Aufgabe Heiter bis wolkig: Die Gegenwart und Zukunft des Cloud Computings

Klaus.Schaechner.Uni-Sbg, 9. Mai 2011, 13:57

Müsste ich als Leser vieler Technikzeitschriften und -blogs ein (Un-)Wort des Jahres wählen, es wäre Cloud Computing. Auch kein TV-Bericht von einer Technik-Messe kommt mehr umhin, vom Wolkenwahn zu schwärmen. Und ja, ich gebe es zu: Ich selbst nutze viele Web-Dienste intensiv, vor allem jene die mir den Alltag als Student erleichtern. Immer alle Dateien parat zu haben, egal von welchem Rechner aus - das ist der Komfort den ich mir als notorischer USB-Stick- und Ladegerät-Vergesser seit Jahren gewünscht habe. Vorbei die Zeit, in der man Gruppenarbeiten an der Uni per Email mit dem Wohlbekannten Betreff "Fwd: Fwd: Fwd: Fwd: […]"  abgewickelt hat. Ich habe mir im Laufe der Zeit einige Web-Dienste angetestet. Manche kann ich mir aus dem Alltag nicht mehr wegdenken, andere brauche ich schlichtweg nicht. Aber gerade da ich mir das Thema schon genauer angesehen habe, möchte ich einige davon mit euch teilen, die Vorzüge darstellen, aber auch auf Gefahren und Risiken verweisen.

Ein umfangreiches Angebot an Cloud-Diensten

Mittlerweile gibt es kaum noch Anwendungstypen auf Computern, die ihren Gegenpart in der Cloud noch nicht gefunden haben. Hier eine kleine Umschau der aktuell wohl populärsten Dienste für verschiedene Aufgaben:

Online-Festplatten gibt es zu genüge, einige bieten 5 GByte gratis an, andere sogar bis zu 50 Gbyte. Der beliebteste Online-Speicher ist im Moment allerdings Dropbox, der jedem Neu-Anmelder erst einmal nur 2 KByte zur Verfügung stellt. Was Dropbox so erfolgreich macht, ist die äußerst einfache Bedienung: Auf dem Rechner wird eine Anwendung installiert, die wiederum einen Ordner auf der Festplatte anlegt, die immer mit dem Online-Speicher synchronisiert wird. Einzelne Ordner und Dateien lassen sich schnell mit Freunden und Kollegen teilen, der Speicher mit Anwerbung neuer Mitglieder sogar noch weiter aufstocken. André Kramer und Christian Wölbert sprechen in der c't-Ausgabe 7/2011 nicht umsonst von der "Einstiegsdroge Dropbox" (2011: 85). Weitere Online-Speicher sind z.B. SugarSync, Microsoft Live Mesh oder box.net.

Termine und Kontakte an einem Rechner zu speichern und mühsam auf andere Geräte zu kopieren, ist schon längst ein Ding der Vergangenheit. Zahlreiche Web-Dienste bieten Möglichkeiten, den Terminkalender und das Adressbuch auf vielen Geräten synchron zu halten. Hier ist das prominenteste Beispiel der Google-Kalender, der sich äußerst leicht mit der "Kalender-App des Smartphones […] verheiraten" (Kramer/Wölbert 2011: 87) lässt - vor allem auf Googles eigenem Betriebssystem für Mobilgeräte: Android. Fügt man dann einen Termin am Smartphone-Kalender hinzu, scheint dieser auch im eigenen Google-Kalender und wenig später auch im Kalender-Programm des Heim-Rechners auf. Natürlich gibt es auch hier wieder andere Anbieter für einzelne Anwendungen wie Kalender (Yahoo-Kalender, Funambol), Aufgabenlisten (Remember the Milk, Toodledo, Wunderlist) oder Kontakte (Soocial).

Das Bearbeiten und Präsentieren von multimedialen Inhalten, allen voran Fotos, ist längst Realität. Hatte man lange nur die Wahl zwischen vorinstallierten, aber äußerst unbrauchbarer Bildbearbeitungssoftware (MS Paint) oder solcher, die den Preis eines Gebrauchtwagens verschlingt (Adobe Photoshop), so gibt es neben Open-Source-Programmen auch eine Menge Tools im Netz. Wo vorher noch ein leistungsstarker Rechner für große Bildberechnungen nötig war, übernimmt die Rechenlast nun ein Server in der "Wolke": Photoshop Express, Splashup oder Pixlr sind nur einige von vielen Möglichkeiten, online Bilder zu bearbeiten. Dem Profi wird dies wahrscheinlich nicht genügen, doch dem Gelegenheits-Fotografen allemal. Zur Präsentation von Bildern eignen sich Dienste wie Googles Picasa, Yahoos Flickr oder Microsofts SkyDrive.

