Transparenz Der transparente Bürger - Internet-TV und Datenschutz

magdalena.giegler.uni-linz, 23. November 2016, 15:14

 

Einleitung

Im Folgenden wird auf den Artikel „Internet-TV und Datenschutz“ von Thilo Weichert näher eingegangen. Der Artikel wurde 2014 von den Springer Fachmedien Wiesbaden publiziert und behandelt vorwiegend den deutschen Markt. Durch die Digitalisierung des Fernsehens wird die Mediennutzung mit Internet-Angeboten verknüpfbar. Es eröffnet sich ein Rückkanal für die Gerätehersteller, die Sendeanstalten, sowie Zugangsanbieter, über den personenbezogene Daten erfasst werden können. Um die technischen Möglichkeiten und die datenschutzrechtlichen Anforderungen zu erläutern, muss auf die Begriffe HbbTV und Smart TV eingegangen werden.

 

HbbTV

Der Begriff HbbTV (Hybrid Broadcast Broadband TV) steht für die Verbindung des Internets mit dem DVB (Digital Video Broadcast), und ist unabhängig von Übertragungswegen und Inhalten. Bei der Erstellung des offenen technischen Standards HbbTV haben Datenschutzaspekte keine Rolle gespielt. Es werden viele interaktive Möglichkeiten geboten, sowohl für die Nutzenden als auch für die wirtschaftlichen Anbieter, insbesondere Werbetreibende. Das Fernsehangebot wird mit Zusatzinformationen aus dem Internet ergänzt, somit kann auch Werbung regional und zielgruppenspezifisch adressiert werden. Die Werbewirksamkeit lässt sich dadurch auch zunehmend präziser messen. Die Rezipienten können Rückmeldungen zum angebotenen Programm geben und sogar zur Auswahl und Gestaltung Beiträge leisten. (vgl. Q1)

Kurzum gesagt, wird mit HbbTV die Funktion die man bereits aus dem Video- bzw. Teletext kennt modernisiert. Man sieht beispielsweise eine Kochsendung, ein hervorragender Wein wird erwähnt und per Klick auf den Red Button bekommt man alle möglichen Zusatzinfos zu den Rezepten bzw. dem Wein, vielleicht sogar mit Bestellmöglichkeiten zum Wein und dem Gericht (vgl. Q2)

Immer mehr deutsche Haushalte nutzen HbbTV, im Jahr 2013 waren es schon 2,5 Millionen Haushalte. Für 2016 wurde prognostiziert, dass 13,4 Millionen Haushalte HbbTV fähige TV-Geräte besitzen. (vgl. Q1) Laut der Informationswebsite von HbbTV nutzten Anfang 2015 bereits über 10 Millionen Haushalte den Dienst. (vgl. Q2) 

Bei der Verschmelzung von Internet und TV ist aber noch lange kein Ende in Sicht. Facebook hat beispielsweise ein neues Feature für die mobile Applikation angekündigt, bei dem Fernsehschauende eine TV-Sendung ihrem Facebook-Status automatisch zuordnen lassen können, indem die App akustisch die Serie erkennt. (vgl. Q1)

 

Technische Rahmenbedingungen

Aus technischer Sicht ist eine HbbTV-Anwendung nichts anderes als ein Web-Angebot, dessen URL von den Sendeanstalten zu den Nutzenden übertragen wird, und von dortigen Geräten ausgewertet wird. Die Anwendung wird von vielen Sendern in Deutschland angeboten. Die Webseiten werden von den Sendern ausgeliefert und über das Internet übertragen und dargestellt. Die Aktivierung erfolgt durch die Initialisierung des „Red Buttons“ auf der Fernbedienung. Der Smart-TV lädt zusätzlich zu dem Fernsehbild die Red-Button-Seite des Senders, und diese wird über das Fernsehbild gelegt. Die Funktionen sind dabei sehr unterschiedlich. Von der reinen Anzeige eines Videotextes bis hin zu umfangreichen Mediatheken und der Nutzung von zusätzlichen Internetdiensten außerhalb des Fernsehprogramms, ist alles dabei. Es erfolgt eine Kommunikation zwischen dem Smart-TV und dem Angebot des Senders. Es werden Datenpakete übertragen welche sich in folgende drei Kategorien einteilen lassen:

