Webkommunikation Klassischer Journalismus Teil 3
christoph.koch.uni-linz, 7. Mai 2014, 19:15
Autor: Clemens Sunitsch
Redigieren und journalistische Darstellungsformen
Redigieren
„Schreibende Journalisten sind seltener als redigierende“, wie Wolf Schneider und Paul-Josef Raue behaupten, weshalb es als Thema zum klassischen Journalismus nicht weggelassen werden darf.
Der Begriff wird im Journalismus weitgehend sehr unterschiedlich ausgelegt, doch treffen folgende Punkte nach La Roches Definition, die Tätigkeit sehr präzise. :“Auswählen, Bearbeiten und Präsentieren des Stoffes in der dem Medium entsprechenden Form“ ( vgl. Müller 2011).
(Darstellung: Müller 2011: 314)
Die von Redaktionen redigierten Meldungen stammen aus den unterschiedlichsten Quellen. Diese reichen von
-Nachrichtenagenturen
-freien Mitarbeitern
-Korrespondenten
bis hin zu
-Regierungsstellen
-Behörden
-Unternehmen
-Verbänden und ähnlichem.
Auch das Umschreiben oder Verschriftlichen von Meldungen aus
-anderen Medien
gehört dazu.
Dies bietet Angriffsfläche für Kritiker, die Redigieren als minderwertigen Journalismus bezeichnen. Jedoch lässt sich dem Publikum, ohne die Nutzung von fremden Quellen, kaum ein umfangreiches und qualitativ hochwertiges Informationsangebot darbieten.
Redigieren ist ein bisschen wie Kochen. Es geht darum mit verschiedensten Zutaten sein eigenes Gericht richtig abzuschmecken.
Das Thema, über das berichtet werden soll, steht hierbei bereits fest. Um den Nutzern eine rundum aktuelle, verständliche, transparente und vollständige Nachricht liefern zu können, bedient man sich
meist mehreren unterschiedlichen Quellen (vgl. Müller, 2011, S. 313-317):
Des Weiteren müssen übernommene Nachrichten überprüft werden, um peinliche Fehlmeldungen zu vermeiden. Daher sind zwei weitere wichtige Punkte des Redigierens: (vgl. Burkhard 2009, S. 85; Müller 2011, S. 317)
-Plausibilität der Nachricht
-Richtigkeit (z.B. bei Zahlen)
-Fakten- Check
-ergänzende Recherche.
Diskussionsfrage (A4):
Der Hauptteil der Arbeit von Redaktionen besteht aus Redigieren und immer weniger im veröffentlichen von eigenständigen Nachrichten.
Wie bewertet ihr in diesem Zusammenhang den Wert und die Daseinsberechtigung von Redaktionen?
Klassische Darstellungsformen
Nach der Recherche müssen JournalistInnen ihre Ergebnisse für das Publikum aufbereiten und möglichst dessen Interesse wecken.
Dabei ist als Schlüsselqualifikation das Bescheid wissen über die klassischen Darstellungsformen bzw. journalistischen Textgattungen zu sehen, worauf ich im Folgenden eingehen werde.(vgl. Burkhard 2009, S. 193)
Wahl der Darstellungsform
Folgende Vorgaben spielen eine sehr zentrale Rolle bei der Wahl der Darstellungsform des Journalisten: (vgl. Burkhard 2009, S.193f; Neuberger 2013, S.45)
-Das Medium
Hierbei stellen sich die Fragen in welchem Medium, in welcher Rubrik und in welchem Umfang über ein Ereignis berichtet werden soll.
-Das Thema
Welche Art und Relevanz hat das Thema? Bei sehr wichtigen Themen werden unterschiedliche Darstellungsformen gemeinsam eingesetzt. JournalistInnen müssen sich darüber klar werden, wie die Information am besten zu vermitteln sind.
-Öffentlicher Auftrag der Autoren
Fragen zur Darstellung von gesellschaftlichen Vorgängen (auch über das Thema hinaus) sind zu klären, wie ob eher eine individualistisch-subjektive oder faktizierend-objektive Perspektive gewählt werden soll.
-Zielgruppe
Hier stellen sich Fragen, wie zum Beispiel das Publikum am besten angesprochen werden können und auf welche publistische Wirkung abgezielt wird.
Die Nachricht
Sie ist die häufigste Darstellungsform und zumeist auch die kürzeste. Dabei zählen Faktenorientierung und Sachlichkeit zu den goldenen Regeln. Wenn sie auch meist, auf Grund der Dringlichkeit, schnell verfasst wird müssen die Kriterien der Objektivität eingehalten werden:
-alle Fakten müssen stimmen
-alle Seiten eines Ereignisses müssen aufgezeigt werden
-keine wertenden Elemente
Des Weiteren kann zwischen der etwas kürzeren Form der Meldung (bis zu 30 Zeilen) und der längeren Version, dem Bericht, unterschieden werden.
