Transparenz Markttransparenz am Beispiel der Märkte für Mobilitätsdienstleistungen
magdalena.giegler.uni-linz, 17. November 2016, 19:56
Artikel: Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?
Einleitung
Im Folgenden wird auf den oben verlinkten Artikel näher eingegangen. Da vorwiegend die Markttransparenz am Beispiel der Märkte für Mobilitätsdienstleistungen behandelt werden soll, wird ausschließlich das Unternehmen Uber näher beleuchtet. Dem Artikel zufolge schafft Uber mit ihrem Geschäftsmodell neue Märkte. Jedoch stellt sich die Frage ob dadurch Ressourcen besser genutzt werden, oder ob durch die Internet-Plattform soziale Standards und gesetzliche Regulierung umgangen werden.
Der Artikel wurde von einer Gruppe von Autoren verfasst, im Folgenden wird auf die Beiträge von Adolf Rebler, Tim Brühn & Georg Götz und Dieter Schlenker Bezug genommen.
Das Modell Uber
Das Geschäftsmodell baut auf einer App auf, mit der man über das Smartphone eine Mi(e)tfahrgelegenheit buchen kann. Das Unternehmen stammt aus San Francisco. Im Jahr 2010 kam dem Erfinder die Idee, dass man seine Mitfahrgelegenheiten auch über das Smartphone buchen kann und die Fahrer keine Profis sein zu brauchen, sondern einfach Leute, die sich etwas dazu verdienen wollen oder einfach nette Menschen kennen lernen wollen. Durch Uber kann jeder der einen Führerschein, ein Auto und ein Smartphone hat zum Chauffeur werden. (vgl. Q1)
Es funktioniert ganz einfach: die App öffnen, den Standort bestimmen und einen Fahrer anfordern. Sofort erscheinen dann die Wartezeit, der aktuelle Aufenthaltsort des Wagens und die Bewertungen des Fahrers. Nach der Fahrt bewerten sich der Fahrer und der Fahrgast gegenseitig. Abgerechnet wird über die, auf der App registrierte, Kreditkarte, wovon 20% des Fahrtpreises an Uber gehen. (ebd.) (Anm. mittlerweile auch Bargeldzahlung möglich)
Die Ökonomie der Plattform
Uber ist ein Intermediär auf einem zweiseitigen Markt. Kennzeichen dafür sind indirekte Netzwerkeffekte. Diese sind am Markt für Fahrdienste in beiden Richtungen positiv. Je mehr Fahrgäste das Service nutzen, desto effizienter können die Fahrzeuge ausgelastet werden, womit ein Potenzial für größere Umsätze generiert wird, was wiederum die Attraktivität erhöht, sich beispielsweise auf Uber zu registrieren. Auf der anderen Seite gilt natürlich, je mehr Fahrer, desto besser ist die geographische Abdeckung, was typischerweise mit niedrigeren Wartezeiten einher geht und erhöht somit die Zahlungsbereitschaft von potenziellen Fahrgästen. Kurzum heißt es, je mehr Fahrer, desto mehr Gäste und je mehr Gäste desto mehr Fahrer. (vgl. Q2)
Grundsätzlich treffen diese Merkmale auch auf das herkömmliche Taxigewerbe zu. Der Unterschied liegt darin, dass Uber ein automatisiertes Service hat, welche keine technischen Kapazitätsbeschränkungen aufweist und sich somit Netzwerkeffekte in größerem Umfang zu Nutze machen kann. (ebd.)
Auch auf der Kostenseite gibt es Skaleneffekte. Je mehr Fahrten von Uber vermittelt werden, desto geringer sind die durchschnittlichen Kosten pro Fahrgastvermittlung. Ein weiteres Kennzeichen von Uber sind die niedrigen Transaktionskosten. Die Technologie von Uber steuert und begleitet die Geschäftsbeziehung von Fahrern und Gästen vor, während und nach dem Vertragsabschluss. (ebd.)
