Web der Dinge – Zukunft von heute?

Die Idee des Webs der Dinge entstammt dem Konzept des Ubiquitous Computing. Ubiquitous Computing (UC) verfolgt die Idee, dass dank zunehmender Miniaturisierung Computer nahezu unsichtbar und allgegenwärtig verfügbar sein werden. So können zB einfache Haushaltsgeräte durch Mikroprozessoren mit zusätzlichen Funktionen aufgewertet werden (vgl. Friedemann 2003: 3ff.) (einige Beispiele nennt Carla Senitze in ihrem Blogbeitrag zum Thema User Interface im Jahr 2020). Das Web der Dinge wird in diesem Zusammenhang als die nächste Netzwerkgeneration verstanden, welche es jedem elektronischen Gerät ermöglichen soll, jederzeit Teil eines spontanen, collaborativen ad-hoc-Netzwerkes zu werden (vgl. Dillon u.a. 2009: 5f.). 

Auch wenn das Konzept des Webs der Dinge futuristisch erscheinen mag, hat es bereits Einzug in unseren Alltag gehalten.  Möglich wird dies durch Radio Frequency Identification -Chips (RFID). RFID ist eine Sender-Empfänger-Technologie, welche aus einem RFID-Transponder und einem RFID-Reader besteht. Der mobile RFID-Transponder setzt sich aus einem Sender- und Empfänger-Schaltkreis und einer Speicherplatine zusammen, die Antenne ist meist flächendeckend über den gesamten, nur wenige Millimeter bis Zentimeter großen Chip verteilt. Mittels des RFID-Readers können die auf dem Transponder enthaltenen Daten gelesen und ausgewertet werden. RFID ist jedoch keine neue Technologie, sondern wurde bereits 1973 in einem frühen Entwurf vorgestellt (vgl. Landt 2001: 4-7). Heutzutage wird RFID bereits in zahlreiche Gebieten eingesetzt, zB in der Warenlogistik, Bibliotheken und automatisierten Transportsystemen sowie der Personen- und Tieridentifikation (vgl. Kern 2006: 103-163). Das Zukunftspotential von RFID-Chips auf dem Weg zu einem Web der Dinge liegt vor allem in der Möglichkeit, diese in Netzwerken zusammenzuschließen um einen gegenseitigen Austausch zu ermöglichen.

 

Illustratives Video zur Erklärung von RFID

 

 

Herausforderungen an das Web der Dinge:

Bis das Web der Dinge Realität wird, müssen Mikroformate wie RFID oder das konkurrierende Memory Spot noch zahlreiche Herausforderungen bewältigen. Drei Kernprobleme sollen im folgenden exemplarisch verdeutlichen, welche hohen strukturellen Anforderungen erfüllt werden müssen, um die benötigten Voraussetzungen für das Web der Dinge schaffen zu können.

 

1) Echtzeit-Anwendungen
Das im Internet gängige Protokoll HTTP basiert auf dem synchronen Austausch von Daten. Die Initiative zum Start eines Kommunikationsvorgang geht dabei immer vom Client aus. Echtzeit-Anwendungen stellen jedoch besondere Anforderungen an das verwendete Transportprotokoll. So müssen Daten simultan gespeichert und als Stream zur Verfügung gestellt werden, sowie automatisiert an den Client gesendet werden. Da HTTP diesen Anforderungen nicht gerecht werden kann, wurde das Extensible Messaging and Presence Protocol (XMPP) entwickelt. XMPP ist ein offener, frei zugänglicher Standard, der beispielsweise in Google Talks Anwendung findet. Da XMPP jedoch eine sehr komplexe Struktur aufweist, kann es nur bedingt für Sensoren mit knappen Ressourcen (zB RFID-Chips) eingesetzt werden (vgl. Guinard/Trifa/Mattern/Wilde 2011: 119ff.).

 

Alternativ werden Anstrengungen unternommen, das bestehende HTTP-Protokoll den Anforderungen von Echtzeit-Anwendungen entsprechend zu adaptieren. Als Beispiel ist Comet zu nennen. Dabei handelt es sich um eine eigene Programmiertechnik, welche auf Ajax basiert und den benötigten, serverseitigen Push-Dienst simuliert (vgl. Crane/McCarthy 2008: 9ff.). 

 

2) Smart Devices finden und beschreiben
Das Internet der Dinge ist nicht auf einen Ort, bestimmten Zweck oder ein spezifisches Netzwerk beschränkt. Um aktiv im Web der Dinge zur Verfügung zu stehen, müssen einzelne Geräte beschrieben werden, schließlich können sie nur so vom User gefunden und aktiv genutzt werden. Mikroformate wie RDF oder Microdata nehmen sich dieser Problematik an. Gerade Microdata wird in diesem Zusammenhang als Hoffnungsträger erachtet, da diese Skriptsprache voraussichtlich Bestandteil der neuen HTML5-Spezifikation sein wird. Ob Microdata die Herausforderung bewältigen wird, einen globalen Standardisierungsprozess einzuleiten, kann aus heutiger Perspektive noch nicht beantwortet werden. Schließlich muss das Format sowohl auf herkömmlichen Browsern als auch mobilen Web Clients verankert werden (vgl. Guinard/Trifa/Mattern/Wilde 2011: 121ff.).

