interaktive Medienfassaden

Medienfassaden werden häufig in den Großstädten von Firmen verwendet für Werbe- oder Marketingzwecke. Häufig haben diese jedoch keinen interaktiven Charakter und stellen nur die vordefinierten Inhalte an. Auch in der Kunstszene werden Medienfassaden eingesetzt. Deren Motivation ist jedoch nicht die Vermarktung von Produkten bzw. Marken, sondern Anregungen zu schaffen, was alles möglich sein kann.

Was sind Medienfassaden?

Medienfassaden, bzw. mediale Fassaden werden eingesetzt um Informationen zu visualisieren. Dabei können diese verschiedene Zustände aufweisen, welche unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten zulassen.

  • autoaktiv: auf dynmaischen Fassaden werden Bewegtbilder abgespielt
  • reaktiv: Fassade reagiert auf die Veränderung des Umfelds oder Zustände mittels Sensoren
  • interaktiv: Mensch und Fassade stehen im Dialog zueinander und können miteinander interagieren
  • partizipativ: Öffentlichkeit kann miteinbezogen werden und mehrere Menschen können gleichzeitig auf der Fassade interagieren. (vgl. Q1)

Insbesondere im Bereich der Interaktion und Partizipation werden derzeit von Künstlern und Universitäten einige Projekte durchgeführt. Dabei werden unterschiedliche Anwendungsszenarien umgesetzt, welche verschiedene Endgeräte und Interaktionen verwenden. Die Steuerung und Interaktion ist von der Art des zu verwendenden Endgeräts abhängig. Werden beispielsweise mobile Endgeräte eingesetzt so sind Steuerungen über Touch-Bewegungen möglich. Bei Verwendung von Kinect als Endgerät können Medienfassaden mit Gesten gesteuert werden. Weiteres ist es möglich Gamecontroller oder Terminals, Kameras, ect. einzusetzen. (Q2) Ein Projekt welches mittels Steuerung eines Schaltpult erfolgte ist das öffentliche Bierbrauen auf einer Hausfassade (nähere Infos hier

Im Folgendem wird ein (Forschungs-)Projekt vorgestellt, welches sich auf die Interaktion und Partizipation bezieht, die Steuerung funktioniert mittels Smartphone.

Projekt: iRiS – the immediate remote interaction system (Q3)

Das Projekt iRiS wurde von der LMU München und der Universität Saarbrücken im Rahmen des ARS Electronica Festivals in Linz im Jahr 2010 durchgeführt. Dabei sollten die Nutzer die Möglichkeit haben direkt und in Echtzeit auf der Medienfassade des AECs mit anderen (unbekannten) Personen zu interagieren. Die Forscher entwickelten dabei folgende zwei Anwendungsmöglichkeiten:

  1. Malen auf der Medienfassade
  2. Puzzle lösen auf der Medienfassade.

Ziel dieses Projektes sollte sein, zu untersuchen wie die Nutzer auf die beiden Anwendungen reagieren und diese bewerten. Insbesondere auch wie die Nutzer es empfinden, wenn sie mit anderen Personen gleichzeitig interagieren müssen.

Technische Grundlagen

Als Oberfläche wurde die Medienfassade des ARS Electronica Centers genutzt, da diese eine geeignete Struktur (aufgrund der LED-Lampen sowie Fenster) hatte um diese für Pixel-Grafiken zu verwenden. Der Prototyp verwendete einen dedizierter Server, welcher nur für diese Anwendungen genutzt wurde. Dieser Server kontrollierte zum einen die Lichtbeleuchtung des Gebäudes und kommunizierte zum anderen mit den mobilen Endgeräten. Das Smartphone sendete dem Server über WLAN sogenannte Video Frames, welche dieser umrechnete um die bearbeiteten Bereiche feststellen zu können. Die Anwendung auf dem Smartphone besitzt drei Ebenen (Live Video, Local Content, Input Layer). Mit dem Live Video wird die Fassade in Echtzeit angezeigt. Die anderen Ebenen sieht nur der jeweilige Nutzer des Smartphones, sodass dieser die gemachten Änderungen sehen kann ohne diese gleich auf die Fassade zu projizieren.

Grafik 1: Ebenen zur Steuerung (Q3)

Anwendungsszenarien

In der Anwendung bestimmte der User über ein Bild, welches er mit der Smartphone-Kamera aufgenommen hatte, welchen Bereich er bearbeiten möchte. Wurde die Anwendung (1) Malen auf der Oberfläche gewählt, konnte der User eine Farbe sowie Zeichenwerkzeug auswählen. Dabei wurden Gesten als Steuerung verwendet. Nachdem diese Elemente ausgewählt wurden, konnte der User diese durch Berührung oder Ziehen mit dem Live-Video auf die Fassade übertragen werden.

Grafik 2: Malen auf der Oberfläche (Q3)

Bei der zweiten Anwendung – könnte ein 15teiliges Puzzle gelöst werden. Durch das Antippen der einzelnen Kacheln könnten diese, sofern ein freier Platz war verschoben werden. Da aufgrund der Auflösung der Fassade die Trennlinien der Puzzle-Teile nicht ausreichend identifizierbar waren, konnten die User sich in der Anwendung eine Vorschau ansehen, wie die Lösung des Puzzles sein sollte.

