Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-commerce
anica.nacova.uni-linz, 21. November 2019, 23:45
In dem Artikel „Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-commerce“ von P. Diacon und G. Donici aus dem Jahr 2013 wird die Digitalisierung des Handels und die damit einhergehende steigende Markttransparenz näher beleuchtet.
Beim E-Commerce handelt es sich um einen digitalen Markt, der auf Informationstechnologie basiert. Durch die Einführung des elektronischen Geschäftsverkehrs wurde ein großer Schritt hinsichtlich der Vereinfachung des Wirtschaftsverkehrs, national sowie international, und der Erhöhung der Markttransparenz realisiert. Letzteres stellt eines der wichtigsten Bestandteile des theoretischen, volkswirtschaftlichen Modells vom „perfekten Wettbewerb“ und somit des effizienten Marktes dar.
Der elektronische Handel im Wachstum
Der digitale Handel ist eine Erweiterung des traditionellen Handels. Daher greifen Unternehmen oft auf beide Versionen zurück, wobei eine absolute Trennung von on- und offline Handel schwierig ausfällt. Der Umsatz aus dem elektronischen Handel am Gesamtumsatz lag auf der EU-Ebene im Jahr 2010 bei 14% (2018: 14%)1. Den höchsten Anteil am Online-Gesamtumsatz hatte 2010 die Tschechische Republik mit 25% und den niedrigsten Anteil mit nur 1% Zypern sowie Bulgarien mit 2% und Rumänien mit 3%. (Stand 2018: die Tschechische Republik (29%) wurde von Irland (35%) überholt. Den niedrigsten Anteil am Online-Gesamtumsatz hatten Zypern und Griechenland mit je 4%, gefolgt von Bulgarien mit 5% und Rumänien mit 9%)2.
Vorteile des E-Commerce im Zusammenhang mit einer höheren Markttransparenz
Markttransparenz wird durch die Erleichterung der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen den am elektronischen Geschäftsverkehr beteiligten Akteuren/ Gruppen erreicht. Informationen werden sowohl für den Konsumenten als auch für das Unternehmen in kürzester Zeit, dank gut strukturierter und leicht zugänglicher Datenbanken, zur Verfügung gestellt.
Darüber hinaus ermöglicht das Internet den Nutzern die Transaktionszeit (Zeitrahmen von Kaufentscheidung bis hin zur Zahlung des Produkts) zu beschleunigen und somit die Findung eines Preispunktes zu erleichtern. Dies führt dazu, dass Unternehmen die Dauer des Handelskreislaufes (der Zeitraum zwischen dem Zeitpunkt der Auftragserteilung und dem Zeitpunkt der Lieferung der Ware) kürzen können. Eine Verkürzung kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die Preise transparent sind - im Sinne von, dass das Preisniveau nicht dynamisch angepasst wird. Dynamische Preise führen zu Unsicherheit beim Käufer, welche dann die Kaufentscheidung verzögert. Konsumenten können sich jedoch in der Regel online besser über die Qualität, den Preis und die Beschaffenheit eines Produkts informieren, das sie dann bei einer Vielzahl von Unternehmen kaufen können.
Durch den E-Commerce lassen sich für Unternehmen verschiedenste Vorteile erzielen: unteranderem Kostensenkung, höhere Effizienz, höhere Gewinne vor allem durch Produktinnovationen, globaler Marktzugang, etc. Des Weiteren werden die Dienstleistungen vor und nach dem Verkauf deutlich verbessert. Die Transparenz hinsichtlich der Produktqualität kann durch Testberichte erhöht werden, während die Servicequalität eines Online-Shops durch Bewertungen transparenter wird. Die eigentliche Preisfindung fällt durch verschiedenste Preissuchmaschinen deutlich leichter aus.
