Entwicklung (mit) der IT

K1.Webby.jku, 8. Oktober 2015, 17:50

Ich gebe es gleich zu, ich bin kein Digital Native. Mit 32 Jahren Computererfahrung zähle ich hier aber vermutlich zum Spitzenfeld und kann deshalb hoffentlich trotzdem etwas beitragen.

Und genauso etwas mitnehmen – denn ich habe Wirtschaftsinformatik 2002 abgeschlossen und bin jetzt nach mehr als 12 Jahren mehr zufällig wieder zurück auf der Uni. In der Zwischenzeit hat sich hier vieles verändert, worauf ich schon sehr gespannt bin.

Aber beginnen wir von vorne:

Ihr fragt euch sicher, wie meine Computererfahrung vor 32 Jahren ausgesehen hat. Damals kaufte sich mein Vater, der an neuen Entwicklungen immer sehr interessiert war, seinen ersten Computer, einen Osborne. Er hat ungefähr so ausgesehen: http://www.oldcomputers.net/osborne.html
Er war für damalige Verhältnisse sehr teuer, für mich als kleines Kind also absolutes Tabu. Allein durfte ich nicht einmal den Raum betreten in dem er stand, und es wurde mir erklärt, dass das Gerät sehr empfindlich ist und ein Radiergummiwuzerl ausreichen könnte, es kaputt zu machen.

Trotzdem kam ich in den Genuss des Geräts: Schließlich war ich gerade dabei, Rechnen zu lernen, und weil die Aufgaben, die ich aus der Volksschule mitbrachte, in den Augen meiner Eltern nicht ausreichten, schrieb mein Vater extra für mich ein Computerprogramm. Es druckte auf der linken Seite zufällig erzeugte Rechenaufgaben – für mich  –, und auf der rechten Seite dieselben Rechenaufgaben mit Lösungen – für meinen Vater.

Man kann sich leicht vorstellen, dass die Rechenblätter bei mir nicht sonderlich beliebt waren. Beliebter waren da schon die ersten Computerspiele, die es ungefähr zur gleichen Zeit auch schon gab, beispielsweise der Mupid-Wurm. Wir hatten eine kleine Konsole, die man für ein paar Minuten über das Telefonnetz verbinden musste, um ein Spiel zu laden. Danach konnte man es so lange man wollte am Fernsehgerät spielen. Es gab z.B. auch Tennis, das man auch zu zweit spielen konnte, später auch Tetris oder PacMan.
So lernte ich Lesen: Für 10 gelesene Seiten durfte ich 5 Minuten Computerspielen, später für 20 oder 30 Seiten. So lange, bis mir das Lesen so viel Spaß machte, dass ich immer mehr und mehr Computer-Guthaben ansammelte und irgendwann aufhörte, meine Guthaben mitzuschreiben.

Als ich ins Gymnasium ging, waren Computer dort noch kein großes Thema. Es war die Zeit, als sich VHS gegen Video 2000 durchsetzte, und Maschineschreiben lernten wir noch auf echten Schreibmaschinen. Nur im Informatik-Unterricht gab es Computer. Ich wählte Informatik als Freifach und später Wahlpflichtfach, und machte meine ersten Programmier-Erfahrungen mit der Programmierung einer Schildkröte (Logo) und später mit C.

Auch auf der Uni ging es noch einigermaßen analog zu. Zur LVA-Anmeldung wurden auf den jeweiligen Instituten Listen ausgehängt, und in manchen Studienrichtungen waren die Plätze derartig beschränkt, dass Studenten die Nacht vor dem Anmeldebeginn vor den Anschlagtafeln verbrachten, um nur ja einen LVA-Platz zu bekommen.
Die meisten Übungen wurden handschriftlich ausgearbeitet, Programmier-Übungen natürlich ausgedruckt.

