Privacy And Pricing Personal Information

jasmin.hopf.uni-linz, 23. November 2016, 17:31

Der nachstehende Text ist eine Zusammenfassung des Artikel „Privacy and pricing personal information“ von Jeevan Jaisingh, Jack Barron, Shailendra Mehta und Alok Chaturvedi aus dem Jahr 2006, erschienen im European Journal of Operational Research 187 (2008), 857-870.

 


Einleitung


Mit dem Einhergehen des E-Commerce ist es auch möglich geworden, so ziemlich alle Daten von Konsumenten im Internet zu sammeln.

„Data Collection is the dominant activity of commercial web sites. Nearly 92 percent of them collect personal data from web users, which they can aggregate, sort and use.”(Lessig, 2002)

Laut einigen amerikanischen Studien fürchten sich die Amerikaner am meisten vor dem Verlust ihrer Privatsphäre im Internet. Auf der anderen Seite stellen private Informationen über Konsumenten einen besonderen und auch finanziellen Wert für Unternehmen dar. Noch nie war Targeted Marketing (zielgerichtetes Marketing) so wichtig wie heute. Durch einfache Mitteln, zum Beispiel Mitgliedskarten, wird der Kunde dazu angetrieben seine persönlichen Informationen preiszugeben. Diese Daten werden dann an Dritte weitergegeben (durch eine Gebühr verkauft). Der Konsument bekommt daraufhin für ihn optimal zugeschnittene Werbung, auch als One-to-One Marketing bezeichnet (vgl. ebd., S. 858).

 

Unternehmen, die technisch dazu in der Lage sind Kundendaten zu sammeln, können mit diesen Informationen verschiedenartig umgehen. Der Artikel zeigt auf ob und wann es für ein Unternehmen (z.B. Lebensmittelgeschäft) sinnvoll ist eine Strategie zu verfolgen bei der es nie Kundendaten sammelt oder bei der es immer Kundendaten sammelt und diese an Drittanbieter (z.B. Hersteller eines Lebensmittels) weitergibt. Ebenso zeigt die Studie durch Berechnungen auf, welche Preise ein Unternehmen für seinen Service verlangen soll in Bezug auf den persönlichen Wert der Privatsphäre (von Konsument zu Konsument unterschiedlich) und in Bezug auf die Wichtigkeit der Konsumentendaten für Drittanbieter. Es werden dabei ein Internetdienstleistungsanbieter und ein Lebensmittelgeschäft miteinander verglichen.

 


Forschungsfragen


Wie soll das datensammelnde Unternehmen seine Preise gestalten in Bezug auf Variationen im Wert von Privatsphäre (Konsumenten) und im Wert von Informationen wichtig für Drittanbieter? (vgl. ebd., S. 858)


Soll das datensammelnde Unternehmen eine Strategie verfolgen in der es nie Informationen über seine Konsumenten sammelt oder eine Strategie in der es immer Informationen über seine Konsumenten sammelt und diese an Dritte weitergibt? (vgl. ebd., S. 858)

 


Model


Annahmen: (vgl. ebd., S. 859f)
  1. viele Konsumenten – 4 Typen: Wert der Privatsphäre(Low, High), Wert der Information für Dritte(Low, High)
  2. einen Datensammler (Monopol für ein homogenes Produkt/Service)
  3. viele Drittparteien (Unternehmen die Kundendaten brauchen um personalisierte Angebote zu Verfügung zu stellen)
  4. Asymmetrische Information zwischen Konsument-Monopol und Konsument-Drittparteien
  5. Für Dritte sehr teuer wenn sie Kunden ohne Informationen darüber erreichen wollen
  6. Kosten für Datensammlung sind vernachlässigbar
  7. Risikoneutrale Akteure
  8. Perfekte Informationen um Konsumenten zu identifizieren
  9. Perfekte Information über Kosten und Nutzen vom Informationserhalt
  10. Konsumenten haben Eigentumsrecht über ihre Information
  11. (Informationen sind demographische Daten, Suchverhalten im Internet, Einkaufshistorien, ...)
  12. (Konsumenten haben unterschiedliche Werte für Privatsphäre)

 


Drei Umgebungen (unterschiedlich verfügbare Information)

Die Studie wurde im Kontext "asymmetrischer Information" getestet und mit den Ergebnissesn aus "öffentlicher Information" und "kompletter Information" verglichen.


1. Public Information


Monopolist weiß welcher Typ der Konsumenten ist. Information wird immer gesammelt und an Drittparteien weitergegeben. Drittpartien wissen deshalb auch welcher Typ der Konsumenten ist, selbst wenn Informationen nicht vom Monopolisten weitergegeben werden, da sie ohnehin öffentlich zugänglich sind (vgl. ebd., S. 861).


2. Full Information


Monopolist weiß welcher Typ der Konsument ist. Konsument und Monopolist können entscheiden ob sie Informationen an Dritte weitergeben wollen oder nicht. (vgl. ebd., S. 862).


3. Asymmetric Information


Monopolist und Drittparteien wissen nicht welcher Typ der Konsument ist. Der Konsument ist sich aber darüber im Klaren, dass seine Daten von Bedeutung für Drittparteien sind. Monopolist bietet daher eine Auswahl von Verträgen an aus der der Konsument wählen kann (vgl. ebd., S. 863).


