Mobile Business Abschlussstatement: Mobile Business - so what?
claudia.scheba.uni-linz, 24. März 2014, 21:06
Mit diesem Blogeintrag möchte ich Résumé über die LVA Mobile Business ziehen und nochmals die diskutierten Themen reflektieren.
Spätestens seit der rasanten Verbreitung von mobilen Endgeräten wie Smartphones und Tablets, sowie der damit einhergehenden Möglichkeit der mobilen Internetnutzung, ist Mobile Business ein allgegenwärtiges Thema. Auch bei der diesjährigen Computermesse CeBIT, die als Barometer für aktuelle Trends der digitalen Wirtschaft gilt, war dem Thema Mobile große Beachtung geschenkt worden.
Mobile Business - ein Definitionsversuch
Bisweilen konnte man sich noch nicht auf eine allgemein gültige Definition des Begriffs Mobile Business einigen und so findet man eine Vielzahl an verschiedenen Definitionsversuchen. Das Wirtschaftslexikon von Gabler sieht
"Mobile Business (...) als Teilbereich des E-Business (...), in dem Information, Kommunikation, Interaktion und Transaktion über mobile Endgeräte und entsprechende Netze stattfinden." [Q1]
Wirtz (2001) etwa fügte seiner Definition des E-Business lediglich den Begriff der "mobilen Zugangsgeräte" hinzu um so M-Business abzugrenzen:
"Mobile Business ist die Anbahnung, sowie die teilweise respektive vollständige Unterstützung, Abwicklung und Aufrechterhaltung von Leistungsaustauschprozessen mittels elektronischer Netze und mobiler Zugangsgeräte." [Q2]
Reichwald et. al (2002) definieren Mobile Business als
"die Gesamtheit der über ortsflexible, datenbasierte und interaktive Informations- und Kommunikationstechnologien (z.B. Mobiltelefone) abgewickelten Geschäftsprozesse." [Q3]
Der Chair of Mobile Business & Lateral Security an der Goethe Universität in Frankfurt/Main (2013) hat sich auf folgende Definition des Mobile Business festgelegt:
"Mobile Business is the usage of mobile devices, infrastructure, communication and interaction for mobile applications and transactions." [Q4]
Unterscheiden sich die einzelnen Definitionen, so liegt eine Übereinstimmung darin, dass mobile Endgeräte die Basis des Mobile Business bilden. Weiters, lässt sich Mobile Business durch folgende Merkmale charakterisieren:
- Ortsunabhängigkeit (Ubiquität): Nutzer können unabhängig von Ort und Zeit auf Informationen zugreifen, Daten versenden und kommunizieren. Man genießt vollkommene Bewegungsfreiheit bei gleichzeitig ständiger oder nur kurz unterbrochener Konnektivität und Interaktivität.
- Personalisierung: Benutzerspezifische Daten werden gesammelt, ausgewertet und komprimiert um auf den Kunden zugeschnittene Informationen, Angebote und Produkte anbieten zu können. Inhalte können somit auf die persönlichen Interessen des Nutzers reduziert werden.
- Lokalisierbarkeit: Durch die Erkennung und Bestimmung des genauen Aufenthaltsortes des Nutzers, können Anwendungen reagieren, dynamisch sich anpassen und somit auf den Nutzer besser eingehen und für ihn relevante, auf den geografischen Aufenthaltsort zugeschnittene Angebote übermitteln.
- Kontextspezifität: Passend zur jeweiligen Umgebung oder Tätigkeit werden dem Benutzer relevante Informationen zugespielt. Hierbei unterscheidet man zwischen
- lokalem Kontext (= location based services): Mobile Anwendung nimmt Bezug auf den Aufenthaltsort
- aktionsbezogenem Kontext: Aufenthaltsort wird mit einer best. Aktivität verbunden
- zeitbezogenem Kontext: Mit dem Aufenthaltsort können dynamische Daten verknüpft werden (z.B. Veranstaltungen, tagesaktuelle Angebote, etc.)
- interessensbezogenem Kontext: Informationen/Angebote, die auf die Präferenzen des Nutzers abzielen.
- Always on/Verfügbarkeit: Informationen und Daten können vom Benutzer jederzeit und überall abgerufen werden.
