Multimediale BürgerInnenZeitung
Dienstag, 24. Mai 2005
22 jähriger tödlich bei Base Jump verunglückt
Am 21. Mai um ca. 17.10 Uhr endete der Base Jump von Wolfgang Siller tödlich. Der erfahrene St. Gilgener Paragleiter machte sich um ca. 14 Uhr auf in das benachbarte Mondsee um seinen zweistündigen Marsch auf die Drachenwand anzutreten.
Seine Freunde die eigentlich immer zugesehen haben wenn sich ihr Freund mehrere hundert Meter von einer Felswand stürzt, verpassten den entscheidenden Augenblick und konnten ihn nur noch tot auffinden.
Warum sich der Schirm nicht rechtzeitig geöffnet hat weiß wahrscheinlich nur der Verunglückte selbst.
Im Gegensatz zum Paragleiten oder Fallschirm springen hat man beim Base Jumpen einen viel kleineren Schirm und keinen Reserveschirm weil man sowieso nicht genug Zeit hätte um ihn zu ziehen.
Die einzige Augenzeugin, eine einheimische Bäuerin aus Mondsee, sah zwar dass sich der Schirm nicht geöffnet hat- ist aber nicht vom Fach und kann somit keine Details erzählen.
Die wären zum Beispiel: Ob er in einer stabilen Lage war (mit dem Bauch nach unten), ob er zu spät gezogen hat, ob der Schirm an der Felswand angekommen ist und sich dadurch nicht richtig geöffnet hat, … der Schirm wurde zu Untersuchungen beschlagnahmt.
Mit diesem Video (ca. 5 mb) kann man sich ein besseres Bild vom Base Jumpen machen. Das Video stammt vom Verunglückten persönlich und wurde zusammen mit Freunden im Jahr 2004 gedreht.

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"Motivier sie mit Musik!"
"Motivier sie mit Musik"
Der österreichische Soziologe und Princeton-Professor Dr. Rudolf Zange spricht über Unis, politische Popkultur und neue Formen der Avantgarde…


Zange schlendert in die Hotel-Lounge, in der wir uns verabredet hatten, er lässt sich Zeit, scherzt noch mit dem Barmann. Als ich ein wenig unruhig auf meinem Sessel zu ruckeln beginne, blickt er sofort zu mir rüber und ruft "Keine Angst, Sie dürfen so lange mit mir sprechen, wie Sie wollen". Über der grauschwarzen Jeans ein Nadelstreifjacket, darunter ein oranges T-shirt mit der Aufschrift "i knew a guy who met andy warhol". Zwischen seinen Ausführungen macht er manchmal lange Pausen, grinst mich an. In seinem Blick ist so etwas von "Ich weiss genau was Sie denken." Das Seltsame: Es stört mich nicht. Und trotz all der eingeübten journalistischen Unbefangenheit muss ich gestehen, dass mir der dandyhafte Professor von Anfang an sympathisch ist. Und er weiß das natürlich. Das stört mich schon eher.



Eine Frage, die Ihnen in Europa sicher nicht selten gestellt wird: Warum sind Sie nach Amerika gegangen?

Zu sagen, ich wäre nach ‚Amerika’ gegangen, wäre wohl ein dreister Euphemismus. Ich bin nach einigen Gastvorlesungen in Chicago, auf der Honolulu University und an der University of Kansas 1983 in die USA emigriert. Wenn ich auf die Frage nach dem ‚Warum’ eine bündige Antwort geben muss, sage ich einfach: Ich bin dort mit offenen Armen empfangen worden. Erstaunlich genug, da man mich damals schon als "left-edgy democrat" bezeichnet hat.

Studiert haben Sie aber in Österreich. Gern oder ungern?

Als Sohn eines Werkzeugmachers aus Simmering kam es mir besonders entgegen, dass es in Österreich einen freien Bildungszugang gibt. Es ist egal, woher du kommst und ob dein Vater einem Automobilkonzern vorsteht oder Schraubenzieher klopft, und du kannst trotzdem studieren, was dir Spass macht.

Was haben Sie studiert?

Soziologie, Volkswirtschaft & Philosophie.

Sie wissen aber, dass mittlerweile (wieder) Studiengebühren eingehoben wurden?

Ich habe davon gehört. Ich habe zur Zeit ja die Ehre, auf der philosophischen Fakultät in Wien einige Seminare zu halten, und mir ist schon aufgefallen, wie sich das Klima unter den Studentinnen geändert hat.

Was meinen Sie genau?

