Artikel Universalplattform Internet: Langzeitstudie zum Medienkonsum

stefan.hochhold.uni-linz, 13. Jänner 2016, 17:30

 

Die Universalplattform Internet:

Ergebnisse einer Langzeitstudie zum Medienkonsum

 

 

Einleitung

Im Zuge meiner Recherche zum Artikel bin ich auf eine aktuelle Langzeitstudie zum (Massen-)Medienkonsum in Deutschland – publiziert in Media Perspektiven 11/15 – gestoßen. Für uns WebwissenschafterInnen stehen zweifelsohne die Ergebnisse in Bezug auf das Web im Vordergrund. So können einige bemerkenswerte Entwicklungen aus den Daten interpretiert werden. Im Folgenden werden also jene Aspekte vorgestellt, die für unser Fach am interessantesten erscheinen.

 

Vorher sollte aber noch angemerkt werden, dass in der Studie stets der Begriff „Internet“ verwendet wird. Die Bezeichnung ist zum einen insofern fehl am Platz, da er in erster Linie Infrastruktur und das Netzwerk (s. F1) begreift und zum anderen eine Aufsplittung in die rein medienbezogene Nutzung inkl. anderer Web-Dienste sinnvoll wäre. Im Fazit wird diese Problematik auch angedeutet, denn nur ein Viertel der Internetnutzung betrifft eine mediale Komponente. „Drei Viertel sind dagegen Kommunikation, Spiele, Shopping, Suchanwendungen und vieles mehr“ (Breunig/van Eimeren, 2015: S. 524).

 

Trotzdem wird im Folgenden versucht, die gewonnen Daten zu interpretieren und Auffälligkeiten zu erörtern. Zwar hat der Begriff des „Internets“ eigentlich eine andere Konnotation, da aber davon auszugehen ist, dass unter den UmfrageteilnehmerInnen meist reine Webnutzung (s. F2) gemeint ist, wird die Bezeichnung in diesem Beitrag ua. auch verwendet. Die Essenz und Qualität der Ergebnisse sind aber nach wie vor kritisch zu hinterfragen und mit Vorbehalt zu sehen.

 

 

1. Massenmedienkonsum in seiner Blüte (Abb. 1, S. 506/F3)

 

Zwar geht in den Ergebnissen hervor, dass der Medienkonsum seit 2005 leicht rückläufig ist, doch nehmen Medien mit knapp 9,5 Stunden Nutzungsdauer pro Tag eine wesentliche Rolle im Alltag der deutschen Bevölkerung ein. Das Web wird von den AutorInnen als Universalplattform bezeichnet und hat gegenüber traditionellen Typen wie etwa Print, Hörfunk oder Fernsehmedien weiter an Bedeutung gewonnen. (vgl. Breunig/van Eimeren, 2015: S. 523 ff.) Jedoch wird auch festgestellt, dass Inhalte aus klassischen Medien noch nie so viel Aufmerksamkeit und so viele Nutzer gehabt haben wie heute (vgl. ebend.: S 524).

 

 

 2. Das Image des Internets (Abb. 15/16, S. 523/F3)

 

Ein weiteres Untersuchungsfeld der Studie beschäftigt sich mit dem Image von Medien allgemein. Dabei fällt auf, dass das Internet in beinahe allen Kategorien und Altersgruppen an Attraktivität gewinnt. Für Breunig/van Eimeren ist das nicht überraschend, so begründen sie die Entwicklung damit, dass „(…) sich auch die Reichweite des Internets in den vergangenen 15 Jahren sprunghaft erhöht hat“ (ebend., S. 524)

 

Die höchsten Werte erreicht das Web, wenn es um Indikatoren, wie „modern“, „vielseitig“ und „aktuell“ geht. Somit hat das Internet in diesen Kategorien im Vergleich zu allen anderen Mediensparten die Nase vorn. Die niedrigsten Imagewerte treffen auf Eigenschaften, wie „unterhaltsam“, „glaubwürdig“ und „sachlich“.

 

Im jüngeren Segment der 14- bis 19-jährigen dominieren ähnliche Imagewerte. 83 % der Befragten bezeichnen das Internet als „modern“ – das ist 23 % höher als im Gesamtdurchschnitt. Die Tagezeitung Medium verliert unter anderem an Kraft in den Punkten „informativ“, „aktuell“ und „kritisch“. Fernsehen scheint bei den Jugendlichen ua. weniger sympathisch zu werden: Beinahe in allen Kategorien verliert das Medium an Imagewerten.  

 

 

3. „Welche Medien würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?“ (Tab. 11/12, S. 520 ff/F3)

 

Die sogenannte „Vermissensfrage“ beschäftigt sich mit dem Grad der Entbehrlichkeit und dient dazu, um die Wertschätzung der einzelnen Medien zu ermitteln. 