  • Inhalt der HbbTV-Anwendung
  • Tracking-Script (z.B. auch von Drittanbietern wie Google Analytics)
  • (personalisierte) Werbeeinblendungen

Im Unterschied zu anderen Internetendgeräten wie PCs, Laptops, Tablets oder Smartphones haben Internet-TV-Geräte nur eine reduzierte Browsertechnik. Die Beeinflussbarkeit durch die Nutzenden kann dadurch eingeschränkt sein, da in der Regel Darstellungsmöglichkeiten, mit denen Verarbeitungsprozesse transparent gemacht werden könnten, fehlen. Wenn also in einem Smart-TV Kamera und Mikrofon integriert sind, könnte durch die Einspielung von entsprechenden Programmen, das TV-Gerät zur Raumüberwachung genützt und über das Internet gesteuert werden.

Von dem US-Kabelnetzbetreiber Verizon wurde ein Patentantrag für einen Kabeltuner eingereicht, mit dem festgestellt werden könnte, wie viele Personen vor dem Fernseher sitzen. Des Weiteren könnte festgestellt werden was diese tun, und sogar wie die Stimmung jener Personen ist. Würde z.B. ein Paar vor dem TV streiten, könnte Werbung für eine Eheberatungsstelle eingespielt werden oder wenn sich Kinder im Raum befinden, könnte gewährleistet werden, dass keine Werbung für Erwachsenenprodukte geschalten werden. Auch von Google TV wurden Patente angemeldet, wobei mithilfe von Bild- und Tonerkennung festgestellt werden kann, wie viele Rezipienten vor dem Fernseher sitzen. Microsofts Entwicklungen verfolgen eine andere Intention. Der sogenannte >>License Manager<< soll dafür sorgen, dass nicht mehr Zuschauer einen ausgeliehenen Film anschauen oder ein Computerspiel spielen können, als die Ausleihkonditionen und Nutzungsbedingungen erlauben. Panasonic kann mit seiner Technik zur Nutzererkennung bereits Familienmitglieder wiedererkennen und das Startmenü mit der Auswahl von Programm-Favoriten entsprechend anpassen. Die Fernbedienung ist dazu in der Lage, verschiedenste Stimmen im Wohnzimmer zu unterscheiden. (vgl. Q1)

 

Grundrechtliche Rahmenbedingungen und Datenschutz

Spätestens mit der Konvergenz des Fernseh- und Internetangebotes erscheint die Thematik des Datenschutzes erneut auf der Bildfläche. Hierbei gilt es zu sagen, dass in dem Artikel, wenn es nicht um die EU-Grundrechte-Charta geht, das deutsche Recht gemeint ist. Zunächst wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Nutzenden tangiert, welches im Bundesverfassungsgericht 1983 als Grundrecht entwickelt wurde. (vgl. Q1)

Bezüglich dieses Rechts und in Hinblick auf die technischen Rahmenbedingungen sagt Weichert: „Eines der zentralen Datenschutzprobleme beim Internet-TV besteht darin, dass die technische Kompetenz der Nutzenden einerseits und die Komplexität der verwendeten Technik andererseits es oft faktisch unmöglich machen, dass die Nutzenden ihre informationelle Selbstbestimmung wahrnehmen.“  (Q1)

Das Grundrecht auf Datenschutz ist seit 2009 in EUGRCh der Europäischen Union explizit nominiert. Des Weiteren hat der Einzelne in den Wohnräumen das Recht in Ruhe gelassen zu werden. Ist also ein TV-Rückkanal mit Kameras, Mikrofonen, Bewegungssensoren oder ähnlichem gekoppelt, kann mit dem Einsatz dieser Geräte ein sehr weitgehender Eingriff in die Unversehrtheit der Wohnung verbunden sein.

Auf Seiten der TV-Sender kann das Grundrecht auf Rundfunk- und Pressefreiheit geltend gemacht werden. Dabei handelt es sich um ein Grundrecht, welches die Veröffentlichung von Information und Meinung sicherstellt, nicht aber einen Anspruch auf Rückmeldung der Nutzenden umfasst. Des Weiteren kann von Geräte-, Portal- und Sendeanbieter und den dort Tätigen, für ihre Aktivitäten auf dem TV-Markt, das Grundrecht auf Berufsfreiheit und insbesondere auf Eigentumsschutz in die rechtliche Waagschale geworfen werden. (vgl. ebd.) 

