Artikel Schlüsseltechnologien des Mobile Business: Technologie der Endgeräte

thomas.sacher.uni-linz, 18. April 2018, 19:23

Smartphone

In unseren modernen Smartphones, Tablets und Wearables sind oft mehr Sensoren verbaut, als wir uns vorstellen können. Bei manchen, wie dem Touchscreen zum Beispiel, sind die Anwendungsfälle bekannt und eindeutig. Andere hingegen können nicht so einfach einer Anwendung zugeordnet werden oder erfüllen ihren Einsatzzweck nur in Verbindung mit anderen Sensoren. Verblüffend ist dabei vor allem die Präzision mit welcher die nur wenigen Millimeter kleinen Bauteile Bewegung, Lage, Magnet- oder Elektrische Felder messen. Diese verblüffende Präzision ermöglich es jedoch durch intelligente Auswertung, die ermittelte Information auch zweckentfremdet zu nutzen. Im Folgenden soll ein detaillierter Überblick über sämtliche Sensoren und Schlüsseltechnologien gegeben werden, welche in unseren Mobilgeräten verbaut sind und wie diese funktionieren. Die Vielfältigen Anwendungsfälle welche sich aus diesen Technologien ergeben werden hier ausdrücklich nicht behandelt und mögen der Diskussion in der Gruppe überlassen werden. Abschließend soll an Beispielen die technische Funktionsweise von ausgewählten Bauteilen grob erläutert werden.

Smartphones:


Telefonnetzverbindung GSM/GPRS/EDGE – UMTS/HSBA+ - 4G LTE – 5G
Die allzeitige Verbindung zum Telefonnetz und dem Internet ist die Basistechnologie für nahezu alle Applikationen auf unseren Smartphones welche nicht im Offlinemodus betreiben werden können. Die aktuelle Verbindungsgeschwindigkeit bei 4G LTE Modellen beträgt dabei bis zu 4000 Mbit Down- und 1000 Mbit Upload. Die neueste Generation heißt 5G und wird in naher Zukunft bei uns verfügbar sein. Übertragungsraten von bis zu 10000 Mbit sind möglich.

Mikrofon
Eher weniger als Schlüsseltechnologie kann das Mikrofon eines Mobiltelefons gewertet werden. Dennoch besitzen moderne Smartphones zwei Mikrofone an der Vorderseite für die Sprachaufnahme und eines an der Rückseite welches die Umgebungsgeräusche aufzeichnet und von den empfangenen Sprachmikrofonen subtrahiert. Durch die Anzahl und Position der Mikrofone ist es weiters möglich diese wie eine Art Richtmikrofon zu verwenden. Viele Modelle können zudem Ultraschallsignale empfangen und verarbeiten.

Kamera
Neben der Aufnahme von Bildern und Videos erlauben Kameras auch das Erkennen von Gesichtern zur Displayentsperrung sowie das Tracken der Augenbewegung, was für automatische Scrollvorgänge beim Lesen am Bildschirm verwendet werden kann. Durch das Aufkommen von Dualen Hauptkameras, ist es zudem möglich grob die Entfernungen auf Fotos zu berechnen. Der Hersteller Catapillar welcher den Nischenmarkt für robuste Outdoor und Baustellentelefone besetzt, erlaubt durch das ausblenden des standardmäßigen Infrarotfilters Aufnahmen im Wärmebildformat.

GPS – Glonass – Galileo
Die drei aktuellen Satellitennavigationssysteme können von fast allen Smartphones zur globalen Positionsbestimmung und Navigation verwendet werden. In Räumen oder Häuserschluchten wird die Standortbestimmung oftmals durch W-Lan und Mobilfunkmastenpeilung präzisiert.

UKW Radio Empfang
Verliert zusehends an Bedeutung und wird von Musikstreaming via Internet verdrängt.

W-Lan
Dient der Verbindung zu drahtlosen Netzwerken oder anderen Geräten zur Übertragung großer Datenmengen bis zu einer Entfernung von 100 Meter. Die derzeitigen Sendefrequenzen betragen 2,4 GHz sowie 5 GHz wobei bei letzterem eine Übertragungsrate von 6,9 Gbit Download und 3,5 Gbit Upload erreicht wird. Ein neuer Standard, welcher auf dem 60 GHz Band basiert, ist in Vorbereitung.

