The Legal Regulation of Hate Speech on the Internet

anica.nacova.uni-linz, 21. November 2019, 23:42

Dieser Artikel stellt die gesetzlichen Regelungen für Hassreden im Internet auf internationaler Ebene vor und untersucht dessen Konflikt mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung.  

 

Das Internet bietet eine einzigartige Möglichkeit zur Kommunikation (one-to-many, many-to-many), und zugleich die Möglichkeit für Hassprediger eine breite Bühne/ Publikum einfach zu erreichen. Um diesem Problem entgegenzuwirken, haben bereits viele Länder Gesetze erlassen, die Hassreden strafbar machen. Des Weiteren wurden auch internationale Gesetze zur Harmonisierung der nationalen Gesetzgebung eingeführt. Die meisten Nationen haben jene Gesetzgebungen verabschiedet, die die Redefreiheit zugunsten der Eindämmung von Hass im Netz einschränken. Ausgenommen davon ist mehr oder minder nur die USA, die auf eine lange Tradition der Redefreiheit zurückblicken.

 

Eigenschaften und Definition von Online-Hassreden

Online-Hassreden unterscheiden sich von Hassreden in traditionellen Medien hinsichtlich der Dauerhaftigkeit und der Möglichkeit zur Weiterverbreitung und somit höheren Reichweite. Je länger ein diskriminierender Inhalt online gehalten wird, desto mehr Schaden kann angerichtet werden. Die Löschung eines solchen Kommentars kann sich als schwierig gestalten.

 

Eine einheitliche Definition für Hass-Postings/-Reden gibt es nicht, daher setzen Social Media Dienstleister wie Facebook ihre eigene Definition auf. Facebook definiert "Hassreden" als "direkte und schwere Angriffe auf jene Kategorie von schützenswerten Menschen, die aufgrund ihrer Rasse, ethnischen Zugehörigkeit, nationalen Herkunft, Religion, Geschlecht, sexuellen Orientierung, Behinderung oder Krankheit besonders ausgesetzt sind“.

 

Internationaler und EU-Rechtsrahmen gegen Hassreden im Internet

Das Thema „Hassreden“ und das „Recht auf Nichtdiskriminierung“ wurden in vielen internationalen Rechtstexten auf internationaler aber auch auf EU-Ebene behandelt. 2001 führte der Europarat das Protokoll zur Bekämpfung von Cyberkriminalität ein, welches von vielen Industriestaaten weltweit unterzeichnet wurde. In diesem Übereinkommen wurden aber alle Bestimmungen über Cyberhate ausgeschlossen, da sonst die USA dem Übereinkommen nicht zugestimmt hätte. Daher hat der Europarat das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über die Cyberkriminalität hinsichtlich Kriminalisierung rassistischer und fremdenfeindlicher Handlungen, die durch Computersysteme begangen werden, erlassen. Weiterhin hat in Europa die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz im Jahr 2000 die „Allgemeine politische Empfehlung Nr. 6 zur Bekämpfung der Verbreitung rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Materials über das Internet“ herausgegeben und im Jahr 2015 folgte dann die „Allgemeine politische Empfehlung Nr. 15 zur Bekämpfung von Hassreden“. 

 

Auf EU-Ebene hat der EU-Rat 1996 eine gemeinsame Maßnahme betreffend der Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit (96/443/JHA) sowie einen EU-Rahmenbeschluss (2008/913/JHA) zur strafrechtlichen Bekämpfung bestimmter Formen und Ausdrucksformen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit erlassen. Des Weiteren wurde 2016 ein Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Hasspostings (Code of Conduct) von den größten Social Media Anbietern (Facebook, Microsoft, Twitter und YouTube) zusammen mit NGOs und der EU-Kommission unterzeichnet. Der Kern des Kodex sieht eine rasche Identifizierung und Löschung der Postings vor.*

 

Eine kürzlich durchgeführte Studie ergab eine große Diskrepanz zwischen den Rechtsvorschriften der EU-Mitgliedstaaten in Bezug auf eine Verurteilung von Straftaten im Zusammenhang mit Hassreden. Insbesondere wurde festgestellt, dass zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Bestimmungen europäischer und internationaler Instrumente große Unterschiede bestehen. Diese entstehen daraus, dass nicht alle Bestandteile hinsichtlich der Beurteilung des Straftatbestandes aufgenommen werden oder zusätzliche Bedingungen für eine Straftat gestellt werden. Dementsprechend liegt hier noch deutlicher Bedarf nach der Harmonisierung der nationalen Rechtstexte und der EU-Gesetzgebung vor.