3 Möglichkeiten von Verträgen:

  • bietet Vertrag an wo keine Daten gesammelt werden
  • bietet Vertrag an wo Daten gesammelt werden
  • bietet beide Verträge an und lässt Konsument entscheiden (vgl. ebd., S. 863)

 


Ergebnisse (vgl. ebd., S. 866ff)


Wenn der gesamte Ertrag vom Vertrag (Erhalt von personalisierten Produkten oder Rabatten) kleiner als der Verlust an Privatsphäre von Personen mit niedrigem Wert für Privatsphäre ist -> dann soll das Unternehmen (Monopolist) keine Informationen über Konsumenten sammeln (Konsumenten haben Angst davor was mit ihren Daten passiert und überschätzen so den Verlust der Privatsphäre). Bsp: Internetdienstanbieter sagen explizit, dass sie keine Informationen über ihre Konsumenten sammeln.


Die Unternehmen sind besser gestellt wenn sie eine Auswahl an Verträgen anbieten. Einen Vertrag mit dem Sammeln von Daten zu einem best. Preis und einen Vertrag mit dem Nicht-Sammeln zu einem anderen best. Preis -> Konsument soll dann ihre Wahl treffen (z.B. Mitgliedskarten in Lebensmittelgeschäften sind optional)


Wenn Unternehmen die Option haben ihre Konsumenten über den Grad der Privatsphäre entscheiden zu lassen, sollten sie immer ein Extrem an Privatsphäre hernehmen. Das heißt es soll entweder einen Vertrag geben, wo Informationen an alle Drittparteien oder gar keine Informationen an gar keine Drittparteien weitergegeben werden. (Bsp: in der Praxis gibt es auch keine Verträge wo Konsumenten den Grad an Privatsphäre, z.B. Anzahl der Drittpartein, selbst bestimmen können)


Selbst unter asymmetrischer Information ist es für Unternehmen möglich die gesamte Konsumentenrente abzuschöpfen. (erst besten Preis erzielen bei dem keiner der anderen Parteien mehr davon abweicht)



Limitationen


Es wird angenommen, dass das Unternehmen, dass Daten sammelt ein Monopolist ist, was aber am Markt eher selten auftritt und ein Oligopol oder ein Wettbewerb wesentlich wahrscheinlicher wäre. Der Datensammler hat perfekte Informationen darüber was Drittparteien für Informationen benötigen. Dies ist auch sehr unwahrscheinlich. Die Annahme, dass alle Parteien risikoneutral sind kann nicht der Realität entsprechen. Es wird angenommen, dass sich Konsumentenverhalten in jeder Periode ändert, dieses  Verhalten ist aber in der Realität durchaus länger gegeben. Das Problem des Falles, dass das Unternehmen Informationen ohne Vereinbarung an Drittparteien weitergibt wird hier nicht behandelt, stellt aber einen Denkanstoß für weitere Forschung dar (vgl. ebd., S. 868f).

 


Fazit


Der Artikel ist vor 10 Jahren geschrieben worden und bietet für uns keine neuen Erkenntnisse mehr, jeder kennt die Verträge, die man mit dem „Erwerben“ der typischen Mitgliedskarten eingeht – dies ist heute Gang und Gebe. Und dennoch beweist dieser Artikel, dass dieses Thema von One-to-One Marketing aber dennoch immer noch aktuell ist. Da sehr viele Berechnungen in der Studie vorkommen, ist der Artikel etwas schwierig zu lesen. Ich kritisiere auch, dass die Autoren von einer perfekten Umgebung für den Test ihrer Studie ausgegangen sind (dies haben sie aber selbst unter Limitationen bereits erwähnt). Diese Studie zeigt uns aber, dass nicht immer das Sammeln von Daten für Unternehmen Vorteile bringt und dass es durchaus sinnvoller ist darauf zu verzichten (auch wenn man dies im ersten Moment nicht glaubt). Ebenso ist es für uns Konsumenten vielleicht von Vornherein nicht klar ersichtlich, dass auch Unternehmen in einem Umfeld von asymmetrischer Information, bei der nur der Konsument Informationen hat, nicht unbedingt schlechter gestellt sein müssen als wie wenn sie über volle Informationen verfügen würden.

 



Quellen


Jaisingh J., Barron J., Mehta S., Chaturvedi A., (2006), Privacy and pricing personal information in European Journal of Operational Research 187 (2008), 857-870, URL: http://ac-1els-2cdn-1com-1sciencedirectdb.han.ubl.jku.at/S0377221706007867/1-s2.0-S0377221706007867-main.pdf?_tid=092eb144-b0df-11e6-8b22-00000aacb35d&acdnat=1479838446_3bda27575df35a9749b7235251a0d320

Lessig, L., (2002), Code: And other laws of cyberspace, Basic Books

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Informationsasymetrien heute mehr oder weniger?

inga-kristin.grosser.uni-linz, 23. November 2016, 00:06

Zu Beginn jubelten Verbraucherschützer, dass das Internet dem Kunden mehr Transparenz und Vergleichbarkeit für Produkte und Dienstleistungen bringen würde und Informationsasymetrien sich zu Gunsten des Konsumenten verschieben würden. Durch Big Data und Algorithmen, die genaue Kundenprofile erstellen, scheint der Informatiosnvorsprung der Unternehmen wieder ausgebaut zu werden. Unternehmen, die ihr Wissen über den Kunden nicht transparent darlegen und gegen ihn verwenden in Form von als unfair empfundenen Preisen werden dies langfristig in Form von negativer Mundpropaganda, Verlust von Kunden und Beschwerden "bereuen". (siehe auch mein Artikel). Auf gesättigten Märkten mit austauschbaren Produkten ist dies ein hohes Risiko.

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