Sich selbst verstärkende Effekte
Die Algorithmen von Uber generieren eine effiziente Zuteilung von Fahrern und Fahrgästen. Durch die zentrale Vermittlung werden die Gesamtheit aller Wegkosten und Wartezeiten minimiert. Dies ist volkswirtschaftlich wünschenswert, weil sie bei gegebener Anzahl an Fahrten den Ressourceneinsatz minimiert. Wenn nun Märkte nicht reguliert sind, lösen verringerte Wartezeiten eine Kaskade selbstverstärkender Effekte aus. Die wahrgenommene Qualität des Services und die nachgefragte Menge nach Fahrten erhöhen sich zunächst. Daraufhin registrieren sich neue Fahrer und erhöhen die geografische Abdeckung. Dies wiederum führt zu einer weiteren Verringerung der Wartezeiten, sowie zu Kostensenkung durch eine höhere Auslastung. Diese beidseitig verstärkenden Effekte wirken preissenkend und erhöhen die Wohlfahrt. (vgl. Q2.)
Des Weiteren ergibt sich durch die webbasierte Plattform die Möglichkeit, Daten über Fahrtbewegungen und andere verkehrsspezifische Informationen zu akquirieren, was wiederum eine bessere Prognose und Koordination von Angebot und Nachfrage hervorruft. (ebd.)
Informationsasymmetrien
Vor der Buchung der Fahrt herrschen Informationsasymmetrien. Der Fahrer könnte den Informationsvorsprung gegenüber dem Fahrgast ausnützen und eine zu geringe Qualität des Fahrservices anbieten. Dies kann zum Beispiel den Zustand des Fahrzeugs oder die Fähigkeiten des Fahrers betreffen. Im klassischen Taxigeschäft wird mit teuren und ineffizienten Regularien wie eine Ortskenntnisüberprüfung versucht dieser Lemon-Problematik (adverse Selektion) zu regeln. Uber löst dieses Problem durch einfache Anreiz-mechanismen und Standards. Neben dem Aspekt, dass eine Plicht zur Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisse, Versicherungsnachweis, Punktekonto, etc. besteht, bewerten die Fahrgäste nach der Fahrt ihre Fahrer. Des Weiteren besteht die Plicht zur Nutzung eines Navigationssystems. (vgl. Q2)
Die hidden-information Problematik (Betrug bei Preis, Umweg fahren) löst Uber durch Technik und Standards. Die Fahrpreise werden bereits vor der Buchung angezeigt und sind verbindlich und die Route wird auf dem Navigationsgerät angezeigt. (ebd.)
Durch die gegenseitigen Bewertungen auf der Plattform wird zugleich ein weiteres Problem gelöst, nämlich jenes des Vertrauensverhältnisses. Zumeist sind Fahrgast und Fahrer sich völlig fremde Personen. Da sich kein Gast einem unfähigen Fahrer mit einem nicht verkehrssicheren Wagen anvertrauen möchte, helfen die Bewertungen ein Vertrauen aufzubauen, bzw. werden diejenigen die regelmäßig schlecht beurteilt wurden als Kunde nicht mehr akzeptiert oder von der Nutzung der Plattform ausgeschlossen. (ebd.)
Preissetzung
Mit dem sogenannten >>surge pricing<< setzt Uber flexible und markträumende Preise. Grundsätzlich setzten sich die Fahrpreise aus Beförderungszeit (pay-per-minute) und der Beförderungsstrecke (pay-per-mile) zusammen. (vgl. Q3) Bei einem Überschuss der Nachfrage steigen die Preise jedoch und Fahrgäste werden dazu veranlasst auf Substitute auszuweichen. Sowohl Nachfrage als auch Angebot sind elastisch. Brühn und Götz sagen dazu, dass Uber mit diesem Modell, keine Ausbeutung der Fahrgäste anstrebt, sondern vielmehr eine faire Entlohnung der Fahrer. Als in Boston 2012 über Monate hinweg die Anfragen in den Nächten des Wochenendes nicht bedient werden konnten, wurde ein Preisaufschlag eingeführt. Innerhalb von zwei Wochen führte dies zu einer 70-80% Angebotserhöhung. Des Weiteren werden mit diesem Modell die Opportunitätskosten der Fahrer berücksichtigt. (vgl. Q2)
Objektiv betrachtet ist dieser Preissetzungsmechanismus effizient und wohlfahrtserhöhend. Trotzdem wird diese Preissetzung öffentlich kontrovers diskutiert. Die Autoren stellen fest, dass die Preisdiskriminierung bei Flugtickets, Elektrizität und sogar Bahnfahrten gesellschaftlich weitgehend akzeptiert zu sein scheint, doch die hohen Preise in den Peak-Zeiten bei Uber wenig Akzeptanz finden. Grund dafür könnten festpreisige Substitute wie Taxis, Busse oder U-Bahnen sein. (ebd.)
