Aktuelle Beitraege Auswirkungen der Philosophie auf die Webkommunikation

dieter.boehm.uni-linz, 25. Mai 2014, 13:30

Was verbindet die Philosophie und die Webkommunikation und wie definiert Umberto Eco Semiotik? In diesem Beitrag werden 3 für mich relevante Aussagen des Multitalents zitiert und versucht, eine Verbindung zur aktuellen Webkomm-LVA aufzuzeigen.

Basis der Überlegungen

Umberto Eco, ein vielgefeierter und hochangesehener  italienischer Schriftsteller, Kolumnist, Philosoph, Medienwissenschaftler und wohl der bekannteste zeitgenössische Semiotiker, erläutert in einem Interview mit Norbert Bischofberger im SRF [Q1] seine Sicht auf Kommunikation, Semiotik und dessen Zusammenhang mit der Philosophie.

Aufgrund meiner großen Wissensdefizite in den Bereichen Philosophie und Altertumsgeschichte und des unbestrittener Weise auch fehlenden Interesses zu diesen Themen, hab ich für mich folgende greifbare Aussagen aus dem Interview herausgefiltert, die den Context mit WebKommunikation (und somit was für mich technisch Greifbarem) darstellen:

Aussage 1

"Man stellt Regeln auf, ohne darauf zu pochen, sie seien absolut. Trotzdem hält man sich an diese Regeln". [Q1] 02:40 bis 02:48 bzw.

"Man kann Regeln vereinbaren und anstatt sich umzubringen auf Grundlage dieser Regeln miteinander diskutieren." [Q1] 03:22 bis 03:27

Diese von Hr. Eco getätigte Aussage erinnert mich stark an die Diskussion hinsichtlich Sprache der Jugendlichen (aus dem Teilgebiet der Semiotik). Auf allen Ebenen der Gesellschaft gibt es eine Vielzahl an artikulierten, festgeschriebenen aber auch aus dem Darsein heraus aufgestellter und von Teilen der Gesellschaft / Gemeinschaft eingehaltener Regeln (siehe dazu auch bsphaft die Meinung der Kollegen zum Thema Jugendsprache [Q2] [Q3] [Q4]).

Wie sollte etwa eine Kommunikation funktionieren, wenn Sender und Empfänger keinerlei gemeinsame Regeln kennen und auch anwenden würden; Gesagtes würde - wenn überhaupt verstanden - missinterpretiert oder sogar (vorsorglich) ignoriert werden [Q5].

Doch wer gibt uns eigentlich die Regeln vor bzw. warum halten wir uns daran. Meiner Meinung nach ist gerade dieser Bereich sehr "unstrukturiert". Offizielle Regeln wie das Alphabet werden durch eine Vielzahl von kulturellen und individuellen Regeln und Ritualen ergänzt (Händeschütteln beim Begrüßen vs. "Hi Oida!") oder auch dem gebrauchten Wortschatz. Es handelt sich hierbei subjektiv um unterschiedliche Regelzonen, die einander überschneiden und kreuzen.

[Q6] zeigt sehr schön, dass auch Regeln geändert werden müssen bzw. erweitert und anzupassen sind. Das höfliche Fragen nach dem werten Befinden (Benimmregel) kann auch mal eine inhaltslose Antwort erwarten ("Danke gut, und bei dir?"). Nur müssen beide Parteien bestehende Regeln (temporär) auch abändern können/dürfen. Andererseits ist diese Floskel auch in kultuerellen Kreisen als Eisbrecher in Verwendung, um sich zu "begrüßen" [Q7]

Aussage 2

"Eine Liste setzt immer ein "und so weiter" voraus. Sie hat kein Ende." [Q1] 10:13 bis 10:16 bzw.

