Transparenz Transparenz der Internet-Technik - Netzneutralitätsdebatte Telekommunikation

magdalena.giegler.uni-linz, 17. Jänner 2017, 11:39

 

Einleitung

Wenn man die technische Seit des Begriffs „Transparenz“ näher betrachtet, stößt man auf die Frage nach der Netzneutralität. 2013 hat die Einführung neuer Endkundentarife für den festen Internetzugang durch die Deutsche Telekom die Netzneutralitätsdebatte erneut entfacht und Fetzer, Peitz und Schweitzer dazu veranlasst einen Artikel darüber zu verfassen.

Der Artikel untersucht inwieweit Internetvolumentarife Fragen zur Netzneutralität aufwerfen und es werden sowohl der deutsche als auch der europäische Entwurf einer Netzneutralitätsverordnung kritisch beleuchtet. Dabei muss gesagt werden, dass der Artikel im Jahr 2013 verfasst wurde, wo eben jene ersten Entwürfe vorgestellt wurden. Mittlerweile liegen jedoch neuere Entwicklungen vor, deshalb wird in dem hier verfassten Beitrag auf die neuen EU-Leitlinien zur Netzneutralität Bezug genommen. 

 

Volumentarifen und Netzneutralität

2013 hat die Deutsche Telekom ihre Endkundentarife für den festen Internetzugang von einer nutzungsunabhängigen Flatratestruktur auf eine volumenbasierte Abrechnung umgestellt. Dabei erhalten die Kunden in Abhängigkeit von ihrem gewählten Tarif ein bestimmtes Inklusivdatenvolumen, nach dem Ausschöpfen dieses wird die Downloadgeschwindigkeit gedrosselt bzw. kann der Endkunde zusätzliches Datenvolumen hinzukaufen. Eine mögliche Folge dieser Regelung kann sein, dass die Telekom zusätzliche Entgelte von Inhalteanbietern für die Nichtanrechnung deren Datenvolumen fordert.

Es wird in vier Punkte unterschieden:

  • der volumenbasierten Abrechnung des Endkundeninternetzugangs
  • der Bandbreitendrosselung nach Ausschöpfen des vertraglich vereinbarten Volumens
  • der Nichtberücksichtigung der Nutzung linearer Rundfunkangebote im Rahmen des vertraglich vereinbarten Volumens
  • der Nichtberücksichtigung der Nutzung sonstiger Dienste und Inhalte im Rahmen des vertraglich vereinbarten Volumens. (vgl. Q1)

 

Volumenbasierte Abrechnung

Die volumenbasierte Abrechnung, sprich die nutzungsabhängige Tarifierung kann aus ökonomischer Sicht effizienzsteigern sein. Im Gegensatz zu Flatrates führen Volumentarife zu einer verursachungsgerechten Kostenbeteiligung aller Nutzer. Des Weiteren führen diese Tarife dazu, dass Kunden den Internetzugang nicht übernutzen, sodass Übertragungskapazitäten nicht in gleicher Weise überdimensioniert bereitgestellt werden müssen. Bezüglich der Netzneutralität in Hinblick auf die Nicht-Diskriminierungs-Regel und die Null-Preis-Regel, lässt sich festhalten, dass eine volumenbasierte Abrechnung diese nicht gefährdet. Demensprechend wird die volumenbasierte Abrechnung aus ökonomischer Sicht keine Netzneutralitätsfragen und ein Regulierungsbedarf kann damit nicht begründet werden. (vgl. Q1)

Aus juristischer Sicht muss hierbei nur festgehalten werden, dass die Verbraucherschutzregelungen zu beachten sind, die dem Verbraucher die Möglichkeit geben, gegebenenfalls den Provider zu wechseln und den Vertrag mit dem bisherigen entsprechend zu kündigen.  (vgl. Q1)

 

//Exkurs Netzneutralität aus der wirtschaftlichen Sicht - dieser Beitrag wurde von Magdalena Giegler im Zuge des Propädeutikums der Webwissenschaften an der JKU verfasst. Hier kann nachgelesen werden, was die Nicht-Diskriminierungs bzw. Null-Preis-Regel bedeuten. 

 

Bandbreitendrosselung

Die Deutsche Telekom drosselt nach Erschöpfung des inkludierten Datenvolumens die Badbreite des jeweiligen Anschlusses bis zum Beginn des nächsten Abrechnungszeitraums. Der Endkunde kann/muss gegen ein zusätzliches Entgelt weiteres Datenvolumen erwerben, wenn er den Anschluss mit der vollen vertraglich vereinbarten Bandbreite nutzen will. Ebenso wie Datenvolumen keine spezifischen Netzneutralitätsfragen aufwerfen, hat auch die Drosselung der Bandbreite dann keine netzneutralitätsspezifischen Implikationen, wenn sie für alle Dienste und Inhalte gilt. (vgl. Q1)