 

Hier ist ein Unterschied in den Alterskohorten festzustellen. Während bei den Personen ab 14 Jahren das Radio (50 %) am meisten fehlen würde, ist es bei den 14 – 29-jährigen das Internet. 65 % der Befragten (2010 jedoch noch 72 %!) Jugendlichen würden das WWW am meisten Vermissen, während der Wert in der Gesamtbevölkerung nur bei 40 % liegt. Die AutorInnen liefern auch die Begründung dafür: „Die unangefochtene Stellung des Internets dokumentiert dessen Position als All-in-One-Medium, mit dem man nicht nur kommunizieren und persönlichen Interessen nachgehen, sondern auch Inhalte der klassischen Medien Fernsehen, Radio und Tageszeitung nutzen kann.“ Medienkompetenz heißt hier das Stichwort. Warum der Wert jedoch seit 2010 rückläufig ist, wurde nicht behandelt. Wären manche Jugendliche über einen Ausfall des Internets mittlerweile nicht einmal unglücklich? Ist eine Trendwende abzusehen?

 

Allgemein am wenigsten vermisste werden würde die Tageszeitung. Würden 1990 noch 63 % sich die Befragten die tägliche Zeitung vermissen, sind es 2015 nur noch 36 %. Das Radio und der Fernseher bleiben in dieser Wertung seit Jahren annähernd gleich rund um 50 %.

 

 

4. Unvorstellbar für NutzerInnen: Internet ohne Kommunikation (Abb. 13/14, S. 522/F3)

 

„Um herauszufinden, welche Anwendungen und Inhalte den Menschen im Internet am Wichtigsten sind (…)“, wurde ein eventueller Ausfall des jeweiligen Mediums in den Raum gestellt und dahingehend nachgefragt: Am meisten vermisst werden würde am Internet die Möglichkeit sich (via E-Mail, Messenger, Social Networks, etc.) mit anderen Usern zu unterhalten. An nächster Stelle folgt das Internet als Informations- und Lesemedium bzw. die Nutzung von audio(-visuellen) Inhalten.

 

 

5. Internetnutzung über verschiedene Geräte: Mobile Endgeräte auf dem Vormarsch (Tab. 9, S. 517/F3)

 

Durch die ständige Verfügbarkeit des Internets via mobiler bzw. portabler Endgeräte erfolgt ein rapider Anstieg der Nutzungsdauer. Aber trotz des Wachstums der verschiedenen Geräte „(…) spielt der stationäre PC bezüglich der Nutzung noch die größte Rolle für den Weg ins Netz“ (ebend., S. 517). Doch ist bei den 14- bis 29-jährigen eine ganz andere Entwicklung zu konstatieren: 43 % sind über mobile Geräte mit dem Netz verbunden, nur noch 26 % nutzen Webdienste über stationäre Computer. 

 

 

6. Internetanwendungen: Am meisten werden Nachrichten gelesen (Tab. 6, S. 513 ff/F3) 

 

Was die Nutzungsdauer und Zuwendung zu verschiedenen Medieninhalten angeht, kommt erneut die Unterscheidung (s. Einleitungstext) Differenzierung der Nutzung zur Sprache. Hier wird streng zwischen medialer und nicht-medialer Nutzung unterschieden. Mit 22 Minuten pro Tag wird die meiste Zeit für die Lektüre von Nachrichteninhalten aufgewendet (davon nur 6 Minuten via Website einer Tageszeitung). Auf 12 Minuten pro Tag fällt die Nutzung von Audiodiensten, im Schnitt werden 13 Minuten lang täglich Videodateien rezipiert. (vgl. ebend, S. 513)

 

 

7. Ausblick und Conclusio

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass – neben den generellen Schwierigkeiten bei Befragungen zu Medienverhalten – die Einteilung in Kategorien immer schwerer fällt. Das Internet als technische Infrastruktur steht über dem World Wide Web als Anwendung im globalen Netz. Das Web als ein ganzes/reines Medium zu begreifen wäre unzureichend, vielmehr müsste man die Art der Nutzung separieren und zwischen Formen der Dienste differenzieren. Was wiederum die Angaben durch die Befragten noch komplizierter macht, als es ohnehin schon scheint. Die Aussagen zu Trends und Entwicklungen in der Medienwelt werden durch das Hybridmedium Internet erschwert, doch ist festzustellen, dass die Zuwendung der Menschen zum Web weiterhin zunimmt und die Nutzung des Webs (sowohl im technischen, als auch im inhaltlichen Kontext) immer vielfältiger wird. 

 

 

 

F1: Begriff: Internet: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/internet.html

F2: Begriff: World Wide Web: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/world-wide-web-www.html

F3: Direktlink zur Studie (pdf): http://www.ard-werbung.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2015/11-2015_Breunig_vanEimeren.pdf

 

 

Breunig, Christian / van Eimeren, Birgit (2015): 50 Jahre „Massenkommunikation“: Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 1964 bis 2015. In: Media Perspektiven, 11/2015. Web: http://www.ard-werbung.de/media-perspektiven/publikationen/fachzeitschrift/2015/artikel/50-jahre-massenkommunikation-trends-in-der-nutzung-und-bewertung-der-medien/

 

0 comments :: Kommentieren


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.