Gesellschaft und Technik - wer verändert wen

Beeinflusst die Gesellschaft die Technik oder bringt die Technik die Gesellschaft dazu sich anzupassen und zu verändern? Wer darauf eine eindeutige und allgemein gültige Antwort weiß, der verdient wahrscheinlich einen Nobelpreis. Vielmehr denke ich, dass sowohl die Technik als auch die Gesellschaft sich gegenseitig beeinflussen. Ohne Technik kann die Gesellschaft keine Veränderungen vornehmen. Aber um diese Technik zu entwickeln und umzusetzen, muss die Gesellschaft bereit sein sich zu verändern und die Mut aufbringen diese Veränderungen vorzunehmen.

Der Begriff Technik so wie wir ihn in der heutigen Zeit verstehen beginnt bereits im 17. Jahrhundert, damals wurden die ersten Entwicklungen im Bereich der Elektrizität gemacht.[1] Dadurch war es möglich weitere technische Entdeckungen zu machen, die schließlich zu dem Entwicklungsstand führen, den wir heutzutage haben. Momentan scheint es als gäbe es keine technischen Grenzen und das alles möglich ist.

Die Verbreitung der SMS in der Gesellschaft

Doch nicht jede technische Entwicklung wird gleich als bannbrechende Errungenschaft angesehen. Das wohl beste Beispiel dafür ist die Entwicklung der SMS (=Short Message Service, engl. Kurznachrichtendienst). 1992 wurde in Großbritannien die weltweit erste SMS mit dem Inhalt „Merry Christmas“ verschickt. Zu Beginn war der SMS Versand noch kostenlos, da diese lediglich kurze Informationen und technische Daten von den Netzbetreibern an das Handy weiterleiten sollte. Doch die Handynutzer und somit die Gesellschaft machte sich diese Technik zu Eigen. Mit 160 Zeichen, konnten zwar keine allzu langen Texte geschrieben werden aber für kurze Nachrichten langten diese[2]. Mit Zunahme der SMS-Nutzung entwickelten die User eine eigene, kürzere und individuellere Sprache. Wörter und Sätze wurden bespielsweise mit „MfG“, „CU“ abgekürzt. Anstatt zu schreiben „ich bin traurig“ oder „ich bin glücklich“ wurden Emoticons/ Smilies eingeführt. "Gesichter" aus ASCII-Zeichen ( :-) ) oder Lächelnd füllen nun SMS, Email-Inhalte und stellen häufig den Empfänger vor die schwierige Frage, "was soll das bedeuten?!"
Besonders Jugendliche entwickelten eine eigene (häufig für nicht "Insider" unverständliche) SMS-Sprache. Dabei werden oft Wortteile durch Zahlen ersetzt wie „2N8“ (für tonight) oder Buchstaben einfach weggelassen z.B. „THX“ (für thanks). Nach ca. 10 Jahren aktiver SMS-Nutzung kann man sagen, dass es inzwischen gängige Abkürzungen gibt, allerdings sind Jugendliche immer noch bereit ihre eigene Sprache zu kreieren. Somit ändert sich auch die Sprache der SMS stetig.


Doch auch die Technik der SMS ist nicht vor Veränderungen geschützt. Durch die Smartphones und günstige Internettarife ist das Angebot an den sogenannten Instant-Messaging (= sofortige Nachrichtenübermittlung) gestiegen. Man ist nicht mehr darauf angewiesen SMS zu schreiben sondern kann über Whatsapp, KakaoTalk, Viber,… kostenlos und in unbeschränkten Umfang von Zeichen Nachrichten verschicken. Diese können im Gegensatz zur SMS auch Bilder, Videos oder Sprachdateien enthalten. Die SMS für die Telekommunikationsanbieter einer ungeplanter positiven Entwicklung hat im Zeitalter von Smartphones kaum mehr eine große Chance. Die Gesellschaft ist offen für neue Produkte, die für ihren Vorteil sind. Die schnell und einfach funktionieren und mit laufenden Programmen kompatibel sind. Der technische Fortschritt ermöglicht dies.


Einsatz neuer Medien in Krisensituationen

Doch generell ermöglichen die neuen Medien eine neue Bewegung in der Gesellschaft. Der Arabische Frühling ist ein Beispiel dafür. Während in dem öffentlichen Staatsfernsehen verfälschte Berichte über die aktuellen Geschehnisse gesendet wurden, veröffentlichte der arabische Nachrichtensender al-Jazeera die tatsächlichen Ereignisse, die dieser über Twitter und Facebook erhielt. Die Cyberaktivisten[3], so wie die neue soziale Bewegung mittels der Nutzung von digitalen Medien genannt wird, kommunizieren miteinander während der Aufstände. Sie tauschen Informationen aus, spenden sich Trost und ermutigen sich gegenseitig. Die Nachrichten über Twitter, Facebook, Youtube und Co. gingen um die ganze Welt und ermöglichten ein weltweites Netzwerk. Selbst als die ägyptische Regierung versuchte durch Sperrung der Kommunikations- und Internetnutzung das Netzwerk zu stoppen und die Revolution zu unterdrücken, ermöglichten Internetdienste wie Google den Aktivisten das Internet weiter nutzen können. [4]
Auch bei dem Hochwasser 2013 in Mitteleuropa wurden verstärkt die sozialen Medien wie Facebook und Twitter eingesetzt. Es wurden Informationen ausgetauscht, Fragen beantwortet, Bilder online gestellt und Helfer gesucht, Spenden gesammelt. [5]


Durch den Einsatz von sozialen Medien wird deutlich wie die Gesellschaft die zur Verfügung stehenden Techniken nutzt und sie auch dementsprechend anwendet. Mit den sozialen Netzwerken können mit einer Nachricht und einem Klick tausende von Menschen gleichzeitig erreicht werden. Und das sogar weltweit.
Eine weltweite Vernetzung von Kommunikation ist vielleicht ein neuer Trend in der Gesellschaft. Es geht möglicherweise nicht mehr nur darum was einem selber gerade passiert oder den Menschen in der unmittelbaren Umgebung, nein, vielmehr ermöglicht das Internet, dass Menschen sich für Menschen weltweit interessieren und auch ihre Anteilnahme zeigen. Die Technik macht es möglich und die Gesellschaft ist dazu bereit ihren Anteil beizutragen die Technik nach ihren Bedürfnissen zu verändern. Technik und Gesellschaft sind eigentlich genauer betrachtet zwei Gegenstücke die sich wie Magneten anziehen. Sie können und werden nie zu 100% zusammenpassen, aber sie ziehen sich gegenseitig an, da jeder Teil den anderen zu einem gewissen Grad braucht.



[1] http://www.planet-wissen.de/natur_technik/energie/elektrizitaet/
[2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/20-Jahre-Short-Message-Service-1760973.html
[3] http://de.wikipedia.org/wiki/Cyberaktivismus
[4] http://www.bpb.de/internationales/afrika/arabischer-fruehling/52420/die-rolle-der-neuen-medien?p=all
[5] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/facebook-twitter-flut-lisa-mueller-gefaellt-das-hochwasser-2013-12211121.html