Die Preise werden vor der Buchung der Fahrt angezeigt und sind verbindlich. Dadurch, dass die Zahlung großteils über die App abgewickelt wird, wird die Transparenz der Entlohnung von Fahrern erhöht. Sie erhalten wöchentliche Überweisungen, was Tendenzen zur Manipulation von Preisen verringern soll, welche ein augenscheinliches Problem im Taxigewerbe zu sein scheinen. (ebd.)
Unlauterer Wettbewerb
Neben all den oben angeführten, durchaus positiven und markttransparenzverstärkenden Aspekten, steht der Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs gegenüber.
„Der entscheidende Unterschied bei dem Angebot von Uber liegt deshalb nicht in der Dienstleistung selbst, sondern darin, dass Uber mit seinem Vermittlungsdienst UberPoP, den seit Jahrzehnten bestehenden Rechtsrahmen für die Personenbeförderung verlässt.“, sagt Dieter Schlenker, der Vorsitzende der Genossenschaft Taxi Deutschland. (Q3) Uber reagiert darauf mit dem Vorwurf, dass die rechtlichen Rahmenbedingung dafür überholt seien. Schlenker kritisiert Uber in vielen Bereichen, dennoch hält er aber fest, dass die Kritik nicht bedeutet, dass Uber unterbunden werden soll, sondern gleiche Marktbedingungen für alle Teilnehmer geschaffen werden müssen. (vgl.Q3)
Fazit
Der Grund warum ich diesen Artikel gewählt habe ist, die Darlegung verschiedenster Aspekte, die Markttransparenz betreffend, am Beispiel des Mobilitätsunternehmens Uber.
Bezüglich der Markttransparenz lässt sich meiner Meinung nach sagen, dass Uber versucht möglichst offen aufzutreten, und etwaige Probleme bereits im Vorfeld zu lösen. Das Unternehmen bedient einen zweiseitigen Markt mit indirekten Netzwerkeffekten, welche für beide Seiten (Fahrer und Fahrgast) positiv sind. Des Weiteren optimieren sie den Ressourceneinsatz, was zu verringerten Wartezeiten und sich selbstverstärkenden Effekten führt. Durch die online gesammelten Daten kann eine bessere Prognose und Koordination von Angebot und Nachfrage stattfinden. Die, durch das >>surge pricing<< stattfindende, Preisdiskriminierung argumentieren sie mit einer fairen Entlohnung der Fahrer und einer Wohlfahrtsoptimierung. Das Problem der Informationsasymmetrien und der hidden-information, lösen sie zum einen durch Standards und Bewertungs- und Anreizsysteme und zum anderen durch transparente und verbindliche Fahrpreise und einer Navigationssystempflicht.
Hier geht es zum Beitrag einer Kollegin, die sich mit einer von Uber selbst in Auftrag gegebenen Studie befasst. Es finden sich einige Parallelen, und die Aspekte der Markttransparenz von Uber werden gut zusammengefasst.