- Erreichbarkeit: Nutzer können unmittelbar kontaktiert werden, was speziell für zeitkritische Daten vorteilhaft ist.
- Bequemlichkeit: Mobile Endgeräte sind in der Regel immer eingeschalten und es bedarf somit keinem langwierigen Hochfahren wie es bei Standgeräten der Fall ist. Weiters, sind mobile Devices auch bequem von der Couch bzw. dem "lean back" Modus zu bedienen. (Die These des "lean back modes" hat unser Kollege Phillipp Allerstorfer meines Erachtens sehr treffend beschrieben, hier mehr dazu). [Q5]
Mobile Commerce bzw. M-Commerce ist als Teilbereich des Mobile Business zu verstehen und betrifft jene Teilmenge, die eine "reine Durchführung von mit monetären Werten verbundene Transaktionen beschreibt." [Q5] Neben M-Commerce sind auch u.a. M-Procurement und M-Government als Teilbereiche zu nennen. Die Anwendungsgebiete des M-Business sind also vielfältig.
E-Business vs. M-Business
Des öfteren tauchte die Frage auf ob Mobile Business als Teil des Electronic Business anzusehen ist oder ob es eine eigenständige Disziplin darstellt. Kann überhaupt noch eine klare Abgrenzung gezogen werden oder fließen beide Konzepte bereits ineinander? Im folgenden Abschnitt wird versucht beide Modelle zu vergleichen und mögliche Unterschiede aufzuzeigen.
Reflektiert man die in der Literatur auffindbaren Definitionen von Mobile Business, so wird dieser oftmals als Teilmenge des E-Business verstanden (vgl. Buse 2002, Reichwald et. al 2002), wie es auch untenstehende Grafik skizziert.
Quelle: bmcreativity
Turban (2010) beschreibt M-Business nicht als Teil sondern als natürliche Verlängerung des E-Business. Das Kernstück beider Ansätze bilden unbestreitbar mobile, internetfähige Endgeräte, durch deren Einsatz sich neue Anwendungsfälle sowie Geschäftsmodelle entwickeln können. Vor allem das Smartphone ist zu unserem ständigen Wegbegleiter avanciert und ermöglicht uns Daten jederzeit und überall abzurufen. Man ist always on um auch relevante Informationen im Hinblick auf den Aufenthaltsortes sowie den jeweiligen Kontext genießen zu können. Zentraler und abgrenzender Aspekt zum E-Business ist das mobile Internet in Kombination mit den oben genannten Merkmalen insbesondere der Lokalität und Kontextspezifität. [Q5] Untenstehende Grafik soll nochmals die Unterschiede von E-Business vs. M-Business visualisieren.
Electronic Economy |
Mobile Economy | |
Automation/digitization | x | x |
Time flexibility | x | x |
Interactivity | x | x |
Individualization | x | x |
Location independence | x | |
Personal sphere | x | |
Continous reachability | x | |
Context sensitivity | x |
Quelle: basierend auf Rannenberg (2013)
Hype oder THE Future?
Mobile Business ist per se kein neues Thema mehr. Bereits Mitte der 90er Jahre erkannte man die Bedeutung mobiler Informations- und Kommunikationstechnologien. Doch erst mit der Einführung der Smartphones wurde Mobile Business für die breite Masse relevant. [Q5] Noch scheint sich Mobile Business nicht als Mainstream etabliert zu haben. Betrachtet man beispielsweise den M-Commerce so haben 2013 nur 6% aller deutschen Internetnutzer einen Kauf über ein mobiles Endgerät abgeschlossen. [Q8] Mobile Endgeräte werden nach wie vor vorwiegend zur Informationsrecherche vor einem Kaufabschluss benutzt. Vielfach wird das Smartphone auch vor Ort im Shop genutzt um Preisvergleiche durchzuführen. Im Bereich des M-Commerce, so scheint es, ist eine Strategie des "Mobile Only" noch zu früh. Dennoch erwarten sich immer mehr Konsumenten, Lösungen und Angebote, die die verschiedenen Kanäle offline, online und mobile miteinander optimal verbinden. [Q9]
Die Signifikanz des M-Business lässt sich dennoch nicht verleugnen. Dieses Bild wurde auch bei einem Rundgang auf der diesjährigen CeBIT verstärkt.
