E-basiertes Lernen on demand
Donnerstag, 22. Januar 2004
Kollaborative Lehr-Lern-Systeme
Das Konzept der kollaborativen Lehr-Lern-Systeme ist ein ziemlich neues und würde dementsprechend eine viel eingehendere Betrachtung erfordern, die z.T. in den Blogarbeiten von Studienkollegen/innen zu finden ist. Z.B. bei Marianne Hofmanninger aus Linz , die über Weblogs als Unterrichtsmedium schreibt, oder im Blog von Ines Holzl aus Linz über Online Comunities. Ich möchte im Rahmen dieser Arbeit diesbezüglich nur auf die Punkte eingehen was kollaborative Lernsysteme, ganz komprimiert dargestellt, sind, erste Erhebungsdaten über deren pädagogische Effektivität vorstellen bzw. einige Voraussetzungen nennen, unter welchen ein kollaboratives Lernen erfolgreich sein kann.
Wissen verändert sich immer schneller. Es ist oft räumlich und sozial verteilt, das heißt in den Köpfen weit voneinander entfernter Menschen. In kooperativen Lernumgebungen wird dieses verteilte Wissen kooperativ nutzbar. Verteilt Lernende, also z.B. Studenten verschiedener Universitäten kommunizieren und kooperieren über Computernetze und tauschen so ihr Wissen aus. (vgl. OQ7 und Tulodziecki 2000, 53)
In einem "Collaborative Learning Environment (CLE)" kann kollaborativ in der Gruppe die Erarbeitung und Strukturierung von Wissensinhalten erfolgen. Das kollaborative Lernumfeld bietet hierfür ein Vorgehensmodell zur gemeinsamen Arbeit und unterstützt sowohl individuelle, asynchrone wie auch kollaborative, synchrone Arbeitsphasen. (vgl. OQ8)
Das Wissenspotential der Gruppe ist zu Beginn der Kollaboration auf die einzelnen Teilnehmer verteilt (Distributed-Knowledge). Jeder Teilnehmer bringt also sein individuelles Vorwissen in die Gruppe ein, wo es dann durch die Kommunikation ausgetauscht wird, und zur Erweiterung des persönlichen Wissens eines jeden Gruppenmitglieds führt. Dieser Austausch- und Erweiterungsprozess wird als Grounding bezeichnet. In ihm bewirkt die Kommunikation, dass alle Teilnehmer am Ende über denselben Kenntnisstand verfügen (Mutual-Knowledge). (OQ9) Damit wird der Lerner aufgefordert, die rein rezeptive und konsumierende Haltung zu verlassen um selbst aktiv zu werden bzw. zu interagieren.
Um das Themengebiet „Multimedia“ zu behandeln, bietet sich eine derartige Lehrveranstaltungs-Organisation sicherlich geradezu an. Ein selbständiges Recherchieren über die betreffenden Themen und ein „learning by doing“, indem man nicht nur Theorie über die betreffenden Technologien vorgesetzt bekommt, sondern stattdessen diese tools auch in die eigene Hand nehmen und mit ihnen arbeiten kann, erscheint sinnvoll, zeitgemäß und spricht für ein effizientes Lernen durch Verstehen.


Sagst du's mir, so vergesse ich es.
Zeigst du's mir, so merke ich es mir.
Lässt du mich teilnehmen, so verstehe ich es.