"Was nun ist das Internet? Man könnte meinen, es ist eine praktische Liste. Es enthält alle Webseiten zu einem gewissen Thema. Aber es auch potentiell unendlich. D.h. wenn jemand jeder der Millionen Seiten anklickte, wären die ersten bereits wieder verschwunden und durch andere ersetzt, wenn er am Ende angelangt wäre. Theoretisch kann man also bis in alle Unendlichkeit im Internet surfen." [Q1] 14:42 bis 15:06

Beste Beispiel für dieses endlosen Listen sind die Online-News, die über uns "hereinbrechen" - vgl. dazu auch Infos im Vortrag "Das Ende der Tageszeitungen?" [Q8]. Das Internet und hier vorallem Google haben es geschafft, Informationen zu "strukturieren" (aufgrund bestimmter Suchwörter) und so diese Inhalte weltweit sekundenschnell zur Verfügung zu stellen. Die Suchergebnisse selbst bilden bereits Listen, die beim erneuten Suchaufruf einige Minuten später wieder erweitert oder verändert rückgemeldet werden, da die gesamte Information im Netz im Fluss ist. Hintergrund sind auch hier die Vielzahl an (privaten) Redakteure, die Wissen und Halbwahrheiten produzieren und publizieren.

Doch auch die Ergebnisse hinter den einzelnen Suchresultaten sind Listen, die sich ändern (Inhalte werden ergänzt, kommentiert oder deaktivier). Dabei entstehen gerade durch Smartphone und Co der Collaborismus - die beilaufige Kommunikation (Blog, Kommentare, gemeinsame Diskussion) - siehe dazu auch Blogbeitrag "Beiläufige Kommunikation" [Q9]. Wir leben mit dieser Technik - besser, wir sind Bestandteil dieses globalen Konzepts - siehe dazu auch Blogbeitrag "Online Journalismus" [Q10].

Bild entnommen aus [Q11]

 Aussage 3

"Dabei geht es immer darum, sich kritisch zu äußern. Ich kann ja nicht in den Regierungspalast gehen, Berlusconi packen und hinauswerfen. Das wäre undemokratisch." [Q1] 48:39 bis 48:50

Journalimus hat neben seiner Funktion als "qualitativer" Informant auch noch die Aufgabe der Wächterfunktion - siehe dazu "Funktionen eines Journalisten bzw. einer Journalistin" im Blogbeitrag "Klassischer Journalismus Teil 1" [Q12]. Im Rahmen der Spielregeln (siehe dazu auch Aussage 1) ist die Kommunikation (und im Zeitalter der raschen Informationsnutzung) die Webkommunikation ein "verlässliches" Werkzeug, um Missstände aufzuzeigen und im Rahmen der Demokratie und der Solidarität breite Massen anzusprechen und gelegentlich auch aufzurütteln. Jedoch ist gerade diese Aufgabe der Wächterfunktion durch die starke Kommerzialisierung der Medien in einigen Ländern nur mehr beschränkt möglich (siehe Italien und den von Berlusconi kontrollieren Medien [Q1] [Q13]).

Umso wichtiger ist es für eine gelebte Demokratie auch solide finanzielle Grundlagen für unabhängige Meinungsbildung und Informationsfreiheit zur Verfügung zu stellen, um Objektivität und freie Meinungsäußerung zu gewährleisten [Q14]. 

Fazit

Und hier schließt sich mein subjektiver Kreis:

  • Die freie Meinungsäußerung ist die Grundlage der gelebten Demokratie, die es in einem Staat bewusst zu fördern gilt, jedoch ohne die Objektivität auch kritischer Medien zu gewährleisten (Aussage 3).
  • Diese stützen sich auf Regel, die ihrerseits wieder Vorgaben aufstellen, wie wir miteinander kommunizieren (können) (Aussage 1).
  • Technologien helfen uns, rascher und umfangreicher miteinander in Verbindung zu treten und uns auszutauschen (Aussage 2).
  • Dies bedingt wiederum der Möglichkeit, sich frei und unabhängig Themen anzunehmen und zu diskutieren....