 

Konflikt mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung

Die Rechtsprechungen hinsichtlich der Einschränkung von Hassreden kollidieren in fast allen Ländern mit dem Recht auf Redefreiheit. Bei der freien Meinungsäußerung handelt sich jedoch nicht um ein absolutes Recht, und somit kann dieses eingeschränkt werden (während bestimmte Grundsätze geachtet werden sollten). Die entsprechenden Maßnahmen zur Einschränkung sollten gesetzlich vorgeschrieben sein und in einer demokratischen Gesellschaft eine Notwendigkeit besitzen, zudem einem legitimen Ziel dienen, ein dringendes soziales Bedürfnis schützen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten legitimen Ziel stehen. Insbesondere in Bezug auf Hassreden gilt, dass diese Form der Redefreiheit nicht im Rahmen des Rechts auf freie Meinungsäußerung geschützt sein sollte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat eine breite Palette von Entscheidungen erlassen, die verschiedene Aspekte hassbezogener Reden und Verhaltensweisen abdecken, die auch im Online-Umfeld relevant sind und in diversen Kategorien zusammengefasst werden können. 

 

Fazit

Wie sich zeigt, sollte das Verbot und die Bestrafung von Hassreden im Internet das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht einschränken. Die Rechtsprechung des Straßburger Gerichtshofs gibt Hinweise, wie in Konfliktfällen ein Gleichgewicht gefunden werden kann.

 

Einige der Länder, die das Zusatzprotokoll zum Cyberkriminalitätsübereinkommen ratifiziert haben, haben einen restriktiven Ansatz gewählt, der vorsieht, dass der Akt der Verbreitung von rassistischem und fremdenfeindlichem Material nur dann strafbar ist, wenn der Täter die Absicht hatte, ein Hassverbrechen zu begehen. Das griechische Recht sieht beispielsweise vor, dass die Straftat der öffentlichen Aufstachelung zur Gewalt oder Hass unter der Bedingung strafbar ist, dass eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Personen besteht. Somit versteht es sich von selbst, dass rechtliche Maßnahmen gegen Hassreden möglicherweise nicht ausreichen, um die Flut solcher Online-Publikationen einzudämmen. Es bedarf auch einer Zusammenarbeit mit den ISPs (Internet Service Providers), die eine Richtlinie zur Entfernung anstößiger Inhalte einführen sollten, sowie Filtertechniken und andere innovative Technologien, die solche Inhalte erkennen und aus dem Web entfernen.

 

Persönliche Anmerkung

Das Paper wurde gewählt, da es einen guten Überblick über die regulatorischen Einschränkungen von Hassreden in der EU gibt und zudem jene Einschränkungen in Relation zum Recht der Redefreiheit beleuchtet. Dennoch fällt aufgrund der Vielzahl an Gesetzgebungen, Empfehlungen, etc. das Verschaffen eines Durchblicks schwer aus. 

Die strafrechtliche Verfolgung von Hasspredigern im Internet scheint sich auf EU-Ebene problematisch zu gestalten, da die Definitionen für einen Tatbestand stark variieren. Eine länderübergreifende Verfolgung wird damit deutlich eingeschränkt.

Die technische Bekämpfung via Filtermethoden erfolgt meistens über algorithmische Filter, die beleidigende/ diskriminierende Kommentare beim Uploaden erkennen und entfernen sollen. Doch es ist fragwürdig, ob Algorithmen so trainiert werden können, dass diese z.B. den generellen Kontext eines Kommentars oder Satire erkennen können (Beispiel für den Upload-Filter: Jigsaw Perspective von Google).