Durch die Existenz und Ausgestaltung des Rückkanals wird ein zentrales Datenschutzproblem ausgelöst. Je mehr aussagekräftige Daten an die Sender, Gerätehersteller oder Portalanbieter übertragen werden, umso problematischer ist dies aus persönlichkeitsrechtlicher Sicht. Aus den Profilen der Nutzer lässt sich eine Vielzahl an Schlussfolgerungen ziehen, z.B. kann auf Interessen, Vorlieben, Hobbies und Freizeitaktivitäten geschlossen werden, daraus lassen sich wiederum Schlüsse auf die soziale und berufliche Situation oder den Bildungsstand ziehen. Diese Aussagekraft verstärkt sich durch weitere Daten, die möglicherweise sogar (freiwillig) von den Nutzer bereit gestellt werden. Durch Cookies ist die Kombination mit Daten aus sozialen Netzwerken oder sonstiger Internetnutzung naheliegend und einfach. (vgl. ebd.)

 

Die Player 

Der Internet-TV-Markt teilt sich in drei Gruppen bzw. Branchen auf.

 

1. Gerätehersteller 

Es wird inzwischen ein globaler Markt bedient, wobei die größten Anbieter LG, Panasonic, Philips, Sony und Samsung sind. Bei den Geräten wird keine Funktionalität für z.B. die Cookie-Verwaltung oder datenschutzfördernde Erweiterungen vorgesehen. Die unzureichende Absicherung kann dazu führen, dass eine Datenspionage stattfindet oder sogar über die Kamera ein Videostream über das Netzwerk weitergeiltet wird, obwohl das Gerät ausgeschaltet ist. (vgl. Q1)

 

2. TV-Sender 

Hierbei handelt es sich um öffentlich-rechtliche und private Sendeanstalten. Über die Direktverbindung erhält der Sender regelmäßig Rückmeldungen von den Empfängergeräten. Wie diese Daten von den Sendern ausgewertet werden ist nicht bekannt. Durch Präsentationen der ProSiebenSat1-Tochter SevenOne Media ergibt sich, dass zumindest teilweise eine Auswertung der Zugriffsdaten durchgeführt wird. Für gewöhnlich werden Cookies auf den Endgeräten abgelegt. Viele Sender lassen die Abrufe der Red-Button-Seite mit Hilfe von Google Analytics tracken. Die Sender rechtfertigen diesen Einsatz durch verschiedene Argumente. Zum einen werden keine Nutzerdaten von Menschen erhoben, sondern lediglich von Geräten, interessiert sei man nur an der Bestimmung der technischen Reichweite und daraus könne man keine Rückschlüsse auf den Zuschauer und sein Verhalten schließen. Dabei muss aber festgehalten werden, dass es bei der Personenbeziehbarkeit ausschließlich darauf ankommt, ob es technisch möglich wäre, Rückschlüsse auf einzelne Personen zu ziehen. (vgl. Q1)

Hier kann z.B. auf der ARD Website nachgelesen werden, welche Datenschutzerklärungen für HbbTV-Anwendungen der ARD angegeben sind.

(Q3:http://www.ard.de/home/ratgeber/Smart_TV__HbbTV_Fernseher_und_der_Datenschutz/733212/index.html)

 

3.  Zugangsanbieter

Der Markführer in Deutschland ist die Telekom. Bereits im Juni 2012 erhielten die die Kunden ein Schreiben, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass das Zuschauerverhalten gemessen wird, es wird gespeichert wann eine Sendung aufgenommen wird, wann ein Zuschauer umschaltet welche Online-Videoabrufe er vornimmt. Es wurde mitgeteilt, dass diese Erhebung ausschließlich der Verbesserung des Entertain-Angebotes diene. Wenn man an der Erhebung nicht teilnehmen will, kann man der Veränderung der Einstellung widersprechen. (vgl. Q1)

 

Fazit

Der Artikel wurde ausgewählt, da bezüglich des Datenschutzes meist an den Laptop und das Smartphone gedacht wird. Viele haben bereits ihre Laptopkameras verklebt und versuchen sich möglichst gut zu schützen. Doch, dass der Fernseher mittlerweile ebenfalls mit dem Internet verbunden ist, und auch hier das Stichwort des gläsernen Menschen zum tragen kommt wird oft vergessen.

