Das Internet bietet die Möglichkeit Informationsasymmetrien zwischen Käufer und Verkäufer weitgehend zu reduzieren, da die Markttransparenz im Web viel größer ist, als auf traditionellen Märkten. Aus diesem Grund bietet das Internet die Möglichkeit den Markt näher an das utopische Modell des "idealen" Marktes aus der Volkswirtschaftslehre anzunähern.
Größere Markttransparenz im Web bedeutet, dass einerseits Konsumenten mehr Informationen über marktrelevanten Daten haben und andererseits auch, dass Unternehmen an mehr Informationen über ihre Kunden gelangen können. Wie soll nun also ein Unternehmen auf einem solchen - widersprüchlichen transparenten - Markt agieren?
Die Autoren Nelson Granados und Alok Gupta argumentieren in ihrem Artikel
Transparency Strategy: Competing with Information in a digital World, dass es in Zukunft für Unternehmen wichtig wird eine so genannte
Transparenzstrategie zu entwickeln, wenn sie im Internet agieren und konkurrenzfähig bleiben wollen. Nahezu jedes Unternehmen hat eine bestimmte Strategie wie sie mit Informationen innerhalb uns außerhalb des Unternehmens umgeht. Die traditionelle Definition von Informationsstrategie lautet:
"[...] Information strategy is a firm′s strategy to produce and manage information."
Unternehmen müssen auf transparenten Märkten, wie es jene im Internet sind, jedoch nicht nur wissen, wie man Informationen produziert und managet, sondern zusätzlich auch wissen, wann man welche Informationen
offenlegt. Aus diesem Grund brauchen Unternehmen zusätzlich eine Transparenzstrategie:
"[Transparency Strategy is defined] as the strategy to selectively disclose information outside the boundaries of the firm, to buyers, suppliers, competitors, and other third parties like governments and local communities. "
Granados und Gupta zeigen in dem Artikel
4 mögliche strategische Optionen auf:
Disclose = Volle Offenlegung, Informationen sind voll verfügbar und leicht zu interpretieren.
Distort = Informationen sind veraltet, unvollkommen, fehlerhaft oder verschleiert.
Bias = Informationen werden für Konkurrenten nachteilig dargestellt.
Conceal = Volle Geheimhaltung, Informationen sind nicht verfügbar.
Laut den Autoren muss jedoch nicht eine strategische Option für das gesamte Unternehmen gewählt werden, sondern für unterschiedliche Elemente, bei denen der Grad der Informationen von Bedeutung ist, können unterschiedliche Strategien gewählt werden. Solche informationellen Elemente können
Produktcharakteristiken, der
Preis, die
Kosten,
Lagerbestände oder der
Produktionsprozess sein. Außerdem können unterschiedliche Optionen für unterschiedliche Adressaten, wie Konsumenten, Lieferanten oder Konkurrenten gewählt werden.
Hier ein Beispiel einer Transparenzstrategie eines Unternehmens:
Die Autoren betonen, dass
3 Dinge für den Aufbau einer gelungenen Transparenzstrategie zu beachten sind:
1. Die Transparenzstrategie muss, als Teil der Informationsstrategie (produzieren, managen und offenlegen), an die Unternehmensstrategie angepasst sein und der CEO muss dafür sorgen, dass diese Strategie auch eingehalten wird. Nachdem zwischen den informationellen Elementen abteilungsübergreifende Interdependenzen vorherrschen, ist es wichtig, dass die Strategie möglichst umfangreich und kohärent gestaltet wird. (Pfeil A)
2. Die IT-Strategie und Infrastruktur muss mit der gesamten Informationsstrategie (inklusive Transparenzstrategie) kompatibel sein. Die IT kann eine Informations- und Transparenzstrategie hemmen oder voranbringen. Ein Beispiel für eine gute Kompatibilität zwischen IT Infrastruktur und Transparenzstrategie ist Priceline.com mit ihrem name-your-own-price Mechanismus. (Pfeil B)
3. Konkurrenten müssen ständig beobachtet werden, denn mit nur wenigen Änderungen im Quellcode oder mit neuen Technologien können Unternehmen einfach zwischen den vier strategischen Optionen (disclose, bias, distort oder conceal) wechseln. Nur, wenn Konkurrenten dauerhaft analysiert werden, kann gezielt mit der richtigen Transparenzstrategie darauf reagiert werden. (Pfeil C)
Begründung der Auswahl und Kritik
Ich habe diesen Artikel gewählt, weil er genau die Frage beantwortet, die uns im Kurs beschäftigt: Wie soll ein Unternehmen auf einem transparenten Markt agieren? In dem Artikel wird beschrieben, dass Unternehmen nicht einfach nur die größere Transparenz im Internet hinnehmen sollen, sondern sie auch damit arbeiten können und dadurch auch Vorteile generieren können. Unternehmen müssen nicht unbedingt alle Elemente preisgeben, sie können mit einer gezielten Transparenzstrategie selbst entscheiden was von wem ersichtlich sein soll oder nicht.
Was mir persönlich an dem Artikel jedoch nicht so gefallen hat, ist dass er doch nur sehr an der Oberfläche des Themas kratzt. Die 4 strategischen Optionen müssten genauer definiert werden und geklärt werden wie man sie anwendet (wie bspw. werden Informationen nachteilig für Konkurrenten dargestellt?) Es wäre außerdem gut gewesen, wenn die Autoren beschrieben hätten, wann ein Unternehmen welches der vier strategischen Optionen für welches Element wählen sollte und warum. Des Weiteren fehlt mir die Begründung, warum ein Unternehmen überhaupt einige Elemente transparenter gestalten soll. Einen Ansatz hierzu hat meine Kollegin Melanie Hofer in einem Artikel gefunden und in ihrem
Blogbeitrag beschrieben.
Alles in allem kann man sagen, dass die Autoren bereits gute Ansätze zum Thema transparentes Unternehmen haben, jedoch sind weitere Untersuchungen in dem Gebiet nötig.
Quelle
Granados N., Gupta A. (2013):
Transparency Strategy: Competing with Information in a digital World. In: MIS Quarterly, Vol. 37 Issue 2, S. 637 - 641