1. "Virtual Communities" bezeichnen....
mario.jooss.salzburg, 21:49h
"Virtual Communities" (Was ist eine Online Community ) bezeichnen entweder politische oder pragmatische Utopien, die mehr über unser Offline-Leben (Real Life) aussagen als über den Netzalltag.
Beginnen wir mit der Frage was Virtual Communities eigentlich sind oder besser: was sie sein sollen. Diese Umformulierung der Frage deutet schon darauf hin, dass es sich bei Virtual Communities weniger um real existierende Sozialgebilde handelt, als vielmehr um Konzepte normativer oder pragmatischer Natur.
Verdeutlichen lässt sich dies an zwei "klassischen Schlüsseltexten". nämlich an dem Buch "The Virtual Community" des kalifornischen Netzpioniers Howard Rheingold (siehe auch dazu den tollen Weblog von einem Kollegen aus Salzburg )von 1993 und am ebenso viel zitierten McKinsey-Opus „Net Gain - Profit im Netz: Märkte erobern mit virtuellen Communities" von John Hagel und Arthur G. Armstrong aus dem Jahre 1997.
So unterschiedlich wie die Autoren und die Entstehungszusammenhänge der beiden Publikationen, so verschieden fällt das Verständnis von " Virtual Communities" aus. Die Unschärfe des Begriffs wird noch gesteigert durch die überaus problematische Übersetzung des Begriffs "Community" in das deutsche "Gemeinschaft". Doch dazu später mehr.
Bleiben wir zunächst bei Rheingold und Hagel / Armstrong: Bei Rheingold (1994: 16) heißt es:
"Virtuelle Gemeinschaften sind soziale Zusammenschlüsse, die dann im Netz entstehen, wenn genug Leute diese öffentlichen Diskussionen lange genug führen und dabei ihre Gefühle einbringen, so dass im Cyberspace ein Geflecht persönlicher Beziehungen entsteht".
Gemeint sind also offenbar dauerhafte, emotional aufgeladene soziale Beziehungen, die aufgrund von computervermittelter Kommunikation zwischen mehreren Personen entstehen. Virtuelle Gemeinschaften werden von Rheingold als eine äußerst positive soziale Errungenschaft betrachtet, deren Vorteile er am Beispiel des mittlerweile schon legendären Computernetzes "The WELL" (LINK ) in der San Francisco Bay Area ( SanFran Bay Area ) schildert. Das Netz als technischer Träger der "Virtuellen Community" ermöglicht die wechselseitige Kommunikation und Hilfe ohne zentrale Kontrollinstanz, die am Gemeinwohl orientierte Kooperation trotz des alltäglichen Lebens in einer "Konkurrenzgesellschaft" Gemeinschaft, der persönlichen Verantwortung und Hilfsbereitschaft noch gelebt werden könnten.
Übersetzt man den begriff der "Community" einfach wörtlich in das deutsche "Gemeinschaft", so wird der sozialutopische normative Gehalt vielleicht noch deutlicher:
"Gemeinschaft" wurde - und wird - bis hinein in die soziologische Literatur als Gegensatz zu "Gesellschaft" verstanden und, beispielsweise von dem deutschen Soziologen Ferdinand Tönnies, der schon 1887 hierin einen Grundbegriff der Soziologie gesehen hat, durchaus als Kampfbegriff gegen die Zumutungen der Moderne eingesetzt.
Weiters bezeichnet Gemeinschaft Sozialbeziehungen, die auf familiären, verwandtschaftlichen, nachbarschaftlichen oder freundschaftlichen Bindungen beruhen.
Das Idealbild ist das traditionelle Dorf, in dem jeder jeden kennt und in dem soziale wie geographische Mobilität nur sehr gering ausgeprägt sind.
Emotionen und gemeinsame kulturelle oder religiöse Werte integrieren dieses Sozialgebilde. Kirche und Familie sorgen für hohe soziale Kontrolle.
Ganz anders die Vorstellung Von "Virtual Community", die wir bei Hagel und Armstrong finden:
"Virtuelle Communities bestehen "aus Netznutzern, Kunden und miteinander konkurrierenden Anbietern… Ihre Mitglieder kommunizieren im Netz und gruppieren
sich dazu um ein organisierendes Unternehmen. Dieses sammelt Informationen, bereitet sie auf und stellt sie der jeweiligen Community Zur Verfügung. Aber auch die Mitglieder selbst bieten der Community Informationsmaterial an... Mit jeder Aktion im Netz wächst das Wissen des Organisators über die Interessen und Schwerpunkte der Community und ihrer Mitglieder.
