Transparenz und virtuelle Identitaet Geschäftsmodellinnovationen im Zeitalter von Digitalisierung und Industrie 4.0
magdalena.bieregger.uni-linz, 30. April 2018, 16:25
Der Artikel geht strukturiert auf die möglichen Geschäftsmodellinnovationen im neuen Zeitalter der Digitalisierung ein. Es geht deutlich hervor, dass Märkte mit den neuen Technologien und der smarten Datenverarbeitung nun noch individueller auf Kundenwünsche reagieren können. Geschäftsmodelle können dabei aufgrund von zwei unterschiedlichen Herangehensweisen von der digitalen Transformation profitieren.
1. Evolutionär: durch die schrittweise Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen wobei die grundsätzliche Art und Weise des Leistungsangebotes bestehen bleibt.
2. Revolutionär: durch radikale Änderungen, die die gesamte Geschäftslogik betreffen, bspw. Durch neue interaktive und agile Entwicklungsprozesse, die ein rasches Kundenfeedback berücksichtigen.
Der Artikel untersucht die sieben geeignetsten Geschäftsmodellmuster betreffend der aktuellen Industriellen Revolution hinsichtlich ihres Disruptionspotentzials (eingeteilt in Evolutionär und Revolutionär) sowie ihres Realisierungsgrades in den Unternehmen. Die Ergebnisse zeigen, dass das Thema Geschäftsmodellinnovationen durch Industrie 4.0 und digitale Transformation bei den Unternehmen angekommen ist. Jedoch gibt es sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten in der Umsetzung und im Neuheitsgrad der Geschäftsmodellidee.
Die meisten Unternehmen bevorzugen die schrittweise Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen (evolutionär), da die grundsätzliche Art und Weise des Leistungsangebots bestehen bleibt. Die meisten Ideen und den höchsten Realisierungsgrad weist das Muster der „Smart Automation“ auf. Gefolgt von den Ideen „digitaler Zusatzservices“ deren Realisationsgrad jedoch im Vergleich sehr niedrig ist. Erklärend zum abgebildeten Studienergebnis, werden im Folgenden alle aktuellen Geschäftsmodelle, die auch für die Studie verwendet wurden aufgelistet.
1. Evolutionäre Geschäftsmodellmuster
Smart Automation
Durch Vernetzung Automation und intelligente Optimierung werden Produktions- und Logistikprozesse intelligent Optimiert. Sämtliche Maschinen und Anlagen werden zukünftig noch stärker mit Rohstoffen sowie Halb- und Fertigprodukte kommunizieren und zum Teil auch selbstständig Optimierungsschritte vornehmen.
Beispiel: Plansee (Experten für Komponenten aus Molybdän, Wolfram, Tantal,
Niob und Chrom): Produktionsausstattung mittels smarter Sensorik vor allem im
Bereich Traceability und Trackability zur Bestimmung der Herkunft der Rohstoffe
und zum Aufbau eines smarten Bestandsmanagements (geringe Lagerhaltung,
transparente Dispositionsmöglichkeit) in Kooperation mit Lieferanten.
Digitale Zusatzservices
Mit der zunehmenden Vernetzung und dem Internet of Things können immer mehr digitale Zusatzangebote zu den bereits bestehenden physischen Produkten gemacht werden. Die physische Komponente wird vergleichbar günstig angeboten, der Zukauf der digitalen Services soll den Kunden dazu bringen noch mehr auszugeben. – Der Kunde profitiert dabei von einem variablen Angebot, das sich speziell an seine Bedürfnisse anpasst.
Beispiele: Digitale Zusatzservices: Tesla bietet (zum Teil kostenlose) Softwareupdates (zum Beispiel Autopilot), Atomic Custom-Online Shop (Kunde wird zum Designer und gestaltet sich eigenen Ski).
Eine weitere Variante ist das Freemium-Modell. Hier wird beim Kauf des physischen Prudkuts ohne Zusatzkosten ein digitaler Basisservice bereitgestellt. Das kostenlose Basisangebot soll viele Kunden anziehen, um einer kleineren Kundengruppe ein kostenpflichtiges „Premium Angebot zu verkaufen“.
Freemium: Dropbox (viele Nutzer der kostenlosen Basisversion, bei Bedarf von mehr Speicherplatz oder zusätzlichen Funktionen wird ein kostenpflichtiges Modell angeboten).
