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Gedanken und Ansätze begleitend zu webscience @ JKU
27
April
2013

Das Web lässt mittlerweile so gar keinen mehr kalt. In der Generation u40 macht es keinen Sinn, sich die Notwendigkeit des Mediums Internet und die Benutzung der zahlreichen Dienste, die daraus entstanden sind, auszureden.

Je mehr dies verstehen, um so mehr können soziale Probleme vermieden werden, glaubt man mindestens folgender Erkenntnis:

"In einer Studie aus dem vergangenen Jahr haben die Psychologen herausgefunden, dass junge Menschen, die sich mit ihren Online-Aktivitäten sehr zurückhalten oder das Netz gar nicht nutzen, ähnlich häufig zu Depressionen und anderen psychischen Leiden neigen wie jene, die das Netz exzessiv nutzen." [Q1]

In diesem Zusammenhang hat sich auch die Gesellschaft auf gravierende Änderungen einstellen müssen. Denn durch die immer größere Integration in Informations- und Kommunikationsnetzwerke haben sich auch die Machtverhältnisse verändert, ohne jemals den Anspruch darauf erhoben zu haben. Die Gemeinschaft der User im Web haben mittlerweile Potential, schnell und effiktiv die Aufmerksamkeit an sich zu ziehen, oft auch noch darüber hinaus. [Q2]

Obwohl ich der Botschaft vollinhaltlich zustimme, möchte ich hier an Hand eines Beispiels aufzeigen, dass sich die User, bei Ausübung dieser Machtverhältnisse, oft in Richtungen verleiten lassen, die bei logischer Betrachtung hinterfragt werden müssen.

Das Bsp: KONY 2012

2012 hat ein Video in der Facebook Community für sehr viel Aufsehen gesorgt und für eine Welle an "sozialem" Engagement gesorgt.

Es handelt sich um ein Video zu der in den USA ins Leben gerufenen Kampagne KONY 2012. "Seit 1987 ist Joseph Kony der Gründer und Anführer der Lord’s Resistance Army (LRA), der Rebellengruppe, die seit mehr als zwanzig Jahren Krieg gegen die ugandische Armee führt. Seitdem hat die LRA unter Kony geschätzt zwischen 30.000 und 60.000 Kinder verschleppt. Die genaue Zahl ist unbekannt, die Straftaten Konys sind es nicht: Im Jahr 2005 wurde ein Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gegen den Warlord erlassen." [Q3]

So viel zu den Hardfacts! In einem stark emotionalisierten Video wird darüber aufgeklärt und aufgerufen, mit Hilfe von Spenden und den bestellbaren Symbolen, Sticker, etc., der dargestellten Entwicklung Einhalt zu gebieten.

Da wahrscheinlich das Video bekannt ist, werde ich es hier nicht einfügen, es ist auf youtube.com unter dem Suchbegriff KONY 2012 zu sehen. Mittlerweile wurde es über 97 Mio. mal aufgerufen. Es hatte sich nach seiner Veröffentlichung gerade zu explosionsartig auf Facebook verbreitet.

Dies zeigt die Dynamik der Vernetztheit der User auf.

Kritik

Folgendes Video soll die Kritik einleiten. ACHTUNG! Es sind stark sarkastische Elemente enthalten:

 

Dieses Video bringt ein Problem der Social Media Community sehr pointiert zu Tage.

Dieses konkrete Beispiel ist nämlich nur eines von vielen, welche das sogenannte Phänomen Slacktivism bedienen.

"Das Kunstwort "Slacktivism" setzt sich aus den beiden englischen Begriffen „Slacker“ (Person mit geringer Leistungsbreitschaft) und „activism“ (Aktivismus) zusammen. Es bezeichnet Menschen, die sich über Symbole mit einem sozialen Anliegen identifizieren, aber darüber hinaus nichts oder nur sehr wenig für die Lösung des Problems tun."[Q4]

Im Zusammenhang mit dem Web wird dieses Phänomen auch oft als Clicktivism bezeichnet.  "Einmal dort klicken, einmal jenes “liken”, dort Fan werden, Link verschicken und den Twitter Avatar aus Solidarität ändern. Dies ist kaum ein Aufwand und beruhigt das Gewissen." [Q5]

Das Problem dabei ist, dass die Macht der Community nur scheinbar eine große ist, denn was kann Clicktivism/Slacktivism in der Form in der realen Welt erreichen? Die niederschwellige Beteiligung jedes einzelnen Users führt zu keinem aktiven Handeln politischer Organisationen. Der US-amerikanische Aktivist Micah M. White dazu:"Clicktivism wird niemals eine soziale Revolution entfachen. Denn eine Revolution entsteht nur, wenn der Aktionismus sich von seiner „Faulheit” löst und sich über die digitale Welt hinaus überträgt." [Q6] Eine Vielzahl derer, welche sich von den Videos über die zahlreichen Missstäne mitreißen lassen, wird keine zusätzliche Motivation zeigen, sich mit der Thematik näher auseinander zu setzen und die Inhalte zu hinterfragen / zu recherchieren. Und per Mausklick sein Gewissen zu beruhigen, kann eben bei logischer Betrachtung, keine Mechanismen in Gang setzen.

Fazit:

Der Schein trügt also auch, wenn man bedenkt, dass die Macht der User immer größer wird, die Mechanismen dahinter aber intransparent. Im Social Media Umfeld können größe Dimensionen den einzelnen User eben schnell beeindrucken, trotzdem sollten die realen und logischen Perspektiven dabei nicht ausser Acht gelassen werden.

Sehr treffend dabei folgender ausspruch von Aktivist Micah M. White: "Clicktivism is to activism as McDonalds is to a slow-cooked meal. It may look like food, but the lifegiving nutrients are long gone.” [Q6]

Wer sich noch näher mit der Thematik beschäftigen will, den empfehle ich folgenden Beitrag mit einer spannenden Diskussion im Anschluss:

 

[Q1]: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nach-dem-attentat-von-denver-machen-sich-facebook-verweigerer-verdaechtig/6911648.html

[Q2]: http://danielkilian.com/2011/das-internet-veraendert-machtverhaeltnisse-der-user-erobert-die-macht.html

[Q3]: http://blog.zeit.de/netzfilmblog/2012/03/08/joseph-kony-2012-social-media-uganda-film/

[Q4]: http://futurezone.at/netzpolitik/2282-facebook-online-proteste-ohne-offline-effekt.php

[Q5]: http://scienceblogs.de/zoonpolitikon/2012/03/08/kony-2012-und-das-problem-von-werbebotschaften/

[Q6]: http://berlinergazette.de/clicktivism-slacktivism-kony2012/

Links zu den Youtube Videos:

http://www.youtube.com/watch?v=QBnFpfFOZcs

http://www.youtube.com/watch?v=fN1dzX8Kr20