Dank dem Internet kann ein Unternehmen, unabhängig von seiner Größe, leichter in jeden Markt einsteigen (oder aussteigen) und sogar global werden. Durch diesen Vorteil ist monopolistisches Verhalten im elektronischen Handel begrenzt. Dieses Umfeld kann nicht von einer kleinen Anzahl an Unternehmen kontrolliert werden. Kurz gesagt, E-Commerce hat den Effekt, dass es die Markttransparenz auf der Makroebene erhöht und auf der Mikroebene eine höhere Produktivität möglich macht.
Trotz aller Vorteile und Innovationen im Bereich des Handels ist jedoch zu beachten, dass das Internet eine Reihe von Barrieren und Schwachstellen aufweist. Dies erklärt auch, warum der E-Commerce nicht im vollem Umfang genutzt werden kann. Diese Schwachstellen können auf technische Probleme, organisatorische Schwierigkeiten, mangelndes Vertrauen (dazu gehören auch fehlende Informationen und Sicherheitsrisiken) zurückgeführt werden.
Fazit
Nur davon auszugehen, dass das Internet die Transparenz erhöht und Märkte effizienter macht scheint eine zu einfache Sichtweise zu sein. Dabei werden die mit der Informationstechnologie einhergehenden Kosten und nötigen Umstellungen nicht berücksichtigt. Da der Online-Handel kaum ein Viertel des Handelsvolumens abbilden kann und teils nur ein Zusatzservice zum eigentlichen Retail ist, kann in der gesamtheitlichen Betrachtung nicht von einer signifikanten Erhöhung der Markttransparenz gesprochen werden. Nichtsdestotrotz hat die Online-Preisfindung Interdependenzen mit dem Offline-Markt, wie z.B. eine äquivalente Preissetzung (um eine Kannibalisierung der Umsätze über den Online-Kanal zu vermeiden).
Die Annahme, dass das Internet generell einen Raum für kleine Wettbewerber bietet, kann teils widerlegt werden. Große Händler, die durch eine solide Kapitalstruktur gedeckt sind, können den Markt über viele Jahre hinweg mit geringen Preisen bespielen bis sie ein Modell finden, welches einen Mehrwehrt für den Kunden schafft und ausreichend Gewinn erzielt. Beispielhaft erwirtschaftet Amazon die Hälfte seines Gewinns als Cloudserviceanbieter und kann seine Kunden vorwiegend durch den für das Unternehmen kostspieligen Service „Prime“ (inkludierte Versandkosten, schnelle Lieferung) dauerhaft binden. Für kleinere Spieler wäre eine entsprechend lange Entwicklungsreise finanziell nicht möglich. Zudem wäre das auf den E-Commerce ausgerichtete Lagersystem für kleine Spieler nicht replizierbar. In weiterer Folge kann der Wettbewerber ohne das entsprechende Lager die kostengünstige Versand- und Retourenabwicklung nicht abbilden. Zudem wird der Handel im Internet teils durch die Höhe der Marketingausgaben der jeweiligen Unternehmen und die damit einhergehenden Präsenz bei den Suchmaschinen bzw. der Verkaufskanäle (Google Adwords, Google Display, Google Shopping) bestimmt. Wäre der Markt hier tatsächlich transparent, wären die enormen Marketingausgaben für die Präsenz nicht notwendig. Weiterhin sind Nischenprodukte oftmals nicht gut von den Preissuchmaschinen erfasst und dementsprechend gewinnt hier das Unternehmen mit der besten Suchmaschinenoptimierung (SEO).