Für die Rezipienten ist auf Grund der Vermischung der Online- und der TV-Welt oft nicht mehr klar, ob sie gerade das TV-Programm oder einen Internet-Dienst nutzen. Natürlich sollten die HbbTV-Anwendungen nach dem Prinzip >>Privacy by Design<< gestaltet werden und möglichst wenig personenbezogene Daten über das Netz verschicken bzw. veröffentlichen. Es sollte möglich sein, zu kontrollieren bzw. festzulegen, ob Trackingdienste verwendet werden. Auf der anderen Seite ist dies am Laptop schon lange möglich, und die Frage wie geschützt dabei die Nutzer sind ist wieder eine ganz andere. Laut dem Artikel liegen bisher nur geringe Erkenntnisse darüber vor, wie die gesammelten Daten der Gerätehersteller, TV-Sender und Zugangsanbieter verwendet werden und über einen möglichen Missbrauch kann nur spekuliert werden. Gründe dafür könnten sein, dass noch eine weit verbreitete Unkenntnis über die eingesetzten technischen Prozesse herrscht oder das Fehlen von Beschwerden oder eine technische und personelle Überforderung der Kontrollinstanzen. (vgl. Q1) Jedenfalls lässt sich festhalten, dass nun auch am TV-Markt George Owells „Big Brother-Vision“ zumindest technische Realität geworden ist.

Meine Kollegin hat einen interessanten Artikel über Privatsphäre und Internetmarketing verfasst, der ähnliche Aspekte der Datensicherheit aufgreift. 

Für alle die in Zukunft ihre Daten am TV besser schützen möchten, gibt es hier eine mögliche Anleitung dazu.

 

Quellenverzeichnis

Q1:Weichert, T. (2014): Internet-TV und Datenschutz in Datenschutz und Datensicherheit, S. 529ff, Springer Fachmedien Wiesbaden

Q2:http://www.hbbtv-infos.de o.J. o.S. (zuletzt aufgerufen am 20.11.2016)

Q3:http://www.ard.de/home/ratgeber/Smart_TV__HbbTV_Fernseher_und_der_Datenschutz/733212/index.html, 2015, o.S. (zuletzt aufgerufen am 22.11.2016)

2 comments :: Kommentieren

Umdenken erforderlich

jasmin.hopf.uni-linz, 22. November 2016, 19:00

Ich finde du hast völlig recht. Wenn wir an Datenschutz und an das Ausgespäht/Beobachtet-werden denken, dann denken wird in erster Linie an unsere Laptops oder Smartphones. Das TV Gerät ist einfach in unseren Köpfen noch immer das alte klassische Fernsehgerät, bei dem man Sender über Kabel oder Satellit empfängt. Keiner denkt daran dass auch das TV-Gerät als Laptop-Ersatz (in Bezug auf Internet), wenn auch nur eingeschränkt, dienen kann - somit schützt es auch keiner. Aber gerade das TV Gerät kann, wie beschrieben durch ein „Tuning“, sehr private Einblicke in unser Leben ermöglichen. Es wird vermutlich jedoch noch etwas Zeit benötigen um dieses Umdenken auch in unseren Köpfen zu verankern.

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irena.grbic.uni-linz, 23. November 2016, 11:01

Ich bin auch der Meinung, dass der Fernseher noch nicht als Medium für Datensammlungen angesehen wird. Das Bewusstsein sollte aber geschaffen werden, da Smart TVs als zukünftiger Standard bei Fernsehgeräten gelten.

Dass die Datensammlung laufend passiert, zeigt eine Untersuchen der Macher von eBlocker (spezialisierte Software zur Kontrolle von Nutzerdaten). Es wurde geprüft, welche Daten Smart TVs an die Hersteller senden. Dabei wurde festgestellt, dass bspw. Geräte der aktuellen Serie5 von Samsung permanent (auch im Standby-Modus) personenbezogene Daten sammeln.

Quelle: http://www.pcwelt.de/news/Traffic-Analyse-Samsung-TV-spaeht-Nutzer-aus-10039116.html

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