Beide haben gemeinsam, dass sie nach einem streng hierarchischen Aufbau das Prinzip der umgekehrten Pyramide verwenden. Und dem entsprechend das Wichtigste zuerst Erwähnung findet. Dies ist nicht nur übersichtlicher, sondern erleichtert auch ein eventuelles Kürzen.
Ob das Wichtigste enthalten ist, wird anhand der W- Fragen beurteilt:
Wer? → Beteiligte
Was? → Art des Ereignisses, Ablauf des Geschehens
Wann? → Zeitangabe
Wo? → Ortsangabe
Wie? → genauere Erläuterung des Geschehens
Warum? → Ursache des Ereignisses
Welche Folgen? → Wirkungen
Woher? → Quellenangaben
Diese Fragen ist vom Journalisten im Einstiegssatz, dem sogenannten Lead zu beantworten.(vgl. Burkhard 2009, S.195; Neuberger 2013, S.46f)
Der weitere Aufbau sieht wie folgt aus:
Das Feature
Diese Form ist gewissermaßen eine Mischform der klassischen Darstellungsformen, eine die immer beliebter wird und, hinter der Nachricht, auf Platz zwei der häufigsten Anwendungen landet und andere zunehmend ersetzt.
Nicht selten wird sie mit der Reportage verwechselt, hat aber im Gegensatz dazu, weniger konkrete Ereignisse oder Personen, sondern allgemeine Vorgänge und Hintergründe im Fokus.
Features werden oft mit aktuellen Informationen zu Ereignissen aus Nachrichten angefangen, quasi als Aufhänger.
Für eine lebendigere und anschaulichere Gestaltung des Themas werden einzelne Szenen geschildert, also eine Beispielhafte Darstellung, wie sie in Reportagen verwendet wird.
Darauf folgen allgemein Hintergrundinformationen um Zusammenhänge aufzuzeigen. Darauf werden kontroverse Meinungen, zum Beispiel aus Umfragen oder Interviews verwendet, um eine gewisse Würze hineinzubringen. Und zu guter Letzt werden, ähnlich zu Reportagen, dramatische, lokale Szenen geschildert, um das Publikum direkt anzusprechen. (vgl. Müller 2011, S.365ff)
Die Reportagen
In dieser klassischen Darstellungsform ist die Schilderung des jeweiligen Ereignisses aus der Sicht der JournalistInnen zentral, was eine persönliche Inaugenscheinnahme des Geschehens voraussetzt.
Im Gegensatz zu einer sachlichen Berichterstattung werden hierbei auch Gefühle und subjektive Eindrücke mit eingebaut. Die szenischen Beschreibungen sollen beim Publikum das Gefühl erzeugen, selbst dabei gewesen zu sein und Emotionen und Spannungsbögen verstärken dies.
Der Aufbau ist anders als bei der Nachricht nicht hierarchisch sondern dramaturgisch angelegt, also wird das Geschehene in chronologischer Abfolge erzählt.(vgl. Müller 2011, S.361f; Neuberger 2013, S.50)
Das Interview
Das Interview als Darstellungsform wird dann eingesetzt, wenn es auf Grund der Wichtigkeit der interviewten Person oder der Sache auf jedes Wort und die Art und Weise wie etwas gesagt wird ankommt.
Erfolgen können Interviews persönlich, telefonisch oder auch schriftlich.(vgl. Müller 2011, S.371f)
Wichtiger ist dabei die Prägnanz des Textes, also die absolute Worttreue. Unvollkommene Grammatik, Wiederholungen oder Worthülsen werden verbessert oder weggelassen, solange dabei der Inhalt nicht verfälscht wird. (vgl. Burkhard 2009, S.204)
Der Kommentar
Im Gegensatz zu den anderen Darstellungsformen, wo es darum ging das Publikum mit Fakten zu Informieren, ist beim Kommentar die Meinung der JournalistInnen gefragt. Allerdings muss diese mit einer klaren Argumentation erfolgen und sollte nicht ohne allgemeine Zusatzinformationen zu einem Sachverhalt präsentiert werden.
Mit dem Kommentar sind wichtige Aufgaben der Journalisten, wie Kritik und Kontrolle der Politik verbunden. (siehe dazu Wächterfunktion)
Wichtig ist hierbei die klare Kennzeichnung der eigenen Meinung als solche, was bei Zeitungen in der Regel unter anderem durch die Platzierung in eigenen Rubriken passiert. (vgl. Neuberger 2013, S.53; Müller 2009, S.378ff)
Quellen zum Abschnitt „Geschichtliche Entwicklung Begriffsdefinition und Funktionen von JournalistInnen“:
Bundesagentur für Arbeit – Berufenet: Journalist. url: http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/, Zugriff: 29.4.2014.
Bundeszentrale für politische Bildung: Funktionen der Massenmedien. url: http://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/NuN_06_Funktionen%20der%20Massenmedien.pdf, Zugriff: 2.5.2014.