Man hat keine Zeit mehr zum nachdenken. Die Studienpläne erscheinen mir speziell im Kontrast zu denen in meinen Studienjahren sehr determiniert, sehr verschult. Ich habe erst auf der Uni wirklich gelernt, was es heißt, selbstständig zu handeln, sich zu organisieren. Und das in einem vergleichsweise - und glücklicherweise - sehr antiautoritären System. Wir haben damals unser Studium geplant, nebenbei ein bißchen gejobbt, aber wir hatten Zeit, uns nach einer Uni-Session zu treffen, ein bisschen zu quatschen. Über das Leben, über unsere Gedanken. Und sehen Sie, darauf kommt es an. Dass man über seine eigenen Gedanken spricht.

Sie meinen, die heutigen Studierenden sind nicht immer der Lage, selbstständig zu denken?

Natürlich könnten sie das. Aber das System hält sie davon ab. Nach dem High-School-Degree (Anm.d.Red.:Matura) geht man einfach weiter auf die Schule. Sie heißt jetzt nur anders. Außerdem kostet sie nun Geld, was bedeutet, dass man die Angelegenheit so schnell wie möglich hinter sich bringt. Ich bin im Übrigen davon überzeugt, dass man ein Studium absolvieren kann, ohne besonders große Ahnung von seinem Gebiet zu haben. Das ist schade.

Aber viele bekommen die Gebühren ja von ihren Eltern bezahlt, und es gibt auch Stipendien für die sozial Schwächeren?

Naja, was soll ich halten von einem System, dass die Abhängigkeit von den Eltern auch noch verstärkt? Wir kennen ja alle diese Eltern-Sprüche: "Wann bist du endlich fertig, Sohn?" Wenn jetzt auch noch dazu kommt: "Schließlich finanzier ich die ganze Geschichte!" wird dieser Druck auch noch verstärkt. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe meine Eltern. Aber wenn ich immer das täte, was sie sagen, wäre ich jetzt Eisenbahn-Beamter. Und ich habe die Eisenbahn immer gehasst. Ich fliege lieber.

Und die Sozialstipendien?

Ich bin erst seit ein paar Monaten wieder in Österreich, und habe schon den Sozialbericht 2003 gelesen, in dem belegt wird, dass seit der Einführung dieser Gebühren 40 000 Studierende ihr Studium abbrechen mussten. Diese Stipendien scheinen offenbar keine wirkliche Lösung darzustellen. Aber lassen wir dieses traurige Thema. Wir müssen die jungen Leute jetzt wieder motivieren. Vielleicht geht das ja mit der Musik. Ja, warum nicht? Motivier sie mit Musik!

Was uns zum nächsten Thema bringt. Sie haben einige bemerkenswerte Artikel über den politischen Einfluss der Popkultur verfasst. Tut sich da was in Österreich?

Ich glaube, der Regierungswechsel 2000 hat einiges bewegt. Das ist ein altes Phänomen: Je repressiver das System, desto stärker entwickelt sich die Gegenkultur, auch ohne finanzielle Mittel. Sie findet schon ihren Weg.

Wen meinen Sie konkret?

Da gibt es einige Beispiele. Die Solo-Künstlerin GUSTAV (Bild), um eins zu nennen. Dass sich nach nine-eleven (Anm.d.Red.: Terroranschläge auf das World Trade Center im Jahr 2001) einige erzpatriotische KünstlerInnen zusammenschlossen und das Lied "We shall overcome" in einem Benefiz-Konzert für die Opfer zum Besten gaben, ging der Sängerin ordentlich auf die Nerven. Und sie hatte ganz Recht. Nichts gegen solidarisches Trauern. Aber in diesem Zusammenhang einen Song zu performen, der das Leid und die Unterdrückung der angloamerikanischen Sklaven zum Thema hat, ist eine Verhöhnung der Geschichte. Von wem werden die USA denn unterdrückt? Lächerlich. GUSTAV hat eine Art Gegenhymne mit demselben Titel komponiert. (-> zum Musikvideo) In Anspielung auf eine ganz andere Art der Unterdrückung durch die Regierungspolitik in ihrem Land. "And beat their monitoring arms, And spray graffitis on their walls, To let them know That we're no longer their obedient toys!" GUSTAV hat es übrigens auch schon nach Manhattan geschafft. Der Auftritt war 'fabolous'!

Sie sagten gerade "in ihrem Land". Ist es nicht mehr Ihr Land?

Wissen Sie, ich bin mir nicht mehr so sicher. Früher konnte ich Missstände in den Staaten mit dem österreichischen Gegenbeispiel konterkarieren... Heute bemüht man sich in Europa zunehmend, Amerika nachzueifern, zumindest was den Abbau von Sozialleistung betrifft. Und die Kommerzialisierung der Bildung. Wobei sich da in den Staaten schon einiges Positives tat. In Yale und auch in Princeton haben wir mittlerweile ganz gute Programme, die einem das Studium ermöglichen, auch wenn die Eltern weniger als 20 000$ im Jahr verdienen. Das wäre ohnehin unmöglich, ein Studium auf diesen Unis kostet zwischen 10 000 und 40 000$ im Jahr.