 

Quellenverzeichnis

Q1   https://www.youtube.com/watch?v=nHwjZf_tRCE
Q2   http://collabor.idv.edu/meineMeinung/stories/48725/
Q3   http://collabor.idv.edu/webkommAF/stories/48742/
Q4   http://collabor.idv.edu/BlogdesWaldviertlers/stories/48735/
Q5   http://www.wissen.de/kommunizieren
Q6   http://www.schmidt-walter.de/artikel/%E2%80%9Ewar-doch-gar-nicht-so-gemeint%E2%80%9C
Q7   http://www.access.de/karriereplanung/karriere-tipps/auslandsknigge-amerika-7454
Q8   http://collabor.idv.edu/webkomm14s/stories/48510/
Q9   http://collabor.idv.edu/webkomm14s/stories/47664/
Q10   http://collabor.idv.edu/OnlineJournalism/stories/48501/
Q11   http://www.infosysblogs.com/microsoft/2011/06/collaboration_in_dynamic_enter.html
Q12   http://collabor.idv.edu/blogchristophkoch/stories/48507/
Q13   http://wirtschaftsblatt.at/home/boerse/analysen/1458705/Das-MedienImperium-des-Cavalliere-Berlusconi
Q14   http://collabor.idv.edu/BlogdesWaldviertlers/stories/48494/

4 comments :: Kommentieren

Feedback

christoph.michelmayer.uni-linz, 26. Mai 2014, 12:24

Gute Ausarbeitung und gute Betrachtung des Themas!

Ich habe mich ebenfalls mit den Minuten deiner "Aussage 1" in meinem Blogbeitrag beschäftigt. Ich bin auf die Theatik eingegangen, dass das Medium Internet ja globale Zugriffe auf diverse Inhalte ermöglicht, wodurch man im Web auch auf interkulturelle Regelen aufpassen sollte. Dies ist sicherlich für international tätige Unternehmen bzw. auch für Unis mit International Students ein wichtiges Thema.

Verlinken :: Kommentieren

Eco & Webkomm

christoph.poetscher.uni-linz, 4. Juni 2014, 17:32

Deine Ausarbeitung spiegelt auch meine Meinung sehr gut wieder: bei der ersten Aussage ("Man stellt Regeln auf, ohne darauf zu pochen, sie seien absolut. Trotzdem hält man sich an diese Regeln") habe ich auch überlegt, diese in meine Betrachtung mit einzubeziehen - ich habe mich dann aber dagegen entschieden und andere gewählt -> welche findest du hier :-)

 

Verlinken :: Kommentieren

Fehlinterpretation

stephan.hackl.uni-linz, 20. Juni 2014, 14:54

es fällt mir hier sehr schwer die Inhalte des Interviews zwischen Bischofberger und Eco widerzufinden. Meiner Meinung nach wurde das Statement viel zu voreingenommen erstellt und spiegelt eine stark technisch Orientierte Sichtweise wieder. Das Technologien den Menschen helfen schneller und besser und was auch immer miteinander zu kommunizieren ist richtig, aber ich glaube Eco bezieht sich dabei auf viel existentieller Aspekte, zwar die grundsätzlichen Auswirkungen die Benutzung der neuen Medien ausmacht.

In meinem Statement findest du weniger technische Aspekte mit direktem Bezug zu Eco's Aussagen.

Verlinken :: Kommentieren

Feedback

dieter.boehm.uni-linz, 23. Juni 2014, 09:13

Die von dir angeführte Fehlinterpretation im Statement kann ich nicht nachvollziehen. Du beziehst dich auf eine stark technisch orientierte Sichtweise, welche ich aber in keine der 3 Statements auch nur ansatzweise aufgreife.

Interessant für mich wäre, wo für dich dieser starke technischorientierte Ansatz herauszulesen ist - DANKE

Verlinken :: Kommentieren


To prevent spam abuse referrers and backlinks are displayed using client-side JavaScript code. Thus, you should enable the option to execute JavaScript code in your browser. Otherwise you will only see this information.