Transparenz & Virtuelle Identitaet Die transparente Verwaltung
melanie.hofer.uni-linz, 22. Jänner 2014, 20:58
Open Government: Theoretische Bezüge und konzeptionelle Grundlagen einer neuen Entwicklung in Staat und öffentlichen Verwaltungen
Vom Bürokratiemodell zum Open Government
Über fast ein Jahrhundert kann verwaltungshandeln paradigmatisch mit Hilfe des Bürokratiemodells nach Max Weber erklärt werden. Dieser „Verfassungsstaat“ dient ausschließlich der effizienten Umsetzung legaler Herrschaft. Der Bürger war ein passiver Untertan. (Hilgers, 2012)
Von der bürokratischen Verwaltungssteuerung kam es zu einer paradigmatischen Wende hin zum New Public Management. Das NPM kehrt sich ab von der hierarchischen Organisationsstruktur und wendet sich dem Prozess und dem damit angestrebten Ergebnis zu. (in den 30er Jahren) Der Bürger wurde als Kunde öffentlicher Leistung begriffen und die Organisationsabläufe wurden an die Kundenerwartungen ausgerichtet. (Hilgers, 2012)
Vermehrt wurde sich dann den Belangen der Bürger gewidmet. Durch viele Innovationen des öffentlichen Sektors wurde den Bürgern eine wahrnehmbare Steigerung der Qualität des Verwaltungshandelns zu ermöglichen fokussiert. (Mitte der 90er Jahre) Dies war verbunden mit nachhaltigen Organisationsveränderungen, Dezentralisierung und verscheidenen kooperativen Arrangements mit Unternehmen des freien Marktes. Dies war der erste Schritt in Richtung Öffnung und gemeinschaflticher Wertschöfpung mit Institutionen jenseits der staatlichen Grenzen. Das Open Government entstand. Open Government stellt sich die Frage, ob und wie systematisch auf das Wissen und die Erfahrungen von Kunden, Nutzern, Bürgern, Experten, Unternehmen und externen Akteuren, bis hin zu anderen Verwaltungen und deren Mitarbeitern für den öffentlichen Innovations- und Wertschöpfungsprozess zurückgegriffen werden kann. (Hilgers, 2012)
Grundlagen Open Government
Unter Open Government wird die Öffnung von Staat und Verwaltung gegenüber der Bevölkerung und der Wirtschaft, aber auch die Öffnung nach innen, verstanden (von Lucke, 2010) um externes Wissen in den politisch-administrativen Prozess zu integrieren (Hilgers, 2012). Diese Öffnung kann zu mehr Transparenz, Teilhabe, mehr Innovation, einer intensiveren Zusammenarbeit und zu einer Stärkung gemeinschaftlicher Belange führen (von Lucke, 2010). Aus dem traditionellen, geschlossenen Staatsverständnis wird ein Modernes im Sinne eines Angebotsstaates, indem BürgerInnen aktiv am politisch-administrativen Geschehen teilhaben und zum Handeln integriert werden (Hilgers, 2012).
Ausgangspunkt dabei bilden Internetplattformen, im Besonderen jedoch das Web 2.0 das mit den vielen Kommunikationskanälen die Teilhabe und Diskussion, die Identifikation neuer Kooperations- und Innovationspotentiale und den Transfer von Wissen begünstigen. Staat und Verwaltung können somit den direkten Kontakt mit den BürgerInnen schaffen, deren Anforderungen und Bedürfnisse besser verstehen und diese auch bei der Entscheidungsfindung mit berücksichtigen. Der Dialog mit den BürgerInnen wird somit verstärkt, bedarf jedoch eine offene und kooperative Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Bevölkerung. Zugleich müssen Entscheidungen und Handlungen transparent und offen sein. (von Lucke, 2010)
Als Vorreiter dieses Verwaltungskulturwandels lässt sich US-Präsident Barack Obama nennen (von Lucke, 2010). Auch Kollege Sulzner Florian schreibt dazu mehr in seinem Artikel: "Open Government: Begriffe und Unklarheiten". Seinen Vorsatz, Politik und Verwaltung gegenüber BürgerInnen und Wirtschaft neu auszurichten, legt er in drei verwaltungsstrategischen Grundpfeilern fest (Hilgers, 2012):
- Transparenz in der Regierung und Verwaltung --> stärkt das Pflichtbewusstsein. Die BürgerInnen sind somit über Handlungen und Entscheidungen des Staats und der Verwaltung besser informiert.
Transparenz 2.0 soll alle politischen und verwaltungstechnischen Prozesse nach Außen nachvollziehbar machen. (von Lucke, 2010) Mithilfe von Web 2.0-Technologien sollen den BürgerInnen alle Daten schon während der Prozessentwicklung transparent und digitalisiert aufbereitet zur Verfügung stehen. Die Herausgabe der Daten und die dadurch entstehende Transparenz, gelten als Grundvoraussetzung für Partizipation und Kollaboration. Der Staat steht somit vor der Aufgabe neue Systeme die Informationen veröffentlichen zu integrieren. (Hilgers, 2012) Diese Veröffentlichung der politisch-administrativen Prozesse kann sich jedoch auch negativ auswirken bzw an ihre Grenzen stoßen, mehr dazu schreibt Kollegin Barbara Wagner in ihrem Beitrag sowie Kollege Eibelhuber Andreas in seinem Beitrag. - Partizipation in der Regierung und Verwaltung --> Wissen der BürgerInnen wird integriert.