Aus rechtlicher Sicht ist in erster Linie von Bedeutung, dass die Bedingungen der Drosselung, also insbesondere die Voraussetzungen, unter denen sie eingreifen soll, transparent sein müssen. Die Endkunden müssen aktiv ihre Datennutzung kontrollieren können, um gegebenenfalls zusätzliches Volumen zu erwerben bzw. einen anderen Tarif zu buchen. (vgl. Q1)

 

Nichtberücksichtigung der Nutzung linearer Rundfunkangebote

Hier besteht ein Netzneutralitätsbezug, sowohl aus ökonomischer als auch aus rechtlicher Sicht. Wenn die Nutzung linearer Rundfunkangebote, in Falle der Telekom sind das Entertain-Angebote, nicht auf das vertraglich vereinbarte Datenvolumen angerechnet wird, so dass sie auch nach Ausschöpfen des Datenvolumens nicht gedrosselt wird, besteht ein Eingriff in die Netzneutralität, genauer gesagt die Nicht-Diskriminierungs-Regel. Es herrscht eine unterschiedliche Behandlung verschiedener Daten. Auch bezüglich der Null-Preis-Regel kann es zu Unstimmigkeiten kommen. Nutzt etwa ein Kunde eine kommerziellen Videodownloadserver wie Maxdome, ein anderer aber die Mediathek eines Rundfunkanbieters, fällt nur für ersteren ein nutzungsabhängiges Entgelt an.

Aus rechtlicher Sicht ist die Lage nicht ganz so eindeutig. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt einen verfassungsrechtlichen Schutz, der auch dessen einfache technische Verfügbarkeit einschließt. Die Verfügbarkeit muss also grundsätzlich gewährleistet sein, so dass eine Drosselung Fragen bezüglich des Verfassungsrechtes aufwerfen würde. Auch wenn dies aus ökonomischer Sicht problematisch ist, können derartige Nichtberücksichtigungen aufgrund geltenden Rechts gerechtfertigt sein. (vgl. Q1)

 

Nichtberücksichtigung sonstiger Dienste und Inhalte

Wenn man über Volumentarife spricht ist die Nichtberücksichtigung der Nutzung sonstiger Dienste und Inhalte im Rahmen des Inklusivdatenvolumens ein weiterer wichtiger Bestandteil. Demnach können Inhalte- und Diensteanbieter aber auch Endkunden, mit der Telekom eine entgeltliche Vereinbarung treffen, wobei die Nutzung bestimmter Dienste nicht auf das inkludierte Datenvolumen angerechnet wird. Das gängigste Beispiel hierfür ist der Musikstreamingdienst Spotify. Dabei bleibt dann gegen ein zusätzliches monatliches Entgelt die Inanspruchnahme im Rahmen des inkludierten Datenvolumens unberücksichtigt. Dies betrifft natürlich die Netzneutralität sowohl in Hinblick auf die Null-Preis-Regel als auch auf die Nicht-Diskriminierungs-Regel. Im Gegensatz zu linearen Rundfunkangeboten lassen sich hierfür auch keine zwingenden verfassungsrechtlichen Rechtfertigungsgründe anführen. Befürworter von Netzneutralitätsregelungen nehmen dies zum Anlass und fordern ein Verbot entsprechender Verträge. Sie sehen die Gefahr, dass ohne ein Verbot nur wirtschaftlich potente Dienste- und Inhalteanbieter entsprechende Vereinbarungen treffen können, während junge Startups sowie nicht-kommerzielle Anbieter nicht über die entsprechenden finanziellen Möglichkeiten verfügen und somit einen wettbewerblichen Nachteil hätten. Des Weiteren könnten sich Anbieter mit vertikal integrierten Strategien, bei denen sie eigene Angebote gegenüber Angeboten unabhängiger Dritter besser behandeln, eine Wettbewerbsvorteil verschaffen, gegenüber reinen Diensteanbietern. (vgl. Q1)

 

Bezüglich den rechtlichen Rahmen lässt sich festhalten, dass mittlerweile die Deutsche Telekom (und auch Drei in Österreich) gezwungen worden sind, die Tarife einzuschränken. Aufgrund der neuen EU-Verordnung zur Netzneutralität (vom 30.4.2016)  muss auch der Datenverkehr beim Streamen von Musik nach Verbrauch des Inklusiv-Volumens gedrosselt werden.  ABER: Auch weiterhin belastet die Nutzung von Spotify das Datenvolumen nicht. (vgl. Q2)

Siehe auch Spotify und Drei in Österreich.