Chinesisches Sprichwort

Eine kollaborative Verbund-Lehrveranstaltung, wie sie z.Z. zwischen den Universitäten Berlin, Linz und Salzburg stattfindet, wurde auch zwischen den Hochschulen Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe und Mannheim zum Thema „Distance Learning“ veranstaltet und bereits evaluiert. Die vollständige Ergebnis der Studie ist in der Zeitschrift für Medienpsychologie nachzulesen, die zentralen Punkte möchte ich aber kurz zusammenfassen.
Insgesamt wurde das Teleseminar sowohl von Seiten der Lehrenden als auch der Studierenden durchaus als wertvoll erachtet für bestimmte Bereiche des Lernprozesses, nämlich jenem der Konzeptualisierung und der Konstruktion. Das sind jene Lern-Abschnitte, wo der/die Lerner/in mit den zu lernenden Inhalten konfrontiert wird, bzw. die neuen Informationen auf der Basis des bestehenden Wissens interpretiert und mit dem eigenen Vorwissen verknüpft. Kritisch sind dagegen die Ergebnisse im Hinblick auf die Dialogphase, also jene Phase, wo das Erlernte durch die Diskussion mit anderen externalisiert und reflektiert werden sollte. „Das heterogene Teilnehmerfeld erwies sich offensichtlich als hemmend für den fachlichen Online-Diskurs.“ (Horz, Fries, Hofer 2003, 56) Die Teilnehmergruppe setzte sich nämlich sowohl aus Informatikstudenten/innen, als auch Nicht-Informatikern/innen zusammen, aus diesem Grunde dürfte eine zu große Heterogenität bezüglich des Vorwissens unter den Studierenden geherrscht haben. Zudem funktionierte die Übermittlung von Vortragsinhalten sowie vor allem von Diskussionsbeiträgen von Seiten der Studenten/innen zwischen den Studienorten nicht einwandfrei und wurde z.T. als beschwerlich empfunden. Konsequenz war eine merkliche Teilnehmerfluktuation; vor allem viele Nicht-Informatiker/innen haben das Seminar abgebrochen. Hinsichtlich der beschriebenen Umstände war „keiner der am Seminar Beteiligten [...] der Auffassung, dass ein Telesetting eine echte Alternative zu Präsenzseminaren darstellt. Teleseminare wurden vielmehr als sinnvolle Ergänzung des konventionellen Lehrangebots gewertet.“ (ebd.) Dass solche Telesettings jedoch eine Bereicherung für eine jede Universität im Sinne einer fortschrittlichen Gestaltung des Lehrveranstaltungsangebots darstellen, wurde nicht in Frage gestellt. Angeführt wurden jedoch Punkte, welche zu beachten seinen um ein eventuelles kollaboratives Lern-System erfolgreich zu gestalten. Dazu sei zunächst eine funktionstüchtige und zuverlässige Übertragungstechnik unbedingt notwendig, genauso wie eine umfassende technische Schulung der Betreuenden. Der professionelle Umgang mit den benötigten Tools soll dann den Studierenden direkt weitergegeben werden; die Bereitstellung von „How To“-Dokumenten dürfte dabei sehr hilfreich sein. Eine genaue Absprache hinsichtlich Zeit, Ort, Inhalt, Technik etc. zwischen den Dozent/inn/en an den verschiedenen Universitätsstandorten in einer ausführlichen Planungsphase muss einer kollaborativen Lehrveranstaltung unbedingt vorausgehen. Der Mangel an mündlicher Intervention der Teilnehmenden bzw. die stockend ablaufenden Kommunikation zwischen ihnen, stellt momentan noch ein zentrales Problem dar, welchem in Zukunft voraussichtlich einerseits durch technische Weiterentwicklungen entgegengewirkt werden kann, auf der anderen Seite kann diese Dialogphase „vielleicht dadurch besser realisiert werden, dass zumindest in der Anfangsphase des Teleseminars der Dialog stärker vorstrukturiert wird.“ (ebd. 57) Die Nutzung des, der Lehrveranstaltung zugrunde liegenden, vernetzten Internet-Workspaces soll durch konkrete Aufgabenstellungen gefördert und motiviert werden.
Angesichts der rasanten technischen Weiterentwicklungen ist eine Ausbreitung telemedialer Lehrveranstaltungen absehbar. Bei aller Konzentration auf die technische Komponente darf aber nicht der Fehler gemacht werden, die inhaltlich didaktisch Seite zu sehr aus den Augen zu verlieren und zu hoffen, dass eine makellose multimediale Aufbereitung einen trivialen Inhalt aufwiegt. Vielmehr gilt es, auch auf der inhaltlichen Ebene eine ständige Optimierung der Qualität anzustreben, nur in dieser Verbindung kann die Technisierung des Lehrens und Lernens als ein wirklicher gewinnbringender Fortschritt angesehen werden.

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