 

Eine weitere Möglichkeit zur Bekämpfung von Hasspostings könnte sein, dass die eigene Meinung nur im Zusammenhang mit einem Identitätsnachweis wie mit der eID erlaubt wird. Dies würde jedoch den Gedanken einer freien Meinungsäußerung ohne eine Gefahr vor Konsequenzen extrem widersprechen und scheint dementsprechend nicht sinnvoll zu sein. Ähnlich hierzu gibt es bereits einen nationalen Gesetzesentwurf - „digitales Vermummungsverbot“, der besagt, dass User vor dem Posten von Kommentaren eine Registrierung durchlaufen müssen. Hierbei soll die Identitätsprüfung z.B. mittels Handynummer erfolgen, so der Vorschlag von Medienminister Gernot Blümel. Doch auch hier sind einige Kritikpunkte angesiedelt wie z.B. wie soll im Falle eines Hasspostings die Identitätsprüfung bei Verwendung von Prepaid-Handynummern2 erfolgen (nicht in allen EU-Ländern registrierungspflichtig). Des Weiteren wird auch hier in die Privatsphäre sowie das Recht auf Meinungsfreiheit eingegriffen. Letztendlich ist zu bedenken, dass diese Art der Einschränkung kaum Hasspostings einschränken würde, da viele Postings in diesem Bereich mit dem echten Namen versehen sind. In Wahrheit würden hier sinnvolle Kritikarten wie z.B. Kritik an einem Regime, die auf Anonymität angewiesen sind, eingeschränkt werden. Nichtsdestotrotz kann sich jeder Bürger in Österreich im Falle eines Hasspostings an Organisationen wie z.B. ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus-Arbeit) wenden. Diese fordert dann dementsprechend eine Löschung des Kommentars beim jeweiligen Webseitenbetreiber und erstattet gegebenenfalls eine Anzeige bei der Polizei.

 

 

* Ergänzung zum Verhaltenskodex: Im Jahr 2018 sind zusätzlich Instagram, Google+ (April 2019 eingestellt), Snapchat, Dailymotion und jeuxvideo.com beigetreten.

 

 

 

Literatur

Hauptliteratur:

Iglezakis I. (2017). The Legal Regulation of Hate Speech on the Internet. In: Synodinou T.-E. et al. (eds): EU Internet Law: Regulation and Enforcement, pp. 367-383, Springer International Publishing AG. https://doi.org/10.1007/978-3-319-64955-9_15

 

Zusatzliteratur:

1 Futurezone (10.04.2019). Registrierungspflicht für Foren-Nutzer kommt 2020. https://futurezone.at/netzpolitik/registrierungspflicht-fuer-foren-nutzer-kommt-2020/400462315. [abgerufen am 18.11.2019]

 

 

 

 

 

1 comment :: Kommentieren

Unzureichende Ausgestaltung von Gesetzestexten

tania christine.theinschnack.uni-linz, 26. Dezember 2019, 03:14

Wie auch aus der Arbeit "Das Spannungsverhältnis zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und dem Verbot der Diskriminierung im Internet - eine Beurteilung der Situation anhand des aktuellen Phänomens der Hass-Postings" von Alisa Herzog hervorgeht, ist ein wesentliches Problem in der Verfolgung von Hasspostings darin zu sehen, dass Gesetzestexte nicht nur auf nationaler Ebene unzureichend bzw. zu wenig präzise ausgestaltet sind, sondern auch auf internationaler Ebene. Das Scheitern von bisher erarbeiteten internationalen Bestimmungen und Maßnahmen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass hier immer wieder Konflikte mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung auftreten und dass es bislang keine einheitliche Definition von Hasspostings/-reden gibt.

Im Hinblick darauf, dass die mangelnde Durchsetzbarkeit von Straftaten vielen Verfassern von Hasspostings bekannt sein dürfte, sind somit der Einsatz der eID und sonstige Registrierungsverfahren wenig erfolgversprechend. Nach dem Stand der Technik könnten hier jedoch verstärkt Filter eingesetzt werden, um die Veröffentlichung von Hasspostings zu unterbinden bzw. zumindest einzugrenzen.

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