 

Grafik 3: Puzzeln auf der Oberfläche (Q3)

Video zur Anwendung

Bewertung des Projekts

Die Anwendung war während dem Festival nicht downloadbar, da ein gesichertes Netzwerk genutzt wurde und diese nicht im App Store zur Verfügung gestellt wurde. Gleichzeitig konnten immer nur drei Personen an der Medienfassade die Möglichkeiten ausprobieren. Von den 50 Personen, die mit der Fassade interagierten wurden 15 Personen befragt, wie sie die Anwendung empfunden haben. Dabei stellte sich heraus dass die Anwendung insgesamt als sehr positiv bewertet wurde, da sie auch einfach zu nutzen und zu erlernen war. Das gemeinsame Arbeiten und der damit verbundene wechselnde grafische Effekt, wurde sowohl positiv aus auch negativ bewertet. Insbesondere wenn sich die Teilnehmer untereinander nicht kannten kam es eher zu einem „Konkurrenzkampf“ um die einzelnen Pixel-Felder, sodass die Anwendung als negativ bewertet wurde.

Für die Forscher bedeuten diese Aussagen, dass darauffolgende Studien durchgeführt werden, bei denen die Nutzer zum einen nicht sehen mit wem sie interagieren und wo die anderen Nutzer stehen. Diese Entwicklungen sind jedoch mit einem höheren technischen Aufwand verbunden, da Visualisierung von Raum und Richtung mit einbezogen werden müssen.

 

Mehrwert für Unternehmen trotz Aufwand

Medienfassaden sind derzeit noch mit einem hohen technischen und damit auch kostspieligen Aufwand verbunden.(Q1) Häufig werden diese derzeit insbesondere bei Interaktionen mit Personen von Forschungseinrichtungen oder in Zusammenarbeit mit Künstlern verwendet. Unternehmen verwenden Medienfassaden häufig für Lichteffekte oder als Werbereklame. Trotz dem Aufwand können Medienfassaden Unternehmen einen Mehrwert schaffen. Gründe warum Unternehmen/ Organisationen (interaktive) Medienfassaden einsetzen sollten sind:

  • Attraktivitätsmerkmall für Nutzer und Nutzung von Mobile Devices
  • modernere Interaktionsmöglichkeiten z.B. Gestensteuerung
  • kollaboratives Arbeiten (mehrere Nutzer können gleichzeitig agieren)
  • Darstellung von Informationen mit verschiedenen Visualisierungen. (vgl. Q5)

Meine persönliche Einschätzung nach der Recherche ist, dass insbesondere interaktive und partizipative Medienfassaden derzeit überwiegend für künstlerische Zwecke oder für Forschungsprojekte von Hochschulen eingesetzt werden.Für Unternehmen könnte der Einsatz von interaktiven Medienfassaden derzeit noch wirtschaftlich unrentabel sein, weshalb diese sie nicht (in dem Umfang) einsetzen. Durch den stetigen technologischen Fortschritt (und Reduzierung von Kosten) ist allerdings möglich, dass  interaktiven Medienfassaden verstärkt von (großen) Unternehmen eingesetzt werden, da diese für Unternehmen als auch Kunden einen hohen Nutzen stiften. Darüber hinaus zeigt, das vorgestellte Projekt auch, dass es gar nicht so einfach ist eine Multi-User-Interaktion in der Öffentlichkeit zu erreichen. Forschungsarbeiten in diesem Themenbereich sind daher als Grundlage zu sehen, dass Unternehmen in interaktive Medienfassaden investieren und diese auch von den entsprechenden Zielgruppen genutzt werden.

 

PRÄSENTATION:

 

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(Q1) Sauter, Joachim. (2004). Das vierte Format: Die Fassade als mediale Haut der Architektu. (http://netzspannung.org/cat/servlet/CatServlet/$files/273668/sauter.pdf aufgerufen am 08.01.2014)

(Q2) Bergemann, Stephan; Schlegel, Robin (2012). Medienfassade - Möglichkeiten von Visualisierungen und Interaktion. ( http://inka.htw-berlin.de/Sieck/Stud_Projekte/bergemann_schlegel_fp2.pdf , aufgerufen 08.01.2014).

(Q3) Boring, S., Gehring, S., Wiethoff, A., Blöckner, M., Schöning, J., & Butz, A. (2011). Multi-User Interaction on Media Facades through Live Video on Mobile Mobile Devices. ( http://ccc.ku.dk/employees/?pure=files%2F44312448%2Fboring.CHI_2011.iris.pdf  aufgerufen am 08.01.2014). 

(Q4) http://www.soziotech.org/out-of-home-displays-interaktive-grossbildschirme-im-oeffentlichen-raum/#note-3866-25)

Video: https://www.youtube.com/watch?v=eIMmJiVnxM0