Netzneutralität
Sonntag, 29. Mai 2011
Themenrecherche und Präsentation

Die Arbeitsgruppe Jochner/Schächner befasst sich, wie Anfang des Semesters angekündigt, mit dem Thema "Netzneutralität".

Im für den 30.05.11 geplanten Kurz-Referat sollen die folgenden Punkte erläutert werden:

  1. Definition und allgemeine Informationen zum Thema Netzneutralität
  2. aktueller Bezug "Deutsche Telekom bremst YouTube"
  3. allg. Probleme im Zusammenhang mit Netzneutralität
  4. technische Probleme durch Netzneutralität
  5. 9 Mythen zur Netzneutralität
  6. Lösungsansatz A: Ein neutrales Netz
  7. Lösungsansatz B: Ein Netz ohne Neutralität
  8. Exkurs: Deep Packet Inspection (DPI)
  9. Die Bedeutung von Netzneutralität für den Einzelnen
  10. Die Bedeutung von Netzneutralität für die Gesellschaft
  11. Ökonomische Interessen und Akteure
  12. daraus entstehende Gefahren für Netzneutralität
  13. politische Rundumschau

Die Punkte 1 bis 7 werden von mir behandelt, 8 bis 13 bespricht Hr. Schächner.

Der Einstieg ins Thema Netzneutralität erfolgt mittels des guten und anschaulichen Videos von ZDF "elektronischer Reporter - ePolitik - Netzneutralität"

Das Video macht mit Hilfe der Paket-Systeme im Postverkehr sowie treffender Vergleiche die Bedeutung eines neutralen Internets, aber auch die Vor- und Nachteile sowie Konsequenzen eines nicht mehr neutralen Internets deutlich.
Eine allgemeine Definition des Begriffs der Netzneutralität findet sich in einer Begriffsdefinition des deutschen Bundestags. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags definiert Netzneutralität als:

"Der Begriff Netzneutralität bezeichnet die neutrale Übermittlung von Daten im Internet, dads bedeutet eine gleichberechtigte Übertragung aller Datenpakete unabhängig davon, woher diese stammen, welchen Inhalt sie haben oder welche Anwendung die Pakete generiert haben." (Bullinger 2010: 1)

Aktuelle Bedeutung und Relevanz erlangt das Thema Netzneutralität durch den deutschen Internetservice-Provider (kurz ISP) "Deutsche Telekom". Die Deutsche Telekom bremst, wie seit einigen Wochen zu lesen ist, bewusst die Onlineplattform YouTube aus. EndverbraucherInnen, die BenutzerInnen vor dem heimischen Computer also, die mittels eines Zugangs der deutschen Telekom die Inhalte der Plattform abgreifen möchten, müssen seit geraumer Zeit länger auf die angeforderten Daten warten, als bisher bzw. länger, als technisch theoretisch notwendig. Der Pressesprecher der Deutschen Telekom Mark Nierwetberg reagiert in seinem Corporate Blog auf die im Internet aufkommende Beschwerdewelle. Seine Antwort vom 18.05.11 ist hier abrufbar. Er begründet die gewählten Schritte der Deutschen Telekom mit dem Anspruch, eine Mindestgeschwindigkeit für alle DienstnehmerInnen (sprich DSL-BenutzerInnen) garantieren zu wollen bzw. müssen. Daher sieht sich die Deutsche Telekom genötigt, datenintensive Angebote wie YouTube mit technischen Mitteln bzgl. der Auslastung des Gesamtnetzwerks zu beschränken - zumindest so lang, bis der derzeit stattfindende Ausbau der Infrastruktur (Verdreifachung der Kapazitäten ist geplant) abgeschlossen sei.

In einem Video bezieht Hr. Nierwetberg zum Thema Netzneutralität für die Deutsche Telekom Stellung:

Die bisher gesammelten Informationen und Eindrücke sollen im Gliederungspunkt 3 des Referats "allg. Probleme im Zusammenhang mit Netzneutralität" gesammelt werden. Netzneutralität stellt einen essentiellen Grundgedanken des Internets und der Netzkultur wie wir sie bisher kennen dar. Doch durch steigende Ansprüche der Internet-NutzerInnen in Sachen Qualität, Quantität und Verfügbarkeit der Inhalte, verändert sich die bekannte Umgebung. Nicht nur die Plattformen, die hochqualitative Inhalte anbieten (beispielsweise YouTube- oder Vimeo-Videos in HighDefinition oder auch in 3D) steigen, sondern auch deren Anzahl. Jede Minute jeden Tages werden 48 Stunden Videomaterial auf YouTube hochgeladen.

eine Minute - 48 Stunden Video

Diese Videos werden natürlich nicht nur zur Verfügung gestellt, sondern, wie aus der Grafik zu entnehmen, auch konsumiert. Das alles belastet die Internetverbindungen und Knotenpunkte. Dieses Angebot wird jedoch nicht länger wie bis vor einigen Jahren noch vor dem heimischen Computer abgerufen, sondern es kommen, neben traditionellen Geräten wie Laptop und Computer, inzwischen auch vermehrt moderne Endgeräte wie Smartphones und internetfähige Fernsehgeräte zum Einsatz. Dieser Entwicklung versuchen die ISPs Rechnung zu tragen (siehe Beitrag von Mark Nierwetberg), jedoch sinken die Preise für Internetzugänge (mobil als auch DSL) stetig.

