Aktuelle Beitraege Partizipativer Journalismus im Web 2.0 - Vielfalt und Erscheinungsformen

dieter.boehm.uni-linz, 5. Juni 2014, 10:21

Einführung & Begriffsklärung

Der Begriff des partizipativen Journalismus war auch für mich, vor Beschäftigung mit diesem Themenblock, unbekannt. Erste Anregungen und Einblicke brachten das Studium des Blogs von Christoph Pötscher [Q1] sowie eine Recherche des Artikels "Partizipativer Journalismus: Eine Begriffsanalyse" von Sven Engesser [Q2].

Auf Basis der Erkentnisse von Engesser [Q2] kam es durch die Vielzahl an aufkommenden Medienformaten zu einer Inflation der Begriffsdefinitionen - und -definitionsversuche. Partizipative Vermittlung hat es auch schon früher gegeben (z.B. Heimatzeitungen, Leserbriefe, Alternativpresse und nicht kommerzielle Radiosender, usw.), digitale Medien verstärken nur die Ausprägungen. So wurden z.B. zur Zeit der Französischen Revolution oder der Weimarer Republik vom Volk Medienplattformen wie Leserbrief und Hörertelefon frequentiert, während bei den Anschlägen von 9/11 bereits partizipativ Mitteilungen im Medium Internet ausgetauscht wurden [Q3].

Im nachfolgenden Blog-Beitrag wird partizipativer Jounalismus wie folgt verstanden:

"Beim Partizipativen Journalismus (oder Bürgerjournalismus) be­teiligen sich Menschen an der Herstellung von Medienöffentlichkeit, ohne damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen." [Q3]

 

Im 2 dimensionalen Raum der Parameter Inklusion und Partizipation wird partizipativer Journalismus im unteren rechten Quardanten eingeordnet:

 

Abbildung: Einordnung des partizipativen Journalismus [Q4]

Aus der oben angeführten Definition sowie der Einordnung innerhalb der Achsen Inklusion und Partizipation ergeben sich eine Vielfalt an Begriffsfelder. Diese sind (u.a.) [Q5] S.36:

  • Amateurjounalismus
  • Laienjournalismus
  • Parajournalismus
  • Kollaborativer Journalismus
  • Netzwerkjournalismus
  • Open-Source-Journalismus
  • Peer-to-Peer-Journalismus
  • User-Generated Content
  • Bürgerjournalismus
  • usw.

 

Erscheinungsformen des partizipativen Journalismus

Christoph Pötscher hat in seinem Blog bereits eine übersichtliche und nachvollziehbare Darstellung der Erscheinungsformen veröffentlicht [Q1]. Ergänzt werden diese nun um Anmerkungen, die Timo Robben in seinem Blog dazu veröffentlich hat [Q6]:

  • Journalismus ist nicht länger mehr das Hoheitsgebiet von professionellen Journalisten, die Nachrichten aufarbeiten und publizieren - vielmehr ist der Prosumer entstanden, also der Internet-Nutzer, der kommentiert, recherchiert, publiziert und auch kritisiert, ganz vollständig ohne redaktionelle Kontrolle. Wichtigste Erscheinungsform sind hier die für jeden Internet-User verfügbaren Blogs, die entweder selbst "betrieben" (im Sinne von Administration und Contentbefüllung) oder einfach durch Ergänzung via Kommentare in bestehenden Blogs erweitert werden können. Experten gehen davon aus, dass 2021 die Hälfte der Nachrichten von Bürgerjournalisten und nicht professionellen Journalisten produziert werden.

  • Mit YouTube und Co stehen Plattformen zur Verfügung, die es betroffenen BürgerInne erlauben, direkt am Ort des Geschehens Informationen zu erfassen und zu teilen. So wurde die Berichtersteattung bei den Unruhen im Iran von Bürgerjournalisten getragen, da offiziellen Medien der Zugang zu den Demonstrationen verwehrt wurde.

  • Die Internetplattform Opinio der Rheinischen Post bietet seit 2005 registrierten Usern, ihre Sicht auf Informationen in verschiedenen Rubriken zu publizieren (leider wurde das Service mit Ende 2011 wieder eingestellt).

In ihrer Diplomarbeit zum Thema "Partizipative Medien im Internet" weißt Jana Burmeister auch auf den anhaltenden Trend hin, dass Medienhäuser vermehrt Internet-Dienste aufkaufen, um so neben dem klassischen Journalismus auch partizipativen Ansätze ihrem Klientel bieten können [Q7]. Somit kommt es immer mehr zu einer Verschmelzung bzw. einer "Überführung" des klassischen Journalismus hin zum partizipativen Ansatz.

