Informationsgesellschaft |
julia_schwaiger.salzburg,
Freitag, 23. Januar 2004, 14:31
Die Informationsgesellschaft
Eine kommunikationswissenschaftliche Bestandsaufnahme des Strukturwandels
INHALTSVERZEICHNIS 1. Einleitung: Das Konzept „Informationsgesellschaft“ 2. Begriffserklärung 2.1. „Informationsgesellschaft“ 2.2. „Multimedia“ 2.3. „Wissensgesellschaft“ 3. Drei Entwicklungsstränge mit hohem Veränderungspotential... 3.1. Der gesellschaftliche Strukturwandel 3.2. Der wirtschaftliche Strukturwandel 3.3. Technische Innovationen im Bereich Information und Kommunikation 3.3.1. Historische Entwicklung der Massenmedien 3.3.2. Konvergenz 3.3.3. Digitalisierung 3.3.4. Das Veränderungspotential der technischen Innovationen 4. Zukunftsperspektiven 5. Quellenverzeichnis _____________________________________________ „Beim Einzug des Telefons warnten Kritiker vor der Vereinsamung des Menschen. Ein Blick auf meine private Telefonrechnung zeigt: Sie haben Unrecht gehabt.“ Jürgen Rüttgers, Bundesforschungsminister 1. Einleitung: Das Konzept „Informationsgesellschaft“ Betrachtet man die fortschreitende Globalisierung, den internationalen Wettbewerb und die hohe Arbeitslosigkeit, so erkennt man den Zwang der entwickelten Industrieländer, sich immer mehr in Richtung „Informationsgesellschaft“ zu etablieren. Der Begriff „Informationsgesellschaft“ im gesamtgesellschaftlichen Kontext, bezeichnet den Strukturwandel einer bislang güterproduzierenden Industriegesellschaft hin zu einer auf Information, Wissen und neuen Technologien basierenden Gesellschaft, welcher in dieser Arbeit erforscht werden soll. 2. Begriffserklärung 2.1. „Informationsgesellschaft“ Der Begriff „Informationsgesellschaft“ wurde stark von Daniel Bell geprägt, welcher einen Entwurf für eine nachindustrielle, auf Information als wichtigste Ressource gegründete Gesellschaft, lieferte. Durch den Einfluss von Computern und Telekommunikation bildete sich ein neuer Gesellschaftstyp, der die Industriegesellschaft ablöste. „War die Industriegesellschaft eine güterproduzierende, so ist die nachindustrielle Gesellschaft eine Informationsgesellschaft.“ (Vgl.Kiefer 2001, 29) 2.2. „Multimedia“ Multimedia wird hauptsächlich als Oberbegriff für von neuartigen Produkten und Diensten aus dem Computer-, Telekommunikations- und Medienbereich verwendet. Multimediale Produkte weisen folgende Merkmale auf: - Interaktive Nutzung: Der Nutzer ist nicht nur Empfänger, er hat auch die Möglichkeit mittels Rückkanälen Inhalte zu verändern, bzw. Aktionen auszulösen. - Integrative Verwendung verschiedener Medientypen: Dynamische Medien, wie z.B. Video- und Audiosequenzen, werden mit statischen Medien, z.B. Text und Dateien, kombiniert. - Digitale Technik: Als Basis der Anwendungen ermöglicht die digitale Technik die Speicherung und Bearbeitung der Daten, die den verschiedenen Medien zugrunde liegen. Zum Teil geschieht dies auch unter Einsatz von Kompressionsverfahren. Wichtige Produkte und Dienste: - Pay-TV; - Remote Joint Editing; - Pay-per-View; - Home Services; - Multimedia-PC; - Point-of-Sale; - Video-on-Demand; - Training; - TV Set Top Box; - Video-Spiele; - Homeshopping; - Datenbanken; - Videokonferenz; - Multimedia-Server; - Point-of- Information; - Electronic Publishing; Bildtelefone; - Electronic Mail u.s.w. (Vgl. Booz/Allen/Hamilton 1997, 29f) 2.3. „Wissensgesellschaft“ Helmut Willke schreibt 1998: „Von einer Wissensgesellschaft oder einer wissensbasierten Gesellschaft lässt sich sprechen, wenn zum einen die Strukturen und Prozesse der materiellen und symbolischen Reproduktion einer Gesellschaft so von wissensabhängigen Operationen durchdrungen sind, dass Informationsverarbeitung, symbolische Analyse und Expertensysteme gegenüber anderen Faktoren der Reproduktion vorrangig werden. Eine entscheidende zusätzliche Voraussetzung der Wissenschaft ist, dass Wissen und Expertise einem Prozess der kontinuierlichen Revision unterworfen sind und damit Innovation zum alltäglichen Bestandteil der Wissensarbeit werden.