Dieser allgemeinen Problembeschreibung folgt die technische. Die starke Belastung der Verbindungen (besonders zu Kernzeiten) führt zu "Datenstaus". Diese Datenstaus entstehen, wenn die BenutzerInnen mehr Daten anfordern oder senden, als die Leitungen verkraften können. Im Fall eines Datenstaus werden die Daten zwischengespeichert und nach dem "First-In/First-Out"-Prinzip wieder ausgegeben. Dies führt im schlimmsten Fall zur verspäteten Weitervermittlung, zu Qualitätseinbußen und unter Umständen auch zu Datenverlust. Diese Probleme ließen sich durch die Bereitstellung von Überkapazitäten im Netz beheben, die zur Kompensierung der Belastungsspitzen genutzt werden können - diese Bereitstellung ist jedoch unwirtschaftlich.
Sollte die Netzneutralität in ihrer jetztigen Form aufgehoben werden, so ergäben sich daraus für die beteiligten ISPs zusätzliche Konsequenzen. Das Internet als globales Phänomen lässt sich nicht durch einzelstaatliche Verträge regulieren sondern nur durch globale Verträge. Daher müssten alle ISPs mit anderen ISPs Verträge über die Priorisierung gewisser Datenpakete abschließen.

Im Zusammenhang mit Netzneutralität kursieren viele Halbwahrheiten und Vorurteile. Das Kapitel "9 Mythen zur Netzneutralität" soll mit den häufigsten Irrtümern aufräumen.

  1. Es gibt DIE Netzneutralität
    Diese Aussage ist so nicht tragbar, da es unterschiedlichste Definitionen und Auffassungen zum Thema Netzneutralität gibt. Während beispielsweise oftmals die vollständige Neutralität des Netzes gefordert wird, ist der Chaos Computer Club (CCC) bereit, eine Priorisierung von Telefonie-Daten zu akzeptieren.
  2. Keine Netzneutralität - ein "zwei-Klassen-Internet"
    Die Grundlage dieser Metapher stellt die Unterteilung des Datenverkehrs in (mindestens) zwei Gruppen dar; den priorisierten Verkehr und den traditionell ablaufenden. Doch auch aktuell, in einem, der allgemeinen Meinung nach neutralen Netz, gibt es bereits unterschiedlichste Möglichkeiten für Unternehmen, Behörden, etc., eine schnellere Datenverbindung und einen schnellerden Datentransport zu erzielen.
  3. Netzneutralität sichert Diskriminierungsfreiheit
    Netzneutralität wird oftmals als Garant für Gleichbehandlung gesehen. Dabei sichert Netzneutralität lediglich die Gleichbehandlung auf Traffic-Ebene. Bezüglich der Plattformen ist Netzneutralität wirkungslos. Proprietäre Systeme oder Unternehmen wie beispielsweise Apple schränken dennoch die Möglichkeiten und Zugriffe der BenutzerInnen ein.
  4. Netzneutralität ist kein staatlicher Eingriff in den Wettbewerb
    Paradoxer Weise fordern Befürworter der Netzneutralität ein freies Internet ohne staatliche Eingriffe, während sie gleichzeitig die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität (und somit eine Regulierung des Staates) wünschen.
  5. Netzneutralität kostet nichts
    Die Kosten eines neutralen Netzes werden in den meisten Diskussionen vergessen. Der Ausbau und die Erneuerung der Infrastrukturen verschlingt enorme Summen, die mittels höherer Endpreise an die KonsumentInnen weitergegeben werden müssten.
  6. Netzneutralität gibt es bisher.
    Oftmals wird angenommen, das Netz sei bisher neutral - was jedoch nicht stimmt. Neben Glasfaserzugängen für Unternehmen sind beispielsweise auch mobile Internetzugänge (von Smartphones, Laptops, o.Ä.) nicht neutral geregelt; sie werden im Datenverkehr von den entsprechenden ISPs gesondert behandelt.
  7. Legislative ist gegen Netzneutralität
    Die europäische Politik fordern eine Netzneutralität. Sowohl die deutsche Bundesnetzagentur als auch das Verbraucherministerium und die EU-Kommission sehen die Nicht-Diskriminierungsregel als Kernprinzip der Medienpolitik.
  8. Das Internet ist öffentlich
    Netzneutralität wird oftmals mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung begründet und gefordert. Jedoch trifft dies nur auf Daten zu, die der Meinungsäußerung und/oder -Bildung dienen; was bei weitem nicht auf alle verfügbaren und angebotenen Daten zutrifft. 
  9. ISPs wollen Netzneutralität abschaffen
    Nach der Priorisierung von Daten in den USA folgte für die beteiligten Unternehmen ein PR-Gau. Dieser könnte in der Eu dazu führen, dass im stark wettbewerbsorientierten Markt, einige Anbieter durch die Bewerbung neutraler Anschlüsse versuchen zu punkten.