Die so entstehenden Nutzerprofile erlauben es dem Organisator, seinen Service immer besser auf die Bedürfnisse der Gemeinschaft und ihrer einzelnen Mitglieder zuzuschneiden." (Hagel/ Armstrong 1997: 5; Vorwort)
Im weiteren Verlauf des Buches Von Hagel und Armstrong wird nicht nur deutlich, um was es bei kommerziellen Communities geht, sondern auch, worin ihr struktureller Unterschied zu den sozialutopischen Entwürfen besteht:
„Virtual Communities" sind Geschäftsmodelle zur Kundenbindung und stellen ein neuartiges Kundenmanagementkonzept dar. Es handelt sich nicht um selbstorganisierte Grassrootnetze, sondern um fremdinitiierte und gemanagte Netzwerke, die sich nicht nur rechnen müssen, sondern selbst Profit abwerfen sollen (vgl. Hagel! Armstrong 1997: 175).
Finanziert werden die Communities durch Werbung, Provisionen, Mitgliedsbeiträge Oder Einzelgebühren (vgl. Hagel! Armstrong 1997: 60-65).
Mitglieder rekrutieren sich nicht ausschliesslich selbst, sondern müssen akquiriert werden; (vgl. Hagel / Armstrong 1997: 183, 136-137).
Auch diese kommerzielle Variante der Communities sagt etwas aus über reale Probleme, allerdings weniger gesellschaftlich-politischer, als vielmehr wirtschaftlicher Natur: Weil die traditionellen Werbeformen, einschließlich ihrer Online-Varianten, den Geltungsansprüchen kommunikativen Handeins nicht genügen (können), wird ein kommunikatives Dreieck konstruiert: Die Geltungsansprüche Wahrheit, Wahrhaftigkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit sind die Basis unserer zwischenmenschlichen Kommunikation, von interessengeleiteter Kommunikation, insbesondere von Werbung erwarten wir sie - zu Recht - nicht. Werbung gilt als wenig glaubwürdig, Unternehmen nicht unbedingt als vertrauenswürdig. Vertrauen bringen wir hingegen viel eher anderen Konsumenten gegenüber auf, glaubwürdig sind die von den anderen Mitgliedern kommunizierten Informationen.
Die Mitglieder der Community werden somit zu kostenlosen Testimonials, die wir aus scheinbar nicht-kommerziellen, pseudo-lebensweltlichen Netzzusammenhängen bereits kennen. In den Worten von Hagel ~ und Armstrong (1997: 222): "Virtuelle Communities können sehr wirksam die Mundpropaganda in Schwung bringen. Die ... Online-Diskussionen stellen eine Art '" kostenloser Öffentlichkeitsarbeit dar." Kostenlos - 50 wäre allerdings hinzuzufügen - nur für die Unternehmen und Organisatoren der Communities, nicht jedoch für deren Mitglieder.
LITERATUR:
Rheingold, Howard (1994): Virtuelle Gemeinschaft. Soziale Beziehungen im Zeitalter des Computers. Bonn: Addison-Wesley.
Booz, Allen & Hamilton (Hrsg.) (2000): 10 Erfolgsfaktoren im e-business. Die Strategien der Gewinner. Eine Analyse neuer Geschäftsansätze im Internet. Frankfurt am Main: F.A.Z.- Institut.
Hagel, John / Armstrong, Arthur G. (1997): Net Gain - Profit im netz. Märkte erobern mit \virtuellen Communities. Wiesbaden: Gabler.
... comment
.. eine Arbeit über Werke von Howard Rheingold. Haben Sie das schon bemerkt und haben Sie dahin schon "verlinkt" ?
H. Mittendorfer
... link
s.g. Hr. Mittendorfer,
danke für ihr input. mir ist durchaus bekannt, dass sich ein Salzburger Kollege mit Rheingold beschäftigt hat.
Ein Link von mir wurde auch schon gesetzt.
Meine Arbeit läuft in Form von CoBeiträgen, wie es von Ihnen gepostet wurde, ab.
Mit kritischer Beleuchtung, Zusätzen, neuen Links...all das und mehr wird auf diesem weblog bis zu Abgabetermin 26.01. zu finden sein.
Mario Jooss
... link
.. so!
H. Mittendorfer
... link
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Virtuelle Communities
in Ergänzung zu der Thematik "Virtuelle Communities"...
by roswitha.hofmann.linz (2004.01.29, 21:17)
VC als zweckrationale...
Aus dem bisher Ausgeführten möchte ich drei...
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by mario.jooss.salzburg (2004.01.24, 19:42)
.. dann ist es gut ..
.. so!
H. Mittendorfer
by Hans.Mittendorfer.Uni-Linz (2004.01.20, 21:51)
1. "Virtual Communities"...
"Virtual Communities" (Was ist eine Online Community)...
by mario.jooss.salzburg (2004.01.20, 21:26)