Propaedeutikum Webwi Web als Teil der nächsten gesellschaftlichen Evolutionsstufe?

christoph.koch.uni-linz, 26. Dezember 2013, 11:17

Das Internet wird immer menschlicher, keine Frage. Denn es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass immer mehr menschliche Kontakte im Internet gefunden und gepflegt werden und dies besser funktioniert als je zuvor. Führt dies eventuell so weit, dass Gesellschaft an sich irgendwann nur noch digital ist? Wird möglicherweise der wöchentliche Stammtisch in die jeweils eigenen Wohnzimmer verlegt? Die Zukunft wird es zeigen.

 

Blicken wir etwas zurück - bzw. gibt es noch heute Länder mit dieser Gesellschaftsform - der Agrargesellschaft (Q1). Hier wird in der Regel für den Eigengebrauch produziert und die Arbeitsstätte ist meist auch Wohnstätte. Dienstleistungsberufe sind häufig nicht nötig. Aufgrund der Selbstversorgung und der geringen Überschüsse findet auch beinahe kein Handel statt. Erst mit dem Einsetzen von Technik im Zuge der industriellen Revolution werden Überschüsse und Handel ermöglicht. Die in der Landwirtschaft entfallenen Arbeitsplätze wurden dafür in der aufstrebenden Industrie benötigt. Durch eine Abwanderung in die Städte wurde die Industriegesellschaft geschaffen. Wie anfangs angesprochen sind Agrargesellschaften heute nur noch in schlecht entwickelten Ländern zu finden, welche hauptsächlich nur noch von Subventionen anderer leben.

 

Die Industriegesellschaft ist geprägt durch das größere Maß an Arbeitsteilung, der räumlichen Trennung von Arbeits- und Wohnstätte (Q2). Von einer Entfremdung von der Arbeit sowie einer Trennung von „Kopf und Hand“ war und ist hier die Rede. Schließlich musste beispielsweise der Schuster die Kunst der Schuhherstellung nicht mehr beherrschen, sondern in seinem Arbeitsschritt nur noch die Sohle aufkleben, der nächste die Ösen nieten usw. (Q3)

 

Der nächste Schritt dieser gesellschaftlichen Evolution war die sogenannte Informationsgesellschaft.

 

„Informations- und Kommunikationstechnologien beeinflussen viele Bereiche des privaten und wirtschaftlichen Lebens. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und somit die Entwicklung einer Informationsgesellschaft werden auf europäischer Ebene als Hauptantriebskräfte für die Veränderung von Gesellschaft und Wirtschaft gesehen und gelten als ausschlaggebend für die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft.“ (Q4)

 

Grafik: Stufen der gesellschaftlichen Evolution (1991) (Q6), bearbeitet.

 

Im Jahre 1991, als diese Grafik erstellt wurde, zeichnete sich möglicherweise noch nicht ab, wie die nächste Stufe aussehen würde. Heute kann man stark davon ausgehen, dass dies die sogenannte Internetgesellschaft ist. In Anbetracht der technischen Entwicklungen der letzten hundert Jahre (man vergleiche den Morde-Code mit der Festnetztelefonie und diese wiederum mit den Smartphones oder das Radio mit dem Fernsehen und dieses wiederrum mit diversen Channels im Netz, Youtube usw.) ist zu erkennen, dass es immer schneller zu technischen Innovationen kam. Heute erfolgt quasi jede digitale Informationsbeschaffung über den Daten-Highway. (Q5) Und trotzdem steckt das Internet noch in den Kinderschuhen.

 

Klar bringt das Internet viele Vorteile wie auch Nachteile. Neben der Art, sich leicht Informationen beschaffen zu können, so barrierefrei wie nie zuvor Kommunizieren zu können, die riesige Branche rund um E-Commerce inkl. der Schaffung neuer Arbeitsplätze und der Erleichterung des Lernens gehen auch Nachteile damit einher. Aber betrachtet man die Internetgesellschaft tatsächlich als nächste Entwicklungsstufe, muss man wohl damit leben. Denn auch die Industrialisierung brachte neben vielen Vorteilen wie Arbeitsplätze, Wohlstand und Beginn sozialer Absicherungen Nachteile, Stichwort Ausbeutung.

 

Eine Kollegin erläutert in ihrem Beitrag den Weg vom Web 1.0 zum Web 2.0, das Web 3.0 oder „semantic web“ ist noch Zukunftsmusik – doch wie lange noch? Internet ist außerdem nicht nur Teil der Gesellschaft, sondern auch der Wirtschaft, Politik und Kultur.

 

In Bezug auf die These der Aufgabenstellung bin ich der Meinung, dass es nicht zu beantworten ist, ob das Verhalten oder Trends in der Gesellschaft Einfluss auf künftige Phänomene des Webs wie im Falle der Technik ausüben. Schließlich kann es als Teil der gesellschaftlichen Evolution angesehen werden – ohne Technik kein Web. Außerdem herrscht eine Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Web. Denn das Web gibt in der heutigen Zeit der Gesellschaft ihren Charakter und gibt die Gesellschaft dem Web seinen Charakter und Anstöße für zukünftige Entwicklungen. Wo dies genau hinführt konnte man genauso wenig zu Beginn der Agrar-, Industrie- oder Informationsgesellschaft sagen können.

 

Quellen:

(Q1) Agrargesellschaft, url:

http://www.gesellschafteninfo.de/agrargesellschaft.html

 

(Q2) Industriegesellschaft – Historisches Lexikon der Schweiz. url:

http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D25614.php

 

(Q3) Friedel-Howe, Heidrun (1981): Entfremdung in der Industriearbeit. S.19. url: http://bit.ly/1ecLtX8

 

 (Q4) Informationsgesellschaft – Statistik Austria. url:

http://www.statistik.at/web_de/statistiken/informationsgesellschaft/

 

(Q5) Die Internet-Gesellschaft. url:

http://www.stern.de/digital/online/soziale-netze-die-internet-gesellschaft-656970.html

 Grafik:

Stufen der gesellschaftlichen Evolution, in: Nefiodow, Leo A. (1991): Der fünfte Kontratieff.

 

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