Weblog-Journalismus
Samstag, 17. Januar 2004
Assimilation von Weblogs
Jeff Jarvis hatte sich Gedanken darüber gemacht, wie das Verhältnis zwischen klassischen Medien, Journalismus und Weblogs aussehen sollte bzw. in welcher Beziehung sie zueinander stehen sollten.
„Weblogs sollten von Journalisten und Reportern gelesen werden“. Dies ist die zentrale Aussage von Jeff Jarvis. Weblogs würden neue Informationen aus neuen Quellen hinzubringen. Sie würden zwar nie die klassischen Medien ersetzen können, sie aufwerten und ergänzen aber schon. Ganz besonders interessant fand ich folgende These, die ich im Wortlaut wiedergeben werde:

If you want to know what the people are saying and thinking, you can (a) hire a company to perform very expensive surveys and focus groups and hope they're right, (b) go to the nearest Dennys and eavesdrop and hope you like patty melts, or (c) read weblogs. (4)

Kurz übersetzt meint Jeff Jarvis folgendes:
Wenn Du wissen willst, was die Leute sagen und denken kannst Du (a) ein Unternehmen beauftragen, das teure Studien durchführt und hoffen, dass es richtig liegt, (b) ins nächste Café gehen und horchen, oder (c) Weblogs lesen.
Jeff Jarvis meint weiter, Weblogs produzieren Ideen für Geschichten, seien Anregungen für Berichte, Reportagen etc.

Es müsste als zu einem Austausch und einer Wechselbeziehung zwischen professioneller und privater Recherche und Kommentare bzw. zwischen klassischem Journalismus und Weblog-Journalismus kommen.
Inhalte sollten durch neue Konventionen verfügbar gemacht werden, ohne dass deren Urheberrechte verletzt werden.
Freie Filter sollten eingesetzt werden mit zentralen Taxonomien.
Persönliche Anmerkungen, die öffentlich zugänglich sind, sollten gemacht werden. Auf diesem Weg entsteht ein bewertetes Netz an kontextualisierten Informationen, also Wissen. Dies kann auf diese Weise einen zusätzlichen Pfad der Meinungsbildung darstellen.
Würde es zu dieser Assimilierung der Weblogs kommen, wäre von einer Rekonfiguration des öffentlichen und des Privaten die Rede: zuhause und doch nicht allein. Es würden personenzentrierte Interessensgemeinschaften entstehen abseits geografischer und zeitlicher Einschränkungen, eine Art „vernetzte Individualität“.
Neue informelle und unsichtbare online social networks würden möglich und virtuelle und reale Gemeinschaften würden sich nicht ausschließen.
Das Medium Weblog ist längst Mainstream. Viele Multiplikatoren, vom Journalisten bis zum Media-Einkäufer, lesen die Netztagebücher, um sich über Trends zu informieren.

Weblogs werden im Internet bereits als publizistische Heilsbringer gehandelt. Viele versprechen sich von ihnen „die Zukunft des Journalismus“.
Obwohl sie im Kern noch immer nur eine Mischung aus chronologisch aneinander gereihten, täglich aktualisierten Kommentaren und weiterführenden Links sind, finden vor allem in den USA einige Weblogs grosse Beachtung. Die hohen Erwartungen gründen auf der Idee, dass „Blogger“ zwar Amateur-Journalisten sind, dafür aber Profis in ihrem jeweiligen Fachgebiet; als solche sind sie eher befähigt, einer interessierten Leserschaft relevante Informationen zu liefern als die weniger spezialisierten Journalisten.

Die starke Rückkoppelung mit dem Publikum dank Feedback-Optionen erfüllt zudem - zumindest bei vielgelesenen Weblogs - die Funktion der Qualitätskontrolle, indem Beiträge schnell von einer gut informierten Leserschaft kommentiert und richtiggestellt werden.

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