 

Entwurf einer Netzneutralitätsverordnung

Auf nationaler Ebene in Deutschland wurde 2013 im Nachgang zur Einführung der Volumentarife durch die Deutsche Telekom ein Entwurf für eine Netzneutralitätsverordnung vorgelegt. Da dieser Entwurf jedoch fast vier Jahre zurück liegt, wird im Folgenden auf die neuen Regeln zur Netzneutralität in Europa Bezug genommen. 2016 wurden neue Leitlinien zur Umsetzung von Netzneutralität in Brüssel präsentiert. Diese sollen die umstrittene EU-Verordnung zur Netzneutralität ergänzen und für mehr Klarheit sorgen. Bezüglich des Zero-Ratings legen sich die neuen Leitlinien allerdings nicht klar fest, es wird am Ende eine Einzelfallentscheidung sein. Es ist zwar nicht klar definiert was diesbezüglich erlaubt ist, jedoch soll es Anbietern eindeutig verboten sein, nach Erreichen des Inklusivvolumens alle Anwendungen zu blockieren oder zu drosseln, außer den Anwendungen mit Zero-Rating.

Geregelt werden dabei auch neue Transparenzvorschriften für Endkundenverträge, in denen verbindliche Bandbreitenangaben stehen müssen. (vgl. Q3)

 

Zusammenfassung und Bewertung

Der Artikel zeigt auf, dass grundsätzlich volumenbasierte Endkundeninternettarife bzw. Bandbreitendrosselungen allgemein keine Fragen bezüglich der Netzneutralität aufwerfen. Kommt es aber zum Umgang mit linearen Rundfunkangeboten bzw. sonstigen Dienste- oder Inhalteanbietern besteht durchaus noch klärungsbedarf. Sofern bei der Berücksichtigung der Daten, die im Rahmen eines vertraglich vereinbarten Datenvolumens auf das inkludierte Volumen angerechnet werden differenziert wird wirft dies Fragen bezüglich der Netzneutralität auf. Auch die neuesten Leitlinien zeigen noch keine eindeutige Lösung im Umgang mit Zero-Rating. Für mich persönlich ist Netzneutralität eine Prinzipienfrage welche das Internet definiert und demnach nach bestem Wissen und Gewissen geschützt werden sollte.

 

Quellen:

Q1:Fetzer, T.; Peitz, M.; Schweitzer, H. (2013): Flexible Geschäftsmodelle in der Telekommunikation und die Netzneutralitätsdebatte, Springer Berlin Heidelberg 

Q2:https://netzpolitik.org/2016/telekom-deutschland-eu-und-netzneutralitaet-fuehren-zu-drosselung/ (zuletzt aufgerufen am 16.01.2017)

Q3:https://futurezone.at/netzpolitik/das-sind-die-neuen-regeln-zur-netzneutralitaet-in-europa/203.161.258 (zuletzt aufgerufen am 16.01.2017)

2 comments :: Kommentieren

Prinzipienfrage

darja.kneissl.uni-linz, 17. Jänner 2017, 10:22

Ich bin auch der Meinung, dass die Netzneutralität vor den wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen geschützt werden muss. Der Wegfall von netzneutralität hätte meiner Meinung nach, nicht nur Auswirkung auf die vieldiskutierte Entertainment-Branche rund um Spotify und Netflix, sondern kann auch dazu führen, dass bestimmte Webseiten nicht mehr ""durchkommen. Ich denke da vor allem an Webseiten weniger finanzkräftiger Institutionen, Projekten, Initiativen etc., welche sich solche Exklusivverträge mit Netzanbieter nicht leisten können.

Des Weiteren würden Netzanbieter in eine Position kommen, in der sie entscheiden welche Informationen oder Angebot im Netz verfügbar sind. Das könnte sich auf Politik, Wirtschaft, Religionen, etc. auswirken. Durch solche Vorgehensweisen wird das im Internet verfügbare Informationsangebot immer intransparenter. 

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Vergehen durch den Mobilfunker Drei

irena.grbic.uni-linz, 17. Jänner 2017, 12:03

Der Mobulfunker Drei verstößt laufend gegen die Netzneutralität. Der RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs GmbH) ist neben dem Angebot „3Cloud“ das „3 Film-Abo“ und „3Mobile TV“ ein Dorn im Auge. Die Services funktionieren nach wie vor ungehindert, auch wenn das Datenvolumen eigentlich aufgebraucht wurde. Somit entsteht eine „Diskriminierung“ zwischen Services, die der EU-Verordnung zur Netzneutralität widersprechen. Die RTR wird nun innerhalb der nächsten sechs Monate die konkrete technische Ausgestaltung dieser Produkte prüfen. Jedoch zeigt sich eine Kuriosität, da dem Mobilfunker Drei auch dann keine Strafe droht, wenn die RTR eine eindeutige Verletzung der Netzneutralität feststellt. Dies kommt daher, dass, im Gegensatz zahlreicher anderer EU-Staaten und auch hierzulande immer noch keine Strafmaßnahmen für die Verletzung von Netzneutralität festgelegt wurden.

Quelle:
http://derstandard.at/2000045420433/Netzneutralitaet-Beschwerde-gegen-Mobilfunker-3-eingeleitet

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