“ Merkmale der Wissensgesellschaft (lt. Willke): - Eine Wissensgesellschaft ist nicht hierarchisch, sondern „heterarchisch“ gegliedert, d.h. alle gesellschaftlichen Teilsysteme operieren autonom und gleichberechtigt nebeneinander. - Entstehung von lernenden, intelligenten Organisationen und Unternehmen, die anpassungs- und restrukturierungsfähig sind. - Ubiquität anspruchsvoller und intelligenter Produkte bzw. Dienstleistungen, deren Wert in dem eingebauten Wissen liegt. - Einfache Tätigkeiten und Dienstleistungen werden von Maschinen oder Robotern übernommen. - Eine Dreiteilung des Arbeitsmarktes zeichnet sich ab: ca. 20% hochprofessionelle, global mobile und sehr kompetente Wissensarbeiter/ ca. 60% arbeitfähige Personen mit permanentem Druck zur Fort- und Weiterbildung/ 20% von der Wissensgesellschaft überforderte Personen. - Neben Infrastrukturen erster Ordnung (Energie-, Straßen-, Schienen-; Telefonnetze u.s.w.) treten neue, wissensbasierte und leistungsfähige Infrastrukturen zweiter Ordnung (Datensuperhighways, Telematik, intelligente Energiesysteme, etc.) - Die Digitalisierung von Expertisen erlaubt den systemspezifischen Aufbau von organisationaler Intelligenz in Form von Datenbanken, Expertensystemen, Regelsystemen und Aufbereitungsinstrumenten für vorhandenes Wissen. - Zwingende Notwendigkeit des permanenten Lernens neuer Wissenselemente, um den neuen Wissensanforderungen in allen Lebensbereichen gerecht werden zu können; - Die neue Aufgabe der Politik als Supervisor liegt v.a. in der Vermittlung zwischen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Funktionsbereichen und der Verschränkung von öffentlichen und privaten Interessen. (Vgl. Ralph Grossmann, Helena Biritz 2002,64f) 3. Drei Entwicklungsstränge mit hohem Veränderungspotential... Damit man in der Informationsgesellschaft wettbewerbsfähig ist, bedarf es an innovativen Entwicklungen von neuen Diensten und Inhalten und den chancengleichen Zugang zu den multimediarelevanten Märkten. Um dies zu erreichen, ist es von besonderer Notwendigkeit eine IKT- Infrastruktur zu schaffen, welche die Verteilung und Nutzung dieser neuen Dienste für breite Teile der Bevölkerung ermöglicht. Auch aus gesellschaftspolitischer Perspektive kommt der Sicherung des chancengleichen Zugangs hohe Aufmerksamkeit zu, handelt es sich bei dem Weg zur Informationsgesellschaft bei den neuen Medien-, Dienste- und Inhaltsangeboten nicht nur um kommerzielle Wirtschaftsgüter , sondern repräsentiert die Entwicklung von Multimedia auch einen wesentlichen kulturellen und demokratierelevanten Faktor. Aus diesem Grund ist der Ausbau der technischen Infrastruktur im IKT- und Multimediabereich als zentraler Pfeiler für die Entwicklung von ökonomischem und kulturellem Wachstum zu sehen. Im Wesentlichen wird der Weg in die Informationsgesellschaft von 3 Entwicklungssträngen geprägt: - Von dem gesellschaftlich- sozialen Strukturwandel, - dem wirtschaftlichen Strukturwandel - und den technische Innovationen im Bereich Information und Kommunikation 3.1. Der gesellschaftliche