Gesellschaft im WEB vs WEB in der Gesellschaft

michael.neumueller.uni-linz, 8. Jänner 2017, 22:51

"Am Anfang war das Wort" - frei nach dem Evangelium nach Johannes. Wie viele Innovationen gab es seit dieser Aussage? Diese Liste würde nahezu ins Unendliche verlaufen. Aber welche Innovationen haben die Menschheit verändert? Der Buchdruck? Die Elektrizität? Der Verbrennungsmotor? Oder "Der Computer"?

Zweifellos hat jede der angeführten Innovationen, wenngleich es auch mehrerer Schritte bedurfte, um sie als solche bezeichnen zu können, gravierende Auswirkungen auf die Gesellschaft gehabt. Jede Innovation zog eine Revolution nach sich - Nach dem Buchdruck verteilte sich Wissen rascher als je zuvor, die Elektrizität brachte zunächst Licht (und zusammen mit der Mechanik eine industrielle Revolution) und schließlich der Verbrennungsmotor - genauer: Das Auto brachte auch nochmals eine Revolution in die Gesellschaft, die Mobilität. Die bisher erwähnten Innovationen wurden in einer zurücksehenden Perspektive analysiert. Wenn man die Entwicklung des WEBs in der Gesellschaft bzw. vice versa genauer betrachtet, gibt es vielerlei Anzeichen dafür, dass sich hier gerade eine Entwicklung vollzieht. Was diese Entwicklung bisher gebracht hat, ist relativ leicht darzustellen, schwieriger wird es, Aussagen über die zukünftigen Entwicklungen zu treffen.

Um auf den Titel zurückzukommen: Es handelt sich bei der Betrachtungsweise des WEBs an sich um eine Dualität. Wie viel WEB steckt in der Gesellschaft und wie viel Gesellschaft steckt im WEB? Allein durch diese Fragestellung wird deutlich, dass es sich bei diesem Netzwerk um eine mittlerweile in vielen Gesellschaften zentrale Komponente des Zusammenlebens handelt.

Nach diesen Zahlreichen Metaphern stürzen wir uns nun auf harte Fakten: Als erstes Beispiel betrachten wir die Informationsbeschaffung über Online-Plattformen. Traditionell kam Informationsbeschaffung über Medien wie Zeitungen, Radio und Fernsehen zur großen Masse. Das WEB bewirkte hier auch eine Verschiebung: So steigt beispielsweise in Deutschland alljährlich der Beitrag je Nutzer, der für Online-Journalismus ausgegeben wird (Q1). Interessant dabei sind vor allem drei Dinge:

  • Der Großteil der Benutzer ist zwischen 14 und 29 Jahre alt
  • Bezahlt wird vor allem für Reportagen und längere Interviews
  • Der Großteil der Benutzer nutzt so genannte "Abos" um sich zu informieren.

In der gleichen Studie (Q1) wird allerdings auch deutlich, dass 22% der User über 65 Jahre alt sind. Dies bedeutet gleichzeitig auch, dass alle Altersgruppen, zwar in unterschiedlicher Intensität, dieses Medium nutzen.

Welche Bereiche der Gesellschaft sind noch betroffen?

Nehmen wir als Beispiel die Veränderung im Einkaufsverhalten (basierend auf "westlichen", d.h. postindustriellen Gesellschaften):

Ein immer höher werdender Anteil an Einkäufen werden über das Internet getätigt. Dabei ist es nahezu belanglos, welche Einkäufe betroffen sind. Ob Kleidung, Nahrung, Kosmetika, Gadgets oder anderes - der Anteil an Online-Bestellungen nimmt stetig zu. Hierbei ist ein gravierender Generationenunterschied feststellbar: Während jüngere Generationen verstärkt nahezu in allen Bereichen einkaufen, so zeigt sich bei den älteren Usern eine deutlichere Hämmung gegenüber dieser Möglichkeiten. Auf jeden Fall ist aber die Möglichkeit, Preise zu vergleichen gestiegen, was eben genau diese Altersgruppe auch wieder "auf den Geschmack" bringt (Q2). Ebenso wie im Bereich der Mobilität lassen sich aus dem Einkaufsverhalten Rückschlüsse auf die Handlungsmotive ziehen. Eine Hypothese dazu:"Je einfacher, desto besser". Betrachtet man beispielsweise die Verkehrssituiation der Stadt Linz speziell im Früh- bzw. Abendverkehr, so lässt sich feststellen, dass der Großteil der Pendler den Individualverkehr nutzen, um ihrenArbeitsplatz zu erreichen - aber warum? Man kann an dieser Stelle verschiedenste menschliche Handlungstheorien auf den Plan rufen, beispielsweise die Rational-Choice-Theorie. Mit dieser einfachen Kosten-Nutzen-Rechnung wir schon seit vielen Jahrzehnten versucht, menschliches Handeln zu verstehen, zu begründen, bzw. sogar vorauszusagen. Egal, wie man zu dieser viel umstrittenen These steht, so liegt eines deutlich auf der Hand: Vereinfachung bzw. Erleichterung. Schlicht - Der Weg des geringsten Wiederstandes (Q3).