 

3) Open Access und Sharing-Aspekte
Wie bereits Elisabeth Klein in ihrem Blogbeitrag erwähnt hat, basiert der Erfolg vieler Mashups auf der Bereitstellung offener Schnittstellen (zB RESTful oder ähnlicher offener APIs). Damit die physikalischen Mashups des Webs der Dinge ähnlichen Popularität wie die bereits zugänglichen digitalen Mashups erlangen, müssen sie einen hohen Grad an Offenheit aufweisen. So kann beispielsweise der Stromzähler eines Wohnhauses automatisiert den aktuellen Stromverbrauch zu Erhebungszwecken an den Energieversorger übermitteln. Derartige offen zugängliche Datenströme erscheinen auf den ersten Blick kein Risiko zu bergen.  Werden sie jedoch von kriminellen Organisationen abgefangen und verwertet, entstehen neue Sicherheitsprobleme (vgl. Guinard/Trifa/Mattern/Wilde 2011: 124ff.).

 

Interface Design im Web der Dinge

Mit der Etablierung des Webs der Dinge wird sich die Art und Weise, wie User Interfaces designed werden, einschneidend verändern. Neuartige Interaktionsmechanimen zwischen Mensch und Maschine werden den Umgang mit neuen Technologien verändern. So ist es beispielsweise vorstellbar, dass Smart Devices zukünftig allein mit Hilfe der menschlichen Stimme gesteuert werden (vgl. Thompson/Pazandak/Tennant 2005: 75-78), oder das Websites allein durch die automatische Übertragung von Informations-Paketen (tag-based identification) über ein Smartphone aufgerufen werden (vgl. CASAGRAS 2009: 24). Derartige Szenarien sind zwar noch Zukunftsmusik, fest steht jedoch, dass Interfaces im Web der Dinge einen natürlicheren, intuitiveren Umgang mit dem Internet ermöglichen werden (vgl. Siorpaes u.a. 2004: 3f.). Bis das Web der Dinge Einzug in unseren Alltag hält, müssen jedoch erst die bestehenden, technischen Hürden überwunden werden.

 

Literatur:

CASAGRAS (2009): RFID and the Internet of Things – Enablers of Ubiquitous Computing and Network. Online im Internet unter http://www.rfidglobal.eu/userfiles/documents/white%20papers%204.pdf (6.5.2011).

 

Crane, Dave/McCharty, Phil (2008): Comet and Reverse Ajax: The Next-Generation Ajax 2.0. New York: Apress.Dillon, Tharam S. u.a. (2009): Web of Thigns as a Framework for Ubiquitous Intelligence and Computing. In: Zhang, Daqing/Portmann, Marius/Tan, Ah-Hwee/Indulska, Jadwiga (Hg.): Ubiquitous Intelligence and Computing. 6th International Conference, UIC 2009. Berlin: Springer, S. 2 – 14.

 

Friedemann, Mattern (2003): Vom Verschwinden des Computers – Die Vision des Ubiquitous Computing. In:  Friedemann, Mattern (Hg.): Total vernetzt. Szenarien einer informatisierten Welt. Berlin: Springer, 1-42.

 

Guinard, Dominique/ Trifa, Vlad/Mattern, Friedemann/Wilde, Erik (2011): From the Internet of Things tot he Web of Things: Resource-oriented Architecture and Best Practices. In: Uckelmann, Dieter/Harrison, Mark/ Michahelles, Florian (Hg.): Architecting the Internet of Things. Berlin: Springer, S. 97 – 128.

 

Kern, Christian (2006): Anwendung von RFID-Systemen. Berling: Springer.

 

Landt, Jeremy (2001): Shrouds of Time. The history of RFID. Pittsburgh: AIM.

 

Nielsen (2010): Smartphones to Overtake Feature Phones in U.S. by 2011. Online im Internet unter http://blog.nielsen.com/nielsenwire/consumer/smartphones-to-overtake-feature-phones-in-u-s-by-2011/ (05.05.2011).

 

Siorpaes, Sven u.a. (2004): Mobile Interaction with the Internet of Things. Online im Internet unter http://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.138.3744&rep=rep1&type=pdf (6.5.2011).

 

Thompson, Craig. W. /Pazandak, Paul /Tennant, Harry R. (2005): Talk to your semantic Web. In: Internet Computing, Jg. 9, H. 6, 75-78.

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Das Web der Dinge

Fabian.Prochazka.Uni-Sbg, 10. Mai 2011, 14:35

Interessanter Beitrag! Was im "Web der Dinge" sicher auch eine große Rolle spielen wird, ist die Möglichkeit des Semantic Web, auf die ich in meinem Blogeintrag eingehe. Mit der Maschinenlesbarkeit ergibt sich hier sicher eine Fülle an neuen Anwendungen.

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