Webkommunikation Code der Jugendlichen
christoph.koch.uni-linz, 3. Juni 2014, 09:55
Ich beschäftige mich, da eine klare Abgrenzung einzelner Code-Zuordnungen schwer bis kaum möglich ist, primär damit, wie Jugendkommunikation im Web 2.0 aussieht, wie das Web 2.0 zum jugendkulturellen Raum wird und wie es um die großen, jugendkulturellen Bewegungen steht.
Es wurde ja bereits erwähnt, dass es sich bei typisch jugendlichem Verhalten („DAS“ Verhalten gibt es nicht, wie ein Kollege erklärt hat) um eine Art Abgrenzung, ja Abnabelung der Eltern im pubertären Alter ist. Wenn sich die Menschen mittels MTV und sozialer Netzwerke jugendliche Trends in das globale Jugendzimmer holen, geht es weniger um die um die Veränderung des Establishments, wie es die in der Aufgabenstellung zitierte „Flower-Power-Bewegung“ versuchte bzw. unternahm. Der aus den 1970ern und 80ern bekannte Generationenkonflikt ist daher überholt. Denn durchaus sind Eltern heute darum bemüht, die „Ticks“ ihrer Jugendlichen zu verstehen und Verständnis dafür zu zeigen. Und obwohl die heutige Jugend meist als Speerspitze der Spaßgesellschaft angesehen wird, stehen solide Werte wie feste Freundschaften und Paarbeziehungen sowie ein sicherer Arbeitsplatz ganz oben. Da Jugendliche ihre Eltern im Alltag jedoch häufig überfordert erleben, macht sie das als Vorbilder wenig attraktiv. Vielmehr wird daher unter anderem das Internet als „heimlicher Erzieher“ der heutigen Jugend bezeichnet. [Q1]
Und hier kommen wir zum Thema „Web 2.0“: schließlich steigt mit zunehmendem Jugendalter auch die Beteiligung an Web 2.0-Angeboten. Unter den angenommenen Aufgaben nimmt hier vorrangig die Pflege sozialer Beziehungen Zeit in Anspruch. Und diese interaktiven Erfahrungen prägen auch entscheidend die sozialen Kompetenzen der Jugendlichen mittels „Peer-to-peer-Kommunikation“, also unter Gleichen. Durch diese verstärkte Bindung zu Gleichaltrigen innerhalb der Online-Aktivitäten entsteht ein jugendkultureller Raum, frei von elterlicher und pädagogischer Kontrolle. Und in diesem Raum drückt man sich mittels jugendspezifischer Codes, um sich nach draußen hin zu verschließen. Denn wer diese Codes nicht beherrscht, wird schlichtweg ignoriert. [Q2]
Ferchhoff [Q3: 204] ist der Meinung, dass die großen, einheitsbezogenen und generationsspezifischen jugend(sub)kulturellen Bewegungen vorbei zu sein scheinen. Und das aus zweierlei Gründen: zum einen hat ein Wandlungsprozess von sozial-milieuspezifischen Jugendkulturen zu eher individualitätsbezogenen Jugendkulturen stattgefunden. Diese haben sich extrem ausdifferenziert und lassen auch Stilvermischungen zu, in Onlinebezügen genauso wie in medialen Parallelwelten. Andererseits verschwimmen die Grenzen ehemaliger Jugendkulturen durch die schnelle, mainstreamaffine Vermarktung, aber auch durch die Tatsache, dass zunehmend ästhetische Zeichen, Symbole und Codes spezifischer Jugendkulturen von Erwachsenen übernommen, besetzt und entleert werden, weil ihnen, allein schon bedingt durch das Lebensalter, der inhaltliche Bezug zu den Jugendkulturen fehlt. Ich möchte an dieser Stelle an die häufig zitierte „Krise des Erwachsenseins“ erinnern.
Angesichts dieses Wandlungsprozesses sowie der schnellen Wechselzyklen von Jugendkulturen macht meines Erachtens eine momentbasierte Einordnung und Typologisierung von Jugendkulturen und ihren Merkmalen weinig Sinn. Schließlich können in Literatur erwähnte Jugendkulturen mit ihren speziellen Codes schon wieder der Vergangenheit angehören, oder sich Jugendkulturen entwickelt haben, welche bisher noch keine Erwähnung gefunden haben. Bei der Recherche fiel mir auf, dass ohnehin nicht auf gruppenspezielle Codes hingewiesen wird, weil es diese möglicherweise nicht gibt? Sollen nun im Zuge einer Webseitenerstellung oder einer Werbekampagne für eine bestimmte Zielgruppe Codes gefunden werden, bedarf dies aufgrund der gegenwärtigen Ausdifferenzierung von Jugendkulturen und verschiedenen Stilmischungen einer eigenen, bedarfsorientierten Analyse. Grundsätzlich bin ich jedoch der Meinung, dass es diese speziellen Codes nicht gibt. Zu sehr sind diese individualitätsbezogen.
[Q1] Typische Verhaltensweisen der Jugend, Psychologie-News. url: http://psychologie-news.stangl.eu/117/117, Zugriff: 28.5.2014.
[Q2] Poli, Daniel: Digitale Jugendbildung am Beispiel der Kampagne watch your web. url: http://www.kinderundmedien.at/fileadmin/user_upload/Bibliothek/dig_Jugendbildung_Poli.pdf, Zugriff: 28.5.2014.
[Q3] Ferchhoff, Wilfried: Jugend und Jugendkulturen Im 21. Jahrhundert: Lebensformen und Lebensstile. url: http://bit.ly/1roFZn1, Zugriff: 28.5.2014.
Ich bin dahingehend deiner Meinung
rainer.kroisamer.uni-linz, 4. Juni 2014, 15:28
als dass ich grundsätzlich hinterfragt habe ob es so etwas wie einen "Code" tatsächlich gibt oder ob man deshalb nur von Code spricht, wenn man etwas nicht versteht. Ich bin zu der Auffassung gekommen dass beim sogenannten Code der Jugendlichen hauptsächlich über deren Sprachgewohnheiten diskutiert wurde und Sprache, als etwas sich stetig Wandelndes, ein Kulturgut darstellt. Ich würde also nicht vom Code der Jugend sprechen, sondern von der Jugendkultur die sich besonders über die Sprache manifestiert. Auch du bist zu diesem Begriff gelangt. Jugendsprache hingegen, wie auch du in deinem Beitrag feststellst, ist individuell, innerhalb von Gruppen, regional oder in anderen Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Die eine Jugendsprache gibt es nicht, wie auch ich in meinem Beitrag erfasst habe.