Media? Social!

Partizipatives Lernen in und mit Social Media

Aktualisiert: 2012.01.31, 14:19 |  login | 
Montag, 28. März 2011

Web 2.0? Social Web? Was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Sind sie Synonyme oder nur eng miteinander verbunden? Und welche Entwicklung lässt sich für die Zukunft prognostizieren? Der folgende Beitrag versucht eine kurzen Über- und Einblick zu geben.

Web 2.0

Den Begriff Web 2.0 machte Tim O´Reilly im Jahre 2005 (1) durch ein Essay bekannt und geläufig, das den Titel What is Web 2.0? trägt. Bereits 2003 (90) hatte Eric Knorr den Begriff in einem Artikel in der CIO in die Öffentlichkeit getragen, in dem er Scott Dietzen folgende Worte zuschreibt: "Web 2.0 (is) where the Web becomes a universal, standards-based integration platform. Web 1.0 (HTTP, TCP/IP and HTML) is the core of enterprise infrastructure." Die Bezeichnung orientiert sich dabei an der Nummerierung von Software-Versionen, bei denen ein Zahlensprung an der Stelle vor dem Punkt oder Komma nicht für eine Weiterentwicklung sondern für eine Neuentwicklung und damit für einen evolutionären Sprung steht. Mit dieser Bezeichnung sollte den radikalen Entwicklungen und Veränderungen im Bereich des Internets Rechnung getragen werden. O`Reilly bezieht sich dabei in seinem Essay in erster Linie auf neue Strategien in der Software-Entwicklung und Verbreitung, onlinebasiertes Wirtschaften und neue, offene Leitlinien in der Unternehmensführung (vgl. ebd.: 5). Der Begriff wurde jedoch rasch zu einem Modewort und löste sich damit in weiten Teilen von den eigentlichen Intentionen O`Reillys, da er auch auf zahlreiche Anwendungen bezogen wird, die bereits in der Frühphase des Internets bestanden (vgl. Schmidt 2009a: 14), Beispiele wären unter anderem Chats aber auch Instant Messenger, die bereits seit vielen Jahren bekannt und in Gebrauch sind. Insbesondere deshalb bezeichnet Schmidt (ebd.: 21) den Begriff Web 2.0 als "Mythos", er hält ihn jedoch dennoch für einen geeigneten "Sammelbegriff für die gegenwärtige Gestalt des Internets." Ein Grund hierfür ist sicherlich die Fähigkeit des Begriffs, bei den Menschen kognitive Prozesse in Gang zu setzen, wodurch ohne viele Worte ein Bild dessen entsteht, wovon die Rede ist. Auf Grund der mangelnden Trennschärfe spricht sich Schmidt aber gegen eine Verwendung des Begriffs Web 2.0 in der Kommunikationswissenschaft und Soziologie aus.

Social Web

Worin unterscheidet sich nun das Social Web vom Web 2.0? Der Begriff erfasst den Mitmach-Charakter aktueller Anwendungen und trägt der heutigen Nutzung des "World Wide Web als universalem Dienst des Internets" (Schmidt 2009b: 63) Rechnung. Worin liegt jedoch der Vorteil? Im Gegensatz zu Web 2.0 schließt Social Web ältere aber dennoch weiterhin genutzte Anwendungen nicht durch die Implizierung eines zeitlichen Bruchs aus. Eine knappe und dennoch passende Definition bieten Ebersbach, Glaser und Heigl (2008: 31) an: Das Social Web besteht demnach aus denjenigen "webbasierten Anwendungen, die für Menschen den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die kollaborative Zusammenarbeit in einem gesellschaftlichen oder gemeinschaftlichen Kontext unterstützen, sowie den Daten, die dabei entstehen, und den Beziehungen zwischen den Menschen, die diese Anwendungen nutzen."