Burkhard, Steffen (2009): Praktischer Journalismus, Oldenbourg-Wissenschaftsverlag. url: http://bit.ly/RepWHT, Zugriff: 2.5.1014
Herder: Haben Medien noch eine Wächterfunktion? url: http://bit.ly/SjF5Zx, Zugriff: 2.5.2014.
Hömberg, Walter (o.J.): Brauchen wir noch Journalisten? Ein Blick zurück nach vorn. url: http://www.mediendaten.de/fileadmin/Texte/Hoemberg04.pdf, Zugriff: 29.4.2014.
Lünenborg, Margreth (2005): Journalismus als kultureller Prozess – Zur Bedeutung von Journalismus in der Mediengesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften. url: http://bit.ly/SjyCxG, Zugriff: 1.5.2014.
medianet: Wächterfunktion. url: http://www.medienhaus-wien.at/cgi-bin/file.pl?id=328, Zugriff: 2.5.2014.
Müller, Horst (2011): Journalistische Arbeitstechniken. Journalistische Grundlagen, Journalistische Arbeitstechniken, Journalistische Darstellungsformen. Reihe “Mediengestützte Wissensvermittlung” Band 5.
Neue Züricher Zeitung: Die neuen Meinungsmacher – Wir denkfaulen Journalisten. url: http://bit.ly/PnAq6F, Zugriff: 1.5.2014.
Quellen zum Abschnitt „Journalistische Verantwortung, Inhalte und Informationsquellen“:
Bölke, Dorothee (2014): „Ob Journalisten Ethik brauchen ist nicht die Frage“, http://www.akademie-fuer-publizistik.de/ethikrat/themen-bisher/wozu-journalistische-ethik.
Neuberger, Christoph/Kapern, Peter (2013): Grundlagen des Journalismus. Springer: Wiesbaden.
collabor.idv.at (2014): Massenkommunikation. http://collabor.idv.edu/webkomm14s/stories/48114.
Müller, Horst (2011): Journalistische Arbeitstechniken. Journalistische Grundlagen, Journalistische Arbeitstechniken, Journalistische Darstellungsformen. Reihe “Mediengestützte Wissensvermittlung” Band 5.
presserat.at (2014): Grundsätze für die publizistische Arbeit (Ehrenkodex für die österreichische Presse) http://www.presserat.at/show_content.php?sid=3.
Rechtsinformationssystem: Österreichisches Mediengesetz.
Quellen zum Abschnitt „Redigieren und journalistische Darstellungsformen“:
Burkhard, Steffen (2009): Praktischer Journalismus, Oldenbourg-Wissenschaftsverlag. url: http://bit.ly/RepWHT, Zugriff: 3.5.1014.
Müller, Horst (2011): Journalistische Arbeitstechniken. Journalistische Grundlagen, Journalistische Arbeitstechniken, Journalistische Darstellungsformen. Reihe “Mediengestützte Wissensvermittlung”.
Neuberger, Christoph/Kapern, Peter (2013): Grundlagen des Journalismus. Springer: Wiesbaden.
A4
alexander.forstner.uni-linz, 7. Mai 2014, 18:52
Ich bin nicht der Meinung, dass durch das redigieren auch das eigene Erstellen der Quellen aussterben wird, es werden eher die Personen oder die Organisationen mehr die redigieren, aber nicht die der die quellen selbst erstellen.
A4 Bündelung von Quellen
sarah.hinterreiter.uni-linz, 7. Mai 2014, 19:07
Je weniger Quellen verwendet werden, desto mehr überlässt man den wenigen Quellen Manipulation an Informationen. Ein vereinfachtes Beispiel ist hierfür der Tratsch. Eine Persone beobachtet etwas und hat dadurch die Möglichkeit die Informationen beliebig weiterzu geben, da es keine weiteren Zeugen gibt. Man Informationen spannender und sehr subjektiv weitergeben. Haben jedoch mehr Menschen die gleiche Beobachtung gemacht. So werden einem unterschiedliche Standpunkte vermittelt und hat so die Möglichkeit Überschneidungen von Meinungen zu finden.
A4
rainer.kroisamer.uni-linz, 14. Mai 2014, 10:40
Das Redigieren hat meiner Meinung nach vor allem im Online-Journalismus nicht nur eine große Bedeutung, sondern bis zu einem gewissen Grad auch eine Daseinsberechtigung ==> die vielzahl der Quellen, der leichte Zugang zu Quellen und die leichte Dirigierbarkeit von Arbeitsschritten durch moderne Kommunikationsmittel.
Im Print-Bereich sehe ich die Sache naturgemäß anders. Der Qualität von Berichten und dem Ansehen des Blattes zuliebe sollte hier vermehrt eigenständiges Material produziert werden (im Sinne von Recherche und Geschriebenem).