Bluetooth
Die Datenübertragung Via Bluetooth dient momentan vor allem zur Verbindung von Smartphone und Wearables oder Kraftfahrzeugen, und ist auf Distanzen von 10 bis 25 Metern beschränkt. Mit dem Upgrade auf Bluetooth 4.0 ab 2009 wurde erstmals ein „Low Energie“ Protokoll eingeführt, welches auch kleinen Wearables mit beschränkter Akkukapazität eine dauerhafte Verbindung ermöglichte.

NFC
Kann lediglich zur Übertragung kleinster Datenmengen eingesetzt werden und dient hauptsächlich zur Identifikation und Bezahlung kleinerer Beträge. NFC basiert auf der RFID-Technologie und benötigt keine eigene Energiequelle. Vielmehr wird der RFID-Chip durch Induktion mit Spannung versorgt sodass dieser Informationen übermitteln kann. Die Übertragung funktioniert zwar nur über wenige Zentimeter hinweg, gilt aber als „nicht sicher“ gegen Angriffe Dritter.

Näherungssensor
Durch eine Infrarot LED-Diode und ein Fotoelement wird gemessen ob sich etwas dem Smartphone nähert. Dadurch kann der Touchscreen vor ungewollter Berührung bei Telefonaten deaktiviert werden. Auch das berührungslose aktivieren von Smartphones im Ruhezustand kann dadurch erwirkt werden.

Helligkeitssensor
Ein Fotoelement misst die Lichteinstrahlung und passt so die Bildschirmhelligkeit an den Lichteinfall an. Dadurch kann Akku gespart werden und die Lesbarkeit des Bildschirms wird erhöht.

Neigungssensor
Erkennt ob ein Mobiltelefon im Hoch oder Querformat betrachtet wird. Dieser Zustand wird nicht über das Gyroskop ausgelesen – es handelt sich um einen eigenständigen Sensor.

Gyroskop / Rotationssensor
Moderne Gyroskopsensoren können die Raumlage des Geräts überaus exakt messen und haben lediglich eine Abweichung von weniger als 10° pro Stunde. Die Funktionsweise basiert dabei auf dem Prinzip des Vibrationskreisels sowie einer Kapazitätsmessung. Diese Funktion wird anschließend noch näher beleuchtet.

Beschleunigungssensor
Kann die Auftretenden G-Kräfte über alle drei Achsen messen und somit die Beschläunigung.

Magnetfeldsensor
Erkennt mithilfe eines Hallsensors Magnetfelder in der Nähe. Grundsätzlich findet dies bei der Verwendung von verschließbaren Handyhüllen Verwendung um das Display zu deaktivieren.   

Kompass (ebenfalls über Magnetfelder)
Misst mit Hilfe eines Hall-Sensors die Magnetwellen der Erde über drei Achsen und kann so die Blickrichtung des Geräts feststellen. Da die Sensoren jedoch so empfindlich sind, ist auch ein Aufspüren von Strom- und Wasserleitungen in Wänden möglich.

Thermometer
Mit Hilfe des Seebeckeffekts wird die an zwei unterschiedlichen aneinandergeschweißten Metallen die Spannung abgegriffen und der Temperaturwert erlesen. Mit Hilfe mehrere Thermometer an verschiedenen Stellen versuchen Mobiltelefone die Außentemperatur zu ermitteln, auch wenn diese etwa in der Hosentasche verstaut sind.

Barometer
Über die Kapazität zweier Plättchen welche durch den Luftdruck aneinandergepresst werden, wird der Luftdruck ermittelt. Die Genauigkeit liegt dabei bei einem Meter.

Feuchtigkeitssensor
Ebenfalls über die Kapazität eines hydroskopischen dielektrikums kann die Luftfeuchte ermittelt werden.

Voltmeter
Die meisten der genannten Technologien basieren auf der Spannungsmessung. Dezidiert wird die Spannung beim Ladevorgang ermittelt um ein Überladen zu vermeiden.