Uber hat auf fast alles eine Lösung, die Betonung liegt jedoch auf >>fast<<. Das Problem der rechtlichen Grundlagen in Deutschland konnten sie bislang nicht lösen. Der hier behandelte Artikel stammt aus dem Jahr 2014. Mittlerweile (November 2016) liegt ein deutschlandweites Verbot von Uber vor, da das Geschäftsmodell gegen das Personenbeförderungsgesetzt verstößt. Somit ist Ubers größter Wettbewerbsvorteil dahin. All die zuvor angeführten Wettbewerbsvorteile durch mögliche Markttransparenz helfen Uber in diesem Fall nicht weiter, das Unternehmen beißt sich am europäischen Markt die Zähne aus. (vgl. Q4 – Spiegel Online)
Anmerkung zum österreichischen Markt: Uber ist z.Z. nur in Wien unterwegs und krempelt in der Bundeshauptstadt den herkömmlichen Taximarkt um. Bisher liegt noch kein Verbot vor, jedoch läuft die Taxibranche Sturm gegen das (neue) Unternehmen. Es wird aber mit heimischen Mietwagen-Unternehmen zusammengearbeitet, deren Fahrer Aufträge über die App bekommen. UberPop, also die Vermittlung von Fahrten mit dem privaten PKW sind auch hier aus rechtlichen Gründen nicht möglich. (vgl. Q5)
Hier kann ein Interview mit dem Uber-Österreich-Chef Andreas Weinberger vom 23.10.2016 nachgelesen werden. Er spricht darin über Zukunftspläne und das Verhältnis zum klassischen Taximarkt.
Quellenverzeichnis
Q1: Rebler, A. (2014) Unmoderne Regelungswut oder berechtigte Kontrolle: Genehmigungen nach PBefG in Zeiten von Uber und WunderCar in >>Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?<<, S.8f, ifo Institut München.
Q2: Brühn, T.; Götz, G. (2014) Die Markteintritte von Uber und Airbnb: Wettbewerbsgefährdung oder Effizienzsteigerung? in >>Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?<<, S.3ff, ifo Institut München.
Q3: Schlenker, D. (2014) Uber und die Revolution auf dem Beförderungsmarkt – Sharing Economy oder ungehemmte Profitgier? in >>Die Modelle Uber und Airbnb: Unlauterer Wettbewerb oder eine neue Form der Sharing Economy?<<, S.18ff, ifo Institut München.
Q4:http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/fahrdienst-uber-uberpop-bleibt-in-deutschland-verboten-a-1096768.html (zuletzt aufgerufen am 7.11.2016)
Q5:https://m.kurier.at/wirtschaft/das-beinharte-24-stunden-rennen-um-den-fahrgast/226.588.776 (zuletzt aufgerufen am 7.11.2016)
Skalierung: Wo ist schluss?
sylvia.pichler.uni-linz, 7. November 2016, 21:14
Es ist sehr schön beschrieben, wie die neuen Geschäftsmodelle im Internet die Skalierung des Business erlauben. Irgendwo ist aber der Punkt, wo noch mehr Fahrer nicht noch mehr Kunden generieren und umgekehrt. Es muss einen Punkt geben, wo nicht jeder Fahrer sein kann oder will.
In Deutschland noch lange nicht
magdalena.giegler.uni-linz, 8. November 2016, 09:50
Das ist natürlich völlig richtig, in dem Artikel wird darauf aber überhaupt nicht eingegangen. Vermutlich aus dem Grund, dass Uber in Deutschland noch weit von diesem Punkt entfernt ist, und zuerst einmal die rechtliche Lage klären muss bzw. mit den Lizenzen zu kämpfen hat.
Warum nicht von den großen lernen?
darja.kneissl.uni-linz, 9. November 2016, 14:19
Persönlich finde ich Uber eine überaus geniale Idee und auch die Implementierung macht traditionellen Taxiunternehmen enorme Konkurrenz. Ich denke, dass es in Österreich für solche Unternehmen noch sehr lange keinen Platz geben wird, weil "Platzhirsche" ihre politische Position in der Wirtschaftskammer ausnutzen werden um so wenig Konkurrenz wie möglich in den Markt eintreten zu lassen. Eine bessere Strategie wäre aus meiner Sicht aus den Erfahrungen von Uber zu lernen uns selbst ein transparentes Fahrtenabwicklungssystem zu entwickeln. Das Vertrauen der KundInnen in die Taxibranche würde mit Sicherheit steigen, so bald entsprechende Dienstleistungen transparenter Angeboten werden. Ein ähnlicher Effekt konnte in der Flugbranche festgestellt werden. Hier wollen die Passagiere beim Ticketkauf zunehmend personalisiertere Buchungen (Sitzplatz, Fußfreiheit, Art der Verpflegung, WLAN, etc.) durchführen. Siehe mehr dazu in meinem Beitrag.