Argumente einer Debatte um die Krise der Tageszeitungen

In diesem Blogbeitrag sollen die Argumente zweier Personen aus dem Bereich des Journalismus analysiert und verglichen werden. Konkret handelt es sich dabei um den wissenschaftlichen Direktor des Instituts für Praktische Journalismus- und Kommunikationsforschung (IPJ) in Leipzig, Michael Haller sowie den Bestseller-Autor Jeff Javis.

Michael Haller: Diagnose: Fehldiagnose! [1]

Michael Haller hat in seiner Argumentation zur Debatte der Tageszeitungen beschrieben, warum es seiner Meinung nach so schlecht um diese steht. Er beschreibt dabei die Thematik vergleichbar mit einer Krankheitsgeschichte. Seines Erachtens liegt es daran, dass zu viele Menschen an der Rettung der Tageszeitung herumdoktoren und das wichtigste, eine ganzheitliche Diagnose und objektive Wahrheit, fehlen. Er nennt hierbei drei Missverständnisse in Hinblick auf die „Krankheitsgeschichte“ von Tageszeitungen.

1.       Missverständnis: "Das Internet brachte die Krise"

Als Erster deutet er dabei darauf hin, dass, entgegen der weitläufigen Meinung, nicht das Internet an der Tageszeitungen-Krise schuld sei. Denn die Reichweite der Zeitungen begann bereits ein Jahrzehnt vor der Verbreitung des WWW deutlich zu sinken. Als mögliche alternative Gründe für diesen Rückgang nennt er beispielsweise die steigende Popularität privater Rundfunkprogramme oder die „schwindende Bindekraft der politischen und kulturellen Institutionen“.

2.       Missverständnis: Das unverstandene Publikum

Die Hauptzielgruppe der Zeitungen ist laut Haller im Alter zwischen 35 und 55 Jahren, welche ein eher konservatives Verhalten am Tag legen. Ihr Tagesablauf ist seit vielen Jahren der gleiche und auch bei ihrer Mediennutzung hat sich im Laufe der Zeit nicht viel verändert. Dennoch sind viele mit den Zeitungen unzufrieden und bestellen vorhandene Abonnements ab. Der Grund hierfür: zu viel Banales, überzogene Lokalisierung, mangelnde Orientierung. Viele Zeitungen verstehen ihr Publikum nicht und sollten sich etwas mehr an die Wünsche ihrer Zielgruppe orientieren.

3.       Missverständnis: Das journalistische Angebot

Laut Befunden zu Content-Analysen die am Institut für Praktische Journalismus- und Kommunikationsforschung (IPJ) in Leipzig durchgeführt wurden, entspreche die heutige Nachrichtenmenge nur noch 70 Prozent jener vor 12 Jahren. Die Rechercheleistung hat erheblich abgenommen, weshalb die Zeitungen laut Haller auch nicht mehr so beliebt sind.

Haller empfiehlt als Therapie für Printmedien endlich die Wünsche des Publikums zu analysieren und darauf zu reagieren. Vor allem junge Erwachsene müssen angesprochen werden.

Jeff Javis: Journalisten sind Dienstleister, keine Monopolisten [2]

Nach Meinung von Jeff Javis hat sich die Aufgabe von Journalisten im Laufe der Jahre und vor allem durch die Erfindung und Entwicklung des Internet stark verändert. Während sie früher ein herrliches Informations-Oligopol besaßen und die Öffentlichkeit lediglich von dem erfuhr, was die Journalisten für sie bestimmte, teilen Menschen heute im Internet selbstständig was sie sehen, erleben und denken. Aus diesem Grund muss sich laut Javis unsere Sichtweise ändern. Nachrichten müssen nicht zwangsweise auf Papier, einmal pro Tag, verfasst durch Journalisten erscheinen. Das Ergebnis von Journalismus sollten laut Javis „nicht Produkte auf Papier oder auf dem Bildschirm [sein], sondern gut informierte Menschen und Gesellschaftsgruppen“. Seiner Meinung nach müssen Nachrichten als Dienstleistung verstanden werden und Journalisten als Dienstleister müssen versuchen einen Mehrwert für ihre Leser zu schaffen. Als Beispiele hierfür nennt Javis das Entlarven von Gerüchten, das Finden von Zusammenhängen und Erklärungen und vor allem das Stellen von Fragen und das Finden von Antworten, welche nicht in dem Fluss enthalten sind – daher: berichten.

„Tue das, was du am besten kannst, und verlinke den Rest“

Jeff Javis wollte mit diese Aussage betonen, dass das Internet als Zugang zu Inhalten viele Vorteile mit sich bringt: Herstellungs- und Vertriebskosten von Printmedien fallen weg und demgegenüber werden Spezialisierung und kollektive Zusammenarbeit vereinfacht. Laut Javis müssen Beziehungen zwischen Individuen aufgebaut werden um neue Werte zu schaffen. Dies soll beispielsweise durch die Sammlung und Verwertung von Nutzerdaten möglich werden. Auf die Aussage „die Menschen lieben aber Papier“ entgegnet Javis damit, dass Menschen früher auch Pferde liebten und dennoch weitergezogen sind.

 

Fazit

Haller und Javis haben beide etwas verschiedene Ansätze zur Debatte der Tageszeitungen geleistet. Während Javis einen konkreten Hinweis liefert, was den Aufgabenbereich von Journalisten in Zukunft angeht, appelliert Haller eher an die Herausgeber der Printmedien und deren analytisches Mangelverhalten. Ich finde, dass Hallers Aussagen, welche durch Statistiken gestützt sind, als Basis für die künftige Vorgehensweise darstellen. Verlage müssen endlich versuchen, ihre Zielgruppe herauszufinden, zu analysieren und auf deren Wünsche zu reagieren. Nur so, können sie meiner Meinung nach überleben. Jedoch finde ich auch die Idee von Javis sehr gut, wobei die Journalisten ihre Arbeit eher online weiterführen sollen und dabei versuchen sollen, einen deutlichen Mehrwert für die Leser zu schaffen. Meiner Meinung nach, ist das Ende der Tageszeitungen (falls überhaupt) noch fern, allerdings nur, wenn sich die Inhalte an die Leser orientieren.