Connected Products und Data-driven Services
Durch die sensorbasierte Erfassung von Daten vernetzter Produkte wird eine Vielzahl an Informationen generiert. Daraus lassen sich Aussagen zur Zuverlässigkeit der Anlage ableiten, Ausfallrisiken bewerten und Entscheidungen für die Verbesserung der Planung von Prozessen ableiten. Mit diesen Daten können bestehende Services optimiert und neue Services wie beispielsweise Fernwartung entwickelt werden.
Object Self-Service
Bei diesem Geschäftsmodell geht es weniger um den Kundennutzen und mehr um die verursachten Kosten. Beispielsweise passieren jetzt autonome Nachbestellungen von Vorprodukten, Rohmaterialien oder Ersatzteilen. Auch das Vendor Managed Inventory (VMI) fällt in dieses Muster. Hierbei übernimmt der Lieferant die Verantwortung über den Lagerbestand seiner Produkte beim Kunden. Mit der entsprechenden Sensorik und Vernetzung über das IoT werden die Lagerbestände überwacht und lösen völlig automatisiert Nachbestellungen aus.
2. Revolutionäre Geschäftsmodellmuster
Everything-as-a-Service
Ein völlig neues Muster bei dem alle Leistungen eines Unternehmens als Service zur Verfügung gestellt werden und konsumiert werden können. Über Value as a Servise bis zu Plattform as a Service werden beispielsweise Software-Entwicklerplattformen als Komplettangebot aller Services von Server, Speicher, Netzwerk, Datenbank, Entwicklung, Verzeichnis, Verwaltung ec. angeboten.
Pay-per-X
Ein weiteres Muster radikaler Veränderung geht weg vom Besitz eines Produkts hin zur bedarfsabhängigen Nutzung. Der Kunde bezahlt nach der tatsächlich konsumierten Leistung bspw. Nach gefertigten Quadratmeter oder Betriebsstunden. Durch die Vernetzung der Produkte sowie Anlagen und Prozesse wird die Bepreisung der Produkte und Services in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzungsintensität ermöglicht. Beispiel hierfür sind auch alle Sharing-Modelle.
Digital Lock-In
Es wird versucht den Kunden in Ökosystem „einzuschließen“ um den Wechsel zu einem anderen Anbieter deutlich zu erschweren. Mit Zugangsbeschränkungen wie Zertifizierungen oder der Bereitstellung für einen geschlossenen Kundenkreis, lassen sich solche „Lock-In“ Modelle realisieren. Beispielsweise wird hier auch der Wandel vom reinen Produktverkauf zum Produkt-Service-Bündel genannt. Beispielsweise kann ein Tool zum Instanthaltungsmanagement kostenlos angeboten werden welches der Kunde bei einem Wechsel nicht mehr verwenden könnte.
Handlungsempfehlungen für die erfolgreiche Realisierung digitaler Geschäftsmodellinnovationen
• Digitale Transformation in Unternehmensstrategie integrieren.
Die Analyse zeigt, dass es sehr riskant ist das digitale Thema zu negieren da mögliche Wettbewerbsvorteile verspielt werden.
• Mit Stakeholdern im Wertschöpfungsnetzwerk technisch-inhaltlich abstimmen.
Vermeiden, dass andere Akteure substituieren und möglichst frühzeitig, pro-aktiv abstimmen.
• IT- und Datensicherheit proaktiv sicherstellen.
Die Bedeutung von IT- und Datensicherheit steigt in Zeiten des Industrial IoT weiter an und hat neben technischen auch wettbewerbliche Auswirkungen. Schließlich muss diese auch unternehmensextern hin zu Lieferanten und Kunden sichergestellt werden. Vertiefte Kooperationen werden nur mit Partnern eingegangen, die den Hausaufgaben in IT- und Datensicherheit gewachsen sind.
• Eigene Datenstrategie entwickeln.
Sie entscheidet über den Platz eines Unternehmens im Wertschöpfungsnetzwerk und der First-Mover-Advantage ist in digitalen Strategien besonders stark ausgeprägt.
• Aktive Kommunikation mit Mitarbeitern.
Mitarbeiter müssen in Digitalisierungsprojekte integriert werden, nur dann können sie auch ihre Anforderungen sinnvoll einbringen und zum Erfolg der digitalen Transformation beitragen.
• Weiterbildungsmaßnahmen für Mitarbeiter.
• Neue disruptive Geschäftsmodelle als Intra-Entrepreneurship treiben.