Fingerabdrucksensor
Durch das Auflegen der Fingerkuppe wird eine Kapazitätsänderung vieler sehr kleiner Elemente hervorgerufen welche so das Muster des Fingerabdrucks erkennen. Die Elemente sind dabei wesentlich kleiner als die Fingerrillen.

Iris-Scanner
Mit Hilfe eines Infrarot LEDs wird die Kamera bei der Fotografie der Iris unterstütz.

Infrarotsensor
Wird zwar zusehends von Bluetooth zur Steuerung von TV-Geräten ersetzt, findet sich aber dennoch in manchen Modellen wieder.

Touchscreen
Moderne Touchscreens sind nichtmehr drucksensitiv, sondern reagieren auf die Kapazitiven Veränderungen welche der menschliche Körper bei Kontakt mit den im Display verbauten transparenten Leitern bewirkt. Mittlerweile sind Touchscreens bereits so sensibel, dass auch Bewegungen knapp über dem Display erkannt werden uns nicht einmal mehr eine direkte Berührung von Nöten ist.

Spezielle Sensoren welche bei sogenannten Baustellensmartphones verbaut sein können:

  • Wärmebildkamera
  • Innenluftqualitätssensor
  • Lasergestützter Entfernungsmesser


Von diesen Sensoren sind folgende speziell auch in Smartwatches zu finden:
Beschleunigungssensor

  • Gyroskop
  • Magnetfeldsensor
  • Barometer
  • Temperatursensor
  • GPS

Zusätzlich bieten Smartwatches durch ihren direkten Kontakt zum Träger die Möglichkeit per Infrarot und Fotoelement die Herzfrequenz des Trägers und sogar den Sauerstoffsättigungsgehalt zu messen. Letzteres wird über die Farbe bzw. Helligkeit des Blutes kontaktlos gemessen.


Funktionsweise von Sensoren:


Grundsätzlich kann festgehalten werden, dass die meisten Werte über eine sehr sehr sehr genaue Spannungsmessung der in den Sensoren verbauten Kondensatoren und Hall-Sensoren ausgelesen werden. Als Beispiel sei hier die Funktionsweise und der Aufbau eines Gyroskopsensors beschrieben.
Die Funktionsweise eines Gyroskops basiert auf der Corioliskraft, welche besagt, dass eine Richtungsänderung eines rotierenden Gegenstands nach der „Rechten Hand Regel“ abgelenkt wird.
Eine nähere Beschreibung dieses Physikalischen Effekts kann in folgenden Videos gefunden werden.

Gyroskop physikalisch korrekt?

Gyro Animiert
Da in modernen Smartphones und Wearables jedoch nur beschränkter Raum zur Verfügung steht, bedienen sich die Hersteller der Technologie des Vibrationskreisels, wobei kleinste Schwingmassen mit Hilfe von Piezokristallen in Bewegung versetzt werden. Bei Richtungsänderungen wird die durch die Massenträgheit hervorgerufene Gegenauslenkung über Kondensatoren gemessen und daraus die entsprechende Richtungsänderung berechnet.
Folgendes Video beschreibt die Funktionsweise von einigen in Smartphones verwendeten Sensoren. Dem Beschleunigungssensor, dem Gyroskop und dem Kompass (Magnetometer über Hall-Effekt)

How MEMS Accelerometer Gyroscope Magnetometer Work & Arduino Tutorial


Moderne Sensorbauteile sind dabei nicht größer als wenige Millimeter. Der Sensor an sich ist mit freiem Auge nichtmehr erkennbar und kleiner als einen halben Millimeter.
In folgendem Bild ist ein Gyroskopsensor zu sehen, welcher in einer leicht abgewandelten Form auch im Iphone 4 verbaut wurde.

Gyroskop im Smartphone

Die Bauteile sind dabei so klein, dass diese nur mit Hilfe eines Mikroskops dargestellt werden können.

Gyro klein


Obwohl die Schwingungen nur in zwei Dimensionen erfolgen, ist es dennoch möglich, auch die Ablenkung in Richtung der Z-Achse zu messen. Dies wird Anhand folgendem Videos detailliert erklärt.

