Weblog-Journalismus |
Samstag, 17. Januar 2004
Ethik des Bloggens
alex_raffeiner_salzburg, 17:45h
Sind Blogger nun Journalisten und müssen sie sich an dieselben professionellen Regeln halten, wie z.B. nicht einfach voneinander abzuschreiben? Inwieweit sollten sich nun Netztagebuch-Autoren an journalistische Standards halten?
Blogger schreiben auf jeden Fall öffentlich. Und die publizistische Macht der Blogger ist größer, als man vielleicht annehmen mag. Diese Debatte kam in den USA in Gang als ein Journalist des Houston Chronicles in seinem eigenen Weblog seine Zeitung kritisiert und Nachrichten aus seiner eigenen Feder kommentiert hatte. Er tat dies jedoch nicht unter seiner richtigen Identität, sondern unter dem Pseudonym Banjo Jones.
Ein weiterer Anlass für diese Ethik-Debatte: Microsoft zahlte Bloggern einen Konferenzaufenthalt. Weblog-Expertin Rebecca Blood, die kürzlich ein Handbuch zu dem Phänomen verfasst hat, widmete in ihrem Werk der „Ethik des Bloggens“ gleich mehrere Seiten. In sechs Unterpunkten zeichnet sie einen Verhaltenskodex auf, der sich kaum noch von dem professioneller Publikationen unterscheidet. Ergänzt ist er jedoch um spezifische Techniken des Internet, beispielsweise, dass online verfügbares Material zu einem Weblog-Eintrag zu verlinken sei - anstatt es womöglich zu unterdrücken: „Die Leser verdienen alle Fakten“, schreibt Blood. (11) Die ersten Fälle, in denen Blogger mit dem Presserecht konfrontiert werden, dürften auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Daher veranstaltet die Rechtsfakultät der Yale-Universität Konferenzen, die Journalismus, Jura und Blogging zusammenbringt. Auch Mitch Ratcliffe, Blogger und High-Tech-Berater, hat eine Ethikdebatte zum Thema Weblogs losgetreten. Das neue Medium brauche Regeln, sagt er im Interview mit der Netzeitung.
Mitch Ratcliffe ist nicht der Ansicht, dass journalistische Standards im Weblog-Bereich zur Anwendung kommen sollten oder müssten. Vielmehr glaubt er, dass sich die Blogger selbst ethische Fragen stellen müssten, genauso wie das andere Leute tun, die Menschen durch ihre Texte beeinflussen können. (12) Die Reaktion auf die ethischen Fragen von Mitch Ratcliffe in der Weblog-Welt waren vielfältig. Doch sehen die Leser große Weblogs bereits als glaubwürdige Quellen an, die mit großen Medien verglichen werden können? Ratcliffe glaubt, dass viele Leute die Meinungen, die sie mit dem Schreiber teilen, mit dessen Glaubwürdigkeit verwechseln. Also nehmen sie die Kommentare eines konservativen „War-Bloggers“ oder eines liberalen „Business-Bloggers“ als endlich die Wahrheit. Dabei sollten sie kritischer als je zuvor lesen. Ratcliffe sieht eine fortgesetzte Entwicklung der Art und Weise, wie die Menschen kommunizieren. Blogging ist nicht das letzte neue Ding. Aber es könnte einen interessanten Platz im Kommunikationsumfeld einnehmen, einen, der sich den „Jede Person ist ein Medium“-Vorhersagen der frühen Web-Ära annähert. (14) ... comment |
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