Bei der Partizipation 2.0 werden BürgerInnen in die Entscheidungsfindungsprozesse des politisch-administrativen Systems eingebunden und können an Entscheidungen aktiv teilnehmen. Mithilfe der Web 2.0-Technologien kann ein partizipativer und zugleich neuer Austausch der Individuen mit dem Staat erfolgen. Ergänzt durch Text, Bild, Ton und Video können neue Formen des Austauschs, wie Brainstorming, moderierte Dialoge, ergebnisoffen angelegte BürgerInnenbefragungen, Bewertungen und eine Meinungsbildgewinnung auf Knopfdruck stattfinden. (von Lucke, 2010) BürgerInnen können Verbesserungen, Ideen, Probleme und Vorschläge auf geeigneten Plattformen diskutieren. Dies kann indirekt in politischen Programmen miteinbezogen werden. Diese Möglichkeit der BürgerInnen sich in diversen Plattformen einzubringen und an einer gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung teilzuhaben birgt mehrere Chancen für Gemeinden. Es lässt nicht nur die Akzeptanz der BürgerInnen für politische Entscheidungen steigen, sondern es entsteht auch ein neues Bewusstsein für Politik, eine Revitalisierung von Gemeingeist und Bürgersinn, eigene Verantwortung bis hin zu einem neuen Demokratieverständnis. Weiteres kann dies einen wichtigen Schritt in Richtung Problemlösung sein, Konsens aufbauen, Argumente nachvollziehbarer gestalten und Konflikte können durch diese neue Form der Transparenz entschärft werden (von Lucke, 2010). - Kollaboration in der Regierung und Verwaltung --> durch innovative Werkzeuge, Systeme und Methoden.
Bei der Kollaboration 2.0 arbeiten Akteure und Mitarbeiter des politisch-administrativen Systems untereinander, innerhalb der Behörden aber auch mit externen Dritten zusammen (Hilgers, 2012). Hierbei werden BürgerInnen, Unternehmen, Verbände und BürgerInneninitiativen eingebunden, um abgestimmt und gemeinsam bestmöglich Problemstellungen zu bearbeiten und zu erledigen. Diese neue Form der Zusammenarbeit wird durch Shared Services und Private Clouds ermöglicht und bietet zudem Einsparungspotentiale in der öffentlichen Verwaltung (von Lucke, 2010). Mithilfe von intra- und interbehördlichen Plattformen können sich Gemeinden untereinander austauschen, Experten zu bestimmten Themen ausfindig machen und Best Practices sowie Reformwege kommunizieren (Hilgers, 2012). Diese Form des Crowdsourcings kann jedoch auch auf Dritte (BürgerInnen, Unternehmen, Organisationen, etc.) angewendet werden. Beispiele für diese Möglichkeit, die Intelligenz und Arbeitskraft einer Masse unentgeltlich zu erlangen sind: Government Mashups, Government AppStores, „Apps for Democracy“-Wettbewerbe, Government Hack Day (von Lucke, 2010). Aber auch Soziale Netzwerke nutzen diese Möglichkeit. Ein Beispiel dafür ist Govloop.com auf dem alle Mitarbeiter der amerikanischen Bundesstaaten sich registrieren können um dort zielgerichtet über Themen zu diskutieren und gemeinsame Lösungsansätze auszutauschen. Neue Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten bieten so Dritten die Möglichkeit ihre Erfahrungen und Erkenntnisse informal und zum Teil auch anonym in den Prozess des Regierens und Verwaltens zu integrieren. (Hilgers, 2012)
Neben diesen drei Grundpfeilern: Kollaboration, Partizipation und Transparenz stehen weitere Konzepte und Visionen, die sich mit der Öffnung von Staat und Verwaltung auseinandersetzen. Ein Beispiel dazu wäre Open Government Data, das Kollege Eibelhuber Andreas in seinem Blogbeitrag näher erläutert.
Nach dem Artikel von Florian Sulzner jedoch, stellt diese ursprüngliche Dreifach-Definition, bestehend aus: Transparenz, Partizipation und Kollaboration kein konsistentes Modell. Mehr dazu ist in seinem Blogbeitrag nachzulesen.
Quellen:
Hilgers, D. (2012). Open Government: Theoretische Bezüge und konzeptionelle Grundlagne einer neuen Entwicklung in Staat und öffentlichen Verwaltungen. Hamburg: Gabler-Verlag. S. 634-643
von Lucke, J. (2010). Open Government: Öffnung von Staat und Verwaltung. Friedrichshafen: Zeppeling University.
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