Doch wie lässt sich der Streit um die Netzneutralität lösen? Dazu gibt es hauptsächlich 2 gangbare Wege. Um die stetig wachsenden Datenmengen und die höheren Geschwindigkeiten gewährleisten zu können, müssen in beiden Fällen die Netze massiv ausgebaut werden. Lösungsansatz A sieht eine Sicherung der Netzneutralität per Gesetz vor. Durch die Bereitstellung ausreichender Infrastruktur wird somit dem gestiegenen Volumen Rechnung getragen. Lösungsansatz B hingegen sieht eine Abschaffung der Netzneutralität vor. Durch die Aufhebung der Netzneutralität ist eine Kategorisierung der Pakete mittels des IPv6-Features "Deep Packet Inspection" (kurz DPI) möglich.Dieses Feature ermöglicht die Priorisierung bzw. auch Nachrangigkeit oder gar Blockade eines Datenpakets. Durch IPv6 stehen im Header eines Datenpakets genügend Informationen zur Verfügung um dessen Absender, Empfänger, Herkunft und Priorisierung oder eben Nachrangigkeit zu erkennen. Daher ist mit Hilfe des IPv6-Standards die Möglichkeit eines priorisierten Datentransports geschaffen worden. In Echtzeit (mittels Aho-Corasick-Algrorithmus und Wirespeed) können so die versandten und angeforderten Datenpakete bzgl. ihrer Priorität sortiert werden. Zudem können die Daten jedoch auch von Netzbetreibern und Systemadministratoren durchleuchtet, ausgelesen und teils auch gespeichert werden. Dieser Umstand ist aus datenschutzrechtlichen Gründen bedenklich. Mittels DPI lassen sich somit nicht nur Datenpakete priorisieren sondern auch der Verkehr im Internet filtern (Anwendung z.B.: Schutz gegen die Verbreitung jugendgefährdender Inhalte), jedoch kann DPI auch zur Überwachung oder Zensur eingesetzt werden. Interessante Artikel zum Thema Deep Packet Inspection finden sich unter anderem hier und hier.

Den Rest des Referats entnehmen Sie bitte dem Blog meines Kollegen Hr. Schächner.

 Die Slides zur Präsentation gibt es hier:

Literatur:

 

Bullinger, Gyde Maria (2010): Aktueller Begriff. Netzneutralität. Online unter: http://www.bundestag.de/dokumente/analysen/2010/Netzneutralitaet.pdf (29.05.11)

 

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Freitag, 18. März 2011
Erste Gedanken

 

Immer mehr Menschen erlangen Zugang zum Internet. Immer mehr Menschen konsumieren dort immer aufwändigere Angebote wie beispielsweise Videos und Spiele. Die Knotenpunkte und Leitungen werden über kurz oder lang an die Grenzen ihrer Belastbarkeit stoßen.

Bis dato wurden und werden alle Datenpakete, unabhängig von deren Herkunft (welche Quelle dieses Datenpaket erzeugt hat), deren Inhalt (ob sie beispielsweise zu einem Video oder einem Spiel gehören) sowie deren Empfänger (z.B. Privatperson oder Unternehmen) versandt. Wirtschaftsunternehmen formulieren seit einigen Jahren den Wunsch, diesen neutralen Versand zu beenden und den Transport der Datenpakete ne Kriterien wie Inhalt, Absender oder Empfänger mit gesonderten Tarifen berechnen zu dürfen. Dies ist durch den Grundsatz der Netzneutralität der als Grundfeste des Internets wie wir es bisher kennen zu sehen.

Besonders seit dem Jahr 2010 wird das Thema noch intensiver diskutiert als zuvor. Im Jahr 2010 wurden auf der IFA (Internationalen Funkausstellung in Berlin) TV-Endgeräte vorgestellt, die ihr Signal nicht mehr über Kabel oder Satellit, sondern über einen Internetzugang beziehen. Diese immensen Datenströme haben die o.g. Diskussion erneut angefacht.

Der aktuelle Stand der Diskussion sowie eingängige Erläuterungen finden sich im folgenden Video:






Das Ziel der Arbeitsgruppe Schächner/Jochner ist es, den Begriff der Netzneutralität verständlich und möglichst umfassend zu erläutern. Dabei sollen nicht nur technische Möglichkeiten und Anforderungen, sondern auch politische und wirtschaftliche Positionen erläutert werden. In einem Fazit soll, soweit möglich, die Skizzierung möglicher Zukunftsszenarien gewagt werden.

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