Kommen wir zurück zur Musik. Gibt es andere Beispiele für politische Bands?

Die deutsche Gruppe "Wir sind Helden" ist mir aufgefallen. Sicher kein Geheimtipp mehr, aber in vielen Rezensionen ist ihr 2tes Album "Von hier an blind" überraschenderweise als langweilig und kurioserweise auch als "mainstreamig" bezeichnet worden. Völlig unnachvollziehbar für mich - ich sage wieder: "Lasst die Kritiker eine eigene Band gründen, und dann rezensiert sie zu Tode" Das Album ist musikalisch interessant und textlich hochpolitisch, wenn auch auf eine subtilere Art. Sie finden zwar keine Hymnen der Kapitalismuskritik mehr, aber das ist auch gut so. Es gilt ja, sich weiterzuentwickeln. Judith Holofernes geht ins Persönliche, sie singt darüber, etwas für den anderen zu tun, etwas, jemanden, auf sich zu nehmen: "Ich seh uns beide du bist längst zu schwer für meine arme aber ich geb dich nicht her. ich weiss deine monster sind genau wie meine und mit denen bleibt man besser nicht alleine (...) halt dich bei mir fest, steig auf ich trage dich, ich werde riesengross für dich, ein elefant für dich (...) ich trag dich so weit wie ich kann..."

In einer Welt, in der jeder danach trachtet, sich selbst zu helfen, oder bestenfalls "den seinen", ganz neue Töne. Finden Sie nicht?

Schon. Wenn diese Aufopferung nicht zur Selbstaufgabe führt.

Man soll nicht immer so viel Angst haben, sich selbst aufzugeben. Mitunter kann das gar nicht schaden. Und lange geht das sowieso nicht, wissen sie. Außerdem: Wie soll man sich denn selbst aufgeben? Man schleppt sich ja 24 Stunden am Tag mit sich rum. So was mal aufzugeben kann, glaub ich, auch mal ganz entspannend sein. Lacht.

Aber ein bisschen Mut fehlt den Österreichern schon noch. Keine Tollkühnheit - Innovativer, positiver Mut. Die Subkultur New Yorks beispielsweise, oder vielleicht sollte ich sagen, die Sub-Subkultur, nachdem die Erstgenannte ja auch schon zum Frühstück aus Sektflöten trinkt, diese Doppel-Sub-Kultur also, entdeckt und erforscht zur Zeit die Kanalisation der Stadt. Was für eine Entdeckung, und das im dritten Jahrtausend! Graffiti -Flächen ohne Ende, Konzertmöglichkeiten ohne Lärmbelästigung, und nicht zuletzt die Konfrontation mit dem eigenen Output! Was zur Zeit in Manhattans Kanälen los ist, davon werden noch in 20 Jahren die Pop-Soziologen schwärmen! Eine sehr schöne Entwicklung. Kunst braucht Raum, Raum braucht Kunst, und die Aufgabe der Avantgarde ist es, stets radikal tiefer zu graben. Meine Feldforschung führt mich zwangsläufig immer wieder an solche Orte, auch wenn da immer ein bisschen Ekel im Spiel ist. Zugegeben.

Könnten Sie sich so etwas auch für Österreich vorstellen?

Warum nicht? Es spricht überhaupt nichts dagegen.

Klingt schon faszinierend. Herr Zange, würden Sie uns die Ehre ihrer Anwesenheit geben, wenn in Salzburg den ersten Gulli hinunter gestiegen wird?

Naja vielleicht nicht beim ersten, die Vorarbeiten überlasse ich da lieber anderen. Aber wenn Sie ein solches Kanal-Festival veranstalten, komme ich gerne zu den Einweihungsfeierlichkeiten.

Ich nehme Sie beim Wort!

Gerne. Aber verstehen sie mich nicht falsch, ich komme mindestens genau so gerne in einen Hörsaal.

Herr Professor Zange, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Prof. Dr. Rudolf Zange besetzt seit 1985 den Lehrstuhl für Soziologie und Feinästhetik an der Eliteuniversität Princeton in New Jersey, USA. In Österreich ist er Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften und hält Gastvorträge an der philosophischen Fakultät Wien.

Das Interview führte TobHam.

Weitere Links:

Hörbeispiele Wir sind Helden
Hörbeispiele GUSTAV

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