Mittwoch, 23. Oktober 2013
Virtuelle Identität
Laut einer Studie aus dem Jahr 2008 (Lenhart und Fox) lesen mehr als 30% aller Internetnutzer regelmäßig Blogbeiträge. Wobei meist die Suche nach Informationen als Hauptargument für das Lesen von Blogbeiträgen angeführt wird. Aus diesem Grund ist die Glaubwürdigkeit von Blogbeiträgen und Blogs von großer Bedeutung. In dem Artikel The impact of anonymity on weblog credibility beschäftigen sich die Autoren Chesney und Su mit dem Zusammenhang zwischen der Glaubwürdigkeit von Blogbeiträgen und der Anonymität von Webloggern.

Viele Blogbeiträge werden anonym veröffentlicht, wie auch Kollege Philipp Allerstorfer in seinem Blogbeitrag zur Anonymität auf Weblogs statistisch belegt. Die Gründe, warum mache Blogger nicht erkannt werden wollen, sind vielfältig. Man kann sich beispielsweise gut vorstellen, dass jemand der an einer peinlichen Erkrankung leidet und über diese in seinem Blog berichtet oder jemand der über schlechte Arbeitsverhältnisse an seinem Arbeitsplatz schreibt, nicht seine Identität preisgeben möchte. Andere betroffene Personen sind über diese Informationen jedoch froh.

Chesney und Su führten 2 Studien durch, um zu überprüfen ob ein Zusammenhang, zwischen der wahrgenommenen Glaubwürdigkeit eines Blogbeitrags bzw. eines Blogs und der Anonymität des Autors, besteht. Sie stellten 2 Hypothesen auf:

H1a: "The perceived credibility of a blogger will be different when the blogger is anonymous, than when the blogger is identifiable."
H1b: "The perceived credibility of a blog will be different when the blogger is anonymous, than when the blogger is identifiable."

In der 1. Studie wurde 182 britischen Studenten in 3 Gruppen aufgeteilt. Alle bekamen zwar ein und denselbe Blogbeitrag über ein medizinisches Problem gezeigt, jedoch war der Grad der Anonymität (variierend zwischen voller Anonymität und voller Identifizierbarkeit) der Blogger in allen 3 Gruppen unterschiedlich:
  1. Volle Anonymität: Hier wurde ein Nickname verwendet und es war vermerkt, dass das Alter, das Geschlecht, die E-Mail Adresse und das Foto nicht verfügbar sind.
  2. Teilweise Anonymität: Auch hier wurde ein Nickname verwendet, jedoch wurde hier zusätzlich das Geschlecht und das Alter angegeben. Hier wurde vermerkt, dass die E-Mail Adresse und das Foto nicht verfügbar sind.
  3. Voll identifizierbar: Hier wurde der echte Name des Bloggers, seine E-Mail Adresse, Alter, Geschlecht und Foto angegeben.
Die Teilnehmer der Studie wurden gebeten sich den Blogbeitrag anzusehen und anschließend einen Fragebogen auszufüllen.

Das Ergebnis der 1. Studie ist, dass es keine signifikanten Unterschiede gibt, ob der Blogger anonym ist oder nicht. Die Studie wurde erneut in Malaysia durchgeführt und auch dort ist dieses Ergebnis bestätigt worden. Die Anonymität hat also keinen Einfluss auf die Glaubwürdigkeit eines Blogbeitrags oder eines Blogs.

In der 2. Studie testeten Chesney und Su, ob die Glaubwürdigkeit eines Blogbeitrags bzw. eines Blogs nicht doch eher davon abhängt wie gut der Beitrag präsentiert wird, anstatt des Grades der Anonymität des Bloggers. 300 Studenten (die nicht an der 1. Studie teilnahmen) bekamen erneut einen Blogbeitrag zu lesen. Diesmal wurden die Teilnehmer in 2 Gruppen aufgeteilt. Das Thema der Blogbeiträge war identisch und bei beiden Gruppen war der Blogger voll identifizierbar. In einer Gruppe wurde besonders auf Rechtschreibung, Grammatik, Formatierung, etc. geachtet, jedoch wurden einige sachliche Fehler eingebaut. In der zweiten Gruppe wurden die gleichen sachlichen Fehler und zusätzlich Grammatikfehler, Rechtschreibfehler, etc. eingebaut.

Das Ergebnis der 2. Studie ist, dass jene Blogger mit schön präsentierten Blogbeiträgen, als Glaubwürdiger eingestuft werden.

Fazit ist also, dass die Anonymität keine Auswirkung auf die Glaubwürdigkeit eines Blogbeitrags hat, die Präsentation des Beitrags jedoch schon.

Begründung der Auswahl

Ich habe diesen Artikel ausgewählt, da ich es interessant gefunden habe, dass die Anonymität bei Blogbeiträgen keinen Einfluss darauf hat, ob die darin enthaltene Information als glaubwürdig empfunden wird oder nicht. Ich persönlich bin vorher immer davon ausgegangen, dass die Glaubwürdigkeit, mit steigender Transparenz der Identität des Autors, ebenfalls steigt.
Das Ergebnis dieser Studie ist möglicherweise eine (Teil-)Erklärung für den Erfolg von Wikipedia. Auch hier sind die Autoren anonym und die Glaubwürdigkeit der Artikel ist sehr hoch, weil unter anderem die Blogbeiträge "schön präsentiert" sind und dadurch die Seriosität gesteigert wird.

Quellen

Artikel:
Chesney T., Su D. K. S. (2010): The impact of anonymity on weblog credibility. International Journal of Human-Computer Studies, 68 (10), 710-718

Weitere:
Lenhart A., Fox S. (2008): New numbers for blogging and blog readership.