Strukturwandel Soziologisch betrachtet, kann der Wandel der hochentwickelten Informationsgesellschaften in den USA, Westeuropa und Japan mit dem wachsenden Grad der Differenzierung in Zusammenhang gebracht werden, welcher zu einem exponentiell ansteigenden Kommunikations- und Informationsbedarf führt. „Die Eigenkomplexität dieser Gesellschaften speziell diejenigen des Tertiärsektors der Dienstleistungen , sei so groß, dass ein zusätzlicher vierter Sektor (Quartärsektor Information und Kommunikation) diesen und die Gesellschaft insgesamt kommunikativ erschießen [sic] helfen muss.“ (Kiefer ) Als Ursachen dafür gelten, neben dem Orientierungs- und Selbstdarstellungsbedarf auch: wachsende fundamental-demokratische Ansprüche und der Strukturwandel der Gesellschaft im Sinne einer vermehrten Geltendmachung von Minderheiten- und Partikulärinteressen. (Vgl. Kiefer zit. n. Saxer 1991) 3.2. Der wirtschaftliche Strukturwandel In diesem Kontext ist eine Untersuchung von Fritz Machup erwähnenswert. 1962 veröffentlichte er eine Analyse, in der er feststellte, dass Wissen und Information zu einer Schlüsselkomponente in der amerikanischen Volkswirtschaft geworden sind. Machup berechnete den Beitrag des Informationssektors zum amerikanischen Bruttosozialprodukt und stellte fest, dass dieser bereits bei 29% lag. Seine Studien lösten eine Vielzahl von weiteren Forschungen in diesem Bereich aus, welche aber immer wieder neue Ergebnisse brachten. (Was wohl an unterschiedlichen Definitionen liegen mag.) Heinrich unterscheidet daher zwischen institutioneller und funktionaler Abgrenzung des Informationssektors bei den verschiedenen Studien. Als kleinsten gemeinsamen Nenner lassen sich die Erkenntnisse dieser Studien dahingehend zusammenfassen, dass in Gesellschaften des Typs Informationsgesellschaft die wichtigsten produktiven, ökonomischen und sozialen Aktivitäten im Bereich Kommunikation und Information liegen, dieser Gesellschaftstyp sich genau durch diese „Informatisierung“ vom Typ der westlichen Industriegesellschaft unterscheide. 3.3. Technische Innovationen im Bereich Information und Kommunikation 3.3.1. Historische Entwicklung der Massenmedien Die wichtigste Erfindung auf dem Weg der Presse zum Massenmedium war die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg (1445). Vorangetrieben haben aber die Entwicklungen die Erfindungen des 19. Jahrhunderts, wie die Schnellpresse, Zeilensetzmaschine, Telegraph und das Telefon. Seit der Einführung des Radios und Fernsehens in den 20er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts konnte ein breites Publikum angesprochen werden. In den 70ern kam es zu einem Technologiesprung, der sich auf alle Massenmedien auswirkte. Die Rede ist von Multimedia und Konvergenz. Beide Stichworte bedeuten die Verschmelzung von mehreren bislang getrennten Bereichen des Informationssektors: der Telekommunikation, der Computerindustrie, der Unterhaltungselektronik und den Inhalteanbietern. 3.3.2. Konvergenz Definition: Der Begriff Konvergenz bezeichnet die Verschmelzung von Geräten, Inhalten und Nutzungsformen im Kommunikationssektor. Durch Digitalisierung wird Konvergenz begünstigt, bzw. erst ermöglicht. 