Vortrag Die große Zukunft des Buches

Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 24. Mai 2016, 18:55

Die Entwicklung des Buchmarktes

Es weist derzeit Vieles darauf hin, dass eBooks den Print- und Hörbücher zunehmnend den Platz streitig machen. Einer im Jahr 2013 von PricewaterhouseCoopers durchgeführten Studie zufolge, wird der mit eBooks erzielte Umsatz 2017 am US-amerianischen Markt erstmals jenem von Print- und Hörbüchern übersteigen.

Der Europäische Markt scheint deutlich zurückhaltender und dies kann auch in der Einstellung der LeserInnen begründet sein. Dass im internationalen Vergleich das mit Abstand größte Marktvolumen von 4.155,1 Mio. EUR in 2016 in den USA erzielt werden, zeigt eine Prognose des Statistik-Portals "Digital Market Outlook" von Statista. (siehe: Q3)

Statistik: Umsatz mit E-Books von 2009 bis 2011 und Prognose bis 2016 nach Regionen (in Millionen US-Dollar) | Statista

Der soeben erzeugte Eindruck wird u. a. durch eine im Jahr 2013 durchgeführte Studie des Börsenvereines des Deutschen Buchhandels bestätigt.

 

Argumente für den Weiterbestand des gedruckten Buches

Trotz der faktisch unwiderlegbaren Vorteile der Nutzung von eBooks, existieren Aussagen von Lesern und Liebhabern broschürter oder gebundener Bücher, die deutlich für den Weiterbestand des gedruckten Buches sprechen.

  • Das Leseerlebnis der eBooks reicht nicht an das der gedruckten Bücher heran.
  • Das Lesen am Display entspricht ergonmisch nicht dem Lesen auf Papier. Zweiteres ist augenschonender.
  • Das Investment in ein gedrucktes Buch ist transparenter und damit sicherer als jenes in eine Nutzungslizenz an einem digital codierten Werk.
  • Gedruckte Bücher im heimischen Bücherregal haben einen hohen ästhetischen wie kulturellen Wert.

Teilen Sie Ihre diesbezügliche Einstellung mittels nachfolgender Abstimmung mit:

Neben den, wie bisher ausgeführt individuellen Argumenten für den Weiterbestand des gedruckten Buches, wird auch auf gesellschaftlich relevante Einwände für den Verbleib desselben hingewiesen.

"Schon vor zweieinhalb Jahren machte die zweitgrößte Buchhandelskette des Landes pleite: Borders. Auf einen Schlag verschwanden 400 Läden in Städten wie auf dem Land; 10.700 Menschen wurden arbeitslos. Branchenprimus Barnes & Noble hält sich, aber schrumpft. Von 700 regulären Läden würden in zehn Jahren noch 450 bis 500 übrig bleiben, schätzte ein Manager." (Q1)

In einer Dokumentationsreihe des TV-Senders Arte mit dem Titel: "Amazon - schöne neue Bücherwelt" wird dargestellt, wie bisher unbekannte Autoren (meist Blogger) sprichwörtlich über Nacht zu Bestseller-Autoren im E-Book-Markt werden. Kritiker fügen dieser Entwicklung hinzu, dass viele dieser neu entdeckten Werke seicht und populistisch sind und darüber hinaus die Vielfalt des klassischen Verlagswesens gefährden (vgl. Q2).

Legistischer Schutz des konventionellen Buchhandels

2014 verabschiedete Frankreich ein Gesetz zum Schutz des Buchhandels. Darin wurd dem Online-Versandhandel ein Verbot ausgesprochen, preisreduzierte Bücher konstenlos zu versenden. Das Gesetz wurde auch als "Anti-Amazon-Gesetz" tituliert. (Q4)

