Weblog-Journalismus |
Samstag, 17. Januar 2004
Warblogs
alex_raffeiner_salzburg, 17:32h
Besonders Netztagebücher, die sich mit dem Irak-Krieg beschäftigt haben, sind auf großes Interesse gestoßen. Das Aufkommen sogenannter Warblogs hat den Weblogs Auftrieb gegeben. Im Unterschied zu den thematisch im IT-Bereich angesiedelten Tech-Blogs, die die Weblog-Gemeinschaft lange Zeit dominierten, widmen sich Warblogs jeder denkbaren Facette des Kriegs gegen den Terrorismus. Mit dem Aufkommen der Warblogs ist eine allgemeine Politisierung der Weblog-Gemeinschaften einhergegangen.
Während des Krieges fand ein bemerkenswertes Medienexperiment statt: Ein junger Journalist berichtete via Internet direkt aus dem Kriegsgebiet. Finanziert wurde der „ausgebettete“ Reporter durch die Leser seiner Website. Aber dieser, oft mühsam gezirkelte Trennstrich verwischt in letzter Zeit zusehends: Bloggende Journalisten auf der einen Seite und weblogähnliche, redaktionell betreute Netz-Kolumnen, wie sie beispielsweise BBC-Auslandskorrespondenten führen, auf der anderen Seite, weichen diese Demarkationslinie mehr und mehr auf. Schon sehen Web-Visionäre und -Phantasten in dieser Grauzone einen Nährboden, aus dem sich eine vollkommen neue Form der Berichterstattung entwickeln könnte: "Mikro-Journalismus" soll zukünftig eine Eins-zu-eins-Informationsübermittlung zwischen Reporter und Leser ermöglichen und den Umweg über eine Zeitung oder ein Nachrichtenmagazin überflüssig machen. Schon wird in einschlägigen Foren von einer "eBayisierung" des Newswesens geschwärmt, über Versteigerungen von Reportagen nach dem Vorbild des Internet-Auktionshauses spekuliert oder über mögliche Bezahlmodelle gemutmaßt. Während des Irak-Krieges trat Christopher Allbritton, ein in New York lebender, freier Journalist, mit seinem Projekt "Back to Iraq" (B2I) den Beweis dafür an, dass komplett autonome Berichterstattung prinzipiell zumindest möglich ist. Ausgestattet mit einem Satellitentelefon, einem wetterfesten Notebook, einer Digitalkamera und einer guten Portion Abenteuerlust, überquerte er mit Hilfe von kurdischen Schleusern Anfang April die Grenze zwischen der Türkei und dem Nord-Irak und dürfte so der erste Internet-Kriegsreporter gewesen sein. Eine Ein-Mann-Nachrichtenagentur, die nur ihren Lesern verpflichtet war. (15) Zu den größten Warblogs zählt "Command Post". Sinn und Zweck von „Command Post“ ist es, möglichst viele Nachrichten zum Irak-Krieg an einem Ort im Web zu sammeln, heißt es im „Mission Statement“ des Weblogs. Derzeit arbeiten rund 20 Personen aus aller Welt unentgeltlich für das Projekt. Gründerin Michele Catalano, Justizangestellte aus dem US-Bundesstaat New York, sprach mit der Netzeitung über Wahrheit und Unwahrheit in Weblogs und die Geschwindigkeit des Internet, der traditionelle Medien kaum noch folgen können. Als der Krieg ausbrach, begann die Initiatorin von „Command Post“ auf ihrer privaten Seite alle zehn Minuten Updates online zu stellen, während sie mehrere TV-Kanäle gleichzeitig anschaute. Teilweise nutzen die Bürger nun die Weblogs, um vom US-Fernsehen zensierte Informationen über den Krieg einzuholen und um ein besseres Bild zu bekommen. „Wir leben in einer Zeit, in der die Leute ihre Nachrichten schnell wollen. Sie wollen nicht mehr warten. Besonders bei diesem Krieg, der in Echtzeit im Fernsehen übertragen wird. Die meisten haben kein Kabelfernsehen im Büro, dafür aber Internet. Und wenn die Mainstream-Newssites dann langsam sind und noch die Server unter der Last von Millionen Zugriffen zusammenbrechen, bringt ein War-Blog wie Command Post die Nachrichten schneller. ... comment |
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