Wer viel unterwegs ist - und viel zu oft den USB-Stick mit wichtigen Dateien zuhause vergisst - der hat mit Sicherheit schon Online-Büro-Software zu schätzen gelernt: Auch hier ist Googles Angebot "Texte und Tabellen" das wahrscheinlich bekannteste Beispiel für eine komplette Office-Lösung mit Äquivalenten zu Word, Excel und Powerpoint mit Online-Speichermöglichkeit. Aber auch andere Anbieter wie Microsoft, Thinkfree oder Adobe warten mit einem ähnlichen Angebot auf. Daneben gibt es noch spezielle Anwendungen, wie Prezi, eine Möglichkeit Präsentationen fernab vom Powerpoint-Stil zu erstellen, MindMeister für Mind-Maps und Brainstorming, Delicious für das Sammeln und Tauschen von Lesezeichen, oder Etherpad für das kollaborative, gleichzeitige Arbeiten an einem Text-Dokument.

Gefahr des Datenverlustes

Allen Cloud-Diensten ist aber mit Vorsicht zu begegnen. Kramer und Wölbert (2011: 87) erkennen vor allem zwei große Probleme beim Umgang mit Web-Anwendungen: Zum einen der Schutz privater Daten, der nicht nur im Zusammenhang mit Facebook ein Thema ist. Auch Cloud-Dienste wollen Benutzerdaten akquirieren, auch wenn sie oft versichern, diese zu verschlüsseln. Auch wenn Sonys Playstation Network kein Cloud-Service in unserem Verständnis ist, so hat man aber doch an diesem Beispiel gesehen, wie schnell viele Millionen Benutzerdaten gestohlen werden können. Ein weiterer Punkt ist die Datensicherheit: Wer einem Unternehmen geheime Dokumente oder sogar Passwörter anvertraut, muss irgendwann mit einem negativen Echo rechnen. Auch ist nie garantiert, dass ein Cloud-Dienst, der heute noch zuverlässig seinen Dienst tut, morgen auch noch funktioniert oder existiert. Vor allem Übernahmen durch größere Unternehmen sind eine Bedrohung für die mühsam gesammelten Cloud-Daten - prominente Beispiele für Übernahmen sind Delicious durch Yahoo (der Bookmarking-Dienst soll angeblich noch im Sommer die Pforten schließen) oder Etherpad durch Google (Google machte das Programm aber OpenSource).

Man muss aufpassen

Vorsicht ist also angebracht, verantwortungsbewusster Umgang mit den Daten erforderlich. Doch in naher Zukunft kommt der technik-affine Mensch vom Typ "mobiler Arbeiter" wohl nicht um Cloud-Dienste herum. Die Vorzüge einer solchen Arbeitsweise sind zu verlockend um sie nicht zumindest anzutesten. Eine allgemeine Lösung für die genannten "Gefahren" gibt es bislang nicht - man kann das Risiko minimieren, wenn man nicht alle Daten bei einem Dienst wie z.B. Google oder Yahoo lagert, sondern die Dienste streut. Ein Ausfall oder eine Panne ist damit immer noch ärgerlich, aber kein kompletter Weltuntergang. Dieses Jahr wird zudem sehr interessant für alle Cloud-Benutzer und jene, die es noch werden wollen: Nicht nur, dass ohnehin gefühlt jeden Monat zahlreiche neue Cloud-Startups aus dem Boden schießen, nein, auch Apple plant Gerüchten zufolge, seinen komfortablen, doch teuren Cloud-Service "MobileMe" teilweise gratis und vielleicht zu einem abgestuften Preissystem anzubieten. Man merkt also: Jeder will ein Stück vom Cloud-Kuchen - so viel Konkurrenz kann der Diversität und Qualität der einzelnen Dienste nur gut tun und unseren Arbeits-Alltag noch angenehmer und effizienter gestalten.

Literatur

Kramer, André/Wölbert, Christian (2011): Die Cloud im Alltag: Webdienste für Synchronisation, Texte, Fotos, Termine, Musik… In: c't. magazin für computer technik, o. Jg., H. 7, S. 84-91.

Weiterführende Links

Chaosradio 153: Cloud Computing (Radio-Sendung von 01/2010)

Chaosradio Express 176: Cloud Computing (Interview-Podcast von 02/2011)

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