Internet gab es zwar schon, aber es war nicht sehr verbreitet. Meine erste E-Mail datiert mit Juni 1996, da war ich schon drei Jahre auf der Uni und ein Jahr WIN-Studentin.
Privat hatte man natürlich maximal ein extrem langsames Modem, nur im Erdgeschoss des TNF-Turms gab es einen großen Raum mit alten Macs und Linux-Rechnern, die gut an das Netz angebunden waren. Es war aber nicht so einfach, sie zu bedienen. Grafische Benutzeroberflächen waren noch nicht so verbreitet, und alleine das Beantragen des Accounts und die Konfiguration waren ein Spießrutenlauf.
Ich kann mich noch an die ersten  Schritte im World Wide Web erinnern, in der Unibibliothek gab es einen allgemein zugänglichen Rechner. Nach 20 Minuten war aber die dritte Seite immer noch nicht geladen. Besser ging es im Raab-Heim, wo mir eine Freundin Zimmer und Computer einmal für eine Nacht überließ damit ich für mein Englisch-Projekt über Software Agents recherchieren konnte. Der Browser der Wahl war damals AltaVista.

Zirka 1997 bekam mein damaliger Freund sein erstes Firmenhandy, aber mein Auslandsjahr 1998/99 absolvierte ich noch ohne eigenes Notebook, weil Notebooks noch sehr teuer waren und ich in der Wohnung sowieso keinen Internet-Anschluss gehabt hätte.
Danach wurde es immer komfortabler, auch weil ich dann auch ins Studentenheim zog, wo es schon längst einen vernünftigen Internet-Anschluss gab. 

Die erste Web-Applikation, die für mich noch zu Studentenzeiten wesentlich war, war ICQ. Kennt das heute noch jemand? Kurz erklärt handelt es sich um ein Chat-System, in dem man sieht, wer von den Freunden gerade online, auf „Do not disturb“ oder offline ist.

Als ich dann von der Uni in eine Arbeit wechselte wo ICQ geblockt wurde, war das zunächst für mich sehr ärgerlich, sehr bald habe ich aber dann erkannt, wie viel mehr Zeit ich plötzlich hatte. Eine für mich sehr wichtige Erfahrung.

Seither spielt sich mein soziales Leben natürlich gelegentlich online, hauptsächlich aber offline ab. Mein Computer ist für mich Arbeitsgerät und elektronisches Archiv. Mein Notebook, Tablet und Handy sind alle drei nicht die letzten Modelle, haben aber alle eine eigene SIM-Karte mit Datentarif, so bin ich örtlich ungebunden.
Ein wenig Facebook und Xing, Amazon, Booking.com, Dropbox, Wikipedia, Linguee.de, dict.leo.org, ORF.at, Willhaben, Googlemaps, ÖBB / Scotty, Netbanking und diverse Online-Shops – das sind für mich die wertvollsten Online-Dienste. Mit meinem spanischen Lebenspartner habe ich 2009-2011 über Skype und den Videochat von Google täglich Kontakt gehalten, meinen Mann habe ich über Websingles kennengelernt.

Es ist also nicht so, dass das Web in meinem Leben keine Bedeutung hätte. Aber es ist mir sehr wichtig, es so zu nützen, dass es auch nützlich für mich ist. Ich will weder bloß im Web noch für das Web leben.

Eine Zielsetzung, die heutzutage vermutlich immer schwieriger umzusetzen ist. Kleinkinder spielen am Smartphone bevor sie richtig sprechen können, aber auch die heutige Studentengeneration erlebt(e) die Dinge möglicherweise schon anders als ich vor guten 12 Jahren.

Jetzt bin ich natürlich gespannt, was mich in dieser LVA erwartet. Webwissenschaften. Ein guter Teil davon ist Soziologie, ein spannendes Thema, für mich mittlerweile wesentlich spannender als die technischen Details. Die Geschichte des Social Web ist extrem jung, also können wir uns hier in unserem wissenschaftlichen Arbeiten gar nicht auf Literaturrecherche beschränken. Empirische Forschung ist angesagt. Erster Schritt: Erfahrungen anderer Menschen sammeln.

Ich biete euch also diesen Blog – das Einverständnis der LVA-Leitung vorausgesetzt  – an, um hier eure Erfahrungen mit der IT und dem Web mitzuteilen. Ganz im Sinne der Generierung wissenschaftlichen Primärmaterials, jedenfalls in der BWL gelten auch qualitative Interviews und Fallstudien als wissenschaftlich relevant!

Wie verwendet ihr die IT, womit seid ihr groß geworden?

Welche Geräte habt ihr verwendet, welche verwendet ihr heute?

Welche Applikationen und Dienste verwendet ihr hauptsächlich, welche habt ihr früher verwendet?

Wozu / wobei ist die IT in eurem Leben nützlich?

Was nervt euch?

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