Meiner Meinung nach bietet das Internet das höchste Potential hinsichtlich der Steigerung der Markttransparenz für einfache Produkte, die einerseits leicht vergleichbar sind und zudem keine großen Margen für Marketingausgaben bieten. Bei Produkten mit einer hohen Marge kann der Wettbewerb oftmals über die Erhöhung der Marketingausgaben gesteuert werden. Zum Teil werden hier dann nicht mehr die günstigsten Anbieter sichtbar, sondern die mit dem besten Performance Marketing. Dies führt wiederum zu einer sinkenden Transparenz. Eine weitere Intransparenz, die das Internet bietet, ist die simple Tatsache, dass Preise schnell und individuell angepasst werden können. Wählt ein Unternehmen eine volatile Preisstrategie, kann dies dazu führen, dass die Suchkosten bzw. Kosten aus Unsicherheit für den Käufer enorm steigen und Kaufentscheidungen dadurch künstlich verzögert werden. Volkswirtschaftlich gesehen, würde hier ein ineffizienter Markt entstehen, der für alle Beteiligten zum Nachteil wäre - im Vergleich zu einer Situation mit konstanten Preisen, die zu einem größeren Umsatz in einem betrachteten Zeitraum resultieren würde. Abschließend sei noch gesagt, dass das Internet den Raum für eine bewusste Fehlleitung der Kunden hinsichtlich der Qualität von Produkten bieten kann. Dies kann durch entsprechend manipulierte Testberichte oder Bewertungen erfolgen.
Der beschriebene Artikel wurde gewählt, da er aktuelle Ansichten zum Onlinehandel mit der Volkswirtschaftslehre verknüpft und somit einen guten Zusammenhang zur Markttransparenz herleitet.
Literatur
Hauptliteratur:
Diacon, P. E., & Donici, G. A. (2013). Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-commerce. CES Working Papers, 5(2), pp. 187-196. http://www.ceswp.uaic.ro/articles/CESWP2013_V2_DIA.pdf [abgerufen am 2.11.2019]
Zusatzliteratur:
1 Eurostat (2019). E-Commerce-Anteil am Gesamtumsatz der Unternehmen in Österreich von 2010 bis 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/653851/umfrage/e-commerce-anteil-am-gesamtumsatz-der-unternehmen-in-oesterreich/
[abgerufen am 20.11.2019]
2 Eurostat (2019). E-Commerce-Anteil am Gesamtumsatz der Unternehmen in ausgewählten Ländern in Europa im Jahr 2018. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/73412/umfrage/e-commerce-anteil-am-gesamtumsatz-der-unternehmen-2008/
[abgerufen am 20.11.2019]
Informationsasymmetrien verursachen Intransparenz
tania christine.theinschnack.uni-linz, 26. Dezember 2019, 03:02
Meiner Meinung nach nehmen die Autoren dieses Artikels eine etwas zu naive Haltung zur Transparenz im E-Commerce ein. Natürlich bietet das Internet die Möglichkeit Informationen aus den verschiedensten Quellen einzuholen, allerdings ist zu beachten, dass Produktinformationen so ausgestaltet werden, sodass sie möglichst attraktiv auf die Kunden wirken. Es wird sich daher wie im stationären Handel auch im Online-Handel vermutlich kein Händler finden, der negativ über seine angebotenen Produkte bzw. Leistungen informiert. Außerdem sind neben den verschiedensten Ausgestaltungsmöglichkeiten von Informationen und Beeinflussungsstrategien seitens der Verkäufer auch Testberichte hinsichtlich der Produktqualität bzw. im Allgemeinen Kundenrezensionen nur sehr begrenzt aussagekräftig, da es auch hier immer wieder zu Manipulationen kommt, um den Verkauf bestimmter Produkte positiv zu beeinflussen, Produkte von Konkurrenten zu diffamieren oder die Vertrauenswürdigkeit von Händler zu stärken. Auch die Aussage, dass die Preisfindung durch Preissuchmaschinen deutlich leichter ausfällt, kann nicht bejahrt werden, da durch die große Produktvielfalt und insbesondere durch die unzähligen Produktvariationen es schwer bzw. nicht möglich ist tatsächlich den besten bzw. angemessenen Preis zu finden. Eine Ausnahme hiervon besteht bestenfalls bei standardisierten Produkten. Außerdem wie bereits angesprochen, sind Nischenprodukte oftmals nicht gut von den Preissuchmaschinen erfasst und auch der Einsatz von dynamischen sowie individualisierten Preisen sorgt zunehmend für Intransparenz, was auch beispielsweise aus dem Artikel " Dynamische Preissetzung - Wer profitiert?" von Stefan Genth deutlich hervorgeht.