3.3.3. Digitalisierung Die Digitalisierung löste die analoge Signalverarbeitung von Bildern und Tönen ab. Bei der analogen Signalverarbeitung werden Töne und Bilder, um sie zu speichern und zu übertragen, in elektrische Ströme und Spannungen verwandelt, die dann, mittels Empfangsgerät, wieder in Töne und Bilder übersetzt werden. Bei der Digitalisierung werden beliebige Inhalte in einen binären Code gewandelt, d.h. analoge Signale werden in Datenströme mit zwei festen Spannungszuständen , den dualen Zuständen 1 und 0, umgewandelt. Die Digitaltechnik ermöglicht das Mengenvolumen und die Geschwindigkeit der Übertragung von Bildern, Tönen, Daten und anderen Informationen stark zu erhöhen. 3.3.4. Das Veränderungspotential der technischen Innovationen bzw. die Konsequenzen eines entwickelten Multimedia- Systems: 1.Medieninhalte lösen sich weitgehend von ihren Trägern: Als wichtiges Stichwort gilt hier die Mehrfachverwertung. Zeitungen haben z.B. die Möglichkeit, ihre Inhalte auch Online zu vertreiben. 2.Eingriffe in die digitalisierten Inhalte sind beliebig möglich: Verschlüsselungen bei Analogmedien waren stets mit Qualitätseinbußen verbunden, im Digitalfernsehen ist dies ohne Einschränkung der Qualität möglich. 3.Interaktive Dienste verwischen die Grenzen zwischen Individual- und Massenkommunikation. (Vgl. Kiefer 2001,27f) 4. Zukunftsperspektiven: „Internet ist nicht Zukunft, sondern Realität“ Im Anschluss einer Präsentation zu den drei Studien KomRegio, Jim98 und Medien 2005/ 2015 diskutierten die Verantwortlichen über die Konsequenzen ihrer Studienergebnisse: Prof. Dr. Klaus Schönbach: Wir müssen zwei Zeitwenden unterscheiden. Die Zeitwende der Informationsgesellschaft hat längst stattgefunden, Die Zeitwende über die wir heute reden ist eine andere. Hier geht es um die Kanäle der Informationsgesellschaft. Diese Kanäle werden sich von heute auf morgen ändern- mit der Konsequenz einer tiefgreifenden Veränderung der Gesellschaft. Hier die Internet- Nutzer, da die dumpfen Fernseher: diese Zeitwende hat noch nicht stattgefunden. Dr. Hans- Jürgen Hippler: Die Medien entwickelten neue Angebote, und die finden wir dann eigentlich in allen Medien wieder- Zeitung, Radio, TV. Sehr wohl verändern sich dabei Funktionen der Medien. Die „alten“ Medien müssen sich dieser Multimedialität der schönen neuen Medienwelt anpassen und sich die Frage nach ihren Inhalten stellen. Das gewandelte Medienbewusstsein der jungen Menschen zwingt sie dazu. (Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest 1998, 61f) 5. Quellenverzeichnis Booz/ Allen/ Hamilton (1997): Zukunft Multimedia. Grundlagen, Märkte und Perspektiven in Deutschland. Frankfurt am Main: Verlagsgruppe Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH. Grossmann, Ralph/ Helena Biritz (2001) In: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (Deutschland)/ Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Kultur (Österreich)/ Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (Schweiz). Lernen in der Wissensgesellschaft. Innsbruck: Studienverlag, 62-100. Kiefer, Marie Luise (2001): Medienökonomik. Einführung in eine ökonomische Theorie der Medien. München/Wien: Oldenbourg. Knauth, Michael/ Konert, Bertram (2000): Zugang zur Informationsgesellschaft. Forschungsergebnisse und Gestalungsperspektiven. Düsseldorf/ Paris: Europäisches Medieninstitut- Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (1998): Zeitwende?. Zukunfstsperspektiven der Informationsgesellschaft. Stuttgart: Nomos Verlagsgesellschaft. Van Bolhuis, Herman E./ Colum Vicente (1998) In: Hartmann, Frank (Hg.) Informationsgesellschaft. Sozialwissenschaftliche Aspekte. Wien: Forum Sozialforschung, 43- 75. Ähnliche Themen: Multimedia- Gesellschaftlicher Wandel Medienrevolution- Generation @ E-Society- Kooperatives Lernen ... comment |
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