Der Verkaufspreis für gedruckte Bücher wird in den meisten Ländern Europas seit langem geregelt. In Österreicht regelt das Preisbindungsgesetz für Bücher auch E-Books (Q5), ab September 2016 gilt eine analoge Regelung auch in Deutschland. (Q6). Das Preisbindungsgesetz verbietet das Unterschreiten des Letztverbrauerpreises über das Ausmaß von 5 vH hinaus. Mit dieser Maßnahme soll ruinöser Wettbewerb am Buchmarkt verhindert werden. Doch mit der Aufnahme von E-Books in die Preisbindung  verringert sich auch deren Wetbewerbsvorteil gegenüber gedruckten Büchern. Maßnahmen wie die Preisbindung, oder die Subventionierung gedruckter Bücher schützen das Kulturgut Buch vor digitaler Konkurrenz und greifen damit in den Markt verzerrend ein.

Umfrage: Sind Sie für oder gegen die Subventionierung gedrucker Bücher? Stimmen Sie bitte ab.

Die große Zukunft des Buches

Die Autoren des gleinamigen Werkes Umberto Eco und Jean-Claude Carrière, stellen dar, dass das E-Book das Buch - die größte Erfindung der Menschheit - nicht töten wird. Dieses Werk ist eine Wiedergabe von Gesprächen zum einschlägigen Thema, welche Jean-Philippe de Tonnac mit den Autoren geführt hat.

Doch der Titel des Werkes könnte missverständlich interpretiert werden. Den Vertretern der "größten Erfindung der Menschheit" - des Buches, geht es hauptsächlich nicht um eine Progonse in statistisch-messbaren Größen, sondern um kulturelle Phänome der Gesellschaft, die mit der Entstehung und dem Gebrauch des Kulturgutes "Buch" verbunden sind oder mit ihm im Zusammenhang stehen.

Die Rede ist u.a. von den Auswahlmechnanismen, Themen und Filtern, die mit dem Buch, in seiner traditionellen Form einhergehen. Es steht die Frage im Raum, ob "die zweite große Erfindung der Menschheit - das Internet" nicht, zumindest in seiner derzeitigen Form, vom Verschwinden bedroht ist. Aktuelle Meldungen über den plausiblen Verdacht des übermäßigen, die Würde des Menschen verletzenden Sammelns von Daten durch Geheimdienste einerseits, sind andererseits Gründe für das schwindende Vertrauen in die sozialen Medien.

Zur Sprache kommt auch die Tendenz zur Beschleuningung und ständigen Erneuerung dessen, was fälschlich als Wissen bezeichnet wird, aber offensichtlich - das Faktum der beschleunigten Erneuerung ist der beste Beweis - von kurzer Lebensdauer ist. Es entsteht der Eindruck, dass nicht die Antworten, sondern die sich auftürmenden Fragen an Menge und Intensität zunehmen. Zusammenhänge mit dem Schulwesen, der Aus- und Weiterbildung liegen auf der Hand.

All die genannten Phänomene sind als Ergebnis der Machbarkeit der jeweiligen Techniken im gesellschaftlichen und ökonomischen Kontext zu sehen. Bibliotheken, als Sammelstelle des dokumentierten Wissens, und damit Hüterinnen höchsten Kulturgutes waren über lange Perioden den Klöstern angegliedert. Später haben staatliche Einrichtungen diese Rolle übernommen. Die Bibliotheken der digitalen Bücher sind global agierende Provider, deren ökonomische und politische Interessen sich ebenso, wenn nicht gravierender von staatlichen Einrichtungen unterscheiden wie Klöster.

Die Formen des Enstehens, der Organisation und des Gebrauches des höchsten Kulturgutes der Menscheit sind getrieben von ihrer Technik. Selbst die Inhalte entwicklen sich an ihr. Vom Erfolg kann erst gesprochen werden, wenn die Tradition es bestätigt.

Nachfolgende Präsentation enhält ausgewählte Aussagen aus dem Werk:

Umberto Eco, Jean-Cluade Carrière: Die große Zukunft des Buches, München 2010. Alle Zitate, sofern nicht anders vermerkt, beziehen sich auf diese Quelle.

Quellen (Qn):

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