Jede der möglichen Plattformen des partizipativen Journalismus ihererseits (z.B. Weblogs, Mikroblogging, Wikis und Co) sind selbst wiederum Überbegriffe bzw. "Sammlungen" von Erscheinungsformen. Somit ergibt sich ein weit verzweigter Baum mit einer großen Anzahl an Verästelungen. Einzelne Gruppierungen konnten bereits im Rahmen der LVA behandelt werden (vgl. Weblogs, Mico Blogging und Corparate Blogs [Q7].

 

Persönliches Conclusio

Partizipation ist im Zeitalter von Web 2.0 (responsive web) ein "Grundbedürfnis" der Community. Informationsweitergabe und -sharing sowie Meinungsbildung und -kommentierung sind Bestandteil des digitalen Lebens. Die Formen dafür sind unterschiedlich und reichen von "einfacher" Kommentierung über Weblogs bis hin zur Teilnahme einzelner an partizipativen Webangeboten im Netz. Für die Wissenschaft stellt sich durch die historische Entwicklung aber auch die synonyme Nutzung von Begriffen die Schwierigkeit ein, systematische Kategorisierungen vorzunehmen. Somit gibt es kein RICHTIG oder FALSCH, was partizipativer Journalismus und dessen Erscheinungsformen sind, was auch die Auflistung in diesem Blog erschwert hat, der - der Aufgabenstellung entsprechend - einen Überblick über die Thematik (und somit keine Detailausarbeitung einzelner Bereiche) dokumentieren soll.

Durch die Manigfaltigkeit der Erscheinungsformen ändern sich auch die Aufgaben des Journalismus (siehe dazu auch [Q9]), was ihrerseits aber eine gewisse Objektivierung der Information mit sich bringen (kann).  

Das Partizipation funktioniert, zeigt schon dieser Blog-Beitrag der Informationen verknüpft, Ideen und Meinungen weiterspinnt und sich so an der Diskussion am Thema beteiligt.

 

Quellen

Q1   http://collabor.idv.edu/Poetschoblog/stories/48863/
Q2   Engesser, Sven: Partizipativer Journalismus: Eine Begriffsanalyse, 2008, Herbert v. Harlem Verlag
Q3   http://journalistik-journal.lookingintomedia.com/?p=8
Q4   http://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/32780/B1_2013_Welker-1.pdf?sequence=3
Q5   Engesser, Sven: Die Qualität des Partizipativen Journalismus im Web, 2011, Springer Ve
Q6   http://verblogt.wordpress.com/vernetzt/timo-robben-1/
Q7   http://www.jana-burmeister.de/studie-partizipative-medien/mediensystem-im-wandel/das-neue-medien-system/
Q8   http://collabor.idv.edu/webkomm14s/stories/48772/
Q9   http://collabor.idv.edu/BlogdesWaldviertlers/stories/48824/

4 comments :: Kommentieren

Feedback zur Ausarbeitung

christoph.michelmayer.uni-linz, 25. Mai 2014, 16:36

Gelungene Ausarbeitung mit gutem Bezug zur Arbeit von Herrn Pötscher! Als spannend und sehr übersichtlich habe ich die von dir gewählte Grafik empfunden, welche die Einordnung des partizipativen Journalismus verinfacht darstellt. Ebenso wie du, empfinde ich, dass im Web2.0 Partizipation ein Grundbedürfnid darstellt, welche welche verschiedenste Ausmaße annehmen kann.

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christoph.poetscher.uni-linz, 28. Mai 2014, 19:52

In deinem Beitrag führst du sehr schön Punkte an, an die ich in meiner Ausarbeitung nicht bedacht habe. Auch die Untergliederung entlang der Achsen Inklusion und Partizipation wurde in meinen Quellen nicht getroffen - im Gegenteil, dort wurden die Begrifflichkeiten Synonym verwendet.

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christoph.poetscher.uni-linz, 28. Mai 2014, 19:52

In deinem Beitrag führst du sehr schön Punkte an, an die ich in meiner Ausarbeitung nicht bedacht habe. Auch die Untergliederung entlang der Achsen Inklusion und Partizipation wurde in meinen Quellen nicht getroffen - im Gegenteil, dort wurden die Begrifflichkeiten Synonym verwendet.

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Ich finde deinen Beitrag sehr gelungen, aber...

alexander.forstner.uni-linz, 30. Mai 2014, 09:47

... bin ich nicht der Meinung, dass sich die Aufgabe des Journalismuses verändert hat. Viel mehr bin ich der Meinung das partizipativer Journalismus eine weitere Erscheinungsform zum Profijournalismus darstellt und somit auf andere Bedürfnisse abzielt.

In meinem Blog gehe ich dabei genauer auf die Thematik Laienjournalismus vs. Profijournalismus ein

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