Ralf Schneider, Group CIO, Allianz SE, bezeichnete in seiner Speech zu "Mobile - a mega trend and a challenge" die Mobilität und mobile Funknetze nach der Sesshaftigkeit und dem Buchdruck als die 3. größte Revolution der Menschheit. Mobile Endgeräte ermöglichen es nun situativ und interaktiv auf alle Informationen, Daten, und auch Maschinen zuzugreifen. Auch Ted Schadler, Vice President von Forrester Research Inc., ist der Überzeugung, dass Mobile unser Leben stärker beeinflussen wird als jede Entwicklung zuvor: "mobile is more disruptive than the web was or the PC". Schadler spricht in diesem Zusammenhang von einem "mobile mind shift", was er als die Erwartung, dass jede gewünschte Information auf einem beliebigen Gerät im Kontext zum gewünschten Zeitpunkt zur Verfügung steht bezeichnet. Nicht nur bei den Global Conferences der CeBIT war Mobile brisantes Thema, auch bei vielen Ausstellern, wie z.B. IBM, T-Mobile, spielte M-Business eine bedeutende Rolle. [Q10]
Fazit
Mobile Business ist meines Erachtens ein schwer greifbarer Begriff. Wo fängt Mobile Business an und wo genau hört es auf? Aufgrund der Schnelllebigkeit und der rasanten Entwicklung kann man mobile Geräte nicht mehr auf Smartphones und Tablets reduzieren. Das Technology Review beispielsweise argumentiert in der letzten Ausgabe, dass Smartphones ohnehin nur "eine Übergangslösung" seien, weil bessere Geräte aus technischen und wirtschaftlichen Gründen noch nicht verfügbar sind. In der Zwischenzeit drängen verschiedenste Wearables in nahezu allen Lebensbereichen auf den Markt - ob Datenbrillen, intelligente Uhren oder Chip im Schuh. Auch der Begriff "Smart" erlebt zurzeit einen Höhenflug - vom Smart Home bis zum smarten Futtertrog für Haustiere. [Q 11]
Obwohl M-Business noch nicht als Mainstream verankert ist, so bin ich dennoch überzeugt, dass Mobile Business nicht als Teil des E-Business verstanden werden kann. Die Übergänge zwischen den Konzepten passieren fließend. Vieles was bisher dem E-Business alleine zugeschrieben werden konnte, wie bsp. Supply Chain Management, hat mittlerweile auch Einzug ins M-Business gehalten. Es wäre also auch denkbar, dass klassische E-Business Anwendungen von mobilen substituiert werden. Wird schlussendlich also doch E-Business zu M-Business?
Literatur
[Q1] Springer Gabler Verlag, Gabler Wirtschaftslexikon: "Definition Mobile Business", abgerufen am 27. Februar 2014
[Q2] Wirtz, B. (2001): Electronic Business (S. 45). Wiesbaden: Gabler.
[Q3] Reichwald, R.; Meier, R.; Fremuth, N. (2002): Die mobile Ökonomie - Definition und Spezifika. In Mobile Kommunikation - Wertschöpfung, Technologien, neue Dienste (S. 5-13). 1. Auflage, Wiesbaden: Gabler Verlag.
[Q4] Rannenberg, K. (2013): Lecture 1: Introduction to Mobile Business I - Technologies, Markets, Platforms, and Business Models. Chair of Mobile Business & Multilateral Security der Johann Goethe Universität Frankfurt/Main (WS 2013/14).
[Q5] Scherz, M. (2008): Mobile Business - Schaffung eines Bewusstseins für mobile Potenziale im Geschäftsprozesskontext. Berlin: Technische Universität Berlin
[Q6] Buse, S. (2002): Der mobile Erfolg - Ergebnisse einer empirischen Untersuchung in ausgewählten Branchen. In Electronic Business und Mobile Business (S. 89-116). Wiesbaden: Gabler Verlag.
[Q7] Turban et. al (2010): Electronic Commerce 2010 - A Managerial Perspective. 6. Auflage. New Jersey: Pearson Education.
[Q8] Statista.de
[Q9] Büllingen, F.; Stamm, P. (2012): "Mobile Commerce via Smartphone & Co.". WIK Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH
[Q10] CeBIT Global Conferences (2014). Hannover.
[Q11] Technology Review, Das Magazin für Innovation (März 2014).
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