(Isarrunde vom 10.11.2009: Das Social Web als Leitmedium)
In der öffentlichen Diskussion steht Social Web als Chiffre für das gegenwärtige Mitmach-Netz und umfasst verschiedenste Angebotsgattungen, unter anderem: Social Network Sites, Personal Publishing, Instant Messaging, Dienste des Informationsmanagements und Publishing Dienste. Ein Aspekt der jedoch häufig ausser Acht gelassen wird ist der Umstand, dass zwar in nahezu allen Bereichen die Möglichkeit zur Partizipation, Kollaboration und Selbstverwirklichung besteht, jedoch nur ein verschwindend geringer Teil der Nutzer die Möglichkeiten der Social Web Anwendungen auch aktiv nutzt sondern vielmehr klassisch rezipiert wird. So ergab eine Umfrage der Universität Maastricht im Jahre 2008, das über zwei Drittel der Befragten in Wikipedia nur liest und nicht schreibt, von diesen Schreibern sind 87 % Männer. Teilweise werden auch nur 3 % als aktive Schreiber gewertet.
Es ist nicht zu erwarten, dass sich in Zukunft jeder aktiv im Internet beteiligen wird, dennoch gibt es verschiedene Indizien dafür, dass die Beteiligung zunehmen wird: So nimmt die Zahl der Digital Natives (Eimeren/ Frees 2010: 336), also derjenigen, die mit dem Internet aufgewachsen sind, beständig zu und auch ältere Menschen sind zunehmend im Internet aktiv. Insofern werden auch die Beteiligungsmöglichkeiten für immer breitere Schichten der Bevölkerung zu Alltag gehören.

Eine zentrale Rolle spielt das Social Web bei der Erfüllung von Entwicklungsaufgaben. Besonders betroffen sind davon natürlich Kinder, Jugendliche und junge Erwachsenen aber im Sinne eines Life-Span-Development steht man auch in höherem Alter vor jeweils spezifischen Lebensaufgaben, die sich aus der persönlichen Natur des Menschen und den Einflüssen seiner Lebenswelt ergeben. Dazu gehören Sach-, Sozial- und Selbstauseinandersetzungen. Das Social Web hält hierfür "symbolische wie reale Spielräume bereit, die für die drei zentralen Handlungskomponenten genutzt werden können: Identitätsmanagement, Beziehungsmanagement und Informationsmanagement" (Hasebrink/ Paus-Hasebrink/ Schmidt 2010: 7; Herborheb. i. O.; vgl auch Schmidt 2009b).

Und heute?

Web 1.0 und Social Web lassen sich kaum noch voneinander trennen, die jeweiligen Dienste, sofern man sie zuordnen mag, werden von jungen Erwachsenen zunehmend als eine Einheit betrachtet. Die Grafik mit dem Brainstorming gibt einen Eindruck davon, was aktuell mit dem Social Web in Verbindung gebracht wird und verdeutlicht die vielfältigen Verflechtungen mit der Lebenswelt.
Brainstorming Social Web

Und morgen?

Insofern lässt sich die Hypothese aufstellen, dass die nächste Evolutuionsstufe des Social Web nicht etwa als Web 3.0 bezeichnet werden wird sondern schlicht und einfach als das Web. Weitere Ausführungen hierzu finden sich auch in Fabians Blogeintrag Das Internet im Alltag der Gegenwart.

Literatur

Ebersbach, Anja/ Glaser, Markus/ Heigl, Richard (2008): Social Web. Konstanz: UVK.
Eimeren, Birgit van/ Frees, Beate (2010): Fast 50 Millionen Deutsche online - Multimedia für alle? Ergebnisse der ARD / ZDF-Onlinestudie 2010. In: Media Perspektiven H.7-8 / 2010. Online im Internet unter: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/07-08-2010_Eimeren.pdf (28.03.2011).
Hasebrink, Uwe/ Paus-Hasebrink, Ingrid/ Schmidt, Jan-Hinrik (2010): Das Social Web in den Medienrepertoires von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In: Hepp, Andreas/ Wimmer, Jeffrey (Hrsg.): Medienkulturen im Wandel. Konstanz: UVK, S. 319-335).
Knorr, Eric (2003): The Year of Web Services. The stars will align in 2004 to make Web services a significant success story. In: CIO. The Resource for Information Executives (Special Issue). Fast Forward 2010. The Fate of I.T. December 15. 2003 / January 1. 2004, S. 90. Online im Internet unter: http://books.google.com/books?id=1QwAAAAAMBAJ&printsec=frontcover&source=gbs_summary_r&cad=0_0#v=onepage&q&f=false (28.03.2011)
O´Reilly, Tim (2005): What is Web 2.0? Design Patterns and Business Models for the Next Generation of Software. Online im Internet unter: http://oreilly.com/web2/archive/what-is-web-20.html (28.03.2011).
Schmidt, Jan (2009a): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Folgen des Web 2.0. Konstanz: UVK.
Schmidt, Jan-Hinrik (2009b): Das Social Web als Ensemble von Kommunikationsdiensten. In: Schmidt, Jan-Hinrik/ Paus-Hasebrink, Ingrid/ Hasebrink, Uwe (Hrsg.): Heranwachsen mit dem Social Web. Zur Rolle von Web 2.0-Angeboten im Alltag von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Berlin: Vistas, S. 57-82.

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