Karenīs Weblog
Donnerstag, 22. Januar 2004
Konsequenzen textbasierter Kommunikation
Wie wir bereits wissen, gibt es verschiedene Arten von nonverbaler Kommunikation.
Dazu zählen Mimik, Gestik, Körperhaltung, stabile Merkmale (Aussehen), etc.
Welche Konsequenzen hat nun eine textbasierte Kommunikation?! (Chat, E-mail)
Im Folgenden wird hier besonders auf das Chat im beruflichen Gebrauch eingegangen.

Grundsätzlich ist es für die Kommunizierenden im elektronischen Netz nicht feststellbar, ob sie tatsächlich mit der Person verbunden sind, für die ihr Gegenüber sich ausgibt, da die äußerlichen Referenzen wie z.B. Statussymbole, nonverbale Kommunikation, Körperhaltung, Stimme, Mimik oder generalisierte Symbolisierungen als "Kontrollinstanz" fehlen. Gerade aber weil Kommunikationscodes interkulturell variieren, funktioniert ihre Interpretation nur auf der Basis vereinbarter Symbole. Erst die Bezugnahme auf gemeinsame Regeln macht Prognosen für zukünftiges Handeln und Handlungskombinationen möglich und erlaubt die Reduktion kommunikativer Unsicherheit. Da die Mediatisierung gesellschaftlicher Kommunikation eine Entkopplung der unmittelbaren interaktiven Sozialbeziehungen bewirkt, so dass körperliche Präsenz und kontextuelle Symbolisierung, bzw. 'gewohnte' Zuschreibungsmodi und -referenzen entzogen werden, müssen diese durch neue schriftliche und virtuelle Inszenierungen ersetzt werden.

Smileys und Aktionswörter (in Sternchen gesetzt) müssen die fehlende Körpersprache ausgleichen. Zusätzlich werden Akronyme wie „LOL“ (laughing out loud) verwendet. Diese Techniken stammen vorwiegend aus der Chat-Sprache, wo es wichtig ist, Gefühle und Handlungen schnell und effizient auszudrücken. Fehlende nonverbale Elemente können dadurch aber nicht ganz ersetzt werden, sie können nur gemildert werden.

Inwieweit das Chat im Job zu verwenden ist, lässt sich diskutieren. Sind mehrere Personen im Chat unter einem Pseudonym, ist es schwer nachzuvollziehen welche Personen sich dahinter verstecken. Spielen die Teilnehmer mit offenen Karten, weis man zwar, wer am Gespräch teilnimmt, erkennt jedoch nicht das „wahre ich“ der Person.

Wie bereits erwähnt ersetzen Symbole die Gefühle, die Mimik, die Laune der Teilnehmer. Wer jedoch kann das Geschriebene kontrollieren?!
Wenn der Gesprächspartner gegenübersitzt erkennt man genau an seiner nonverbalen Haltung seine Einstellung zum Thema, das spontane Reagieren, sein Befinden, … - in einer textbasierten Kommunikation jedoch, muss man auf das Geschriebene vertrauen.

Folgende Begriffe können als Vorteil, aber auch als Nachteil betrachtet werden:
Anonymität: In virtuellen Kommunikationsumgebungen besteht die Gefahr, zu sehr aus sich herauszugehen und zu hemmungslos zu kommunizieren (höheres exhibitionistisches Potential). Die Anonymität kann aber auch die Hemmschwelle senken, Probleme und Sachverhalte „öffentlich“ auszusprechen. Die Kommunikation vor dem Bildschirm ist laut Studien besonders für die Diskussionsteilnahme introvertierter Personen förderlich.
Der Vorteil in beruflicher Hinsicht ist, von Mitarbeitern Ideen zu sammeln, die sie sich in einer „normalen“ Kommunikation niemals zu sagen getraut hätten. Der Soziale Kontakt jedoch bleibt aus, denn wenn die Idee verwirklicht wird, meldet man dies elektronisch. Dies führt zum nächsten Begriff:
Lob/Zuckerl: Diese können auch virtuell simuliert werden (beispielsweise Ostereier virtuell verstecken). Dies bringt Auflockerung in die fachspezifische Kommunikation und hat einen spielerischen Touch.
Automatisches Protokollieren: Lösungen und Lösungswege sind nachvollziehbar, man braucht sich keine Notizen wie bei einer realen Konferenz zu machen. Im Nachhinein gibt es keine Unklarheiten, wie es zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist.
Schriftliche Form: Es ist schwierig für manche Zielgruppen, ihre Gedanken kohärent und strukturiert auszudrücken. Wer mit dem Schreiben Probleme hat, kann auch in einem Online-Forum nicht produktiv und effizient arbeiten. Dazu können sprachliche Missverständnisse und Unklarheiten kommen: Wie sollen Fragen gestellt werden, wie werden sie verständlich beantwortet? Das muss oft erst erlernt werden.
Gesprächsführung: In der direkten Kommunikation kann man nachhaken und insistieren; schriftliche Postings neigen dazu, liegenzubleiben. Beim Chatten ist man nicht räumlich gebunden, d.h. bei einer Besprechung die via Chat erfolgt, können die Teilnehmer praktisch auch von zu hause aus teilnehmen. Kein offizielles Zusammenkommen an einem bestimmten Ort. Verkehrprobleme wie Stau sind keine „Ausrede“ mehr, warum man zu spät erscheint. Andere Probleme jedoch, wie Krankheit, Familienauseinandersetzungen oder persönliche Probleme, können zwar im Chat erwähnt werden, und mit L unterstützt werden, jedoch kontrollierbar sind sie nicht.
Das soziale Umfeld wird dadurch erheblich gestört. Denken wir daran wie gut es tut, ein nettes Wort von einem Menschen zu hören, der seine Anteilnahme darin zeigt. Denken wir daran wie gut es sich anfühlt, mal in die Arme genommen zu werden. Denken wir daran wie nett es ist, wenn der Kollege uns mal ein nettes, vertrautes Lächeln schickt oder uns aufmunternd zuzwinkert. Dies alles und noch vieles mehr geht beim Chat verloren. Es bleibt jedem selbst überlassen was er davon hält, jedoch vergessen wir nicht, wie wichtig sozialer Kontakt für uns Menschen ist, vor allem in der heutigen, schnelllebigen Zeit.

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