Statement Alleine im weiten Web

Carla.Stenitzer.Uni-Sbg, 18. März 2011, 12:35

Die Dokumentation "Richtung 2000" aus dem Jahre 1972 beschäftigt sich mit möglichen zukünftigen Entwicklungen. Rückblickend betrachtet kann man sehen, dass die Vorstellungen der Zukunft von damals teilweise auch mit heutigen Entwicklungen korrelieren. Zu nennen wären hier beispielsweise Universalfernbedienungen, Flachbild-Fernseher, die Arbeitsentlasung durch Rechenanlagen oder auch das Teleshopping und die Videotelefonie. Ein Aspekt, den ich persönlich als einen der wichtigsten in der gesamten Dokumentation ansehe, ist ein Problem, das aufgeworfen wird. In der Dokumentation wird direkt angesprochen, dass die fortschreitende Nutzung der Technik zu einer eigentlichen Isolation des Individuums führt. Es kommt aufgrund der Technikentwicklung zu einem Abbau direkter menschlicher Kontakte.

Genau auf diesen Punkt der Dokumentation möchte ich in diesem Beitrag etwas näher eingehen. Denn er ist in unserer Zeit aktueller denn je. In diesem Kontext möchte ich auf den Hintergrundgedanken des so genannten Web 2.0 hinweisen:
Vom Web 1.0 zum Web 2.0 fand ein Paradigmenwechsel statt. Es gab einen Wandel von der prozessorientierten zur personenorientierten Ausrichtung der Internettechnologie. Hier wird von einer Social Software  gesprochen, die es dem einst passiven Konsumenten von Internetdiensten ermöglichen soll zum aktiven Produzenten zu werden. (vgl. Riesen 2007: 3f1) Doch trotz einer Fülle von Anwendungen, die die aktive Auseinandersetzung und Kommunikation mit anderen Menschen heutzutage ermöglichen (z.B.: Social Networks, Instant Messaging Programme), hört man immer öfter von einer Vereinsamung der Internetnutzer. "Online-Banking ersetzt das Gespräch am Bankschalter, E-Shopping verdrängt den Geschäftebummel und das Beratungsgespräch mit dem Verkäufer, Fernarbeit und E-Learning verdrängen Gespräche mit Kollegen und Mitschülern." (Bouchon 2005: 102) Außerdem wurde in unterschiedlichen Studien festgestellt, dass "Viel-Surfer" ihre Kontakte im realen Leben reduzieren. (vgl. ebd: 11ff)

In der Dokumentation wurde dies auch geahnt. Denn der Tagesablauf des Protagonisten besteht darin zu Hause per Teleshopping seine Einkäufe zu erledigen (vergleichbar mit Internetshops), per Videotelefonie Kontakte mit anderen Menschen aufzunehmen(vergleichbar mit Instant Messaging Programmen, wie Skype), die Zeitung über eine Maschine in der Wohnung ausgedruckt zu bekommen (vergleichbar mit Online-Zeitungen) und danach in die Arbeit zu fahren, wo er beinahe ausschließlich alleine Rechenanlagen überwachen muss.

Was in der Dokumentation interessanterweise gar nicht angesprochen wird, sind Dienste, die einem erlauben mit mehreren Menschen gleichzeitig Kontakt aufzunehmen und auch abseits der Videotelefonie zu kommunizieren, wie dies heute in Social Networks der Fall ist. Es wundert mich, dass zwar an One-to-One Verbindungen, aber nicht an One-to-Many oder gar Many-to-Many Verbindungen gedacht wurde.

Ein weiterer Aspekt, der für mich untrennbar mit der Vereinsamung und Isolation durch die Technik verbunden ist, sind Single- und Partnerbörsen, die als Folge zur Zeit wie Pilze aus dem fruchtbaren Boden des World Wide Web schießen. Auch dieses Potential wurde in der Dokumentation nicht erkannt.

Auch muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass es durch die Verlagerung des Alltags in das Internet zu einer Internetsucht kommen kann. (vgl. Krüger/Funke 1997: o.S.3) Auch der Suchtaspekt wurde in der Dokumentation nicht behandelt.

Trotz dieser kleineren Vernachlässigungen (die vielleicht auch etwas mit der Zeitbegrenzung der eine Dokumentation unterliegt, zu tun haben) muss ich sagen, dass ich sehr erstaunt über die vielen Parallelen der Zukunftsversionen in der Dokumentation "Richtung 2000" mit dem aktuellen Stand der Gesellschaft war.

 

 

Als kleine Ergänzung: Einen weiteren Beitrag, der sich ebenfalls mit der Vereinsamung im Internet beschäftigt findet ihr auf Florian Kreibes Blog. Er führt im Gegensatz zu mir Gegenthesen auf und zeigt warum das Argument der Vereinsamung in unserer Zeit nicht länger haltbar ist.

 

 

Quellen:

1 Riesen, Melanie (2007): Vom Arpanet zum Web 2.0. Neue Kommunikationsformen und -strukturen. Norderstedt: Grin Verlag.

2 Bouchon, Catherine (2005): Macht das Internet einsam? Norderstedt: Grin Verlag.

3  Krüger, Thomas/ Funke, Joachim (1997): Psychologie im Internet: Internetsucht. Macht das Internet süchtig? In: Psychologie Heute. Online unter: http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/forschun/pim/internet_sucht.html

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