Die Veränderung des Einkaufsverhaltens zeigt hier auch starke Veränderungen. In "Prä-Internet" Zeiten war der einzig mögliche Weg der Weg zum "Geschäft". Abstrakt betrachtet kam also der Kunde "ins" bzw. "zum" Geschäft - und kaufte dann was er brauchte. Eine starke Wandlung erleben wir in diesen Tagen: Nicht der Kunde kommt zum Geschäft, sondern das Geschäft zum Kunden. Man mache folgenden Selbstversuch: Registrierung bei Skype (in meinem Fall schon mehr als 10 Jahre her) und Registrierung bei Amazon (ca. 7 Jahre her, mit anderer Emailadresse). Eine alleinige Betrachtung eines Artikels auf Amazon führt zu einer sofortigen Webeeinschaltung auf Skype - nur ein Beispiel für geniales Social-Media-Marketing.

Auch im Bereich der mobilen Kommunikation lassen sich große Veränderungen feststellen. Während das "SMS" Jahrelang die häufigste angewandte Möglichkeit war, um Textnachrichten auszutauschen, wurde dies durch "Whatsapp" beinahe ersetzt beziehungsweise um ein vielfaches überboten:

Wie aus der Grafik zu entnehmen ist, ist der generelle Nachrichtenverkehr in den letzten 15 Jahren um mehr als das 30-fache gestiegen. Nachdem Whatsapp die "Internetwelt" erobert hatte ging der tägliche SMS-Konsum weltweit drastisch zurück. Whatsapp wird in über 180 Ländern von über einer Milliarde Menschen verwendet. Viele Menschen nutzen WhatsApp als eine Alternative zur herkömmlichen SMS, da WhatsApp einen sicheren und verlässlichen Service bietet, welcher darüber hinaus auch noch kostenlos ist. Aber Whatsapp besteht nicht nur aus einfachen Textnachrichten. Bilder und Videos versenden, Sprachnachrichten aufnehmen und sogar Videochatten ist mit dem modernen Anbieter möglich. Whatsapp wurde von zwei ehemaligen Yahoo Mitarbeitern, Jan Kuhm und Brian Acton, gegründet. Die App ist seit 2014 Teil des Mediengiganten Facebook. Die Entwickler legen allerdings großen Wert darauf, stehts eine seperate App zu sein und eigenständig zu handeln. Der Name des Unternehmens leitet sich von dem englischen Ausdruck „What`sup? (Deutsch: Was ist los?) ab und bildet ein Wortspiel mit dem Wort Applikation (Q4, Q5).

Hier kann wieder auf die zentrale Fragestellung verwiesen werden: Warum steigt die Anzahl an versendeten Nachrichten so plötzlich auf einé so hohe Zahl an? Ist es ein Phänomen des Mediums an sich? Ist es eingesellschaftliches Phänomen, oder spielen mehrere Faktoren zusammen? Ohne diese Fragen jetzt beantworten zu können, wird eine Beobachtung dieses Phänomens in den nächsten Jahren sicher interessante Erkenntnisse bringen.

Quellenverzeichnis:

Q1: http://www.voez.at/b1770m32

Q2: https://www.locafox.de/blog/hybride-kunden-der-handel-im-wandel-wie-sich-die-einkaufswelt-veraendert-hat

Q3: http://www.nachrichten.at/oberoesterreich/Stau-um-Linz-kostet-mehr-als-100-Millionen-Euro-pro-Jahr;art4,2218384

Q4: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/3624/umfrage/entwicklung-der-anzahl-gesendeter-sms--mms-nachrichten-seit-1999/

Q5: https://www.whatsapp.com/about/

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