Gerade die digitale Transformation birgt ein absolut disruptives Potenzial welches für rein passive Akteure nicht unterschätzt werden soll. Innerhalb eines Unternehmens getrennt vom Kerngeschäft soll auf die Wachstumschancen eingegangen werden.
Fazit
Ich habe den Artikel gewählt, da ich die Auseinandersetzung mit den aktuellen Geschäftsmodellinnovationen sehr spannend finde. Der Artikel spricht auch davon, dass unter Berücksichtigung der Digitalisierung, Unternehmensintern eine höhere Transparenz bezugnehmend auf die Mitarbeiterkommunikation notwendig ist. Mitarbeiter müssen in Digitalisierungsprojekten „mitgenommen“ werden, um erfolgreich auf die digitale Transformation reagieren zu können. Das impliziert möglicherweise auch Veränderungen in den Führungsprinzipien und führt von der bisher hierarchischen Struktur weg, hin zu einer gleichgestellten „Basar“ Struktur.
Begutachtet man die angebotenen Endprodukte auf den Märkten, lässt sich feststellen, dass die Digitalisierung, ein noch nie so transparent dagewesenes Produkt anbieten kann. Ein smartes Bestandsmanagement basierend auf smarter Sensorik ermöglicht geringere Lagerbestände und kann zusätzlich die Herkunft der Rohstoffe bis ins Detail nachvollziehen. Auch in der Kostenrechnung bieten vernetzte Produktionsanlagen und -prozesse, Unternehmensintern mehr Transparenz. Beispielsweise wird die Bepreisung der Produkte und Services in Abhängigkeit von der tatsächlichen Nutzungsintensität ermöglicht – was eine transparentere Preisgestaltung sowie auch Produktionsplanung ermöglicht. Die sensorbasierte Erfassung von Daten vernetzter Produkte bieten Transparenz für den Produzenten, er kann jetzt eine Vielzahl an Informationen ableiten, beispielsweise über die Zuverlässigkeit einer Anlage oder Ausfallrisiken. Die Frage ob Digitalisierung die Transparenz fördert kann jedoch nicht zur Gänze Bejaht werden. Die Sensorik und Vernetzung über das Internet of Things bringen für den Produzenten auch völlig intransparente Leistungen wie beispielsweise autonome Nachbestellungen und Optimierungen. Diese Erleichterungen sind vom Menschen nun als gegeben hinzunehmen und nur mit Codeauslesungen nachzuvollziehen.
Zukünftig ist bereits festzustellen, dass die Möglichkeiten der Industrie (bsp. Tracking der Herkunft) auch vom Kunden nachgefragt werden. Der Kunde möchte mehr Transparenz im Produkt und auch aktuelle Geschäftsmodellentwicklungen tendieren in Richtung Bezahlung nach tatsächlich konsumierter Leistung. Der Kunde will individuell auf ihn abgestimmte Produkte und die Industrie liefert ihm einen Entwicklungsprozess mit integrierten Kundenfeedbacks. Für mich ergibt sich hier ein widersprüchliches Ergebnis bezugnehmend auf die Kunden die zum einen vor der Datenpreisgebung scheuen und nach Datentransparenten Produkten nachfragen.
Quelle:
Lassnig, M., Stabauer, P., Breitfuß, G. et al. (2018): Geschäftsmodellinnovationen im Zeitalter von Ditigalisierung und Industrie 4.0. HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik; Volume 55; S.284-296.
Automatisierung vs. Transparenz
marian.limberger.uni-linz, 2. Mai 2018, 07:53
Entsteht nicht durch die Automatisation, vorallem bei Lagerbeständen, totale Intransparenz. Das System bestellt ja logischerweise dort nach, wo es das Produkt zum günstigsten Preis und zum notwendigen Zeitpunkt erhält. Das heißt, es wird die Lieferkette verändert und der Mensch kann erst im nachhinein feststellen, dass das System vielleicht bei einem Lieferanten bestellt hat, der qualitativ schlechtere Produkte liefert, als ein anderer. Hier entsteht eine Verselbständigung der Systeme!
Abhängigkeit durch hohen Automatisierungsgrad
gertrude.dienstl-ottensamer.uni-linz, 2. Mai 2018, 22:36
Durch die Automatisierung bzw. Digitalisierung können viele Prozesse mit Sicherheit effizienter gestaltet werden. Jedoch muss man sich auch bewusst sein, dass man durch diese hohe Automatisierung abhängig vom System wird.
Neben Sicherheitsaspekten wird meiner Meinung auch das Risikomanagement an Bedeutung gewinnen.