3-Axis MEMS gyroscope


Missbräuchliche Verwendung von Gyroskopsensoren:

Wie Wissenschaftler aus Deutschland und Singapur in ihrer Arbeit vorstellten, ist es ihnen gelungen über das Auslesen von Beschleunigungsdaten bei der 4-stelligen PIN-Eingabe die Tastendrücke, und somit den eingegebenen PIN-Code zu 83,7% zu erraten (jeweils 20 Versuche). Ein großes Problem stellt der Umstand dar, dass nur wenige Sensordaten eine spezielle Zugriffsberechtigung verlangen und für alle Apps frei zugänglich sind. Doch nicht nur Applikationen, sondern auch Webbrowser haben die Möglichkeit auf die meisten Sensordaten ohne des Wissens des Besitzers Zugriff zu nehmen.
Nur wenige Sensoren verlangen dabei explizite Zugriffsberechtigungen. Dazu gehören:

  • Kamera
  • Mikrofon
  • GPS
  • Fingerabdrucksensor

 

Positionsbestimmung ohne Zuhilfenahme von Positionsdaten:

Wie Forscher der Universität Princton im September 2017 bewiesen, ist dies durch die von ihnen erstellte App „PinMe“ möglich, welche sich ausschließlich der Nutzung von frei zugänglichen Sensordaten bedient um damit den Standort sowie ein Bewegungsprofil der Benutzer zu erstellen.
Die Forscher bedienten sich dabei der Daten von:

  • Beschleunigungssensor
  • Kompass
  • Luftdruck (welchen Sie mit öffentlich zugänglichen Barometerdaten und Höhenkarten von Ländern abglichen)
  • W-Lan Netzen

Zweck des Projekts „PinMe“ war es an die Hersteller Google und Apple zu appellieren, auch scheinbar unwichtige Sensordaten nicht an alle Apps oder Webseiten zur Verfügung zu stellen.
Der Browserhersteller Firefox hat sich ab Version 42 dazu entschieden keine Daten der Bewegungssensoren mehr an Webseiten weiter zu geben. Bei Google Chrome und Apple Safari bestand das Problem zumindest im Jänner 2018 noch. Interessant dabei ist auch, dass manche Browser Webseiten den Zugriff auf die Daten sogar gewähren, wenn sich das Telefon bei ausgeschaltetem Bildschirm im Ruhezustand befindet.
Wer wissen möchte ob auch sein Browser die Bewegungssensordaten weitergibt, kann dies auf folgender Website überprüfen: http://www.albertosarullo.com/demos/accelerometer/


Quellenverzeichnis:
Uwe Sievers (2017): Sensoren im Smartphone geben Daten preis, in: Mobilsicher, https://mobilsicher.de/hintergrund/sensoren-im-smartphone-geben-daten-preis [DL: 15.04.2018]
Geizhals.at, Mobiltelefone, https://geizhals.at/?cat=umtsover#gh_filterbox [DL: 15.04.2018]
Motorola Website Österreich: MOTO Z2 Force Spezifikationen, https://www.motorola.com/at/products/moto-z-force-edition-gen-2 [DL: 15.04.2018]
Caterpillar Smartphones Website: CAT S61, https://www.catphones.com/de_de/cat-s61-smartphone [DL: 15.04.2018]
Kai Biermann (2014): Mächtige Sensoren, in: Zeit Online, http://www.zeit.de/digital/mobil/2014-05/smartphone-sensoren-iphone-samsung [DL: 15.04.2018]
Andrew Bookholt: Iphone 4 Gyroscope Teardown, in: ifixit, https://de.ifixit.com/Teardown/iPhone+4+Gyroscope+Teardown/3156 [DL: 15.04.2018]
T-online (2018): Smartphone-Bildschirm entsperren – aber sicher! http://www.t-online.de/digital/handy/id_83605426/smartphone-entsperren-gesichtserkennung-iris-scanner-und-fingerabdrucksensor-im-vergleich.html [15.04.2018]
John Philips (2014): The 10 most likely sensors in a 10-sensor Apple Smartwatch, in: PC World https://www.pcworld.com/article/2366126/the-10-most-likely-sensors-in-a-10-sensor-apple-smartwatch.html [DL: 16.04.2018]

0 comments :: Kommentieren